Verbundprojekt UrbanLife+
Teilhabe am städtischen Leben Mönchengladbachs durch MTI mit smartenstädtebaulichen Objekten
Schlussbericht Universität der Bundeswehr München
Titel des Teilvorhabens: | Mensch-Technik-Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten: Entwicklung und Evaluation |
Zuwendungsempfänger: | Universität der Bundeswehr München Fakultät für Informatik Professur für Mensch-Computer-Interaktion Werner-Heisenberg-Weg 39 85579 Neubiberg |
Förderzeitraum: | 01.11.2015 – 31.10.2020 |
Förderkennzeichen: | 16SV7443 |
Autoren: | Michael Koch Julian Fietkau Laura Stojko Anna Buck |
Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 16SV7443 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.
Projektinformationen
Projektbezeichnung | Verbundprojekt: Teilhabe am städtischen Leben Mönchengladbachs durch MTI mit smarten städtebaulichen Objekten (UrbanLife+) | |
Förderzeitraum | 01.10.2015 – 31.10.2020 | |
Website | https://www.urbanlifeplus.de | |
Projektpartner | Universität Hohenheim, Stuttgart | UHOH |
Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH | SHMG | |
Drees & Sommer Infra Consult und Entwicklungsmanagement GmbH, Stuttgart | D&S | |
Universität Leipzig | ULE | |
Universität der Bundeswehr München | UBW | |
NEW AG, Mönchengladbach | NEW | |
Städtische Kliniken Mönchengladbach GmbH | SKMG | |
EWMG – Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach mbH | EWMG | |
Ernst Kreuder GmbH & Co. KG, Mönchengladbach | KREU | |
Hochschule Niederrhein, Krefeld | HSNR | |
Handelsverband Nordrhein-Westfalen – Rheinland e. V., Düsseldorf | HVR |
Dokumentinformationen
Dokumentbezeichnung | Schlussbericht, Universität der Bundeswehr München |
Autoren | Michael Koch, Julian Fietkau, Laura Stojko, Anna Buck |
Version, Datum | V1.0, 14.12.2020 |
Status | In Bearbeitung |
Inhaltsverzeichnis
- Kurzdarstellung
- Eingehende Darstellung
- Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grafische Darstellung des Lebenswelt-Modells von UrbanLife+ ⬇
Abbildung 2: Gestaltungsparameter für MTI zur Erhöhung der Teilhabe älterer Personen am städtischen Leben ⬇
Abbildung 3: Smarte städtebauliche Objekte (1 & 5: Smarte Informationstafel; 2: Smarte Bushaltestelle; 3: Smarte Parkbank; 4: Smarte Ampelanlage) ⬇
Abbildung 4: Verschiedene vorgesehene intelligente urbane Objekte - Lichter, die auf sich nähernde Personen reagieren (links), Augmented-Reality-Informationssystem an einem Baum (Mitte links), vibrierende Bank, die auf ankommende ältere Erwachsene mit Vibrationen reagiert (Mitte rechts), Kiosksystem, das zeigt, wie man Barrieren überwindet ⬇
Abbildung 5: Interaktion mit den Lichtern, mit der Bank sowie mit dem großen Informationsbildschirm ⬇
Abbildung 6: Beispiele für Informationsstrahler aus den Szenarien ⬇
Abbildung 7: Mini-Informationsstrahler Stand März 2017 ⬇
Abbildung 8: Erster Screenshot des Makro-Informationsstrahlers ⬇
Abbildung 9: InfoRadiator-Identify-App zur Authentifizierung der Nutzer am Informationsstrahler ⬇
Abbildung 10: Makro-Informationsstrahler Stand März 2017 ⬇
Abbildung 11: Makro-Informationsstrahler Stand Juni 2017 ⬇
Abbildung 12: Detailansicht Juni 2017 ⬇
Abbildung 13: Persönlicher Bereich Juni 2017 ⬇
Abbildung 14, 15, 16: Makro-Informationsstrahler in verschiedenen Einsätzen in 2018 ⬇
Abbildung 17: Mikro-Informationsstrahler Stand August 2017 – Vitus Lehner ⬇
Abbildung 18: Kommunikation zwischen Mikro-Informationsstrahlern Stand August 2017 – Vitus Lehner ⬇
Abbildung 19: Interaktive Karte der Turmfest-Umgebung (DRESO) ⬇
Abbildung 20: Mobile Schnitzeljagd-Karte mit eingezeichneten SSO-Demonstratoren, hier am Harmonieplatz ⬇
Abbildung 21: Komfortzone (gelb: Nutzer innerhalb ihrer Komfortzone, rot: Nutzer außerhalb ihrer Komfortzone) ⬇
Abbildung 22: Verteilte Nutzermodelle, die Informationen austauschen ⬇
Abbildung 23: Anpassung im Modell der Mensch-Computer-Kommunikation (erweitert basierend auf Herczeg, 2009) ⬇
Abbildung 24: Support Widget Struktur ⬇
Abbildung 25: Räumliche und zeitliche Interaktionsmodelle: Während räumliche Modelle (links, nach (Vogel & Balakrishnan, 2004)) den Bereich vor öffentlichen Displays in Interaktionszonen einteilen, modellieren zeitliche Modelle den Interaktionsprozess (rechts, nach (Michelis & Müller, 2011; Müller et al., 2010)). Hierbei bewegen sich Benutzer durch verschiedene Phasen – vom Passanten hin zum aktiven Benutzer. ⬇
Abbildung 26: Laborexperiment zur Ermittlung der optimalen Textanimationsrichtung (Nutsi & Koch, 2016) ⬇
Abbildung 27: Schnittstellen zwischen smarten städtebaulichen Objekten und anderen Systemkomponenten aus Sicht der MTI Gestaltung (Links: In erster Version ohne Profilspeicher; Rechts: In zweiter Version mit Profilspeicher). ⬇
Abbildung 28: Interaktion zwischen den Systemkomponenten, Perspektive UBW 2018 ⬇
Abbildung 29: Implementierungsziel im FuE-Vorhaben Informationsstrahler ⬇
Abbildung 30: Interaktion der Vernetzungskomponenten mit Darstellung der Verantwortlichkeit ⬇
Abbildung 31: Modellberechnung im Aktivitätsunterstützungsdienst (Stand Ende 2019) ⬇
Abbildung 32: Simulation von drei Personen und sieben Mikro-Informationsstrahlern im Senioren-Scooter-Park der SHMG. Eine Person ist in diesem Bild fokussiert, ihre geplante Fußweg-Route wird in Rot angezeigt und die davon betroffenen Mikro-Informationsstrahler sind mit einem hellgrün angedeuteten Aktivierungsradius eingezeichnet. ⬇
Abbildung 33: Hier wurde ein Mikro-Informationsstrahler markiert (weißer gestrichelter Kreis unten links von der Bildmitte). In der Detailansicht unten rechts ist zu erkennen, dass dieser gerade nichts auf dem LED-Display anzeigt, da keine Person in der Nähe ist. (Scooter-Park-Draufsicht erstellt vom Projektpartner DRESO.) ⬇
Abbildung 34: Architektur der Backend-Dienste und Endgeräte zur Veranschaulichung der Vernetzung von Mikro-Informationsstrahlern ⬇
Abbildung 35: Verkürzter UEQ für Touchscreens – hier zu sehen bezogen auf die Nutzung des großen Informationsstrahlers, Arbeitsstand Dezember 2017 ⬇
Abbildung 36: Diskussion des Makro-Informationsstrahlers im Rahmen des ersten Technik-Cafés im Altenheim Hardterbroich ⬇
Abbildung 37: Aufgestellter Informationsstrahler im Altenheim Hardterbroich ⬇
Abbildung 38: Outdoor Makro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich ⬇
Abbildung 39: Mobile Makro-Informationsstrahler im Einsatz am Turmfest 2019 ⬇
Abbildung 40: Mikro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park ⬇
Abbildung 41: Informationsstrahler auf Turmfest 2018 - Position 1 ⬇
Abbildung 42: Informationsstrahler auf Turmfest 2018 - Position 2 ⬇
Abbildung 43: Informationsstrahler auf Turmfest 2018 - Position 3 ⬇
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Hauptaufgaben Universität der Bundeswehr München ⬇
I. Kurzdarstellung
I.1 Aufgabenstellung
Die Selbstbestimmung älterer Menschen wird wesentlich davon bestimmt, sich sicher in ihrer jeweiligen Umgebung bewegen zu können. Nachlassende Fähigkeiten zur Interaktion mit der Umgebung schränken die soziale und kulturelle Teilhabe Älterer jedoch ein bis hin zur sozialen Isolation. Hier eröffnen Methoden der Mensch-Technik-Interaktion (MTI) vielfältige neue Möglichkeiten, altersbedingte Handicaps auszugleichen. Das Funktionieren einer alternden Gesellschaft hängt maßgeblich davon ab, inwiefern es gelingt, die zunehmende Zahl älterer Menschen gut zu integrieren und auch bei Unterstützungsbedürftigkeit (wieder) am Leben teilhaben zu lassen (Frevel, 2013). Dies hängt wiederum von den Möglichkeiten ab, sich außerhalb der eigenen vier Wände, im öffentlichen Raum selbstbestimmt und vor allem sicher zu bewegen und verschiedenste soziale Interaktionen einzugehen. Ist eine solche Sicherheit außerhalb der Wohnung nicht gewährleistet, werden die für tägliche Erledigungen erforderlichen Wege für Personen mit Handicap zu einer nicht mehr einzuschätzenden Gefahr. Dadurch besteht ein dringender Handlungsbedarf für das geplante Vorhaben und bietet Ansatzpunkte, auch prinzipiell Kleingewerbe und soziale Strukturen im Viertel mit in ein übergeordnetes Konzept zu integrieren.
Die Universität der Bundeswehr München (UBW) adressierte innerhalb des Verbundvorhabens UrbanLife+ in diesem Teilvorhaben die Anforderungsanalyse und MTI-Gestaltung neuer smarter städtebaulicher Objekte sowie die Koordination von Einsatz und Evaluation dieser Objekte.
Zielsetzung war es, die Potenziale von MTI-Innovationen in einem übergeordneten Safety-Konzepte zu identifizieren, zu integrieren, ihre Wirksamkeit und Nützlichkeit besser zu verstehen und über ein Einsatzprojekt praktische Erfahrungen in der Stadt Mönchengladbach zu sammeln. Technologische Lösungen waren zwar im Entstehen, allerdings herrschte noch große Unsicherheit bezüglich ihrer zielgerichteten und wirtschaftlichen Anwendung im Bereich altersgerechten Wohnens und für entsprechende Dienstleistungen im Quartiersmanagement. Auch kam dabei der Einsatz von etablierten Erkenntnissen zu Entwurf und Evaluation aus den Bereichen MTI und MCI (Mensch-Computer-Interaktion) zu kurz. UBW brachte diese Perspektive in das Gesamtvorhaben ein, welches Technologieentwicklung, kommunale Akteure, Wohnungswirtschaft und Quartiersbewohner zusammenführt.
Die zentralen Forschungsfragen im Teilprojekt der UBW waren deshalb:
Wie kann und soll die MTI-Gestaltung von smarten städtebaulichen Objekten – d. h. von nicht-mobilen Objekten im öffentlichen Raum - aussehen? Wie können und sollen solche Objekte im öffentlichen Raum evaluiert werden?
I.2 Voraussetzungen der Projektdurchführung
Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Michael Koch am Institut für Softwaretechnologie der Universität der Bundeswehr München beschäftigt sich mit der Gestaltung und Erforschung soziotechnischer Systeme. Die Erfahrungen aus den Bereichen Computer-Supported Cooperative Work (CSCW), Mensch-Computer Interaktion / Mensch-Technik-Interaktion, Wirtschaftsinformatik und Social Software ermöglichen eine nutzer- und situationsgerechte Planung, Gestaltung und Entwicklung von Software. Speziell für die Integration verschiedener Informationsquellen und deren Visualisierung auf großen interaktiven Wandbildschirmen sind in den letzten Jahren verschiedene Basisframeworks entstanden, welche die Realisierung neuer Lösungen stark vereinfachen (CommunityMashup und CommunityMirrorFramework) – siehe z. B. Ott & Koch (2012).
Darüber hinaus konnte die Forschungsgruppe in diversen AAL-Projekten ein fundiertes Wissen über Systeme für die Zielgruppe 60+ aufbauen (z. B. Kötteritzsch & Weyers (2014)). Im Projekt SI-Screen wurde z. B. mit Partnern aus Spanien, Italien und Österreich eine adaptierbare Tablet-Lösung zur Mitwirkung von Senioren in sozialen Netzwerken geschaffen (Burkhard & Koch, 2012a, 2012b; Moritz, 2014). Innerhalb dieses Projektes arbeitete die Gruppe eng mit Partnern aus Forschung und Praxis – seitens der Anwender und der Entwicklung – an der Konzeption und Umsetzung sowie Evaluation (in Labor- und Feldtests) von Lösungen zur Unterstützung des Erhalts eines langen, autonomen Lebens.
In UrbanLife+ wurden diese Vorerfahrungen bei der Gestaltung ubiquitärer Benutzerschnittstellen, zu den Infrastrukturtechnologien für Gruppen, zu Ambient Assisted Living für die Zielgruppe 60plus sowie zur Technikevaluation eingebracht.
I.3 Planung und Ablauf des Vorhabens
Im Gesamtvorhaben beinhaltete der Arbeitsplan zwei zusammenhängende, methodische Ansätze: Erstens wurden MTI-Innovationen iterativ in drei Phasen über die Projektlaufzeit von 60 Monaten entwickelt. Hierzu gehörten Arbeitspakete zu Anforderungsanalyse (AP1), technischer Entwicklung (AP2-5) und Evaluation (AP6). Zweitens wurden alle Anforderungsanalysen und Evaluationen auf die konkrete Bedarfslage in der Stadt und unter enger Beteiligung der lokalen Akteure und Nutzergruppen ausgerichtet. Hierzu wurden Einsatzprojekte durchgeführt. Das Teilvorhaben ordnete sich, wie in Tabelle 1 dargestellt, in das Gesamtvorhaben ein:
Arbeitspaket | Hauptaufgaben im Teilvorhaben |
---|---|
AP1: Anforderungsanalyse | Voraussetzungen und Anforderungen bezüglich Technik und Techniknutzung; Anforderungsdefinition aus der MTI-Perspektive |
AP2: MTI-basiertes Safety-Konzept | Mitarbeit bei der Ausarbeitung von Konzepten für SSOs |
AP3: MTI in der städtebaulichen Umgebung | Sammlung von Erkenntnissen für die (MTI-)Gestaltung von SSOs; Erstellung von Szenarien; Dokumentation von Personas; Ausarbeitung von Basiskonzepten (Interaktionsmodellierung); Erarbeitung und Realisierung von konkreten SSO-Umsetzungen (insbesondere Makro- und Mikrostrahler) |
AP5: Assistenzsysteme | Mitwirkung bei der Konzeption und Umsetzung der Verbindung von Komponenten; Konzeption und Realisierung eines Aktivitätsunterstützungsdienstes; Konzeption und Realisierung einer dezentralen Profilverwaltungslösung |
AP6: Evaluation | Sammlung von Erkenntnissen und Best Practices zur Evaluation; Weiterentwicklung von Evaluationsmethoden; Koordination von Evaluationsplänen; Evaluation des selbst verantworteten SSOs |
Die Umsetzungskette im Gesamtvorhaben gliedert sich in die Bereiche (1) Forschung Sozio-technische Systeme, (2) Gestaltung Urbaner Infrastrukturen und (3) Einsatz & Evaluation. Als Kernpartner war die Universität der Bundeswehr München dem Bereich Forschung sozio-technische Systeme mit Schwerpunkt MTI-Entwurf und Evaluation zugeordnet und zugleich Koordinator des Arbeitspaketes 6 zum Einsatz und zur Evaluation.
I.4 Wissenschaftlicher und technischer Stand zu Projektstart
Safety-Konzepte umfassen die Forschungsbereiche a) MTI-Entwicklung, b) Produktentwicklung für städtebauliche Objekte, c) Stadtplanung d) Ambient Assisted Living (AAL) und e) Assistenzsysteme. Weitgehend unerforscht war die wechselseitige Integration dieser Forschungsbereiche in übergreifende MTI-Safety-Konzepte.
Forschungsarbeiten im Bereich MTI fokussierten hauptsächlich einzelne Anwendungsbereiche in kontrollierten (z. B. häuslichen) Umgebungen. Insbesondere die AAL-Forschung befasste sich ganz überwiegend mit der Erforschung sowie der Entwicklung von Lösungen für das IT-unterstützte Leben Älterer in den eigenen vier Wänden (Indoor). Outdoor-Ansätze spielten in der AAL-Forschung kaum eine Rolle, obwohl gerade der Outdoor-Bereich eine rasante Informatisierung („Smart Cities“) erfahren hatte.
Ein besonderer Bereich – der an die beiden Forschungsgebiete MTI und AAL angrenzt – stellt die Erforschung von Assistenzsystemen dar. Sie sind eine spezielle Form von Interaktionsschnittstellen zwischen dem Menschen und den unterstützenden, technischen Systemen. Dabei nutzen diese Systeme Sensoren und Aktuatoren, um mit Ihrer Umwelt zu interagieren. Hier weisen sie deutlich Überschneidungen mit dem Forschungsgebiet AAL auf. Gleichzeitig fokussieren Assistenzsysteme auf den Menschen – grundlegende Erkenntnisse und Lösungen aus der MTI-Forschung finden daher in Assistenzsystemen ihre Anwendung.
Allen drei Forschungsrichtungen – AAL, MTI und Assistenzsysteme – gemein war, dass sie nur auf kontrollierte (meist häusliche) Einsatzgebiete beschränkt waren. Prototypen und verschiedene Experimente in Bereich der MTI-Entwicklung für städtebauliche Objekte ließen sich nur in verschiedenen älteren Projektvorhaben finden – zum Beispiel dem i3-Programm der Europäischen Union Ende der 1990er Jahre – siehe z. B. www.i3net.org. Besonders interessant sind dabei die Projekte Presence und Campiello.
In den i3-Projekten wurden spezielle Methoden des Vorgehens bei der Entwicklung von Lösungen entwickelt – siehe hierzu z. B. Agostini, Michelis & Susani (1998) – wobei alles auf frühe Benutzereinbeziehung (Participatory Design) und Betrachtung des gesamten Nutzungskontextes (soziotechnische Systemgestaltung) hinausläuft. Heute sind die Vorgehensweisen unter verschiedenen Namen bekannt – u. a. auch unter dem Namen Holistische Innovation (Moritz, 2008).
I.5 Zusammenarbeit mit anderen Stellen
Neben der Zusammenarbeit im Projektkonsortium und einem regelmäßigen Austausch mit dem MCI-Beirat des Projektes (Prof. Thomas Herrmann, Universität Bochum; Prof. Volkmar Pipek, Universität Siegen; Prof. Tom Gross, Universität Bamberg) erfolgte während der Projektlaufzeit ein Austausch und eine Zusammenarbeit mit folgenden Forschungsgruppen rund um die Gestaltung und Evaluation von (ubiquitären) Benutzerschnittstellen, in die auch Arbeiten aus dem Projekt mit eingeflossen sind bzw. deren Ergebnisse in das Projekt eingeflossen sind:
- Prof. Dr. Kai von Luck, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
- Prof. Dr. Florian Alt, Universität der Bundeswehr München
Siehe hierzu auch die Veröffentlichungen der Projektergebnisse, die unter II.6 aufgelistet sind.
II. Eingehende Darstellung
II.1 Verwendung der Zuwendung, Ergebnisse und Zielerreichung
Die zentrale (Forschungs-) Frage im Teilprojekt der Universität der Bundeswehr München (im Folgenden als UBW abgekürzt) lautete:
Wie kann und soll die MTI-Gestaltung von smarten städtebaulichen Objekten – d. h. von nicht-mobilen Objekten im öffentlichen Raum – zur Verbesserung der Safety von Senioren1 aussehen? Wie können und sollen solche Objekte im öffentlichen Raum evaluiert werden?
- Dazu haben wir uns im Projekt an der Analyse von Anforderungen beteiligt (Wie ist die Ausgangssituation? Was kann zur Verbesserung von Safety beitragen? …). – Arbeitspaket 1
- Aufbauend auf den Anforderungen haben wir Unterstützungsbedarfe und Unterstützungsmöglichkeiten in Bezug auf Mensch-Technik-Interaktion entwickelt (Was genau soll unterstützt werden?) – Arbeitspaket 2
- Basierend auf diesen Unterstützungsbedarfen haben wir iterativ konkrete Szenarien und Konzepte für interaktive Objekte (SSOs) sowie für grundlegende Dienste entwickelt und dabei herausgearbeitet, was es aus MTI-Sicht zu beachten gilt (in der städtebaulichen Umgebung). – Arbeitspaket 3
- Für die Sicherstellung eines Mehrwerts/Nutzens der SSOs aus MTI-Sicht haben wir auch an der Vernetzung dieser SSOs (untereinander und mit anderen Diensten) sowie an Lösungen zur Identifikation und Benutzerprofilverwaltung (Adaption) gearbeitet, u. a. auch an einem Aktivitätsunterstützungsdienst. – Arbeitspaket 5
- Schließlich haben wir im Projekt einen Fokus auf die Evaluation der MTI-Konzepte gelegt – sowohl allgemein um Methoden zur Evaluation von smarten städtebaulichen Objekten im urbanen Raum, als auch um die konkrete Evaluation der von uns in AP3 entworfenen SSO-Konzepte (zur Einschätzung der Eignung der entwickelten Konzepte). – Arbeitspaket 6
Nachfolgend beschreiben wir die Aktivitäten und Ergebnisse der UBW bei diesen Schritten (in diesen Arbeitspaketen) ausführlicher.
1: Im Sinne der Gleichbehandlung möchten wir an dieser Stelle explizit darauf hinweisen, dass im Text der Lesbarkeit halber bei Personenbezeichnungen die männliche Form verwendet wird (z. B. Senioren / Mitarbeiter). Dabei bezieht sich die Aussage jedoch immer auf die Angehörigen aller Geschlechter.
II.1.1 AP1: Anforderungsanalyse
Vorgehen
Die Anforderungsanalyse aus Mensch-Technik-Interaktions-Sicht erfolgte sowohl durch Literaturrecherche als auch durch eine schriftliche Bürgerbefragung 65+ sowie durch den Einsatz früher Prototypen und direkten Kommunikationsformaten.
Im Mai 2017 hat im Projekt unter Führung der Sozialholding Mönchengladbach und der Universität Hohenheim eine schriftliche Bürgerbefragung 65+ stattgefunden. Konkret wurden mehr als 6.000 Bürgerinnen und Bürger 65+ in den Mönchengladbacher Stadtteilen Rheindahlen und Hardterbroich schriftlich zu Lebensumständen, außerhäuslichen Aktivitäten und Nutzung digitaler Technologien befragt. Aus Sicht der Mensch-Technik-Interaktion haben wir von der UBW dabei Beiträge zum Untersuchungsdesign, zur Formulierung einzelner Fragen und zur Möglichkeit der Online-Beantwortung geliefert. Die Durchführung und Auswertung der Befragung erfolgte hauptverantwortlich durch die Partner UHOH und SHMG – siehe hierzu z. B. Leukel et al. (2017), Schehl et al. (2019), Schehl & Leukel (2020).
Neben der Bürgerbefragung 65+ war eine wichtige Quelle für die Erhebung von Anforderungen der frühe Einsatz von konkreten SSO-Prototypen in realen-Nutzungskontexten im Testfeld in Mönchengladbach. So war ab Ende 2017 der erste Prototyp des Makro-Informationsstrahlers in Zusammenarbeit mit der SHMG im Altenheim Hardterbroich im Dauerbetrieb. Als frühes Projektergebnis diente seine Platzierung im realen Kontext sowohl als Möglichkeit zur Evaluation, als auch als Anknüpfungspunkt, um in Gesprächen mit Senioren die Anforderungen an die smarten urbanen Objekte genauer herauszuarbeiten (ähnlich wie bei „technology probes“ (Hutchinson et al., 2003)). Die Eindrücke und Erfahrungen der Senioren und Mitarbeiter im Altenheim wurden diskutiert, woraus sich neue Anforderungen an die Entwicklung des Informationsstrahlers im Speziellen aber auch von SSO allgemein ergaben. Auch der Einsatz eines seitens der SHMG bereitgestellten mobilen Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen brachte neue Anforderungen an den Einsatz im öffentlichen Raum.
Schließlich wurden sowohl zur Anforderungsanalyse als auch zur Evaluation noch direkte Kommunikationsformate mit unseren Zielgruppen erarbeitet und eingeführt. In den Jahren 2017 und 2018 wurden beispielsweise Termine des Formats „Technik Café“ in Kooperation mit der SHMG durchgeführt. In diesen Veranstaltungen wurde ein runder Tisch für Senioren und MTI-Entwickler geschaffen, in dem moderne Technik ausprobiert und Ideen diskutiert werden konnten. Der Fokus wurde auf die Eignung von aktuellen Lösungen für die Interaktion mit älteren Personen im (halb-) öffentlichen Raum gelegt. Das Austesten verschiedener Technik brachte neue Anforderungen an die Entwicklung von smarten städtebaulichen Objekten. So eignen sich explizite Eingaben nur bedingt für die Nutzergruppe und für den Einsatz im öffentlichen Raum. Die Evaluationen bekräftigten den Einsatz des 2-Sinne-Prinzips (z. B. das Ansprechen durch parallele akustische und visuelle Informationen) in Bezug auf die Ausgabe von SSO.
Anforderungen an MTI aus Endnutzer-Sicht
Die Ergebnisse zur (funktionalen) MTI-Anforderungsanalyse für smarte städtebauliche sind nachfolgend ausgeführt.
Erste Anforderungen lassen sich aus der Definition des Projektziels ableiten:
- Laut Definition aus der Quartiersanalyse bedeutet die Ermöglichung von außerhäuslichen Aktivitäten ein selbstbestimmtes Leben trotz Unterstützungs- und Pflegebedürftigkeit zu gewährleisten, während jedoch die eigenen Lebensvorstellungen nicht übergangen werden dürfen. „Dabei kann Teilhabe sowohl in Form der aktiven Mitgestaltung durch eigenes Engagement als auch eine eher passive Nutzung bestehender Angebote gelebt werden.“ Der Aktivitätsradius ist dabei stark abhängig von den Einschränkungen und verwendeten Hilfsmitteln der Befragten.
- MTI zur Förderung der Teilhabe sollte vorhandene Angebote (Informationen und Dienstleistungen) im Quartier für ältere Personen zugänglich machen.
- Die zu implementierende Technik sollte die individuellen Bedürfnisse der Nutzer entsprechend ihres Pflege- bzw. Unterstützungsbedarfs kennen. Dafür ist eine Erfassung des Nutzerstatus (aktiv oder passiv) erforderlich.
- Die Informations- bzw. Unterstützungsangebote sollten an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden.
- Das Bedürfnis der Partizipation (zur Teilhabe) im öffentlichen Raum ist hoch individuell und erstreckt sich „von der reinen Information, über Mitsprache, Mitbestimmung bis hin zu Formen der Selbstverwaltung“. Darunter fallen sowohl gesellschaftliche und gemeinschaftliche Lebensbereiche als auch politische Aspekte. Der Begriff der Partizipation umfasst auch eine aktive Mitgestaltung der Entwicklung im Quartier.
- Auch bei digitalen Informationen bzw. Aktivitäten und Angeboten sollte ein aktives Mitgestalten / Einbringen von Daten ermöglicht werden.
- Aufgrund der individuellen Ansichten zur Teilhabe (und aufgrund der unterschiedlichen Kapazitäten was die Interaktion mit Technik betrifft) müssen alle Optionen offenstehen, jedoch in keiner Weise verpflichtend sein.
Zudem wurden Aufgaben und Ziele für die kommunale Praxis definiert, wenn eine sichere Teilhabe am städtischen Leben in Mönchengladbach erreicht werden soll. Diese Erkenntnisse können ergänzt werden durch Aussagen der befragten Zielgruppe. Auch hier lassen sich Erkenntnisse für die Gestaltung von MTI extrahieren.
- Viele Personen, die befragt wurden, konnten aufgrund ihrer Einschränkungen oder Ängste einige Dienstleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen (z. B. kein Busfahren aufgrund der Sturzgefahr). Personen nehmen Räume je nach Anforderung als unübersichtlich oder gefährlich war. Auch die Sauberkeit ist hier ein Entscheidungskriterium.
- Informationstechnologien im öffentlichen Raum sollten bedarfsgerechte Orte oder Dienstleistungen anbieten bzw. diese verfügbar machen oder darauf hinweisen.
- Ältere Personen fühlten sich häufig von der Politik nicht wahrgenommen bzw. vergessen. Sie wollen nicht als lästig gesehen werden. Die Befragten wünschen sich, dass Träger auf ihre Fragen antworten und sie mehr in das Geschehen in der Stadt eingebunden werden, also insgesamt mehr Transparenz über die Geschehnisse im Quartier erreicht wird.
- Stattfindende Veranstaltungen im Quartier müssen auch für ältere Personen sichtbar bzw. zugänglich sein.
- Eine Stigmatisierung älterer Personen und ihrer Einschränkungen ist in der Gestaltung von MTI zu vermeiden (z. B. keine simple Lösung „für Alte“, sondern Design-for-all), um nicht zusätzlich zu einem negativen Altersbild beizutragen.
- Eine tragende soziale Infrastruktur sollte im Quartier etabliert werden. Dazu gehören z. B. die Stärkung sozialer Netze, Anregung von Nachbarschaftsprojekten, sowie die Bereitstellung von Bewegungsmöglichkeiten und Freizeitaktivitäten.
- Die Technik im urbanen Raum sollte eine Vernetzung von Nutzern untereinander zulassen.
- Es sollte eine gemeinsame Interaktion im urbanen Raum ermöglicht bzw. angeregt werden.
- Die angebotenen Inhalte und Dienste sollten reale Aktivitäten und Angebote repräsentieren und den Nutzer dazu motivieren an diesen teilzunehmen bzw. diese wahrzunehmen.
- Die räumliche Infrastruktur muss generationengerecht gestaltet werden. Darunter sind z. B. barrierefreie Wege im Quartier, Sitzbänke, oder öffentliche Toiletten zu zählen. Befragte Personen geben z. B. an, dass es im öffentlichen Raum kauf Möglichkeiten gibt, öffentliche und barrierefreie Toiletten zu nutzen, was zu einer Einschränkung der Aktivität führt. Auch die Beleuchtung und Wegebeschaffenheit ist für viele Befragte entscheidend, ob ein Weg (zu einer bestimmten Uhrzeit) gegangen werden kann. Hingegen sind Grünanlagen für ältere Personen sehr attraktiv und bieten meist auch Sitzbänke und gute Straßen.
- Technik im öffentlichen Raum sollte dazu beitragen eine generationengerechte Gestaltung der Infrastruktur zu erreichen, also z. B. auf Infrastruktur, wie Toiletten, barrierefreie Wege oder Sitzbänke sowie auf alternative (grüne) Wege und bedarfsgerechte Mobilität hinweisen.
- Dienstleistungen und Angebote sollen bedarfsgerecht für die Belange älterer Personen bereitgestellt werden, wobei Ehrenämter, ortsnahe Beratung und soziale Akteure aktuell nur vereinzelt gemeinsam arbeiten und Informationen entsprechend (z. B. in Broschüren) separat zusammenstellen. Dies erzeugt eine unnötige Komplexität in bestehenden Angeboten. Dabei gibt es Vereine z. B. in Hardterbroich das Netzwerk Hardterbroich, die viele Informationen liefern können.
- Das Ziel, Informationen zu bestehenden Angeboten und Ansätzen zu sammeln, wurde auch im Sozialausschuss als ein Kernziel identifiziert. Hierdurch sollen auch Bedarfe durch Beteiligungsprozesse identifiziert werden.
- Informationen und Dienste aus dem Quartier sollten gesammelt digital zugänglich gemacht und in einer geeigneten und übersichtlichen Art und Weise dargestellt werden. Dies erfordert eine Zusammenstellung und Vereinheitlichung bestehender Daten.
Aus der Anforderungsanalyse gingen auch Aussagen über das Verhalten der Nutzergruppe, ihre Barrieren und Bedürfnisse hervor, welche sich wie folgt in Anforderungen für die MTI übertragen lassen.
- Es ist vielen älteren Personen nicht klar, wer für welche Aufgaben im Quartier zuständig ist.
- Lokale Einrichtungen sowie Personen sollten im digitalen System repräsentiert und zusammen mit Aktivitäten dargestellt werden.
- Vorhandene Angebote für Senioren sind laut Befragten immer gut genutzt. Daraus gingen zentrale Anlaufpunkte bzw. Akteure für ältere Personen im Quartier (erste Ebene) sowie gewünschte Aktivitäten (zweite Ebene) hervor.
- Angebote
- Nicht nur Angebote für „fitte Senioren“
- Sport für Rollstuhlfahrer oder Reha-Sport
- Möglichkeiten in Gemeinschaft zu erzählen
- Altennachmittage
- Barrierefreie Treffpunkte
- Marktplatz oder Quartierskern
- Quartiersrundgang mit „zentralen Punkten im Quartier“
- Sommerfest
- Vereine
- Es fehlt an einer Vernetzung der Vereine
- Kleingartenverein
- Theater
- Trödelmarkt
- Dienstleistungen
- Es mangelt an kleinen Geschäften (z. B. Optiker oder Bekleidung)
- Kirchengemeinde
- Cafés und Restaurants
- Günstiger Mittagstisch
- Ein schönes Café oder eine Eisdiele
- Museum
- Es gibt nur das Textiltechnikum – andere Angebote sollten zugänglich gemacht werden
- Angebote
Aber trotz Nennung dieser Punkte, sind die Angebote bzw. Dienstleistungen im Einzelnen bei den Personen nicht bekannt. Zudem gibt es eine geringe Kooperation zwischen den Trägern.
- Die dargestellten Akteure sollten in Verbindung mit den zugehörigen Dienstleistungen, Aktivitäten, Zeiten etc. angezeigt werden (z. B., ob bestimmte Dienstleistungen ins Haus oder Pflegeheim kommen). Die Verknüpfung von Informationen schafft einen zusätzlichen Mehrwert.
- Digitalisierte Angebote und Dienstleistungen sollten in Kategorien dargestellt werden, um eine Übersichtlichkeit zu gewährleisten.
Als Gründe dafür, warum das Haus nicht verlassen wird, sowie als Barrieren für die Teilhabe am öffentlichen Leben nannten die Befragten älteren Personen die folgenden Aspekte:
- Neu zugezogene Personen fehlt es an Ortskenntnissen.
- Es gibt keine Erholungsmöglichkeiten in Form von Bänken entlang der Wege.
- Vorhandene Orientierungshilfen (z. B. Richtungen) sollten durch Technik im öffentlichen Raum auf einfache Weise zugänglich gemacht werden (nicht überfordern). Gleichzeitig sollte unterstützende Technik der besseren Orientierung dienen.
- Die im Raum vorhandene Infrastruktur und alternative Wegenetze (z. B. nur für Fußgänger, besonders grün) sollten digital verzeichnet zugänglich gemacht werden.
- Eine zusätzliche Anreicherung der vorhandenen digitalen Informationen mit Daten zu dem Quartier (z. B. historischen Daten auf Karte) sollte als Orientierungshilfe mit eingebracht werden.
- Es sollte je nach Aktivitätsradius des Nutzers der Zugriff auf angrenzende (nahe) Quartiere bzw. Städte durch die eingebrachte Technik eröffnet werden.
- Es gibt zu wenig alternative Transportmöglichkeiten für Rollatoren und Rollstühle.
- Das Busfahren bzw. die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel selbst stellt eine Hürde dar für ältere Personen mit Rollatoren.
- Es gibt Hürden in der unmittelbaren Umgebung bzw. Infrastruktur (Straßen uneben, Bodenkante zu hoch, Treppen zu hoch).
- Informationen darüber, wo und wie Wege für Rollstühle oder Rollatoren bzw. für Personen mit körperlichen Einschränkungen zugänglich sind, sollten im digitalen System entsprechend des Nutzerbedarfs abgebildet werden.
- Es ist schwer Kontakte zu knüpfen – selbst im Altenheim. ➔ Siehe Anforderungen 8-10.
Die Teilnehmer der Befragung gaben außerdem an, welche Aktivitäten sie gerne im Quartier wahrnehmen würden. Insgesamt war es wichtig zwar „direkt am Geschehen“ zu sein, aber trotzdem privat.
- Die Privatsphäre sollte trotz Individualisierung und Nutzung von Profilen sichergestellt werden. Alle Informationen zu dem Nutzer und seinem Kontext sollten nur mit Einstimmung der Nutzer herausgegeben werden.
Die gewünschten Aktivitäten lassen sich wie folgt einteilen:
- Ausflüge (zu Messen in eigener und benachbarter Gemeinde, Friedhöfe, Theater oder Orchester, Minto, Borussia Spiel, Weihnachtsmarkt, Trödelmarkt und Kirmes)
- Unterhaltung (Bücher ausleihen, mehr Fußball / Bundesliga gucken)
- Soziale Aktivitäten (Kleine Grillabende, Musikabende, gemeinsam Kochen / backen, Gesprächskreise)
- Spielen (Skat, Kniffel, Rommé, an einer richtigen Kegelbahn Kegeln)
- Aktivität an der frischen Luft (Gartenarbeit, Naherholung, Spazieren, grüner Ausblick)
- Versorgung (Einkaufsmöglichkeiten)
- Das zu entwickelnde System sollte Aktivitäten vorschlagen, um Nutzer zu motivieren an diesen Teilzunehmen.
- Aufgrund der Vielseitigkeit gewünschter Aktivitäten sollten bereits Templates für häufige / gern durchgeführte Aktivitäten vorhanden sein, um ein Einstellen bzw. gemeinsames Planen zu erleichtern.
Die oben aufgeführten Anforderungen stimmen überein mit den Ergebnissen einer Befragung älterer Personen in einem Seniorenzentrum bezogen auf aktives Altern (Lee et al., 2012). Daraus wird neben den Anforderungen an die Sichtbarkeit und Unterstützung von Angeboten in der lokalen Umgebung deutlich, dass für ein aktives Altern auch das Teilen der eigenen Persönlichkeit in der Community von Bedeutung ist. Daraus ergibt sich folgende Anforderung:
- Technologien im urbanen Raum sollten auch einen Zugang zu Funktionen bieten, die dem Ausdruck der eigenen Meinung bzw. Persönlichkeit dienen. Dementsprechend sollte es möglich sein, erstellte Inhalte der eigenen Person zuzuordnen (falls erwünscht).
Die im Projekt betrachteten Stadtteile Hardterbroich und Rheindahlen sind kulturell und sozial durchwachsen. Die Bewohner haben diverse soziale und räumliche Hintergründe und der Austausch zwischen Personen aus unterschiedlichen ist wenn dann nur im Einzelfall zu beobachten. Diese Strukturen haben ebenfalls einen Einfluss auf die Gestaltung von MTI im Stadtquartier.
- Aus der Quartiersanalyse geht hervor, dass in den betrachteten Stadtteilen viele Bewohner mit Migrationshintergrund sowie viele Personen mit geringem Bildungsniveau und geringem Einkommen zu finden sind. Trotz dem hohen Anteil ist die gesamte Bevölkerung der Stadtteile stark heterogen.
- Wenn sich die Zielgruppe über verschiedene kulturelle und soziale Schichten erstreckt, sollten die speziellen Barrieren dieser Schichten (z. B. Sprachbarrieren) berücksichtigt werden.
- Darüber hinaus gibt es Unterschiede in der Integration in die Stadtteile, je nach Dauer der Ansässigkeit. Die „alt eingesessenen“ sind laut Aussagen der Befragten in der Quartiersprechstunde gut vernetzt – es gibt etablierte Strukturen. Neu Zugezogenen stehen diese Strukturen jedoch nicht zur Verfügung. Es gibt viel Misstrauen innerhalb der Bevölkerung. Entsprechend sollten vorhandene Strukturen gerade für neu Zugezogene Personen sichtbar und zugänglich gemacht werden.
- Eine ähnliche Tendenz lässt sich auch in dem Bericht des Sozialausschusses erkennen, bei dem herausgestellt wird, wie zentral das Interesse an bzw. die Identifikation der Bürger mit ihrem Stadtteil für das Gemeinwesen ist.
- Die Vernetzung zwischen Personen sollte über digitale Plattformen ermöglicht werden.
- Insbesondere für Personen, die neu im Stadtquartier sind, sollte die Orientierung (nicht nur räumlich, sondern auch sozial) unterstützt werden.
Aus der Anforderungsanalyse ging auch hervor, dass räumliche Aktivitäten z. T. aufgrund schlechter Erfahrungen mit Ängsten in Verbindung stehen. So konnten bei der Bus-Aktion folgende Anforderungen ermittelt werden:
- Die Teilnehmer sahen das Busfahren als zu gefährlich an, da es schnell zu einem Sturz kommen kann. So berichtete eine Teilnehmerin nach einem Sturz im Bus diesen nicht mehr nutzen zu wollen. Gleichzeitig ist der ÖPNV aber für viele Personen entscheidend für ihren Aktivitätsradius. Die NEW arbeitet durchgehend (auch in UrbanLife+) an Neuerungen und Verbesserungen für die Zielgruppe (so gibt es z. B. Sitzplätze für Personen mit Einschränkungen). Diese Informationen waren den Befragten jedoch nicht bekannt („Man weiß nicht genau wo die Behindertensitze sind“).
- Änderungen bzw. Neuigkeiten (z. B. im ÖPNV) sollten der Zielgruppe deutlich vermittelt werden. Während der Aktivität sollten relevante Informationen (z. B. der Knopf zur Absenkung des Busses) hervorgehoben werden. Die gebotenen Informationen sollten dazu beitragen Unsicherheiten zu reduzieren.
- Strategien, wie andere Personen mit Ängsten umgehen bzw. Barrieren zu überwinden, wären eine sinnvolle inhaltliche Ergänzung für die digitalen Informationsangebote (z. B. „Erfolgs-Stories“ bzw. Best-Practices).
- Derartige Erfolgs-Stories sind auch auf Vereins- oder Strukturebene denkbar und sinnvoll. Aus dem Bericht des Sozialausschusses geht u. a. hervor, dass bestehende Nachbarschaftsprojekte etc. in ihrer Eigeninitiative unterstützt werden sollten. Nicht nur für die Städte selbst, sondern auch für die Gemeinschaft ist eine Orientierungshilfe bzw. ein Leitfaden mit Best-Practice-Beispielen sinnvoll.
- Problematisch für die Mobilität ist es auch, wenn Angebote gerade nicht verfügbar sind, die Personen sich aber darauf verlassen (z. B. wenn der Rollstuhlplatz im Bus bereits belegt ist). In diesen Situationen ist es für viele ältere Personen schwierig auf die Änderung in der Planung zu reagieren, was wiederum zu einer eingeschränkten Mobilität führt. Zusätzlich sind sich die Befragten unsicher, weil sie nicht wissen, ob eine Person da ist, die ihre Hilfe anbieten würde. Als konkrete Idee zur Verbesserung dieser Problemstellung nannten die Bürger zusätzliche Ansagen (z. B. „Liebe Fahrgäste, bitte schauen Sie nach links und rechts, ob jemand Ihren Sitzplatz mehr benötigt als Sie“).
- Informationen zur aktuellen Situation und Hinweise dazu, wie die Planung ggf. geändert werden kann können älteren Personen dabei helfen, ihre Barrieren zu überwinden bzw. damit umzugehen. Diese sollten in der entsprechenden Situation von MTI in der Umgebung bereitgestellt werden (z. B. als Bild auf einer Anzeige).
- Auf Personen, die im System registriert sind, sollte als potenzielle Helfer in Notfall- oder Problemsituationen aufmerksam gemacht werden (z. B. Freunde im System).
- Unterstützende Technologie im öffentlichen Raum sollte auf potenzielle Problemstellungen aufmerksam machen und durch multimediale Interaktionselemente das Gewahrsein für die Belange anderer erhöhen.
Zusammengefasst können die Anforderungen der Zielgruppe angesprochen werden, indem ein stetig aktualisiertes Informationsangebot bzw. eine individuelle Unterstützung bereitgestellt werden, welche an die Situation (z. B. aktuelle Angebote und Wegeinformationen) und den Nutzer des Systems anpasst werden. Durch die Interaktion mit dem System und die enthaltenen Informationen soll der Nutzer zur Erhöhung des eigenen Aktivitätsradius anregt werden sowie sein Sicherheitsgefühl verstärkt werden.
Anforderungen an die Gestaltung aus MTI-Sicht
Neben den funktionalen Anforderungen können noch Anforderungen an die Gestaltung von MTI für ältere Personen im öffentlichen Raum abgeleitet werden – aus allgemeinen Gestaltungsprinzipien und Heuristiken sowie aus den Anforderungsnalyseaktivitäten im Projekt.
Öffentliche Technologien müssen immer von mehreren Benutzern ausgehen. So stellt bereits die direkte Interaktion mit einem Bildschirm durch einen Benutzer und das gleichzeitige Betrachten eines Informationspartikels auf dem Bildschirm ein Mehrbenutzerszenario dar, welches bei der Gestaltung berücksichtigt werden muss. Dies ist insbesondere bei Technologien der Fall, die eine (gleichzeitige) Multi-User-Interaktion bereitstellen. Damit möglichst viele Personen im öffentlichen Raum von der eingebrachten Technologie profitieren können, sollten folgende Anforderungen berücksichtigt werden:
- Sowohl eine aktive als auch eine passive Nutzung (Bystander) sollten ermöglicht werden.
- Bei der User-Interface Gestaltung müssen Multi-User-Szenarien berücksichtigt werden (z. B. hinsichtlich Sichtbarkeit, Lesbarkeit, Interaktionsflächen).
- Die kollaborative (also gemeinsame zielgerichtete) Nutzung soll ermöglicht und gefördert werden. Wo immer sinnvoll, soll die gemeinsame Nutzung von smarten städtebaulichen Objekten berücksichtigt werden.
- Auch jenseits von gemeinsamer Interaktion am Objekt sollen die Systeme die soziale Gemeinschaft im Quartier fördern, z. B. durch Angebote zur Vernetzung mit Freunden und Familie, mit anderen Nutzern über gemeinsame Interessen, oder mit räumlich nahe befindlichen Nutzern.
Zusätzlich zu den umgebenden Menschen ist der öffentliche Raum hinsichtlich der Nutzung von Technologien geprägt durch Spontanität. Entsprechend werden auch Objekte im Raum spontan und meistens nicht so wie vorgesehen genutzt. Technologie sollte entsprechend die spontane Nutzung (Walk up and use oder WUAU) in der Gestaltung berücksichtigen.
- Verschiedene Interaktionszonen sollten ermöglicht und in die Gestaltung mit einbezogen werden. Personen in einiger Entfernung vom Objekt sollen ebenso die Möglichkeit haben, von Inhalten und Interaktionen zu profitieren, wie Leute, die direkt davorstehen.
- Zudem sollten verschiedene Zeiträume für die Interaktion berücksichtigt werden. Der Mehrwert in der Nutzung von smarten städtebaulichen Objekten sollte nicht nur für längere (inter-)aktive Nutzer hervorgehen, sondern auch für den kurzen Blick „im Vorbeigehen“.
- Systeme müssen selbsterklärend gestaltet sein, die erfolgreiche Nutzung darf keine Schulung oder Lesen eines Handbuchs erfordern.
- Die Nutzungsschnittstellen müssen zur explorativen Nutzung anleiten. Anwender sollen ermutigt werden zu Experimentieren. Grundlage hierfür sind u. a. kleine, leicht verständliche Nutzungsschritte und verlässliche Rückgängig-Funktionen (einfache Korrektur von Fehlern und Versehen).
- Aufgrund der unkoordinierten und ungelernten Nutzung muss ein besonderer Fokus auf die Fehlertoleranz der technologischen Komponenten gelegt werden.
Bei Fokus auf die Nutzergruppe älterer Personen sollten Erkenntnisse aus dem Bereich Ambient Assisted Living sowie insgesamt altengerechter MTI berücksichtigt werden. Aus den Ergebnissen der Projekte Elisa und FamilyVision sowie basierend auf verwandter Forschung konnten seitens der UBW folgende Anforderungen hinsichtlich der MTI im öffentlichen Raum aufgestellt werden:
- Interaktionsmodalitäten müssen geöffnet werden. Falls eine bestimmte Art der Interaktion (dies betrifft sowohl Ein- als auch Ausgabe) für einige Nutzer aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, müssen weitere Möglichkeiten angeboten werden (vgl. Zwei-Sinne-Prinzip im Bereich Barrierefreiheit). Dies sollte möglichst ohne Stigmatisierung ablaufen.
- Motorisch komplexe und kontinuierliche Interaktionen (z. B. Drag & Drop) sollten für die erfolgreiche Bedienung nicht notwendig sein. Es sollte mit einfachen (Touch-) Gesten gearbeitet werden können.
- Eine verschachtelte Navigation sollte vermieden werden. Flache Informationsstrukturen (also maximal 1-2 Aktionen bis zur detaillierten Ansicht) helfen gerade für ältere Personen ohne Technikerfahrung bei der Orientierung.
- Insgesamt muss auf eine übersichtliche Darstellung der Inhalte geachtet werden. So können z. B. inhaltlich getrennte Bereiche visuell (räumlich oder farblich) voneinander getrennt dargestellt werden.
Bei Betrachtung der Zielgruppe älterer Personen stechen insbesondere heterogene Fähigkeiten und Bedürfnisse heraus. Demnach spielt die Anpassungsfähigkeit eine zentrale Rolle in der Gestaltung von Technologien für ältere Personen. Dabei ist sowohl die Anpassungsfähigkeit in Bezug auf Inhalten Funktionen und Interaktionen gemeint als auch die Strukturierung der Benutzerschnittstelle. Neben den aufgeführten Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit aus Nutzersicht (siehe Abschnitt 1.1) sollten folgende Anforderungen in die Gestaltung von einbezogen werden:
- Die Inhalte sollten auf die Interessen, mögliche Barrieren und Hilfsmittel sowie den Aktivitätsradius des individuellen Nutzers angepasst werden. Dabei sollte das System Empfehlungen geben und Inhalte priorisiert darstellen, jedoch alle Inhalte verfügbar machen.
- In der Interaktion sollte die Konsistenz im Vordergrund stehen. Während immer nach dem Zwei-Sinne-Prinzip hinsichtlich Ausgaben und bewusster Eingaben geachtet werden sollte, darf sich die Art und Weise der Interaktion während der Nutzung nicht ändern (also auch nicht anpassen), sondern muss über verschiedene Systemkomponenten hinweg wiedererkennbar sein.
- Zusätzlich zu den Inhalten sollten auf den Nutzer zugeschnittene Hilfestellungen bzw. Hinweise ausgegeben werden. Diese sind in der Ansprache, dem Inhalt und dem Detailgrad an die Kenntnisse des Nutzers anzupassen.
- Individuelle Hilfestellungen bzw. Hinweise sollten deutlich gekennzeichnet in einem separaten Bereich (oder auf einem separaten Medium) dargestellt werden. Überlappen die Hinweise den primären Interaktionsbereich, müssen sie ein- und ausgeblendet werden.
- Ausgegebene Hinweise dürfen die (Haupt-) Interaktion nicht beeinträchtigen.
- Hinweise müssen in einer für den Nutzer adäquaten Verweildauer angezeigt bzw. ausgegeben werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die in der aktuellen Situation relevanten Hinweise (auch wenn nicht mehr aktiv dargestellt) für den Nutzer wiederholt aufrufbar sein müssen.
II.1.2 AP2: MTI-basiertes Safety-Konzept
Gestaltung von MTI im öffentlichen Raum zur Erhöhung der Safety
Die UBW beschäftigte sich im Rahmen des Teilprojektes mit der MTI im urbanen Raum zur Erhöhung der Safety. Zur Identifikation von Forschungsfragen und zur Fokussierung des Teilprojektes wurde daher zunächst identifiziert, welche Rolle MTI für ältere Personen im urbanen Raum spielt und welche Herausforderungen sich für die Gestaltung interaktiver IT-Systeme ergeben.
MTI kann zur Safety beitragen, indem sie folgende Aspekte der Teilhabe am öffentlichen Leben stärkt bzw. mit sich bringt:
- Selbstbewusstsein des Nutzers
- Zugang zu Informationen
- Bereitstellung und Verknüpfung von Diensten
- Kommunikation mit anderen Personen
- Im Notfall eine Erleichterung bzw. Beschleunigung der Reaktion Dritter
- Die Steuerung der Aufmerksamkeit von Personen im Raum
- Beitrag zur (ansprechenden) Gestaltung der Umgebung
Zur weitergehenden Erschließung des Begriffs der „Teilhabe“ wurde im ersten Projektjahr durch die SHMG ein „Lebenswelt-Modell“ der Zielgruppe entwickelt. Dieses wurde durch die UBW mit zentralen MTI-Gestaltungsparametern verknüpft. So fungierte das integrierte Modell in der Gestaltung von MTI zur Steigerung der Teilhabe als zentrale Orientierungshilfe.
Bei der Betrachtung des Forschungsstandes ergeben sich an das soziotechnische System der MTI im urbanen Raum (im Gegensatz zur Gestaltung von soziotechnischen Systemen unter Laborbedingungen) übergreifende Herausforderungen:
- Generelle Berücksichtigung der städtebaulichen Infrastruktur, sowie der Umgebung
- Damit einhergehend eine Vielzahl nicht kontrollierbarer Bedingungen
- Auswahl und Aufbereitung geeigneter Inhalte (Content / Multimedia)
- Attraktivität für verschiedene Nutzergruppen (u. a. Usability VS. Stigmatisierung)
- Langzeitmotivation der Nutzung und damit verbunden Nachhaltigkeit der Anwendungen
Darauf aufbauend wurde zunächst eine zielgerichtete Literaturrecherche von Studien und vorhandenen Technologien durchgeführt, bei der eine Vielzahl von Gestaltungsparametern für die Safety als relevant eingestuft wurden. Ein Ausschnitt daraus wird in Abbildung 2 zusammengefasst und im Folgenden näher beschrieben.
Die vorhandene Literatur beschreibt insbesondere die Durchführung von Ein- und Ausgaben für ältere Personen sehr ausführlich (z. B. durch Richtlinien für die Kontraste in der Ausgabe, Multi-Channel Interaktion, oder die vergrößerte Darstellung von Schaltflächen). Darüber hinaus wurden insbesondere persönliche mobile Endgeräte bezüglich der Eignung für ältere Personen erforscht und optimiert. Hier lassen sich Erkenntnisse aus dem Bereich Ambient Assisted Living (AAL) nennen, z. B. Tablets, die speziell für die Teilhabe älterer Personen entwickelt wurden, Smart TVs zum Zugang zu diversen Communities, oder Smartphones, die gleichzeitig zu Unterstützung und Tracking von Personen mit Orientierungs-Defiziten eingesetzt wurden. Mit Bezug auf den urbanen Raum wurde in UrbanLife+ für die Teilhabe am städtischen Leben der Fokus auf das Einzelgerät jedoch vermieden, stattdessen wurde gemeinsame und interaktive Nutzung von öffentlichen Geräten in den Vordergrund gestellt. Eine vor Projektbeginn durchgeführte Studie der UBW zeigt, dass nur wenige Ansätze den urbanen Raum und lokale Strukturen in die Technologieentwicklung einbeziehen (Kötteritzsch & Weyers, 2014).
Bei der Gestaltung von MTI sind generell eine Vielzahl an Parametern abzudecken. Die Zahl der Endgeräte, Ansprachen des Nutzers und Interaktionsformen wachsen rapide mit dem Fortschreiten der Technologieentwicklung und Erkenntnisse der Disziplin an. Zur Abgrenzung von anderen Projekten und zum Abstecken des Forschungsrahmens haben wir uns bei den Demonstratoren daher auf folgende Aspekte fokussiert, um weiterführende Erkenntnisse in der MTI zu erlangen:
- Der Fokus soll auf dem urbanen Raum liegen. Daher muss jedes MTI-Konzept die Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten fokussieren.
- Es geht um (halb-) öffentliche, also nicht-persönliche, nicht-mobile Geräte. Persönliche Geräte und nichtöffentliche Geräte werden – wenn überhaupt – nur peripher einbezogen.
- Als smartes städtebauliches Objekt wird ein Objekt der städtischen Infrastruktur definiert, welches mit einem Informationsraum verbunden ist und eine Interaktion ermöglicht.
Bei Betrachtung der Nutzergruppe älterer Personen kann wegen des Zugangs zu technischen Geräten sowie zur Sicherstellung der Autonomie die Liste optional erweitert werden:
- Eine Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten sollte auch ohne persönliche Geräte möglich sein und einen Mehrwert bringen.
- Die Interaktion sollte seitens des Nutzers steuerbar/bewusst sein. Der Fokus liegt also nicht auf Sensorik und intelligenten Systeme oder zufälliger Interaktion.
Betrachtet man die oben aufgestellten Parameter zu Gestaltung, Nutzen und Resultat, sehen wir potenzielle Beiträge zum Stand der Forschung in der Gestaltung der folgenden Aspekte (MTI-Querschnittsthemen):
- Anpassungsfähigkeit (d. h. Möglichkeit zur Anpassung auf Anforderungen der Benutzer und Benutzergruppen im Einsatz)
- Mehrbenutzerfähigkeit (d. h. Ermöglichung der zeitgleichen Nutzung durch mehr als einen Benutzer)
- Walk-up-and-use-Fähigkeit (d. h. die Benutzer verstehen den Zweck und die Interaktionsmöglichkeiten des Systems, ohne explizit dafür geschult zu werden / ohne ein Handbuch lesen zu müssen)
- Joy-of-use (d. h. die Nutzung des Systems wird nicht als Last oder zusätzliche Arbeit empfunden, sondern macht Spaß / bringt Freude)
Die UBW fokussierte sich im Teilprojekt „MTI mit smarten städtebaulichen Objekten“ auf den Nutzen durch eine Erhöhung des Gewahrseins, also darauf, dass durch MTI die Wahrnehmung erhöht wird in Bezug auf die folgenden sozialen und städtebaulichen Aspekte:
- Verfügbare Informationen und Dienste sowie nützliche Infrastruktur des öffentlichen Raums, z. B. verfügbare Bänke zum Ausruhen entlang einer Wegstrecke
- Eigene Fähigkeiten, z. B. Wege zu meistern und Hürden zu überwinden
- Kompetenzen des Umfelds, z. B. in einer Problemsituation eine Hilfestellung zu bieten
- Bedarf des Umfelds an Kompetenzen, z. B. die Identifikation einer Person, die sich gerade ausruhen müsste, wobei alle Sitzplätze belegt sind
- Aktivität des Umfelds, z. B. welche Gruppen an Personen eine Veranstaltung im Stadtquartier besuchen
Forschungsfragen
Anhand der oben beschrieben Fokussierung sowie verwandter Literatur haben wir in der Anfangsphase des Projekts übergreifende Forschungsfragen zu den MTI-Querschnittsthemen Anpassungsfähigkeit, Mehrbenutzerfähigkeit, Walk-up-and-use und Joy-of-use aufgestellt:
Wie können smarte städtebauliche Objekte im urbanen Raum erfolgreich gestaltet werden (um die Safety/Teilhabe für unsere Zielgruppe zu erhöhen)?
Darunter fallen unter anderem die generelle Relevanz von Gestaltungsparametern, Best Practices aus vorhandenen Studien sowie ein Gestaltungsrahmen für smarte städtebauliche Objekte. Es wurde entschieden, was smarte städtebauliche Objekte hinsichtlich der Teilhabe am städtischen Leben für Angebote und Interaktion in welcher Art und Weise bereitstellen sollten.
Welche Voraussetzungen muss die Gestaltung der MTI erfüllen, um für heterogene Benutzer (im öffentlichen Raum) anpassbar zu sein?
Hier wurde betrachtet, welche Art der Anpassung im Kontext von UrbanLife+ für ältere Personen notwendig bzw. geeignet ist, um eine erfolgreiche Mensch-Technik-Interaktion zu gewährleisten. Dazu wurde hergeleitet, welche Dimensionen der MTI für die Anpassungsfähigkeit relevant sind, worauf aufbauend welche Parameter eines Systems im urbanen Raum angepasst werden sollten und wie diese Anpassung auszusehen hat.
Wie kann die Mehrbenutzerfähigkeit im öffentlichen Raum gestaltet werden (um die Safety/Teilhabe für unsere Zielgruppe zu erhöhen)?
Dabei wurden insbesondere die Interaktionen zwischen den Nutzern während der Nutzung betrachtet. Hier sollen auch Fragen nach der Einflussnahme von gemeinsamer Interaktion für die soziale Interaktion im urbanen Raum beantwortet werden.
Wie kann die Aufmerksamkeit der Personen im urbanen Raum so gesteuert werden, dass eine spontane Interaktion motiviert wird?
Bei dieser Frage sollte vor allem die Multimediale Ein- und Ausgabe über die Benutzerschnittstelle so gestaltet werden, dass Walk-up-and-use auch im urbanen Kontext (mit mehreren, potenziell unbekannten Nutzern) gewährleistet wird.
Wie können smarte städtebauliche Objekte so gestaltet werden, dass sie ihren Nutzern Freude bringen bzw. Vergnügen bereiten?
Hier wurde betrachtet, inwieweit der „Spaßfaktor“ zum Abbau von Hemmschwellen, zur Förderung der Nutzung und zur positiven Bewertung der Systeme im öffentlichen Raum beiträgt.
Diese Forschungsfragen wurden im Rahmen des Projektes fortlaufend und z. T. parallel bearbeitet. Die Beantwortung dieser soll insgesamt dazu beitragen, die geeignete Gestaltung von MTI im urbanen Raum hinsichtlich der Safety älterer Personen zu beschreiben.
II.1.3 AP3: MTI in der städtebaulichen Umgebung
Zunächst haben wir die Anforderungen an die Gestaltung von MTI im Projektkontext definiert. Dabei wurde zunächst die Einordnung im Sinne der Mensch-Technik-Interaktion und der nutzerorientierten Gestaltung sowie bezogen auf den Kontext (öffentlicher Raum) durchgeführt wurde. Dabei ist besonders der Unterschied zwischen der MTI im öffentlichen Raum im Vergleich mit Indoor-Einsätzen hinsichtlich einer limitierten Kontrolle der Bedingungen, anderer technischer Anforderungen (insbes. Vernetzung), sowie der Umwelteinflüsse zu verdeutlichen. Parallel hierzu wurden die Ergebnisse der Anforderungsanalyse seitens der SHMG aus Sicht der Nutzer auf die Gestaltung von MTI hin analysiert und in entsprechende Anforderungen übertragen. Darauf aufbauend wurden die Ergebnisse in Bezug auf den Stand der Literatur aktualisiert und neue Erkenntnisse wurden eingebracht. Aufbauend auf den Anforderungen lag der Fokus hier auf der einen Seite in der Betrachtung smarter Interaktionstechniken für den öffentlichen Raum und auf der anderen Seite auf den Anforderungen der primär betrachteten Zielgruppen.
MTI im urbanen Raum: Entwicklung von Lösungen
Auf der Basis der Anforderungsanalyse haben wir im Projekt zuerst eine Reihe von Personas entwickelt und darauf aufbauend einige Szenarien entwickelt, wie eine konkrete Unterstützung dieser Personas durch smarte städtebauliche Objekte aussehen kann.
Die Personas wurden aufbauend auf den Analysen der SHMG entwickelt und dienen als Werkzeug zur benutzerzentrierten Gestaltung von technischen Entwicklungen. Diese umfassen neben einer typischen Charakterbeschreibung auch Problemsituationen aus dem Alltag der fiktiven Personen, welche auf einem Querschnitt der Angaben realer Personen aus der Analyse beruhen. Mit dem Zielgruppen-fokussierten Input der SHMG konnten wir so seitens der UBW eine erste Beschreibung typischer Problemstellungen in der fokussierten Zielgruppe hinsichtlich der Nutzung von Technik bzw. der Interaktion mit dem öffentlichen Raum erreichen.
Hier wurden vier Personas entwickelt, welche sich neben der sozialen Situation und den Fähigkeiten vor allem durch ihre Technik-Affinität und die Akzeptanz gegenüber neuen Technologien unterscheiden. Durch die Diskussion dieser heterogenen Eigenschaften wurde bereits früh deutlich, dass hier einige Vertreter der Zielgruppe nur bedingt durch den Einsatz von MTI angesprochen werden können. Eine unserer Zielsetzungen bestand daher in der Ansprache einer möglichst großen Anzahl von Nutzern (u. a. durch motivierende und anpassbare MTI, Inhalte und Rahmenbedingungen), wobei nicht alle Vertreter der Nutzergruppe gleichermaßen involviert werden konnten. Gerade hinsichtlich der Erreichbarkeit der Zielgruppen und Umsetzbarkeit im Projektrahmen lag der Fokus in den Szenarien daher auf der Ansprache von generell offenen Vertretern der Zielgruppe mit einem vergleichsweise engagierten sozialen Umwelt, welche wenige bis viele Erfahrungen in der Nutzung von Technik haben.
Unter Einbezug der Personas wurden zunächst sieben verschiedene Szenarien entwickelt, welche den Alltag der Zielgruppe unter Einsatz eines integrierten MTI-Lösungsansatzes beleuchten. Diese wurden im Laufe der Erarbeitung durch ein achtes Szenario ergänzt.
- Erweiterung der Komfort Zone
- Gefühlte Safety erhöhen und nachverfolgen
- Gemeinsame Aktivitätsplanung
- Gemeinsame Freizeitnavigation individuell angepasst
- Gemeinsame Besuche des Borussia Stadions
- Angepasste Nachbarschafts-Einkaufsdienstleistungen
- Spielerische Interaktion im Stadtquartier
- Scooter-Park
In jedem Szenario wurden ein potenzieller Einsatz von Technologien sowie Erweiterungen dieser aufbauend auf den Forschungsfragen aufgeführt. Die Szenarien dienten dann als Hilfestellung in der Konzeption von konkreten SSO.
Bezüglich konkreter smarter städtebaulicher Objekte haben wir mit unseren Partnern initial sechs verschiedene Konzepte entwickelt:
- Smarte Informationstafel: Mit Hilfe eines großen Wandbildschirms werden örtlich und zeitlich relevante Informationen für Senioren individualisiert aufbereitet und interaktiv explorierbar gemacht. Die örtliche Verankerung im öffentlichen Raum (in Abgrenzung zu persönlichen Mobilgeräten) soll zur sozialen Vernetzung und spontanen Wahrnehmung von Angeboten und anderen Personen beitragen.
- Smarte Bushaltestelle: Mit vernetzten Ein-/Ausgabegeräten versehen, können Bushaltestellen wartenden Senioren personalisierte und bedürfnisspezifische Informationen zu Fahrplänen, zu Wartezeiten oder zur Auslastung von demnächst ankommenden Bussen liefern.
- Smarte Parkbank: Die Höhe der Sitzfläche einer Bank kann automatisch an die individuellen Anforderungen von Senioren angepasst werden. Wenn die Bank per Sensorik erkennen kann, dass sich eine ältere Person nähert, können bereits sitzende Personen z. B. durch ein taktiles Signal dezent daran erinnert werden, Platz zu machen.
- Smarte Querung: Mittels geeigneter Hinweise (z. B. Leuchtsignale) können Senioren Informationen dazu erlangen, wie gut eine Straßenquerung (in diesem Fall ohne Ampel) zu ihren Bedürfnissen passt, z. B. ob die Bordsteinkante abgesenkt ist und wie stark das Verkehrsaufkommen ist.
- Smarte Ampelanlage: Fußgänger-Grünphasen können individualisiert an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst werden, wenn diese sich nähern. Über geeignete Signale an die restlichen Verkehrsteilnehmer kann das Gewahrsein für diese Bedürfnisse gesteigert werden.
- Smarte Beleuchtungszonen: Die Beleuchtung von Straßen und Wegen kann individualisiert werden, z. B. Regulation der Intensität je nach Sehfähigkeit, oder gezielte Ausleuchtung der persönlichen Route (Licht-Leitsystem).
Bei der Gestaltung smarter städtebaulicher Objekte ist sowohl für das inhaltliche Angebot für den Nutzer als auch für die Bestimmung von Architektur und Systemkomponenten der Datenfluss maßgeblich. Ein erster Entwurf des Datenflusses wurde zu Ende 2016 hin entwickelt. Dieser wurde 2017 gemeinsam mit den Projektpartnern besprochen und iteriert.
Die entwickelten Konzepte wurden anschließend in die Szenarien integriert, um eine Diskussion im Konsortium zu ermöglichen. Eines dieser Szenarien wurde in Kötteritzsch, Koch, et al. (2016) näher beschrieben und soll an dieser Stelle in gekürzter Form einen Einblick in die Darstellung innerhalb eines Nutzungskontextes geben:
In Hardterbroich wurde vor kurzem die Infrastruktur erneuert und mit Systemen ausgestattet, die eine sichere Bewegung im Stadtquartier unterstützen Ihre Kinder haben Margot Nowak (82) und ihren Mann auf UrbanLife+ bereits registriert, sodass alle Funktionen der smarten städtebaulichen Objekte für sie auch personalisiert zugänglich sind. Über die Kommunikation der smarten städtebaulichen Objekte mit ihrem Smartphone wird die Bewegung innerhalb der Nachbarschaft erfasst und einem persönlichen Aktivitätsradius zugeordnet. Dieser wird in einer digitalen Repräsentation des Bereichs verzeichnet, in dem sich Brigitte sicher bewegen kann (also sich in der Bewegung sicher fühlt), ihrer Komfort Zone. Die Komfort Zone ist abhängig von dem situativen Kontext, also beispielsweise von Tageszeit, Wetter, oder der aktuellen Gemütslage von Margot. Diese Angaben sind in einem Profil auf dem Smartphone gespeichert (nicht in der Cloud). Je nach Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten erweitert sich die Komfort Zone. In Abhängigkeit davon, ob sich Margot innerhalb ihrer Komfort Zone befindet oder nicht, wird eine andere Art der Unterstützung durch die genutzte Technologie angeboten.
Margot nähert sich dem Informationsbildschirm und ihr Smartphone verbindet sich automatisch mit dem Bildschirm. Aktuelle Angaben zu ihren Aktivitäten und zu ihrer Komfort Zone werden an den Bildschirm gesendet. Auf dem Bildschirm erscheint ein persönlicher Informationsbereich, auf dem sie mit „Hallo Frau Nowak!“ begrüßt wird. Sie geht zum Bildschirm und sieht in ihrem Informationsbereich die heutigen Öffnungszeiten des Markts und ein Ablaufplan sowie zusätzliche Informationen und wird durch Herausforderungen ermuntert ihre Komfort Zone zu erweitern. Margot nimmt eine diese Herausforderung an, den Hardterbroicher Markt zu besuchen (welcher außerhalb ihrer Komfort Zone liegt), indem sie die Beschreibung in ihren persönlichen Bereich zieht. Die Herausforderung ist nun mit ihrem Profil verbunden (durch die Kommunikation zwischen Wandbildschirm und Smartphone). Margot macht sich auf den Weg zum Markt und verlässt ihre Komfortzone. Sie sieht entlang des Weges mehrere kleine Geräte an Straßenlaternen angebracht, die in blauer Farbe pulsierend leuchten. Sie erinnert sich an die blaue Färbung der Informationen zum Hardterbroicher Markt und folgt dem Lichtpfad – sie ist auf dem richtigen Weg. Kurz danach erlischt das Licht des passierten Strahlers.
Am Hardterbroicher Markt selbst wird ihr auf einer kleinen Informationstafel ein Plan des Marktes gezeigt. Hier kann sie die Stände, die sie auf jeden Fall besuchen möchte, durch Markierung dieser einfärben. Nach dem Marktbesuch geht sie zum Café und kauft dort Donauwelle. Ein kleiner Informationsscreen am Display zeigt ihr an, dass sie den zweiten Teil ihrer Herausforderung gemeistert hat. Der Markt gehört nun in ihre Komfort Zone.
Nach der Diskussion der Konzepte und Einsatzzwecke im Projekt sowie unter Berücksichtigung unserer Forschungsfragen und Eingrenzung in den Stand der Technik, haben wir spezifische Gestaltungsparameter in der Gestaltung priorisiert.
Wir fokussieren unsere eigene Arbeit auf Informationsstrahler und darauf, wie diese für sich genommen oder als Teil von den o. g. smarten städtebaulichen Objekten (insbesondere die smarte Informationstafel, ggf. die smarte Bushaltestelle) zum Projektziel beitragen können. Bei Informationsstrahlern (Cockburn, 2008) handelt es sich allgemein um öffentliche Anzeigen (das können Bildschirme sein, müssen aber nicht), welche vorbeigehenden Menschen aktuelle Informationen liefern, die leicht zu sehen und zu verstehen sind, und welche sich oft genug ändern um ein wiederholtes Hinsehen lohnenswert zu machen.
Wir übertragen diese Idee in den Kontext von UrbanLife+ indem wir auf Basis der Anforderungsanalyse die Frage aufbereiten, was für Arten von Informationen für Senioren im Alltag im urbanen Raum zugänglich gemacht werden sollten (und unter welchen Umständen verschiedene Arten von Informationen am hilfreichsten sind – siehe auch „Komfortzone“) und wie diese hinsichtlich der aufgestellten Forschungsfragen sinnvoll strukturiert und visualisiert werden können. Zudem betrachten wir in UrbanLife+ die Informationsstrahler nicht als reine Ausgabemedien, sondern beziehen die gesamte Mensch-Technik-Interaktion (Eingabe, Ausgabe, Aufbereitung von Struktur und Benutzer, etc.) mit ein.
Als Arten von möglichen Informationsstrahlern fassen wir große und kleine interaktive Bildschirme, reine Audiogeräte (Lautsprecher) sowie Leuchtelemente ins Auge. Alle diese benötigen unterschiedlich gestaltete Interaktionen, mit deren Ausarbeitung wir uns über die gesamte Projektlaufzeit hinweg beschäftigt haben.
MTI-Gestaltung von Informationsstrahlern
In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Klassen der Informationsstrahler hinsichtlich ihrer MTI-Gestaltung und deren Entwicklung über die Projektlaufzeit beschrieben.
Die Interaktion mit den Informationsstrahlern wurde wie folgt konzipiert: Mit dem Ziel das Gewahrsein von Teilhabemöglichkeiten im Raum zu erhöhen sollen die Informationsstrahler für ältere Nutzer a) eine Anregung zur Teilhabe bieten und b) bei der Teilhabe unterstützen. Dafür sieht die UBW eine Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Aktivitäten im öffentlichen Raum vor (siehe ergänzend auch Bericht AP5).
Die UBW unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arten von Informationsstrahlern für die Unterstützung älterer Personen im Kontext von UrbanLife+:
- Makro-Informationsstrahler enthalten vernetzte interaktive große (Multi-Touch) Bildschirme mit Anbindung an einen digitalen Informationsraum. Diese stellen Orte bzw. Organisationen, Angebote und mögliche Aktivitäten (Veranstaltungen etc.), Herausforderungen, Dienstleistungen, Neuigkeiten und Personen (-Repräsentationen) dar, die sich in der erreichbaren Umgebung befinden. Der Nutzer kann mit den Informationsobjekten interagieren und Aktionen auf diesen ausführen. Der dargestellte Informationsumfang ist üblicher Weise bezogen auf das Quartier bis hin zum Stadtteil und umfasst einen Zeitraum von mehreren Tagen bis hin zu mehreren Monaten.
- Mikro-Informationsstrahler enthalten vernetzte kleine Aus- oder Eingabe-Elemente (z. B. Lautsprecher oder LED-Anzeigen), die mit einem digitalen Informationsraum verbunden sind. Sie zeigen konkrete Informationen bezogen auf einen Kontext (üblicher Weise bestehend aus Nutzer, Situation und Ort), die dem Nutzer eine Hilfestellung zur sicheren Durchführung von Aktivitäten bieten soll. Dazu gehören u. a. Hinweise auf bestimmte Akteure im Raum (Orte, Dienstleistungen, Personen, etc.) oder Schritte zu Erreichung eines Ziels (z. B. Teilschritte bei Herausforderungen). Die Art und Weise der Interaktion unterscheidet sich je nach Mikro-Informationsstrahler.
Weiterhin wurden in den ersten Projektjahren zusätzlich noch Mini-Informationsstrahler konzipiert, welche jedoch ab 2018 nicht mehr verfolgt wurden, da wir eine zu geringe Differenzierung zu den anderen zwei Klassen sahen, um den Aufwand der Entwicklung und Evaluation zu rechtfertigen. Die vorläufigen Ergebnisse zu Mini-Informationsstrahlern werden im Folgenden wiedergegeben, bevor der Bericht sich ausführlicher den zwei verbleibenden Klassen widmet.
Eine erste Version des Mini-Informationsstrahlers wurde 2017 prototypisch implementiert. Eine zentrale Kartendarstellung soll den Nutzern bei der Orientierung auf dem Weg helfen. Zusätzlich eingeblendete Informationen zu naheliegenden Orten sowie aktuelle Schritte im eigenen Profil soll den Nutzern eine Unterstützung in der Durchführung der Aktivitäten im Raum geben und ihnen konkrete Hinweise zur Beantwortung der folgenden Fragen zu geben:
- Wo muss ich als nächstes hin?
- Wo finde ich auf dem Weg zum nächsten Zwischenziel dies oder jenes?
- Wer ist gerade in der Nähe (der mir helfen kann)?
- Wo kann ich mich ausruhen?
- Wie erreiche ich das nächste Transportmittel? Wie kommt es zu mir?
Diese Versionen der Informationsstrahler wurden zunächst mit den Forschungs- und Entwicklungspartnern sowie den Umsetzungspartnern diskutiert und anschließend mit Experten aus dem Bereich der Mensch-Technik-Interaktion evaluiert. Hier konnten Usability-Probleme identifiziert und weitere Anregungen für die geeignete Umsetzung gesammelt werden. Diese wurden übernommen in der Aufstellung der Anforderungen und gingen in die Erkenntnisse zu der Gestaltung von smarten städtebaulichen Objekten ein. Bei der Interaktion innerhalb und außerhalb der Komfortzone wurde deutlich, dass a) innerhalb der Komfortzone – also potenziell bei der Planung von Aktivitäten – mehr Informationen verfügbar sein müssen und b) außerhalb der Komfortzone eine Darstellung in Form der Mini-Informationsstrahler eher ungeeignet ist, da sie zu viele Informationen bereitstellt.
Makro-Informationsstrahler
Durch die Bereitstellung von Informationen über den Raum soll der Makro-Informationsstrahler bei der Planung von Aktivitäten helfen (also Teilhabechancen bereitstellen). Diese Informationen sollen den Nutzern entweder durch keine Interaktion (Wahrnehmen bzw. Ansehen der Inhalte) oder durch explizite Interaktion (Öffnen von Details zu Informationen oder Manipulation durch einfache Touch-Gesten oder Sprachsteuerung) Anregungen zu den Fragen geben:
- Was kann ich alles unternehmen?
- Wem könnte ich mich anschließen?
- Wo gibt es interessante Angebote oder Aktivitäten?
- Welchen Herausforderungen kann ich mich stellen?
Der erste Prototyp des Makro-Informationsstrahlers zeigte dafür in zufälliger Reihenfolge und Größe die Informationen zu der Umgebung in Hardterbroich an (siehe Abbildung 8). Diese „Flow Components“ wandern in verschiedenen Richtungen über den Bildschirm, was eine Erkennung auch während der Bewegung am Informationsstrahler vorbei erleichtern soll. Diese erste Version wurde im Konsortium diskutiert und mögliche weitere Inhalte gesammelt. Im Anschluss wurden zusätzliche „Sticky Components“ hinzugefügt (in Abbildung 10 Wetter und Busabfahrtszeiten). Diese festen Elemente auf dem Bildschirm zeigen Informationen, die zu jeder Zeit relevant für die Bewegung im öffentlichen Raum sein können.
Darüber hinaus wurde eine erste Version eines persönlichen Bereichs für angemeldete Benutzer implementiert. Es soll angemeldeten Benutzern dadurch ermöglicht werden, für sie interessante Objekte (z. B. Veranstaltungen) in das eigene Profil zu laden (z. B. „Ich möchte an dieser Veranstaltung teilnehmen“), persönliche Empfehlungen zu erhalten, oder weitere Funktionen zu Objekten zu erhalten (z. B. einen Dienst zu buchen oder Informationen mit anderen Personen zu teilen). In der ersten Version wurde hier zunächst das Hinzufügen über Drag & Drop umgesetzt. Dafür ist eine Authentifizierung notwendig, die in einer ersten Version als iOS App umgesetzt wurde und eine Anmeldung des Nutzers durch die Kommunikation mit iBeacons und dem Informationsstrahler ermöglicht (siehe Abbildung 9).
Die dargestellten Informationen wurden zunächst seitens der UBW gesammelt und manuell in eine Excel-Tabelle eingetragen. Über das CommunityMashup, eine vorher entwickelte Lösung eines Informationsdienstes (Lachenmaier, 2016), können verschiedene Quellen über verschiedene APIs importiert werden. Es erlaubt die nahtlose Kombination von internen, manuell aktualisierten Daten (darunter fallen bei uns vor allem die Angebote für die Bewohner im Altenheim Hardterbroich sowie die Geschäfte und sonstige Teilhabemöglichkeiten in der Umgebung) mit automatisierten News-Feeds, etwa für regionale Nachrichtenmeldungen.
Aufbauend auf einem UBW-internen Design-Workshop wurde die Benutzerschnittstelle des Makro-Informationsstrahlers 2017 und 2018 weiter angepasst, um besser für die Bedürfnisse älterer Nutzer geeignet sowie visuell ansprechender zu sein (siehe Abbildung 11).
Zudem wurde eine erste Version der Detailansicht (siehe Abbildung 12) zu den Informationsobjekten implementiert, auf welcher folgende Inhalte (je nach Informations-Typ und angemeldetem/anonymem Nutzer) dargestellt werden sollen:
- Datum und Uhrzeit
- Beschreibung
- Bilder
- Verfügbare Dienstleistungen (z. B. Tisch in Restaurant reservieren)
- Ort (Adresse und Kartenansicht)
- Route vom aktuellen Standort zum Zielort
- POIs (Points of Interest) entlang des Wegs
- Schritte zur Erreichung (und aktueller Status hierzu)
Der persönliche Bereich wurde neu strukturiert und um persönliche Empfehlungen um den persönlichen Bereich herum ergänzt.
Eine erste (reduzierte) Version des Makro-Informationsstrahlers wurde im Herbst 2017 im neuen Altenheim Hardterbroich im halböffentlichen Raum (Foyer) aufgestellt und wurde im Folgenden mit der Nutzergruppe älterer Personen, die nicht mehr im eigenen Haushalt leben, getestet und schrittweise verbessert.
Anfang 2018 wurde ein Workshop zur Gestaltung der Makro-Informationsstrahler durchgeführt. Gegenstand des Workshops waren insbesondere Informationsartefakte und die Differenzierung in der Darstellung. Die Interaktionsgestaltung der Informationsstrahler unterscheidet demnach zwischen Sticky Items, welche statisch positioniert und jederzeit sichtbar sind und Flow Items, die sich räumlich und zeitlich im Wandel befinden und dadurch ständig neuen Nutzwert bieten. Für die Unterscheidung zwischen Flow und Sticky Items wurden verschiedene Bereiche auf dem Makro-Informationsstrahler abgetrennt. So werden Sticky Items insbesondere im oberen und unteren Drittel des Bildschirms dargestellt, während Flow Items in der Mitte des Bildschirms häufiger zu finden sind. Inhaltlich eignen sich Sticky Items für die Darstellung von dynamischen Informationen, die jedoch inhaltlich gleichbleibend sind (z. B. Wetter, Busabfahrtszeiten), während Flow Items statische Informationen darstellen, welche jedoch je nach Zeit, Tag oder Woche variieren (z. B. Veranstaltungsankündigungen, Orte in der Umgebung bzw. Points of Interest). Diese Aufteilung wurde bei der Oberfläche des Makro-Informationsstrahlers umgesetzt (siehe Abbildung 11).
Die auf dem Prototyp im Altenheim Hardterbroich dargestellten Informationsobjekte werden von der Universität der Bundeswehr verwaltet. Das ursprüngliche Informationsangebot wurde gemeinsam mit der SHMG fortlaufend um aktuelle und saisonale Inhalte erweitert. Jederzeit wurden die umliegenden Geschäfte und sonstige vergleichbare Angebote mit Öffnungszeiten, Adresse, Karte und Fotos angezeigt, sowie aktuelle Angebote des Altenheims. Der wöchentliche Aktivitätenplan des Altenheims konnte in diesem Zeitraum nur von gesondert geschulten Mitarbeitern eingepflegt werden. Eine Vereinfachung der Inhaltsverwaltung, mit der Inhalte auch von den Projektpartnern eigenständig eingebracht werden können, konnte erst für 2020 umgesetzt werden.
Die Aktualität der Inhalte wurde während der Nutzung sowohl bemerkt als auch das Fehlen aktueller Informationen kritisiert. Werden Informationen im öffentlichen Raum dargestellt, so sollten diese dem aktuellen Stand der Informiertheit der Nutzer entsprechen. Auch die Frequenz der Aktualisierung der Inhalte sollte in einem abgetrennten, halböffentlichen Raum gegeben sein. Dies wurde in den Diskussionen im Technik Café deutlich. Daher wurden die Parameter in dem Laden von Informationen aus dem Community Mashup so angepasst, dass wöchentlich neue Informationen aktualisiert wurden und alte Informationen nicht mehr dargestellt wurden.
Während des Betriebs wurden im Lauf des Kalenderjahres 2018 außerdem verschiedene Änderungen an der Oberfläche vorgenommen. So wurde zu Ostern ein anderer Hintergrund gewählt und Video-Clips als Sticky Items zum Aufrufen auf dem Bildschirm hinzugefügt. Diese Saison-bedingte Gestaltung wurde seitens der Nutzer als sehr positiv wahrgenommen und die Bewohner des Altenheims gaben an, den Bildschirm häufiger zu betrachten. Hier ist zu prüfen, inwieweit sich diese Änderung der Nutzung bzw. Beachtung durch den Novelty-Effekt (Koch et al. 2018) erklären lässt und wie dieser eingesetzt werden kann, um den Nutzern von SSO eine nützliche Unterstützung durch SSO zu bieten. Abbildungen 20-22 zeigen verschiedene Versionen der Makro-Informationsstrahler-Oberfläche im Einsatz im Altenheim Hardterbroich sowie bei Großveranstaltungen.
Im Jahresverlauf wurden diverse kleine Updates an der Software zur inkrementellen Verbesserung und zur Behebung von Fehlern durchgeführt. Diese umfassten unter Anderem:
- Wiederherstellung der Darstellung der Bus-Abfahrtszeiten nach einer Änderung der technischen Schnittstelle seitens des VRR
- Darstellung der OpenStreetMap-Karten auch unter neueren Java-Versionen
- Anpassung der visuellen Gestaltung der dargestellten Uhrzeit für seniorengerechte Lesbarkeit
- Verhinderung des „Verlustes“ der Wetterdarstellung durch versehentliche Touch-Interaktionen
- Bewusstere Gestaltung der Trennung zwischen und Gemeinsamkeiten der Entwicklungs- und der Einsatzversion der Software
Die Software, welche die Basis für die Makro-Infostrahler ist, wurde 2018 außerdem um eine technische Schnittstelle für netzwerkbasierte Verwaltung erweitert. Diese bietet zunächst Funktionen zur Wartung und rudimentärer inhaltlicher Analyse. Die Grundlage für die Erweiterung um Funktionen zur detaillierten Inhaltsverwaltung durch und mit anderen städtebaulichen Objekten wurde geschaffen. Die Anbindung an die zu diesem Zeitpunkt im Projekt vorgesehene SEPL-Plattform wurde durchgeführt (siehe dazu Bericht AP5).
Die Weiterentwicklung der Makro-Informationsstrahler hatte 2019 einen klaren Fokus auf die Integration im Projekt. Die im vorigen Jahr geschaffenen Schnittstellen für die netzwerkbasierte Kommunikation der Geräte wurde überarbeitet und erweitert. Dazu gehörte die Anpassung an aktuelle Entwicklungen des zentralen Backends durch ULE (siehe AP5 sowie im Abschlussbericht der Kollegen) sowie an spezifische durch UHOH entwickelte Teilsysteme. Insbesondere hatte UHOH einen zentralen Reservierungsdienst bereitgestellt, über den SSOs die Verfügbarkeit von Sitzplätzen in der Umgebung prüfen und Sitzplatzreservierungen für beauftragende Nutzer vornehmen können. Die Makro-Informationsstrahler-Software wurde dahingehend erweitert, dass bestimmte Buchungsvorgänge direkt angezeigt werden können. Weiterhin war die Anbindung an die zentrale SSO-Verwaltung im Backend Ende 2019 funktionsfähig – Geräte können dort eingetragen werden und sich dann über das Internet mit dem Backend verbinden.
Im Frontend wurde die Verfügbarkeit der Soundausgabe verbessert. Dazu wurde in vorigen Jahren bereits Vorarbeit geleistet, jedoch ist es seit diesem Jahr nun auch im realen Betrieb möglich, beim Berühren von Informationsobjekten einen Soundeffekt abzuspielen und sich die Namen von Informationsobjekten vorlesen zu lassen. Hierzu kommt eine integrierte Text-to-Speech-Software zum Einsatz. Die soundbasierten Features stärken das Zwei-Sinne-Prinzip bei der Verwendung des Informationsstrahlers und kommen insbesondere Seniorinnen und Senioren mit Sehschwäche zugute.
Weiterhin wurde eine generelle Möglichkeit zur Einbindung von ein- und ausschaltbaren Vollbild-Inhalten aus internen oder externen Quellen geschaffen, welche bisher für die von DreSo bereit gestellten interaktiven Karten eingesetzt worden ist (siehe AP2). Für das Turmfest im Sommer wurde eine solche Karte angezeigt, kurz vor Jahresende wurde auch eine vom Stadtteil Hardterbroich erstellt und in den Informationsstrahler eingebunden.
Im letzten Projektjahr lag der Fokus der Arbeit am Makro-Informationsstrahler bei den Evaluationen im Senioren-Scooter-Park (siehe Bericht AP6). Dafür wurde die Software um eine Netzwerkschnittstelle ergänzt, welche die Farbe des persönlichen Bereichs (letztlich umbenannt in „Persönliche Pinnwand“) sowie den Namen des registrierten Nutzers jederzeit – auch während des Betriebs – ändern kann. Somit war es möglich, dass eine Testperson sich mit Namen und Lieblingsfarbe bei den Versuchsleitern der UBW anmelden konnte und wenige Sekunden danach die personalisierte Version des Makro-Informationsstrahlers zur Verfügung stand.
Mikro-Informationsstrahler
Im Rahmen einer Bachelor-Arbeit an der UBW wurde 2017 das Konzept für Mikro-Informationsstrahler konkretisiert. Daraus entstanden verschiedene Interaktionsmöglichkeiten für Mikro-Informationsstrahler und eine prototypische Implementierung in einem erweiterten Szenario.
Mit dem Ziel den Nutzer auf wichtige Aspekte im öffentlichen Raum aufmerksam zu machen, sollen die Mikro-Strahler verschiedene visuelle und auditive Gestaltungsparameter ermöglichen:
- Die Gestaltung visueller Ausgaben umfasst den Einsatz a) sich ändernder Farbe, Pulse oder Blinken zur Aufmerksamkeitssteuerung der Nutzer b) spezieller Farben oder Symbole, welche Hinweise geben, sowie c) spezieller Farbe oder Symbole, welche als Sentiments (also z. B. Aufmunterung oder Warnung) eingesetzt werden.
- Die Gestaltung auditiver Ausgaben umfasst a) Hilfestellungen, die den Nutzer bei der Durchführung von Aktivitäten unterstützen (z. B., wenn sich der Nutzer auf dem richtigen oder falschen Weg befindet), b) Erinnerungen, die dem Nutzer zeitliche Unterstützung bietet (z. B. wenn der Bus in fünf Minuten abfährt) und c) Hinweise, die dem Nutzer eine Safety-Steigerung ermöglicht (z. B. ein Hinweis auf eine Ruhemöglichkeit).
- Zusätzlich wurde das Konzept einer auditiven Steuerung durchdacht, also konkret eine Sprach-Eingabe bzw. Sprachsteuerung. Bei dieser wird unterschieden zwischen a) offenen Anfragen des Nutzers an das System (z. B. „Rufe mir ein Taxi“) und b) gesteuerten Dialogen des Systems (z. B. „Möchten Sie, dass ich ein Taxi rufe?“ mit Ja/Nein-Antworten).
Die erste Umsetzung der Mikro-Informationsstrahler betrachtete die vorhandenen Mikro-Informationsstrahler entlang des Weges und sendete vorgefertigte Hinweise an den Informationsstrahler, sobald der Nutzer sich diesem nähert und das persönliche Endgerät sich mit diesem verbindet. Hier wird über eine LED-Anzeige ein Hinweis gegeben, welcher dem Nutzer bei der aktuellen Aktivität helfen soll (z. B. den Weg zu finden). Zusätzlich werden Audio-Ausgaben genutzt, um den Nutzer auf für ihn wichtige Aspekte hinzuweisen (z. B. eine Ruhemöglichkeit in der Nähe). Die Mikro-Informationsstrahler umfassen eine Kombination impliziter Interaktion (Erkennung des Nutzers) und vorrangig keiner Interaktion (Ausgabe der Informationen), um den Nutzer – insbesondere außerhalb seiner Komfortzone – nicht zu überlasten. Eine zusätzliche explizite Interaktion wurde durchdacht, welche dem Nutzer die Interaktion mit verfügbaren Dienstleistungen im Raum erleichtern soll (z. B. ein Taxi rufen).
Diese prototypische Umsetzung der Mikro-Informationsstrahler wurde 2018 leicht überarbeitet. Der Einsatz der Geräte und der implementierten Software wurde vereinfacht und die relevante Dokumentation wurde erweitert. Jedoch erwies sich diese prototypische Implementation als nicht gut genug geeignet, um mit den zentralen Systemen in UrbanLife+ integriert zu werden. Deshalb wurde 2019 eine neue Implementation auf Basis der gleichen Hardware angestoßen.
Für die Entwicklung von Mikrostrahlern wurden zu diesem Zweck bisherige Einsätze und wissenschaftliche Erkenntnisse als theoretische Grundlage aufgearbeitet. Diese wurde dokumentiert und als Inspiration für mögliche Anwendungsszenarien und Evaluationsmöglichkeiten verwendet. Als Beispiel wurden existierende Anwendungsszenarien im öffentlichen Raum identifiziert: Mikrostrahler in Navigationssystemen, Parkhäusern und deren Leitsystemen, smarte Ampeln und Straßenbeleuchtungen. Dabei wurden Empfehlungen für die MTI-Gestaltung identifiziert, insbesondere in Bezug auf die visuelle Interaktion. Die Gestaltungsempfehlungen geben Hinweise zur Farbwahl (Assoziation zur Farbe, Anzahl unterschiedlicher Farben, Kontraste, etc.) und Verwendung von Symbolen. Auch zur auditiven Benutzerschnittstelle konnten Anwendungsszenarien (z. B. Audiohinweise zur virtuellen Wegfindung) und Empfehlungen an die MTI-Gestaltung identifiziert werden. Diese Erkenntnisse wurden 2020 auf der „Mensch und Computer“ als Kurzbeitrag veröffentlicht (Stojko et al., 2020).
Aufbauend auf die Literaturrecherche wurde mit der Programmierung eines neuen Anwendungsframeworks für die Mikrostrahler begonnen. Dabei wurde der Fokus auf die Integration des Aktivitätsunterstützungsdienstes gelegt und besonders die einfache Einsetzbarkeit und Wartbarkeit gesetzt.
Für die Kommunikation mit den anderen UrbanLife+ Komponenten wurde ein MQTT-Protokoll umgesetzt. Dieser ermöglicht einen einfachen Informationsaustausch vieler oder größerer Datenmengen. Die Mikro-Informationsstrahler wurden durch Raspberry Pi’s Model 3B und einem SenseHat Modul realisiert. Die Funktionalitäten wurden in Python umgesetzt und umfassen die Interaktionauswahl und -durchführung mit den Senioren als auch die Kommunikation mit einem Support Layer (Mikro-Informationsstrahler Controller), welcher den Austausch mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst ermöglicht.
- Eingabe: Implizite Interaktion durch Identifikationserkennung der Senioren via Bluetooth
- Ausgabe: Entscheidung der Symbol-Auswahl / Pfeile anhand von Route und Klassen / Funktionalität (Anzeige der Zielerreichung oder Routenführung) der Mikro-Informationsstrahler ➔ welche in einer Evaluation validiert wurden
- Dokumentation / Logging der Interaktionen: Rückmeldung über die aktuelle Anzeige des Mikro-Informationsstrahlers, der Interaktion
- Hardware-Gestaltung: Schutzkappe vor ungünstigen Wetterverhältnissen (starke Sonne, Regen), PowerBank als Stromquelle, Überlegung, wie und wo diese sinnvoll in existierende urbane Objekte integriert werden könnten (wurde dann prototypisch umgesetzt in einer Evaluation)
Weitere SSO-Konzepte der UBW
Im Rahmen des Moduls „Mensch-Computer-Interaktion“ an der Universität der Bundeswehr München wurden 2019 durch insgesamt 13 Gruppen (bestehend aus je 2-5 Studierenden) Konzepte für smarte städtebauliche Objekte sowie hypothetische Planungen für deren Evaluation entwickelt. Die Konzepte der Studierenden sind wie folgt betitelt:
- Personalisierte Ticketautomaten im Nahverkehr
- Die smarte Jedermann-Toilette
- Die smarte öffentliche Toilette
- WCInfo – Der smarte Toiletten-Wegweiser für Senioren
- CityGuide Infostrahler
- Smart Traffic Light
- Smarte Schienenbeleuchtung
- Smart Traffic Light System
- Echtzeitüberfüllungskarte
- Vereinfachte Parkplatzfindung für Senioren
- Der smarte Wegweiser
- Smartes Leucht-Leitsystems
- Erweiterte Gesundheitskarte mit Token-Funktion zur Interaktion mit smarten urbanen Objekten
Zu jedem Konzept liegt ein wissenschaftliches Poster sowie ein Projektbericht vor, welche von den Studierendengruppen erarbeitet wurden. Diese Arbeit wurde teilweise von Projektmitarbeitern betreut. Die Dokumentation wurde dem Konsortium zur Verfügung gestellt.
Großveranstaltungen
Im Lauf der Projektzeit wurde ein Teilfokus von UrbanLife+ auf die Planung und Evaluation von MTI zur Steigerung der Safety von Senioren im Rahmen von städtischen Großveranstaltungen gelegt.
Im Jahr 2018 nahm das Projekt zu diesem Zweck an zwei Großveranstaltungen in Mönchengladbach konstruktiv teil: dem Turmfest (Rheydt) und dem Fest am See (Schloss Wickrath). Im Rahmen beider Veranstaltungen wurde neben einem Projektstand zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit auch eine Befragung von Senioren auf den jeweiligen Veranstaltungsgeländen durchgeführt. Diese hatte das Ziel, die Bedürfnisse von Senioren auf städtischen Großveranstaltungen zu untersuchen und Lücken im bestehenden Safety-Konzept zu identifizieren. Die Befragungen und ihre Ergebnisse sind im Bericht der UHOH detailliert beschrieben. Die UBW hat an den Befragungen in der Konzeption und Planung (Auswahl der Fragen, Festlegung von Kriterien, Strukturierung der Befragung im Einzelnen) sowie in der Durchführung vor Ort mitgewirkt. Außerdem wurde ein erster MTI-Demonstrator der UBW in Form eines Makro-Informationsstrahlers in Zusammenarbeit mit der SHMG mobil einsetzbar gemacht und als „mobiler Informationsstrahler“ der Öffentlichkeit präsentiert und in diesem Zuge auf seine Praxistauglichkeit getestet.
Zur Vorbereitung des Turmfestes 2019 wurde im Herbst 2018 ein Arbeitskreis gebildet, an dem jedes Partnerinstitut mitwirkte und der sich unter der Leitung der SHMG regelmäßig traf (ausführlicher beschrieben im Bericht der Kollegen). Im Rahmen dieses Arbeitskreises hat sich die UBW an einer Begehung des Turmfest-Areals beteiligt, in deren Rahmen städtebauliche Safety-Lücken vor Ort gesammelt und aufbereitet wurden. Diese dienen als Arbeitsgrundlage zur Konzeption diverser Arten von smarten städtebaulichen Objekten für das Turmfest 2019. Dieser Prozess fand partnerübergreifend statt und lief kontinuierlich bis zum Sommer 2019.
Am 29. und 30. Juni 2019 fand in Mönchengladbach das Turmfest 2019 statt. Unter Koordination der SHMG nutzte UrbanLife+ den Rahmen des Fests als Testumgebung für integrierte MTI-Innovationen zur Steigerung der Teilhabe. Im Zwischenbericht des Partners SHMG findet sich eine genauere Erläuterung der Rahmenbedingungen und der Details der partnerübergreifenden Arbeit für das Turmfest.
Wie bereits im Vorjahr wurde auch 2019 der mobile Makro-Informationsstrahler der SHMG von uns für die Dauer des Turmfests betreut und genutzt. Im Vorfeld wurde die Datenbasis aktualisiert:
- Das Programm des Turmfests 2019 wurde eingepflegt, so dass Festbesucher sich auf dem Informationsstrahler über bevorstehende Ereignisse und Programmpunkte informieren konnten.
- Die Konzepte für innovative smarte städtebauliche Objekte, welche von Studierenden der UBW im ersten Halbjahr 2019 entwickelt wurden (siehe Bericht AP3), wurden visuell und kurz textuell beschrieben und konnten auf dem Informationsstrahler betrachtet werden.
- Die Selbstdarstellung des Projektkonsortiums wurde angepasst, um Änderungen in den Team-Zusammensetzungen seit dem letzten Jahr Rechnung zu tragen.
Die Darstellung des Turmfests auf dem Informationsstrahler wurde weiterhin um eine interaktive Karte des Festgeländes ergänzt, welche auf Basis der im Vorjahr ermittelten Unterstützungsbedarfe von DRESO erarbeitet und bereitgestellt wurde. Auf dieser Karte wurden Angebote in der Umgebung eingetragen und nach Kategorien eingeordnet. Zu jedem einzelnen Angebot konnten Daten zu Titel und Ort angezeigt werden.
Diese Karte wurde sowohl in den Informationsstrahler als auch in die Projektwebseite integriert.
Zwecks der Erkenntnisgewinnung bzgl. der Auswirkung von materiellen Belohnungen auf die Motivation von Senioren zur Annahme von Angeboten wurde von UBW eine Turmfest-Schnitzeljagd umgesetzt. In Absprache mit UHOH wurden alle von UHOH auf dem Turmfest-Gelände platzierten SSO-Demonstratoren in eine Karte eingetragen, welche in die von UHOH bereitgestellte Mobil-App integriert wurde. Bei Annäherung eines App-Benutzers an einen der Demonstratoren wechselte dessen Markierung auf der Karte von orange nach grün. So konnten die Nutzer mitverfolgen, welche Demonstratoren sie bereits besucht hatten und welche noch nicht. Für Nutzer, die alle Demonstratoren besucht hätten, stellte UBW eine Sammlung kleiner Sachpreise jeweils im Wert von unter 5 EUR bereit.
Leider blieb die Anwesenheit der UrbanLife+-Zielgruppe auf dem Turmfest und damit die Anzahl der potenziellen Nutzer der Mobil-App hinter den Erwartungen zurück, was mutmaßlich durch die extrem heißen Temperaturen an dem Wochenende begründet ist. Laut Auskunft von UHOH hat eine geringe Anzahl Nutzer die App von der Projektwebseite heruntergeladen und ausprobiert, davon hat jedoch unseres Wissens nach niemand die Schnitzeljagd in Anspruch genommen. Es wurden keine Preise abgeholt. Die Forschungsfrage der Motivation durch geringwertige materielle Belohnungen wurde daher 2020 in der Evaluation im Senioren-Scooter-Park (siehe Bericht AP6) erneut aufgegriffen.
MTI im urbanen Raum: Erkenntnisse für die MTI-Gestaltung
Sowohl für Informationsstrahler als auch für die anderen SSO-Konzepte haben wir nach grundlegenden Erkenntnissen für die MTI-Gestaltung gesucht.
Allgemeine Empfehlungen für die Gestaltung von interaktiven Objekten finden sich in verschiedenen Heuristiken (z. B. Nielsen (1994), Norman (2013), Shneiderman & Plaisant (2004)) und Guidelines (wie den Apple Human Interface Guidelines) oder andern Arbeiten wie den handlungsleitenden Kriterien im Sinne des Designs für Alle (Neumannconsult, 2014).
Gestaltungsempfehlungen speziell für ältere Personen entwickelten beispielsweise Díaz-Bossini & Moreno (2014), Kötteritzsch, Gerling, et al. (2016), Bright & Coventry (2013) oder Abril-Jiménez et al. (2009). Ein Beispiel solcher Gestaltungsempfehlungen ist die Berücksichtigung des Zwei-Sinne-Prinzips bei Ausgaben (also das gleichzeitige Ansprechen von zwei Sinnen – z. B. Bildanzeige und Audio) oder die Berücksichtigung von Einschränkungen bei Touch-Interaktion sowie von Einschränkungen bei Sprach-Interaktion.
Eine „einfache“ Anwendung der vielen (teilweise widersprüchlichen) Gestaltungsempfehlungen ist zwar möglich, berücksichtigt aber die speziellen Eigenschaften von smarten städtebaulichen Objekten nicht ausreichend.
Basierend auf Erfahrungen aus der Literatur und eigenen Erkenntnissen haben wir die MTI-Herausforderungen an Objekte im urbanen Raum deshalb in vier MTI-Querschnittsthemen zusammengefasst, die sich leicht überprüfen und als Anregungen für einen Entwurf heranziehen lassen. Dies sind:
- Adaptionsfähigkeit (d. h. Möglichkeit zur Anpassung auf Benutzer und Benutzergruppen im Einsatz). auch Nutzerautonomie, Datenschutz, Datenminimierung
- Mehrbenutzerfähigkeit (d. h. Ermöglichung der zeitgleichen Nutzung durch mehr als einen Benutzer)
- Walk-Up-And-Use-Fähigkeit (d. h. die Benutzer verstehen den Zweck und die Interaktionsmöglichkeiten des Systems ohne explizit dafür geschult zu werden / ohne ein Handbuch lesen zu müssen)
- Joy-Of-Use (d. h. die Nutzung des Systems wird nicht als Last empfunden, sondern macht Spaß)
Zielsetzung zur Anpassungsfähigkeit: Die Komfortzone
Betrachtet man die Anpassungsfähigkeit von Technologien aus Sicht der MTI, so rücken folgende Fragen in den Vordergrund:
- Frage nach der Anpassungsgrundlage, also „Warum wird angepasst?“ bzw. „Worauf aufbauend wird angepasst“
- Frage nach dem Anpassungsgegenstand, also „Was wird angepasst?“
- Frage nach der Anpassungsweise, also „Wie wird angepasst?“
Insgesamt trägt die Beantwortung dieser Fragen dazu bei, die oben beschriebene Forschungsfrage zu beantworten, also aufzustellen, wie Systeme gestaltet werden müssen, um eine flexible und geeignete Anpassungsfähigkeit für ältere Personen im urbanen Raum bereitzustellen.
Hier wurde zunächst betrachtet, wie Benutzercharakteristika älterer Personen und Besonderheiten in der Nutzungssituation einbezogen werden. Unter dem Begriff der Benutzermodellierung werden Tätigkeiten zusammengefasst, die eine Repräsentation des Benutzers im System erzeugen und worauf aufbauend Systemparameter verändert werden. Das Benutzermodell regelt also, warum etwas angepasst wird. Betrachtet man smarte städtebauliche Objekte, die miteinander kommunizieren, so sind verschiedene Aspekte der Interaktion für die Anpassungsfähigkeit relevant. Zum einen interagiert der Benutzer mit einem Objekt, welches z. T. persönliche Informationen für die Anpassung benötigt. Diese Objekte müssen Informationen über den Nutzer miteinander austauschen, wobei nicht immer davon ausgegangen werden kann, dass alle Informationen zum Zeitpunkt der Interaktion bzw. der Anpassung vorhanden sind. Zum anderen sind die Bedürfnisse der einzelnen Nutzer sowohl aufgrund des Nutzungskontextes als auch aufgrund der individuellen Charakteristika sehr heterogen und müssen entsprechend in die Anpassung einbezogen werden.
Um die Komplexität der Benutzermodellierung zu reduzieren, haben wir die Nutzung von Unterstützungstechnologien für ältere Personen betrachtet. Unter Einbezug der Begehung der Quartiere lässt sich hier vermuten, dass ältere Personen in bekannten Umgebungen und zu Zeitpunkten, in denen sie sich sicher und wohl fühlen a) weniger bis keine Unterstützung in Bezug auf die Teilhabe benötigen und b) sie für neue Aktivitäten, Angebote und Technologien eher offen sind. Befinden sie sich jedoch in einer unbekannten Umgebung oder unkomfortablen Situation (sind sie z. B. erschöpft, sind die Sichtverhältnisse aufgrund von Regen oder Dunkelheit schlecht, oder herrscht viel Straßenverkehr), so benötigen sie entsprechend mehr Unterstützung und können neue Eindrücke weniger gut verarbeiten. Zur Abbildung dieser Aspekte in der MTI haben wir das Konstrukt der Komfortzone entwickelt.
Die Komfortzone ist ein dynamisches Konstrukt, welches verschiedene Aspekte des Wohlbefindens eines Nutzers im öffentlichen Raum mit einbezieht:
- Die Kenntnisse der Domäne (also z. B. Services, die angeboten werden)
- Die Kenntnisse des Ortes (z. B. wie häufig eine Person bereits an einem Ort war und wie gut sie sich subjektiv auskennt)
- Die Kenntnisse eines Interaktionsgeräts (z. B. Häufigkeit der Nutzung und Technologieaffinität)
- Personen in der Umgebung (z. B. ob Personen in der näheren Umgebung Freunde/Bekannte sind, wie viele Personen am selben Ort sind)
- Körperliches und geistiges Wohlbefinden des Nutzers (z. B. ob die Person gerade Schmerzen hat, erschöpft ist, oder mit einer Situation überfordert ist)
Für die Einschätzung, ob sich ein Benutzer in seiner Komfortzone befindet, können verschiedene Daten über den Nutzer einbezogen werden. Dies kann sich zusammensetzen aus Informationen über den Standort von Personen (z. B. Aufenthaltsort des Nutzers und seiner Freunde in sozialen Netzwerken), das Verhalten im urbanen Raum (z. B. Bewegungsmuster), die Interaktion mit dem System selbst (also z. B., ob ein Benutzer sehr zielgerichtet oder eher explorativ interagiert), analysierte Vitalparameter (z. B. Puls oder Schweißmenge), sowie direkt eingegebene Informationen (z. B. Abfrage des Wohlbefindens und der Kenntnisse).
Die Komfortzone kann also abhängig von verschiedenen Parametern bestimmt werden. Abbildung 21 soll am Beispiel der im Projekt entwickelten Szenarien zeigen, wie sich die Komfortzone um den Nutzer herum ausbreitet. Dabei handelt es sich nicht um die Darstellung als Karte im System, diese dient lediglich der Veranschaulichung.
Die Komfortzone soll aber nicht nur als Konstrukt in der Nutzermodellierung gesehen werden, sondern als Grundlage für die systematische Abbildung eines Aktivitätsradius älterer Personen. Um die Teilhabe älterer Personen am städtischen Leben zu erhöhen, soll die Safety erhöht werden. Dies gelingt auch dadurch, dass ältere Personen lernen mit potenziellen Unsicherheiten umzugehen und diese zu überwinden. Gleichzeitig sollen sie bestärkt werden, dass in unsicheren Situationen eine intensive Unterstützung seitens technischer Systeme im Raum angeboten wird. Demnach ist es Ziel, die Komfortzone älterer Personen zu erweitern. Abhängig davon, ob sich der Benutzer in seiner Komfortzone befindet, soll ein Informationsstrahler mehr oder weniger Unterstützung anbieten und neue oder bekannte Inhalte und Services priorisieren. Die Komfortzone soll also die Anpassungsgrundlage darstellen und unter Einbezug der tatsächlichen Bewegung/Interaktion im öffentlichen Raum gleichzeitig eine Messgröße für Teilhabemöglichkeiten darstellen.
Im System bedeutet dies, die Komfortzone als Komponente der Benutzermodellierung mit einzubeziehen. Sie dient im System also als Schicht zwischen Nutzermodell und Bereitstellung bzw. Anpassung von Inhalten, ist aber auch Teil des Benutzermodells. Gleichzeitig wird eine Anpassung auf verschiedenen Endgeräten auch für anonyme Benutzer ermöglicht, indem generische und verteilte Benutzermodelle verwendet werden. Abbildung 22 soll dies für verschiedene Informationsstrahler beispielhaft darstellen.
Ist dem System bekannt, ob sich ein Nutzer innerhalb seiner Komfortzone befindet und hat es Zugriff auf Informationen zu den Bedürfnissen des Nutzers, kann eine Anpassung im System stattfinden. Bei Betrachtung der MTI kann dies auf unterschiedlichen Ebenen geschehen. Hier muss zunächst betrachtet werden, welche Aspekte der Interaktion sich mit dem Wechsel von Situation oder Nutzerbedürfnissen verändern. Einen Einblick gibt hier das Modell der Mensch-Computer-Kommunikation (Herczeg, 2009a), welches sechs Ebenen bzw. Dimensionen der Interaktion betrachtet. Auf jeder dieser Dimensionen sind Veränderungen des Systems bzw. der Nutzungssituation zu verzeichnen, welche im Folgenden am Beispiel möglicher Anpassungen von Unterstützungssystemen für ältere Personen aufgeführt werden:
- Zur intentionalen Ebene lassen sich Veränderungen des Nutzungskontextes sowie der Benutzerziele zuordnen. Am Beispiel von Unterstützungssystemen könnte dies die Intention eines älteren Nutzers sein, seinen Aktionsradius zu erweitern. Anpassungen umfassen hier z. B. die Änderung der Ansprache des Nutzers (durch Einsatz von Punktesystemen und Herausforderungen)
- Auf der pragmatischen Ebene werden Veränderungen von Prozeduren bzw. Strukturen im System betrachtet. Bezogen auf Unterstützungssysteme beinhaltet dies z. B. die Orientierungsfähigkeit des Nutzers in den Systemstrukturen. Hier können seitens des Systems unterschiedliche Navigationsstrukturen beim Aufrufen von Informationen zur Verbesserung des Bewegungsverhaltens angebracht werden.
- Die semantische Ebene umfasst Veränderungen der Inhalte, mit denen der Benutzer interagiert. So können am Beispiel von Unterstützungssystemen verschiedene Schwierigkeitsgrade bei Übungen unter diesen Punkt fallen, wenn Inhalte für einen Benutzer nicht verständlich dargestellt sind.
- Auf der syntaktischen Ebene handelt es sich um Veränderungen der grundsätzlichen Interaktion mit dem System. Darunter fällt z. B., ob der Nutzer eine Auswahl von Übungen per Liste, Drop-Down, oder anhand einer direkten Eingabe vornimmt. Hier kann sich das System entsprechend auf die Vorkenntnisse bzw. Vorlieben des Nutzers einstellen.
- Veränderungen der Informationsdarstellung werden auf der lexikalischen Ebene betrachtet. Hier entscheidet sich, inwieweit beispielsweise Position und Farbgebung von Objekten für einen älteren Benutzer mit eingeschränkter Sicht erkennbar ist. Dabei kann das System durch die Strukturierung des Benutzerinterfaces, Erhöhung der Kontraste, Lautstärke, Helligkeit etc. eine Anpassung vornehmen.
- Schließlich umfasst die sensomotorische Ebene physikalische Veränderungen in der Ein- oder Ausgabe. Darunter fällt bezogen auf die Anpassung z. B. ob ein Nutzer ein System per Touch-Geste oder über eine Tastatur und Maus bedient. Hier sollte eine intuitive Bedienbarkeit im Vordergrund stehen, aber auch auf physische Einschränkungen der Nutzer eingegangen werden.
Entsprechend kann ein System auf jeder dieser Ebenen eine Vielzahl von Maßnahmen bereitstellen bzw. Parametern anpassen, um auf an die Fähigkeiten und Bedürfnisse eines Nutzers einzugehen, wie in Abbildung 23 beispielhaft aufgeführt.
Eine Bereitstellung der Anpassungsfähigkeit auf allen diesen Ebenen bedarf eines hoch flexiblen bzw. modularen Systems. Andernfalls geht jede Änderung im Nutzungskontext oder der Inhalte mit einem hohen Implementierungsaufwand einher. Die Anpassungsfähigkeit wird insbesondere gewährleistet, indem das System in kleine Komponenten aufgeteilt wird, die wiederum anpassungsfähig sein müssen. Eine Möglichkeit dies umzusetzen ist die Bereitstellung von Widgets, welche eine eigene Logik, Darstellung und Verarbeitung von Informationen aufweisen, diese aber in Austausch mit anderen Komponenten integrierbar machen. An dieser Stelle schlagen wir das Konzept der Support Widgets vor – kleine Anwendungen, welche Teile der Benutzerschnittstelle einnehmen und jeweils eigene Interaktionen mit dem Benutzer ermöglichen. Gesteuert werden diese durch eine allgemeine Koordinierungsebene auf dem jeweiligen Informationsstrahler. Diese kleinen Unterstützungselemente, die jeweils Schnittstellen für die Informationsstrahler bereitstellen, bieten dem Benutzer unterschiedliche Arten der Hilfestellung. Die Verwaltung der Komfortzone geschieht dabei auf zentraler Ebene. Je nach Nutzer wird dann entschieden, welche Widgets gestartet werden und welche Eigenschaften diese mit sich bringen müssen bzw. in welcher Art und Weise diese angepasst werden. Abhängig vom Standort, der Hardware und der geplanten Interaktion für den jeweiligen Informationsstrahler können andere Widgets aus einer Bibliothek geladen werden. Die Struktur der Support Widgets wird in Abbildung 24 am Beispiel der Informationsstrahler aufgeführt.
Zielsetzung zur Mehrbenutzerfähigkeit
Zur Mehrbenutzerfähigkeit wurden zu Beginn, wie auch im Bereich Walk-up-and-use, Erkenntnisse aus aktuellen Forschungsarbeiten und bestehender Literatur einbezogen und in den folgenden Projektjahren durch Einsatz in den Demonstratoren überprüft.
Zur Beschreibung und Analyse solcher Mehrbenutzerszenarien wurden in der Literatur z. B. verschiedene Interaktionszonenmodelle für große Wandbildschirme näher definiert und betrachtet (z. B. Vogel & Balakrishnan (2004)). Abbildung 25 (links) zeigt eine solche Darstellung von Interaktionszonen: In der Aktiven Zone oder Interaktionszone kann direkt mit dem Bildschirm interagiert werden, Personen in der Aufmerksamkeitszone richten ihre volle Aufmerksamkeit auf die Inhalte des Bildschirms oder die Aktivitäten der Personen in der aktiven Zone, und Personen in der Wahrnehmungszone nehmen Inhalte oder Aktivitäten auf dem Bildschirm (peripher) war, um basierend darauf dann in die Aufmerksamkeitszone oder die aktive Zone zu wechseln.
Forschungsarbeiten an der UBW hatten zum Ziel, basierend auf Literatur und eigenen Laborstudien, Gestaltungsempfehlungen für interaktive Wandbildschirmanwendungen in Mehrbenutzerszenarien zu entwickeln (Nutsi, 2018; Nutsi & Koch, 2015).
Ein Thema, das dabei z. B. eine Rolle spielt, betrifft die Untersuchung, welche Bewegungsrichtungen von Text auf dem Bildschirm für die beste Lesbarkeit sorgen. Eine Nutzung von bewegtem Text auf dem Bildschirm motiviert sich dabei über verschiedene Erkenntnisse dazu, dass animierte Darstellungen helfen, die Aufmerksamkeit von Benutzern auf den Bildschirm zu ziehen oder zu vergrößern (Huang et al., 2008).
Klassisch wird davon ausgegangen, dass Leading – d. h. die Bewegung einer Folge von Worten von rechts nach links - die optimale Animationsweise ist (So & Chan, 2009). Diese Arbeiten berücksichtigen aber nicht, dass 1) der Blick auf den Bildschirm vielleicht teilweise von anderen Benutzern blockiert wird (Mehrbenutzerszenario), und 2) dass Benutzer vielleicht nicht starr vor dem Bildschirm stehen, sondern sich beim Betrachten des Bildschirms selbst bewegen. In einer Laborstudie haben wir deshalb diese Szenarien mit verschiedenen Bewegungsrichtungen für Text überprüft und jeweils die Variante ermittelt, welche die beste subjektive Lesbarkeit bietet (Nutsi & Koch, 2016).
Ergebnis der bisherigen Experimente war, dass die typische Textanimationsrichtung (rechts nach links) nicht immer die beste Wahl ist. Wenn ein Benutzer vor dem Bildschirm steht, dann hat sich als optimal herausgestellt, wenn der Text vertikal animiert wird (von oben nach unten). Für sich bewegende Benutzer hat sich als optimal herausgestellt, wenn sich der Text mit dem Benutzer (in Bewegungsrichtung) bewegt.
Eine andere Reihe von Untersuchungen in diesem Zusammenhang betrifft aktuell die Verwendbarkeit von Audio in Mehrbenutzerszenarien.
Zielsetzung zu Walk-up-and-use-Fähigkeit
Im Bereich Walk-up-and-use wurden zu Beginn insbesondere Erkenntnisse aus aktuellen Forschungsarbeiten und bestehender Literatur eingebracht. Walk-up-and-use-Fähigkeit ist dabei eng mit intuitiver Nutzbarkeit verknüpft – oder sogar als äquivalent dazu zu sehen.
Intuitive Nutzbarkeit wurde z. B. definiert als: „Ein technisches System ist intuitiv benutzbar, wenn es durch nicht bewusste Anwendung von Vorwissen durch den Benutzer zu effektiver Interaktion führt“ (Mohs et al., 2006). Noch früher geht Raskin auf den Zusammenhang zwischen Intuitivität und Vertrautheit (familiarity) ein (Raskin, 1994). Endgültig ist der Begriff der Intuitivität von Benutzungsschnittstellen allerdings nicht geklärt (Herczeg, 2009b).
Im Kontext der großer interaktiven Wandbildschirme gehen wir nun konkret der Frage nach, wie jemand, der an den Bildschirmen vorbei geht 1) auf den Bildschirm und die Interaktivität des Bildschirms aufmerksam gemacht werden kann, 2) motiviert werden kann, an den Bildschirm heranzutreten, und 3) motiviert und befähigt werden kann nutzenbringende Touch-Interaktion mit dem Bildschirm auszuführen. Vom Modell her orientieren wir uns dabei also an die in Abbildung 25 rechts dargestellten zeitlichen Interaktionszonen.
Diese unmittelbar verständliche und erwartungskonforme Nutzung (oder eben „intuitive“ Nutzung) ist wieder keine reine Produkteigenschaft. Sie beschreibt eher Beziehungen zwischen Produkt, Nutzer und Kontext. Intuitivität reduziert den „bewussten Teil“ der kognitiven Verarbeitung. Die Aufmerksamkeit steht dann in höherem Maße für die primäre Aufgabe zur Verfügung.
Zur Erarbeitung einer Lösung setzen wir aktuell auf konstruktionsorientierte Forschung (d. h. wir bauen zu den ermittelten Anforderungen und mit in der Literatur recherchierten Erkenntnissen Prototypen) unterstützt durch einzelne Labor- und Feldexperimente mit den gebauten Prototypen zur Abklärung von optimalen Gestaltungsvarianten (Lösch, 2020; Lösch et al., 2015, 2017).
Grundidee der Lösung ist es, die Kommunikation mit den Passanten frühzeitig – also bereits bei Eintritt in die äußeren Interaktionszonen – zu beginnen und die Benutzer dann schrittweise durch die verschiedenen Zonen und in die aktive Interaktion mit dem System zu führen. Die Ansprache der Benutzer durch das System erfolgt dabei mittels der Anzeige von bewegungssynchronen Spiegelbildern der Nutzer auf dem Bildschirm, ergänzt durch kurze Textanweisungen und weitere visuelle Elemente. Die Nutzer erkennen sich in Ihren Spiegelbildern wieder und verstehen so bereits von Weitem, dass der Bildschirm auf sie reagiert – also interaktiv ist. Um das Spiegelbild herum platzierte Textnachrichten können auch in einem Mehrbenutzerszenario leicht den zugehörigen Personen zugeordnet werden, so dass eine individuelle Betreuung jedes einzelnen Benutzers möglich ist.
Auf diese Weise werden die Nutzer spielerisch dazu angeregt, vor dem Bildschirm stehen zu bleiben (1), näher an den Bildschirm heran zu treten (2) und schließlich eine erste Touch-Interaktion zu tätigen. Durch das Wechselspiel zwischen Aktionen der Benutzer und der Rückmeldung des Systems erhalten die Benutzer in jeder Situation einen Impuls in die Richtung des gewünschten Verhaltens. So kann die erfolgreiche Ausführung der Nutzeraktionen unterstützt und gleichzeitig die Motivation der Benutzer zur Beschäftigung mit dem System aufrechterhalten werden.
Während dieser Hinführung der Nutzer an das System wird die Aufmerksamkeit von Passanten geweckt und die Modalität der Interaktion mit dem System (in diesem Fall die Touch-Interaktion) vermittelt und damit schließlich die eigenständige und nutzbringende Touch-Interaktion mit dem System motiviert.
Zielsetzung zu Joy-of-use: Der Einsatz von Herausforderungen
Für den Bereich Joy-of-use wurde beschlossen, Herausforderungen mit dem Ziel der Erweiterung der Komfortzone anzubringen.
Herausforderungen (englisch: quests) sind ein Gestaltungsmittel, das vor allem aus Online-Rollenspielen bekannt ist. Die meisten Arten von Spielen enthalten Belohnungssysteme verschiedener Art, die dafür sorgen sollen, dass vom Spieler eingesetzte Motivation und Mühe auf eine Weise honoriert werden, die zum erneuten bzw. fortgeführten Spielen des Spiels ermutigt. Herausforderungen sind in diesem Sinne eine konkrete Form der Gestaltung, in der sowohl die Anforderungen an den Spieler sowie auch die in Aussicht gestellte Belohnung bereits von Anfang an bekannt sind und klar kommuniziert werden. Der Spieler kann entscheiden, ob die Belohnung den Aufwand wert ist, und die Herausforderung entsprechend annehmen, ablehnen, oder für einen späteren Zeitpunkt im Hinterkopf behalten. Dies steht im Gegensatz zu vielen anderen in Online-Spielen genutzten Belohnungssystemen, in denen Art und Umfang der Belohnung erst nach Erfüllung der Aufgabe kommuniziert werden.
Im Zentrum der Ausgestaltung von Herausforderungen für UrbanLife+ steht eine grundlegende Annahme: Unabhängig davon, ob die Benutzer sich eine Erweiterung ihrer eigenen Komfortzone wünschen oder nicht, ist eine vergrößerte Komfortzone für einige Benutzertypen allein keine hinreichend geeignete Motivationsquelle. Konkrete, in Art und Umfang bekannte, „anfassbare“ Belohnungen können Benutzer erfolgreich zu Aktivitäten außerhalb ihrer Komfortzone motivieren und zur Langzeitnutzung eines Informationsstrahlers beitragen. (Diese Annahme wurde 2020 als Teil der Evaluation der Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park empirisch untersucht – siehe Bericht AP6).
In diesem Sinne ist es sinnvoll, sowohl für die Anforderungen bzw. Aktivitäten der Herausforderungen als auch für die Belohnungen auf reale Angebote der Umsetzungspartner in Mönchengladbach zurückzugreifen. Anforderungen und Belohnungen sollen die Lebenswelt der Benutzer unmittelbar berühren. Dies sollte unter Einbeziehung von kulturellen und sozialen Angeboten sowie von Einzelhandel, Gastronomie und anderen ansässigen Gewerbebereichen möglich gemacht werden. Hier könnten Gewerbe durch die Bereitstellung kleinwertiger Belohnungen (z. B. ein kostenloses Stück Kuchen im Café oder ein geschenktes Kochbuch im Buchladen) im Gegenzug mögliche Neukunden gewinnen und den Konsum der vorhandenen Kunden steigern bzw. diese an sich binden (ähnlich wie es bei Bonussystemen der Fall ist).
Die Herausforderungen sollten nahtlos in das Angebot der Informationsstrahler eingebunden werden. Sie werden den Benutzern gemeinsam mit anderen personalisierten Informationsangeboten präsentiert. Mit einer Umsetzung dieser Grundlage im Rahmen der Informationsstrahler konnte dann evaluiert werden, wie sich Herausforderungen auf die Motivation der Benutzer auswirken, d. h. ob Herausforderungen in UrbanLife+ einen messbaren Beitrag zur Erweiterung der Komfortzone der Benutzer leisten – siehe dazu Bericht AP6. Gleichzeitig wurde evaluiert, ob die Annahme und das Erfüllen von Herausforderungen den Benutzern Freude bereitet, und wenn ja, wie die erlebte Freude mit der Motivation für weitere Aktivitäten in Zusammenhang steht.
Erkenntnisse zur Wahrung der Nutzerautonomie
Bei der Gestaltung von MTI-Systemen für Senioren, insbesondere solcher Systeme die bei Alltagsabläufen Unterstützung bieten sollen, müssen MTI-Gestalter den möglichen Nutzen gegen potenzielle Störungen der Alltagsabläufe der Nutzer abwägen. Im Projekt UrbanLife+ hatten wir den Anspruch, unserer Nutzergruppe wo immer möglich Unterstützung anzubieten und Empfehlungen für Angebote zu machen, jedoch ohne die Personen in ihrer Entscheidungskompetenz einzuschränken oder ihnen etwas gegen ihren Willen aufzudrängen. Diese Abwägungen erfordern ein behutsames Vorgehen in der Gestaltung und es ist nicht immer abzusehen, ob ein bestimmter MTI-Impuls mehrheitlich als wertvolle Unterstützung angenommen oder als Verletzung der Autonomie gesehen werden wird.
Ein Forschungsergebnis, das zu dieser Frage im Kontext von UrbanLife+ entstanden ist, ist eine Gestaltungsheuristik die wir die „Wahlbandbreiten-Heuristik“ genannt haben. Die Frage ist: Erweitert die Interaktion das Spektrum der verfügbaren Aktionen des Benutzers oder schränkt sie es ein? Wir beobachten, dass Systeme, welche die Autonomie des Benutzers untergraben, in der Regel eine bestimmte Aktivität im Kern haben, die der Benutzer ausführen soll, wie z. B. das Ansehen eines Werbespots. Die Systeme versuchen dann, sicherzustellen, dass diese Aktivität einfacher und bequemer ist als jede mögliche Alternative, z. B. indem sie den Button zum Schließen der Werbung so klein und schwer zu sehen wie möglich machen. Die Fähigkeit des Benutzers zu entscheiden, was die Technologie tun soll, wird absichtlich sabotiert, indem der Benutzer manipuliert und seine Autonomie untergraben wird.
Im Gegensatz dazu bieten Systemdesigns, die die Autonomie des Benutzers respektieren, in der Regel zusätzliche Handlungsoptionen oder bieten für alle Optionen gleichermaßen transparente Bedingungen. Zwar kann das System Bewertungsinformationen zu weniger ratsamen Optionen liefern oder den Benutzer sogar vor potenziellen Gefahren warnen, doch letztlich ist es das Ziel, den Benutzer in die Lage zu versetzen, rationale Entscheidungen auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen zu treffen.
Das logische Argument für die Heuristik der Wahlbreite lautet wie folgt:
- Wenn das System die Autonomie des Benutzers respektiert,
- dann überlässt das System alle wichtigen Entscheidungen dem Benutzer. Wenn dies der Fall ist,
- dann erweitert das System das Spektrum der möglichen Aktionen des Benutzers.
Und im umgekehrten Fall:
- Wenn das System die Autonomie des Benutzers nicht respektiert,
- dann trifft das System wichtige Entscheidungen im Namen des Benutzers. Wenn dies der Fall ist,
- dann schränkt das System das Spektrum der möglichen Aktionen des Benutzers ein.
Diese Wahlbandbreiten-Heuristik ist im Kontext eines MTI-Gestaltungsprozesses leichter zu bewerten und zu diskutieren als das abstrakte Kriterium des Respekts vor der Autonomie des Benutzers. Wenn Gestaltungsentscheidungen getroffen werden, lautet die heuristische Bewertungsfrage: Zielt die zu treffende Entscheidung darauf ab, das Spektrum der verfügbaren Optionen des Benutzers zu vergrößern oder zu verkleinern?
II.1.4 AP5: Assistenzsysteme
In diesem Arbeitspaket wurde an der Anbindung der von der UBW bekümmerten Klassen smarter städtebaulicher Objekte, der Informationsstrahler, an verschiedene Inhalte und Aktoren gearbeitet.
Benötigte Vernetzung für die MTI
Um einen Nutzen für ältere Personen im öffentlichen Raum durch MTI zu erzeugen, werden die smarten städtebaulichen Objekte miteinander und mit einer zentralen Datenbasis vernetzt. Nur so kann eine einheitliche Unterstützung und Personalisierung gewährleistet werden.
Federführend für die Planungen zur technischen Vernetzung und infrastrukturellen Verbindung der verschiedenen Prototypen für smarte städtebauliche Objekte ist die ULE, in deren Zwischenbericht sich deshalb der Gesamtüberblick über die partnerübergreifende Software-Architektur befindet. Dieser Bericht ist fokussiert auf das Konzept aus MTI-Sicht.
In der Diskussion der Vernetzung und benötigter Dienste mit den FuE-Partnern wurde deutlich, dass für die Personalisierung der smarten städtebaulichen Objekte ein (gemeinsamer, SSO-übergreifender) Profilspeicher benötigt wird.
Für eine sinnvolle Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Aktivitäten benötigen die Informationsstrahler Daten über den Nutzer und den Nutzungskontext:
- Informationen und Angebote im Quartier
- Informationen zum öffentlichen Raum (Objekte, Barrieren)
- Personalisierte Routen
- Benutzerprofilinformation (inkl. Komfortzone, Präferenzen) von bestimmten Benutzern bzw. auch von Benutzern in der Nähe
- Information zu Vorhaben der Nutzer
- Information über gebuchte Angebote
Diese Informationen müssen abgeglichen und in einem einheitlichen Format übermittelt werden, damit die Informationsstrahler diese interpretieren und darstellen können.
Eine personalisierte Unterstützung, wie sie in den Szenarien beschrieben ist, benötigt aus Sicht der Informationsstrahler eine Vernetzung mit der ULP-Plattform der ULE und weiteren smarten städtebaulichen Objekten über folgende Dienste / Funktionalitäten:
- Ein Informationsdienst soll (personalisierte) Informationen zum öffentlichen Raum bereitstellen. Im Zusammenspiel mit einem Profil- oder Aktivitätsunterstützungsdienst soll der Informationsdienst angemeldeten Nutzern personalisierte Informationen vorschlagen (z. B. für Organisationen, Herausforderungen oder Veranstaltungen). Auch konditionale Abfragen sollen hier möglich sein (für die Schritte bei Herausforderungen).
- Ein Profildienst soll die Profildaten der Nutzer speichern und als zentraler Ansprechpunkt für SSO zum Profilzugriff (lesend) dienen. Dabei soll auch die Einbeziehung der mobilen Profilspeicher transparent gemacht werden. Der Profildienst soll neben Informationen über den Nutzer unter anderem Standortdaten, Planungsdaten und Log-Daten zur Interaktion halten. In Zusammenspiel mit dem Informationsdienst und Aktivitätsunterstützungsdienst ist der Profildienst für die Generierung von personalisierten Empfehlungen verantwortlich.
- Ein Aktivitätsunterstützungsdienst soll die von Benutzern angestoßenen Aktivitäten über die Menge von Informationsstrahlern unterstützen – d. h. die Nutzung der verschiedenen Informationsstrahler zur Aktivitätsunterstützung koordinieren. Dazu muss dieser mit verschiedenen Diensten und SSO kommunizieren.
- Ein Profil- und Identifikationsdienst soll auf dem persönlichen Gerät in Form einer App für die Identifikation zwischen Nutzern und SSO verantwortlich sein.
Die obige Liste umfasst nur diejenigen Dienste, welche aus Sicht der UBW für den sinnvollen Betrieb von smarten städtebaulichen Objekten unbedingt erforderlich sind. Ein vollständigeres Schema der geplanten Dienst-Landschaft im Projekt (Stand 2018) zeigt Abbildung 28.
Das Implementationsziel einer vernetzten MTI unter Einbezug der Informationsstrahler und Dienste sollte seitens der UBW gemeinsam mit den Projektpartnern erreicht werden.
Der Abschnitt „Makro-Informationsstrahler“ im Berichtsteil zu AP3 beschreibt unter anderem die Schaffung von Schnittstellen zur gemeinsamen UrbanLife+-Middleware im Jahre 2018 und die Realisierung einer besseren Inhaltsverwaltung direkt im aktuell genutzten Community Mashup. Dadurch sollte 2019 eine Anbindung verschiedener Systeme der Projektpartner einfach möglich werden. Erste Erfolge gab es dabei schon bei der Nutzung von Benutzerprofilinformationen aus einem zentralen Repository im UrbanLife+-Backend. Hierzu wurden mit den Projektpartnern unter der Leitung der Universität Leipzig Anforderungen gesammelt und Schemata entwickelt.
Die Kombination aus dem CommunityMashup im Backend und dem prototypischen Informationsstrahler-Frontend erlaubte bereits 2017, dass der im Altenheim aufgestellte Prototyp den Bewohnern dynamisch wechselnde, stets aktuelle Informationen anzeigt. Im nächsten großen Entwicklungsschritt für das CommunityMashup soll die Möglichkeit geschaffen werden, mehrere verschiedene Informationsstrahler an dieselbe Datenbasis anzubinden und dabei die Filterung auf jeweils lokal relevante Inhalte zu ermöglichen – der Informationsstrahler im Altenheim soll bspw. die sozialen Angebote für die Bewohner anzeigen, zukünftige Informationsstrahler an anderen Standorten jedoch nicht.
Informationsstrahler: Vernetzung
Der Makro-Infostrahler basiert auf dem CommunityMirror Framework, einer Software-Eigenentwicklung der UBW, welche den Betrieb und die Gestaltung von interaktiven Touch-Bildschirmen mit vielfältigen aktuellen Inhalten erlaubt. Für die angestrebte Vernetzung der smarten städtebaulichen Objekte in UrbanLife+ wurde diese Software 2018 um eine netzwerkbasierte Schnittstelle ergänzt. Diese erlaubt einen direkten Zugriff auf die Geräte via HTTP sowie auch eine Anbindung an die SEPL-IoT-Plattform des Projektpartners Universität Leipzig. Letztere wird in diesem Abschnitt genauer beschrieben. Weiteres zu der SEPL-IoT-Plattform findet sich im Bericht der ULE. Die nachfolgende Beschreibung der Vernetzung mit der SEPL-Plattform beschreibt die Beteiligung der UBW im Jahr 2018. Da die Plattform ab 2019 nicht weiter für die Entwicklung und Vernetzung genutzt wurde, wurde an keinen weiteren Schnittstellen zur SEPL-Plattform im Projektjahr 2019 und 2020 gearbeitet. Stattdessen fokussierte sich die Vernetzung auf eine eigene Plattform der ULE, die verschiedene „Services“ (z. B. IoT-Service, Profil-Service etc.) anbot. Ergänzend dazu wurden von uns eigene kleine Backend-Services (Aktivitätsunterstützung, Mikro-Informationsstrahler Controller) implementiert, um die Vernetzung der von UBW verantworteten Informationsstrahler auch unabhängig vom zentralen Backend der ULE zu ermöglichen und in Evaluationen zu testen.
SEPL-Plattform
SEPL ist eine Management-Plattform für IoT-Geräte. Sie wird von der Universität Leipzig entwickelt und betrieben. Die anderen Projektpartner (einschließlich UBW) hatten die Möglichkeit, Wünsche und Feedback zu äußern, jedoch lag die Umsetzung vollständig bei der ULE. Das Ziel des Einsatzes der Plattform war die intelligente Vernetzung der smarten städtebaulichen Objekte im Projekt UrbanLife+. Die UBW verfügte über Zugangsdaten, welche die Anmeldung an einer SEPL-Instanz sowohl über das Web-Interface (Management) als auch über die API (Geräte-Implementation) erlaubte. SEPL bietet reichhaltige Möglichkeiten, die atomaren Funktionen einzelner Geräte in Prozessen miteinander zu verbinden – z. B. könnten auf einem Informationsstrahler die umliegenden smarten Sitzbänke angezeigt werden, und wenn dann der Nutzer eine dieser Bänke auswählt, könnte diese Sitzbank darüber benachrichtigt werden und intelligent reagieren, etwa durch Aufleuchten in einer vom Nutzer gewählten Farbe.
CMF-SEPL-Brücke
Die SEPL-Entwickler stellen zur Anbindung von Geräten an die Plattform einen Beispiel-Client in Python bereit, welcher eine Verbindung zur SEPL-Plattform von einem einzelnen Gerät aus umsetzt. Dieses von der UBW initiierte Software-Werkzeug basiert auf jenem Client-Code. Zur Ausführung und zum Packen (nicht jedoch zum Einsatz auf einem Infostrahler) wird eine Python-Laufzeitumgebung (mindestens Python 3.6.4 mit websockets-Modul) benötigt.
Als Alternative zu einer externen Brücke wurde eine Reimplementation des SEPL-Clients in Java statt Python ins Auge gefasst. So wäre eine direkte Einbindung des SEPL-Clients in den SEPL-Connector möglich gewesen. Dieser Weg wurde jedoch verworfen, da laut Projektpartner ULE die SEPL-Plattform in aktiver Entwicklung ist und die Schnittstelle des SEPL-Clients sich noch gelegentlich ändern kann. In einem solchen Fall stellt ULE den aktualisierten Client-Code zur Verfügung, welcher dann jedes Mal neu von uns nach Java übersetzt werden müsste. Die Nutzung der Python-Version in der CMF-SEPL-Brücke hat demgegenüber den Vorteil, dass sie mit minimalem Aufwand und unabhängig vom CMF aktualisiert werden kann.
Es handelt sich um ein vergleichsweise kleines Python-Projekt: Der von der ULE bereitgestellte SEPL-Client weiß, wie genau mit SEPL zu sprechen ist, und abstrahiert die technischen Details der Verbindung. Darauf aufbauend bietet die von der UBW entwickelte CMF-SEPL-Brücke eine Schnittstelle zum Austausch von Daten mit dem CMF. Die CMF-SEPL-Brücke wurde einmal pro Infostrahler gestartet und lief als Prozess mit auf dem Rechner, auf dem auch das CMF läuft. Für die CMF-SEPL-Brücke wird keine Konfiguration statisch hinterlegt, stattdessen nimmt sie ihre Parameter bei jedem Start neu vom SEPL-Connector entgegen. Dieser Mechanismus ist gesondert versioniert, um die Erkennung von Problemen bei eventuellen zukünftigen Änderungen der Schnittstelle zu ermöglichen.
Die Brücke ist funktions-agnostisch. Werden neue Funktionen zur Remote-Schnittstelle des CMF hinzugefügt und passend auf SEPL konfiguriert, muss keine neue Version der Brücke deployed werden.
Remote-Schnittstelle des CMF
Das CMF hat eine abstrakte Remote-Schnittstelle. Relevant an dieser Stelle ist, dass für diese Schnittstelle in CommunityMirror-Anwendungsprojekten spezielle Connectors geschaffen werden können, um die Nutzung der Remote-Schnittstelle auf verschiedenen technischen Wegen zu ermöglichen.
SEPL-Connector im CMF
Zur Anbindung an SEPL wurde von der UBW im CM-Anwendungsprojekt UrbanLife+ ein neuer Connector implementiert, der mit der CMF-SEPL-Brücke interagieren kann. Dieser Connector startete auf dem Infostrahler einen kleinen lokalen HTTP-Server, der nicht über das Netzwerk sichtbar war (nur Prozesse auf demselben Gerät können darauf zugreifen). HTTP-Zugriffe wurden entgegengenommen und die entsprechenden Remote-Functionalities aufgerufen.
Der SEPL-Connector ist außerdem für den Start und die Konfiguration der CMF-SEPL-Brücke zuständig. Die SEPL-spezifischen Konfigurationsdaten (Plattform-Zugangsdaten, Geräte-IDs, usw.) wurden aus der CommunityMirror-Konfiguration ausgelesen.
Aktivitätsunterstützungsdienst
Um eine Unterstützung von Nutzern bei konkreten Zielen und Aktivitäten auch über einzelne smarte städtebauliche Objekte hinaus zu ermöglichen, entwickelt UBW einen Aktivitätsunterstützungsdienst. Dieser hat die Aufgabe, über die von Nutzern ausgewählten Aktivitäten und bekannte Ziele zentral Buch zu führen und die Unterstützung durch vernetzte SSOs zu koordinieren. Dafür greift er auf das zentrale Backend der ULE und die dort verfügbaren Möglichkeiten zur Verwaltung von Nutzern und SSOs zurück. Wenn dann ein angemeldeter Nutzer eine Aktivität beginnt (z. B. durch Auswahl am Makro-Informationsstrahler), sendet der Aktivitätsunterstützungsdienst Benachrichtigungen an smarte städtebauliche Objekte, an denen der Nutzer voraussichtlich vorbeikommen wird. So wird eine personalisierte Unterstützung entlang des gesamten Weges ermöglicht.
In der obigen Bildfolge ist das Prinzip sichtbar. Der Senior (oben links) hat den Punkt unten mittig in der fiktiven Modellwelt als Ziel ausgewählt und bewegt sich darauf zu. Dabei kreuzt er eine Reihe von Mikro-Informationsstrahlern. Der Strahler, der auf seinem direkten Weg liegt, wird benachrichtigt und kann Unterstützung – z. B. bei der Navigation – bieten. Das oben dargestellte vereinfachte Modell wurde zu Testzwecken entwickelt und beschreibt eine zweidimensionale Mini-Welt, in der es keine Hindernisse gibt und jedes Ziel auf dem direkten Weg erreicht werden kann.
Die Integration des Dienstes mit dem zentralen Backend der ULE konnte leider 2020 aufgrund der Unerreichbarkeit des Backends nicht erfolgen. Jedoch wurde der Dienst als eigenständige Komponente 2020 weiterentwickelt und damit auch mit der realen Welt vernetzt. Vor dem Ausfall des Backend war die Verbindung zur zentralen SSO-Verwaltung bereits erfolgt, so dass der Aktivitätsunterstützungsdienst die Liste der real aktiven SSOs inkl. deren Positionen abfragen konnte.
Die Planung zum Aktivitätsunterstützungsdienst wurde in einem wissenschaftlichen Kurzbeitrag zusammengefasst, welcher für den Workshop „HCI and Aging“ auf der Konferenz „Mensch und Computer 2019“ eingereicht wurde. Aufgrund der kurzfristigen Reorganisierung des Workshops wurde das Peer Review und die Veröffentlichung des Beitrags noch vor der Begutachtung abgesagt. Wir konnten den Beitrag 2020 in überarbeiteter Form (Fietkau & Stojko, 2020) im geeigneten Rahmen der Konferenz „European Conference on Computer-Supported Cooperative Work“ publizieren und diskutieren.
Im Zusammenhang mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst wird auch das Konzept einer Quest-basierten Gamification-Anwendung unter Verwendung vernetzter Informationsstrahler weiterverfolgt. Hierzu wurde auf der „Mensch und Computer 2019“ Konferenz im Workshop „Gamification Reloaded“ ein Beitrag von uns präsentiert, welcher dann im Workshopband publiziert wurde (Fietkau, 2019).
Die Weiterentwicklung des Aktivitätsunterstützungsdienstes erfolge 2020 mit einer zusätzlichen Implementation einer Simulation, da aufgrund von COVID-19 eine Mehrzahl der geplanten Evaluationen nicht stattfinden konnten. Die Simulation sollte Aufschluss dazu geben, ob der Aktivitätsunterstützungsdienst die Senioren sinnvoll während Outdoor Aktivitäten unterstützen kann und wie die Verteilung der Informationsstrahler und anderer smarter urbaner Objekte gestaltet sein muss, damit bei der Aktivitätsunterstützung keine Lücken entstehen.
Durch die Reduktion der empirischen Ergebnisse im gesamten Projekt hat UBW sich entschieden, zur Gewinnung zusätzlicher Erkenntnisse auf Simulationen zu setzen. Daten zur Akzeptanz durch die Zielgruppe und zur Wirkung der Informationsstrahler in der Praxis lassen sich dadurch zwar nicht sammeln, jedoch erlaubt uns dieser Ansatz wenigstens einige Aussagen zu Anforderungen an SSO-Installationen im urbanen Raum zu treffen.
In der Simulation sind die Seniorinnen und Senioren als einfache zielgerichtete Agenten mit unzureichendem Orientierungssinn modelliert. Sie möchten sich durch das Areal zu einem bestimmten Ziel bewegen und folgen dabei den Richtungsweisungen durch die simulierten Mikroinformationsstrahler. Finden sie an einer Kreuzung keinen Richtungshinweis, wählen sie eine zufällige Richtung. Ein einstellbarer Müdigkeitsparameter erlaubt die Festlegung, ab welcher Dauer ein Navigationsversuch als fehlgeschlagen gezählt wird.
Auf diese Weise können wir quantitativ untersuchen, wie sich eine sparsamere oder dichtere Platzierung der Mikro-Informationsstrahler auf die Erfolgsrate der Navigationsvorgänge auswirkt. Diese Ergebnisse werden derzeit noch ermittelt und werden voraussichtlich nach Ende der Projektlaufzeit publiziert.
Die hier dargestellte Visualisierung der Simulation wurde auch in der Mikro-Informationsstrahler-Evaluation im realen Senioren-Scooter-Park zur Darstellung der Bewegungsmuster der echten Probanden verwendet. Sie ist nicht nur zur Verfolgung von simulierten Personen geeignet, sondern kann auch echte Bluetooth-Annäherungen an reale Mikroinformationsstrahler anzeigen, auch in Kombination mit simulierten Nutzern in derselben Modellwelt. Die Mikro-Informationsstrahler können ebenfalls real sein (auf echten Raspberry-Pis laufen) oder simuliert (als Software integriert in die Simulation). In letzterem Fall kommt die vollwertige Steuerungssoftware der Mikro-Informationsstrahler zum Einsatz, welche dann simulierte Benutzer-Events erhält.
Mikro-Informationsstrahler Controller
Um für konkrete Evaluationsaktivitäten eine Alternative für die IoT-Plattform der ULE zu haben, haben wir 2020 beschlossen, einen Controller für die Mikro-Informationsstrahler zu entwickeln, der die Vernetzung und Kommunikation zwischen Aktivitätsunterstützungsdienst und den Mikro-Informationsstrahlern ermöglicht (siehe Abbildung 34). Dieser Schritt war notwendig, da die technische Machbarkeit und Funktionalität der Mirko-Informationsstrahler sowie deren Evaluation ohne einen Dienst für die zentralisierte Kommunikation nicht möglich gewesen wären.
Das Architekturbild der Mikro-Informationsstrahler und den zusammenhängenden Systemen und Akteuren enthält die folgenden Komponenten, die im Einzelnen im Anschluss erläutert werden:
- Mikro-Informationsstrahler (MiS)
- Senioren
- MiS-Controller
- Aktivitätsunterstützungsdienst (ASS)
Mikro-Informationsstrahler (MiS)
Die MiS befinden sich im urbanen Raum und führen die folgenden Aktivitäten durch:
- Annäherungserkennung von näherkommenden Personen (Senioren) via Bluetooth
- Interaktion zu den Senioren: visuell (LED), auditiv (Töne, Sprache), haptisch (Vibration)
- Entscheiden, welche Interaktion durchgeführt werden soll
- Meldungen an MiS-Controller (im ULP backend):
- Senden der eigenen Informationen (Standort, Status)
- Senden von Informationen zu durchgeführten Interaktionen
- Senden von Informationen über die aktuelle Anzeige des MiS
- Abholen von Informationen von MiS-Controller:
- Bald annähernde Senioren - die durch den ASS registriert wurden
- geplante Aktivitäten - von ASS
- Profilinformationen zu den Senioren
- Routing-Informationen zur Wegführung
Die MiS haben somit direkte Schnittstellen zu den folgenden Akteuren:
- Senioren
- MiS-Controller
Die Kommunikation zu den direkten Schnittstellen erfolgt folgendermaßen:
- Senioren: Erkennung via Bluetooth, Interaktion via Display, Audio
- MiS-Controller: MQTT-Protokoll mit unterschiedlichen Threads
MQTT-Threads:
- mir-id: Direkte Inbox eines bestimmten MiS
- mir/status: Hier melden sich die MiS an und senden ihren aktuellen Status
- activities/interaction: Hier melden die MiS, welche Interaktion sie durchführen bzw. durchgeführt haben
- activities/info/<area>: Hier erhalten die MiS Informationen zur Unterstützung von anstehenden Aktivitäten (welche Person, welche Aktivität, etc.)
Senioren
Die Senioren als User besitzen ein Smartphone oder ein anderes Gerät mit Bluetooth-Funktionalität (z. B. einen Beacon) und sind an der Plattform mit diesem registriert. Sie führen ihr Gerät im urbanen Raum mit sich, sodass sie von MiS und anderen SSO erkannt werden können. Die Senioren selbst tragen keine Aktion aktiv aus, sondern tragen zu den folgenden Aktivitäten bei:
- Annäherungserkennung ihrer selbst (durch ihre Präsenz)
- Interaktion mit den SSO (diese gestaltet sich freiwillig nach Belieben „implizit“, „explizit“ oder „keine“)
- Interaktion mit dem ASS: Senioren teilen dem ASS mit, welche Aktivitäten sie durchführen möchten
Die Senioren haben somit direkte Schnittstellen zu den folgenden Akteuren:
- MiS
- ASS
Die Kommunikation zu den direkten Schnittstellen erfolgt folgendermaßen:
- MiS: Bluetooth, Interaktion via Display, Audio
- ASS: App, SUOs (Makro-Informationsstrahler)
Aktivitätsunterstützungsdienst (ASS)
Der Aktivitätsunterstützungsdienst arbeitet eng für und mit den Senioren zusammen. Er bietet den Senioren Aktivitäten an, die diese unternehmen können und motiviert sie dazu. Er registriert die Bereitschaft von Senioren, eine bestimmte Aktivität durchzuführen und unterstützt sie dabei, indem er SSO über die geplante Aktivität informiert. Zusammengefasst führt der ASS die folgenden Aktivitäten durch:
- Anbieten von Aktivitäten
- Registrieren von geplanten Aktivitäten
- Informieren von SSO zur geplanten Aktivität über MiS-Controller:
- Abfragen von Informationen zu vorhandenen MiS und deren Status
- Senden von Informationen zur Aktivität an gezielten MiS
Der ASS hat somit direkte Schnittstellen zu den folgenden Akteuren:
- Senioren
- MiS-Controller
Die Kommunikation zu den direkten Schnittstellen erfolgt folgendermaßen:
- Senioren: SSO (Makro-Informationsstrahler)
- MiS-Controller: HTTP-Protokoll mit RESTful APIs
MiS-Controller
Der MiS-Controller ist als Schnittstelle für das Zusammenspiel von MiSs und dem Aktivitätsunterstützungsdienst, als auch für das Datenmanagement der MiSs zuständig. Die folgenden Aktivitäten werden durch den MiS-Controller durchgeführt:
- Management der MiS: Speicherung der Informationen zu den MiSs
- Dokumentation der Interaktionen von MiSs: Speicherung der Interaktionen von MiSs
- Durchführung der Kommunikation mit und von MiSs, da er die Aktivitätsinformationen vom ASS erhält und diese an MiSs weiterleitet
Der MiS-Controller hat somit direkte Schnittstellen zu den folgenden Akteuren:
- MiSs
- ASS
Die Kommunikation zu den direkten Schnittstellen erfolgt folgendermaßen:
- MiSs: MQTT-Protokoll mit unterschiedlichen Threads (siehe MiS-Beschreibung)
- ASS: HTTP-Protokoll mit RESTful APIs
II.1.5 AP6: Evaluation
Die Evaluation von MTI im urbanen Raum stellt nicht nur uns vor einigen Herausforderungen. Diese Besonderheiten sowie unsere Vorgehensweise und Methoden bei der Durchführung von Evaluationen werden im Folgenden beschrieben und schließlich mit einer Zusammenfassung unserer Erkenntnisse bzgl. Makro- und Mikro-Informationsstrahler abgeschlossen.
Besonderheiten bei Evaluationen von MTI im öffentlichen Raum
Für die Gestaltung von SSO können übliche Mensch-Technik-Interaktionen nicht einfach in den öffentlichen Raum übertragen werden. So gibt es diverse Störvariablen (z. B. Lautstärke und Lichtverhältnisse), andere Akteure (z. B. Autos oder unbekannte Personen), andere Nutzungsszenarien (z. B. multi user Szenario, öffentlich sichtbare Nutzung). Auch die Nutzergruppe stellt im öffentlichen Raum andere Anforderungen, als sie es im geschlossenen (geschützten) Raum tun würden.
Grundsätzlich unterscheidet man bei Evaluationen von MTI im öffentlichen Raum zwischen Feldexperimenten und Deployment-basierter Forschung. Bei der Untersuchung im Feld ist zu unterscheiden zwischen Feldexperimenten, bei denen ein Artefakt unter dem Wissen verwendet wird, dass es sich um ein Forschungsexperiment handelt. Beispielsweise können Benutzer explizit rekrutiert werden, um eine neue Applikation für ihr Smartphone für eine Dauer von mehreren Wochen zu verwenden oder Probanden kann die Aufgabe gegeben werden, eine bestimmte Aufgabe mit einem Display in einer öffentlichen Umgebung zu lösen. Dem gegenüber steht Deployment-basierte Forschung, bei welcher Artefakte in den Alltag des Benutzers derart eingebettet werden, dass der Forschungskontext nicht erkennbar ist. Benutzer verwenden Artefakte aus freier Entscheidung, was zu hochvaliden Daten führt. In den meisten Fällen kommen zur Datenerhebung Methoden zum Einsatz, die einen längeren Nutzungszeitraum dokumentieren wie beispielweise Logging oder Beobachtungen. Auch Interviews ermöglichen es im direkten Anschluss an die Interaktion wertvolles Feedback vom Benutzer zu sammeln (siehe hierzu auch Koch & Alt (2017)).
Ergänzend zur Literatur in Bezug auf die Evaluation von MTI wurde ein Effekt in der Interaktion mit Technik im urbanen Raum thematisiert. So wurde zusammen mit externen Partnern in Koch et al. 2018 die (notwendige) Dauer von Evaluationen thematisiert – im Kontext des „Novelty-Effekts“, der bei der Evaluation von neuen Technologien in realen Nutzungskontexten auftreten kann. Eine der wichtigsten Aussagen hier ist, dass eine Evaluation eines Systems, das von realen Nutzern genutzt wird, in der Regel mindestens zwei bis sechs Wochen dauern muss, damit realistische Daten erworben werden können (die nicht durch den Novelty-Effekt verfälscht sind). Dies sollte im Einsatz von SSO im Kontext von UrbanLife+ berücksichtigt werden.
Datenschutz der MTI im öffentlichen Raum
Insbesondere bei personalisierter MTI im öffentlichen Raum und bei der Nutzung von IoT-Strukturen sollten die Datensicherheit und Verschlüsselung personenbezogener Daten im Fokus stehen. Hinsichtlich der Kommunikation zwischen den beteiligten Diensten und Akteuren hat die UBW eine Liste mit Sicherheitsvorkehrungen für SSO aufgestellt:
- Bei HTTP- und MQTT-Kommunikation wird eine TLS-Verschlüsselung verwendet.
- Bei den MQTT-Topics tritt eine Ressourcenbeschränkung in Kraft.
- Strahler dürfen nur ausgewählte Topics abonnieren und auf ihnen veröffentlichen.
- Smartphones dürfen nur bei ausgewählten (durch den Nutzer bestimmten) Topics veröffentlichen.
- Zur Ausfallsicherheit ist eine Neukonfiguration des Propagationsmechanismus bei ausgefallenen Komponenten notwendig.
Die im Mai 2018 eingeführten Änderungen der Datenschutz-Grundverordnung wurden seitens der UBW sowohl in Bezug auf die Projektwebsite als auch bezogen auf den Einsatz verschiedener MTI im öffentlichen Raum geprüft und die Einhaltung der Richtlinien wurden in der Gestaltung der SSO sowie in der Durchführung von Evaluationen im Projekt sichergestellt.
Vorgehen bei Evaluationen
Um Interaktionsmodelle für den öffentlichen Raum weiter zu entwickeln bzw. zu validieren sowie für den Erkenntnisgewinn in Bezug auf Gestaltungsrichtlinien für SSO fanden die Evaluationen 2019 und 2020 auf zwei Ebenen statt:
Evaluation von Mensch-Technik-Interaktion, Modellbildung & Gestaltungsempfehlungen
Um für smarte städtebauliche Objekte geeignete Interaktionsmodelle entwickeln zu können, muss die Nutzung von bisher im geschlossenen Raum erfolgreich eingesetzter Mensch-Technik-Interaktion auf den öffentlichen Raum und die heterogene Zielgruppe älterer Menschen übertragen werden.
Dazu werden anhand der Anwendung verschiedener Evaluationsmethoden (Technik Café, Nutzerstudien) konkrete Interaktionen auf ihre Eignung hin getestet. Ziel ist es hierbei herauszufinden, welche Interaktion in welcher Situation und Umgebung für welchen Nutzer geeignet ist, um darauf aufbauend konkrete Gestaltungsempfehlungen für MTI im öffentlichen Raum geben zu können. Die Ergebnisse wurden so generalisiert, dass sich mögliche Effekte im Einsatz schon bei der Gestaltung abwägen lassen und entsprechende Interaktionsmodelle für den öffentlichen Raum entwickelt werden können.
Als Instrumente können hier Tests aus den Bereichen der empirischen Sozialforschung, der Mensch-Computer-Interaktion bzw. des Usability Engineerings eingesetzt werden. Dazu gehören u. a. Skalen zur Einstufung der Usability oder User Experience als auch klassische Vergleichsstudien sind hier sinnvoll.
Hierzu konnten in 2018 bereits erste Erkenntnisse erlangt werden. Außerdem wurden 2020 verschiedene aktive und passive Eingabeoptionen sowie Ausgaben auf verschiedenen Kanälen und die Kombination dieser evaluiert. Dabei fokussiert sich die UBW auf Informationsstrahler, wobei insbesondere Mikro-Informationsstrahler betrachtet werden.
Validierung von Interaktionsmodellen & Gestaltungsempfehlungen, Evaluation von SSO
Zur Validierung von erstellten Interaktionsmodellen sowie von Gestaltungsempfehlungen sollen diese in der Gestaltung neuer SSO zum Einsatz kommen. Dabei dient der erfolgreiche Einsatz von SSO im öffentlichen Raum sowohl als Proof-of-Concept der Interaktionsmodelle als auch als Fallstudien, welche dabei helfen, die Interaktionsmodelle und Gestaltungsempfehlungen für MTI-Entwickler verständlich zu beschreiben.
Der Erfolg des Einsatzes der SSO soll durch eine (Langzeit-) Erprobung von Demonstratoren im (halb-) öffentlichen Raum gezeigt werden. Ein erfolgreicher Einsatz ist aus Sicht der MTI zu verzeichnen, wenn ein eingesetztes SSO zur Steigerung des Gewahrseins über die Belange älterer Personen und Aktivitäten in der Umgebung oder zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl seitens der Nutzergruppe beitragen kann. Dies wurde sowohl durch die Beobachtung der Nutzung als auch durch Befragungen und Nutzerstudien erfasst.
Evaluationsinstrumente
Um die Frage nach einer geeigneten Gestaltung von MTI im öffentlichen Raum für ältere Personen zu beantworten, sollen verschiedene Alternativen (implementierte Prototypen) mit der Nutzergruppe evaluiert werden. Hierzu werden spezielle Evaluationsinstrumente benötigt, da zum einen die Zielgruppe älterer Personen und zum anderen der öffentliche Raum besondere Anforderungen an die Evaluation stellen.
Neben der Aufzeichnung der Interaktion seitens der SSO helfen insbesondere qualitative Ergebnisse bei der Bewertung von Gestaltungsparametern hinsichtlich ihrer Eignung für die Nutzergruppe. So können sowohl Erkenntnisse über geeignete Formen der Interaktion als auch der Darstellung und Inhalte erlangt werden.
Ein Trend im Bereich der Partizipation ist die Erstellung einer dritten Perspektive („Third Space“), in welcher Vertreter der Endnutzer und Technikentwickler zusammenkommen und z. B. in Workshops über Entwicklungen und die Verwendung von Cultural Probes (Maaß et al., 2016) miteinander diskutieren. In UrbanLife+ wurde hierzu das Konzept des Technik Cafés eingeführt. Dieses ist eine soziotechnologische Begleitmaßnahme zur Einführung von Technik, welche die UBW gemeinsam mit der SHMG aufbauend u. a. auf den Erfahrungen aus dem Austausch mit Prof. Pelizäus-Hoffmeister aus dem BMBF-Projekt ATASeN (siehe z. B. Birken, Pelizaus-Hoffmeister & Schweiger (2016)) entwickelt hat. Dabei wird in einem festgelegten Turnus eine Gruppe älterer Personen aus der Zielgruppe eingeladen, um über Erfahrungen mit Technik zu sprechen und neue Technik auszuprobieren. Das Technik Café dient so gleichzeitig als Plattform für Evaluation der entwickelten smarten städtebaulichen Objekte und als kontinuierliche Unterstützung bzgl. Begleitung der Zielgruppe beim Ausprobieren von Technik im geschützten Rahmen. Dies soll den Einbezug der Lebenswelt der Endnutzer in der Technikentwicklung gewährleisten und Zugangsängste und Barrieren in der Nutzung von Technik abbauen. Das Technik Café wurde Ende 2017 im Altenheim Hardterbroich eingeführt und wurde auch in 2018 in anderen Kontexten eingesetzt.
Für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurden zusätzlich standardisierte Instrumente benötigt – sowohl in Anbetracht der Entwicklungen bezüglich Technik-Akzeptanz und -Nutzung im Rahmen der Projektjahre bis 2020, als auch im Vergleich verschiedener Gestaltungsoptionen. Für die Gestaltung der Informationsstrahler wurde ein erster Fragenkatalog zu Technik-Akzeptanz, Techniknutzung und Informiertheit zusammengestellt und mit der UHOH und SHMG weiterentwickelt. Dieser konnte auch in der Befragung der UHOH und SHMG genutzt werden und trägt so zu einem Vergleich der Ist-Situation bei (siehe Fragen 17, 19, 20 und 31).
Für die Evaluation der MTI im Projekt ist es zielführend, vom ersten Einsatz der Prototypen an möglichst reichhaltige Rückmeldungen von den Benutzern zu bekommen. Da einige ältere Personen Schwierigkeiten mit der Nutzung von Stiften haben (z. B. aufgrund von Arthrose), wurde als ein weiteres mögliches Evaluationsinstrument die Kurzversion des User Experience Questionnaire (UEQ) (Schrepp, Hinderks & Thomaschewski (2017)) für UrbanLife+ in eine für Touchscreens geeignete Form gebracht.
Der UEQ ist ein standardisiertes Instrument zur Erfragung der subjektiven Wahrnehmung eines Produktes durch einen Nutzer („User Experience“). Die Beantwortung des vollständigen UEQ dauert ca. 5 Minuten. Der verkürzte UEQ besteht aus lediglich acht Fragen und kann in 30-60 Sekunden beantwortet werden. Folglich sind die Erkenntnisse zur Nutzererfahrung weniger tiefgehend als beim vollständigen UEQ, jedoch schätzt die UBW diesen Kompromiss im Hinblick auf die speziellen Anforderungen älterer Nutzer als lohnenswert ein, um die Bereitschaft zur Teilnahme zu erhöhen. Die im Original verwendete Likert-Skala wurde durch drei Smileys (grün/fröhlich, gelb/neutral und rot/traurig) ersetzt.
Durch diesen Fragebogen sollten weitere Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die Zielgruppe die entwickelten Systeme wahrnimmt (auch wenn niemand aus dem Projektteam unmittelbar vor Ort ist). Der Touch-Fragebogen konnte hierbei entweder direkt in vorhandene interaktive Bildschirme eingebunden werden, etwa als spezielles Objekt im Informationsstrahler, oder auf einem externen Bildschirm angezeigt werden, der in räumlicher Nähe montiert wird.
Der Einsatz des Touch-Fragebogens wurde für 2018 am Makroinformationsstrahler im Foyer des Altenheims Hardterbroich angedacht, dort hatte sich jedoch bereits eine neben dem Bildschirm ausgehängte Papierliste für Feedback bewährt. Für die städtischen Großveranstaltungen 2018 und 2019 wurde er von uns als nicht sinnvoll eingeschätzt, da dort jederzeit Projektmitarbeiter in unmittelbarer Nähe des Informationsstrahlers positioniert waren und so auch ausführlichere Gespräche geführt werden konnten. Bei der Evaluation im Senioren-Scooter-Park im September 2020 kam er ebenfalls nicht zum Einsatz, da auch dort das ausführliche Gespräch mit den Probanden als Feedback-Instrument vorgezogen wurde. Weitere unbeaufsichtigte Langzeit-Evaluationen konnten 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden. Somit bleibt der Touch-Fragebogen zum Projektende als nicht praxiserprobtes Evaluationsinstrument lediglich ein methodisches Teilergebnis, welches ggf. nach Ende der Projektlaufzeit erneut aufgegriffen werden kann.
Evaluationsmethode Technik Café im Altenheim Hardterbroich
Für die Akzeptanz von neuer Technik durch ältere Personen ist die Einführung einer dritten Perspektive von Vorteil, bei welchem zum einen die Nutzer in einem geschützten Rahmen neue Technik ausprobieren können und zum anderen Nutzer und Entwickler auf Augenhöhe an der Weiterentwicklung von Technik arbeiten können. Aufbauend auf einem Vernetzungstreffen mit Prof. Dr. Helga Pelizäus-Hoffmeister, der UBW und der SHMG und auf verwandter Literatur zur partizipativen Technikentwicklung wurde das Technik Café als Third Space in UrbanLife+ entwickelt. Durch den regelmäßigen Einbezug der Nutzer in diesem Rahmen soll eine erfolgreiche Gestaltung von benutzerfreundlicher und effizienter Technik für den öffentlichen Raum sichergestellt werden. Darüber hinaus wird so die Einhaltung kurzer Entwicklungs- und Evaluationszyklen unterstützt.
Im Altenheim Hardterbroich wurden 2017 zwei Technik Cafés durchgeführt (08.11.2017 und 22.11.2017). Die Heimleitung und der soziale Dienst lud die Teilnehmer ein und diese wurden von der SHMG und der UBW zu Kaffee und Keksen im Foyer der Cafeteria des Altenheims Hardterbroich empfangen. Mit einer Dauer von jeweils 1,5 Stunden wurden in einer Gruppendiskussion mit 8 älteren Personen Erfahrungen in der Nutzung von Technik sowie die Nutzung des Makro-Informationsstrahlers besprochen. Hier wurden in direkter Interaktion mit der Technik erste Erkenntnisse zu den Erwartungen älterer Personen an SSO gesammelt und (potenzielle) Probleme in der Nutzung identifiziert. Die offenen Fragen bezogen sich auf Technik, die den Nutzern zu diesem Zeitpunkt bekannt war (Handy, TV, Rollstuhl und E-Scooter, Makro-Informationsstrahler), und beinhalteten folgende Themen:
- Erfahrungen mit Technik allgemein
- Einstellung und Haltung zu (neuer) Technik
- (Probleme im) Umgang mit Technik im Speziellen
- Interaktion mit Technik im Speziellen
Die Aussagen der Teilnehmer und die daraus gewonnenen Erkenntnisse für die Gestaltung der MTI mit SSO wurden zusammengetragen. Das Technik Café bewies sich als ein sinnvolles Instrument, um neue Technik mit älteren Personen zu evaluieren, da eine Vertrauensbasis zur Zielgruppe aufgebaut wird und so Hürden in der Nutzung abgebaut werden.
Interaktionstypen
Um die Nutzbarkeit verschiedener Interaktionen für SSO einstufen zu können, wurden zunächst vorhandene und denkbare Ein- und Ausgabekanäle sowie verschiedene Medien aufgeführt.
Eingaben durch den Nutzer oder durch andere SSO
- Explizite Eingaben:
- Touch (Touch-Gesten)
- Gesten (Freie Hand-/Armbewegung)
- Sprache
- Direkte Manipulation durch haptische Eingabegeräte (Buttons / Joystick / Maus)
- Implizite Eingaben:
- Identifikation von Usern (z. B. über Bluetooth (Beacons, Smartphone), RFID…)
- Erkennung der Annäherung
- Erkennung von Bewegungen am Körper
- Erkennung von Gesicht/Mimik
- Druck-/ Temperatur-/ Umgebungs-Veränderungen
Ausgabekanäle und -Medien seitens der SSO
- Ausgaben:
- Auditiv
- Visuell
- Haptisch
- Kombination dieser
- Ausgabemedien:
- Vibration/Bewegung von Objekten als Hinweis/Aufforderung etc.
- Sprachausgaben
- Sound
- Bild
- Video
Um diese Aspekte zu betrachten wurden zunächst vorhandene Lösungen identifiziert, welche einen oder mehrere dieser Interaktionen ermöglichen. Diese wurden in einer neuen Nutzungssituation evaluiert. Vorhandene Lösungen umfassen u. a. Sprachassistenten für indoor (home) Einsatz, persönliche Endgeräte für indoor Einsatz (z. B. Smartphones, Tablets) mit diversen Applikationen und Sensorik (für die Erkennung verschiedener impliziter Eingaben).
Die UBW fokussierte sich bei der Evaluation auf die Nutzung und Überprüfung vorhandener Hardware, welche mit neuen Software-Anwendungen auf den Einsatz im öffentlichen Raum angepasst wurde.
Evaluationsumgebungen
Im Folgenden werden die Evaluationsumgebungen und Installationen beschrieben, die die UBW innerhalb des Projektes genutzt hat, um Erkenntnisse bzgl. der MTI Gestaltung für Senioren und für den öffentlichen Raum zu sammeln.
Dazu gehören diese Installationen:
- Makro-Informationsstrahler im Foyer des Altenheims Hardterbroich
- Outdoor Makro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park des Altenheim Hardterbroich
- Mobiler Makro-Informationsstrahler
- Mikro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park des Altenheim Hardterbroich
Makro-Informationsstrahlers im Foyer des Altenheim Hardterbroich
Eine für das Altenheim Hardterbroich abgestimmte Version des Makro-Informationsstrahlers wurde im Foyer installiert. Der Aufbau besteht aus einem Touch-Display mit Windows PC und Informationsstrahler Anwendung (siehe Abbildung 37). Für eine Zugänglichkeit auch für Rollstuhlfahrer wurde seitens der SHMG eine höhenverstellbare Bildschirmhalterung angebracht. Ein zusätzlicher Feedbackbogen direkt neben dem Strahler soll es Nutzern ermöglichen, ihre Anmerkungen und Probleme direkt nach der Nutzung zu vermitteln. Je nach Erfahrungen mit der Nutzung des Aufbaus und der Halterung gehen die Erkenntnisse in Gestaltungsempfehlungen für smarte städtebauliche Objekte ein.
Die dargestellten Informationen wurden gemeinsam mit der SHMG gesammelt und zunächst in Tabellen eingetragen. Wöchentlich wurden von der Einrichtung im Herbst 2017 bis September 2018 die aktuellen Termine des sozialen Dienstes der SHMG an die UBW geschickt, wo diese geprüft und eingetragen wurden. Eine Automatisierung dieses Prozesses wurde nicht umgesetzt, da die Inhalte sehr dynamisch waren und 2018 ohnehin durch eine andere Applikation im Hause der SHMG abgelöst wurden (TAVLA).
Die Nutzung des Informationsstrahlers wird im Rahmen der Technik Cafés mit Endnutzern diskutiert, sowie zwischendurch durch die Mitarbeiter der SHMG beobachtet und von der UBW im Rahmen der Dokumentation zur Evaluation der Informationsstrahler verarbeitet. Hier konnte bereits beobachtet werden, dass sich die Nutzer mit bereits bekannten Inhalten (z. B. Bilder oder Veranstaltungen) mehr auseinandersetzen als mit unbekannten. Hier finden eine Wiedererkennung und kognitive Ansprache der Nutzer statt (z. B. sagte ein Nutzer auf die Ansicht eines Termins hin „Ach, jetzt habe ich noch fast eine halbe Stunde bis zum Bingo“).
Outdoor Makro-Informationsstrahlers im E-Scooter-Park im Altenheim Hardterbroich
Im Sommer des Jahres 2020 wurde ein Outdoor Makro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park der SHMG installiert. Dieser besteht aus einem Touch Display mit Windows PC und der Informationsstrahler Anwendung (siehe Abbildung 38). Die Outdoor-Widerstandsfähigkeit des Informationsstrahlers wird durch den Einsatz des Produktes e.VITRUM® LANDSCAPE WAND OUTDOOR der Firma ST-digital2 gewährleistet. Dabei ist das Touch Display von einer äußeren schützenden Hülle umgeben und enthält auch eine Touch-Funktion im vorderen Glas, welches an das eigentlichen Display angeschlossen ist. Der Strahler wurde für Evaluationen im Sommer 2020 eingesetzt.
2: https://st-digital.de/de/produkte/landscape-wand-outdoor/55-l-131/
Mobile Makro-Informationsstrahler
Ein mobiler Makro-Informationsstrahlers wurde 2018 in Betrieb genommen, der flexibel zum Beispiel im Textiltechnikum in Mönchengladbach eingesetzt werden kann, um die entwickelte MTI schrittweise zu evaluieren. Außerdem war der mobile Makro-Informationsstrahler bei Evaluationen am Turmfest 2018 / 2019 im Einsatz (siehe Abbildung 39).
Mikro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich
Als Mikro-Informationsstrahler wurden Prototypen auf Basis eines Raspberry Pi’s Model 3B mit angeschlossenem SenseHat Modul entwickelt. Diese wurden zeitweise für die Evaluation im E-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich im September 2020 angebracht (siehe Abbildung 40). Aufgrund fehlender Outdoor-Widerstandsfähigkeit war ein dauerhafter Einsatz bislang nicht möglich.
Evaluationen und Erkenntnisse
In den folgenden Abschnitten werden die Evaluationen und Erkenntnisse bezüglich der Makro- und Mikro-Informationsstrahler zusammengetragen.
Evaluationen des Indoor Makro-Informationsstrahler
Bei der Entwicklung und Evaluation des Makro-Informationsstrahlers konnten durch das Technik Café 2017 erste gestalterische und inhaltliche Erkenntnisse erlangt werden (wobei sich diese teilweise auch auf andere SSO Objekte übertragen lassen).
Die Benutzerschnittstelle (UI) der Makro-Informationsstrahler basierte zunächst auf einer Multi-Touch-Anwendung mit visueller Ausgabe der Informationen (in Form von Text und Bildern), welche um eine akustische Ausgabe bei Touch-Events erweitert wurde. Diese wurde mit Akteuren des öffentlichen Lebens der Stadt Mönchengladbach sowie mit der Nutzergruppe älterer Altenheimbewohner evaluiert. Dabei wurde deutlich, dass Aspekte der Inklusion, der Bedürfnisse von Personen mit sensorischen Einschränkungen, der äußeren Bedingungen (insbesondere Lautstärke, Lichtverhältnisse und Wetterbedingungen), sowie die Ästhetik bei der Gestaltung geeigneter Technik im Kontext von UrbanLife+ einbezogen werden müssen.
Aus der Evaluation konnten die folgenden Gestaltungsempfehlungen zum UI und Interaktionsdesign des Makro-Informationsstrahlers aufgestellt werden, welche sich auf einige SSO übertragen lassen:
- Durch Multimodalität wird eine bessere Barrierefreiheit erreicht. So muss MTI für ältere Personen entsprechend des Zwei-Sinne-Prinzips mehrere Ein- und Ausgabekanäle redundant zur Verfügung stellen (z. B. Sprach- und Touch-Steuerung, visuelle und akustische Ausgabe).
- Dem Nutzer angebotene Informationen müssen in der richtigen Situation erfolgen, um den Nutzer nicht zu überfordern aber ihn trotzdem anzusprechen bzw. zu unterstützen.
- Personen im Rollstuhl oder Rollator müssen die Interaktionselemente genauso erreichen können, wie Personen ohne Hilfsmittel. Entsprechend muss die Anbringung von Technik in erreichbarer Höhe erfolgen oder höhenverstellbar sein.
- Bei der Nutzung von verschiedenen Informationskategorien sollten Farben verwendet werden, um eine Orientierung zu erleichtern. Diese Farbgestaltung sollte für alle verfügbare Technik einheitlich erfolgen, um den Wiedererkennungswert zu steigern.
- Wichtige Informationen sollten unmittelbar (also mit minimaler Interaktion) erreichbar sein (z. B. Titel und Zeit bei Terminen).
- Aufgrund der Vielzahl verfügbarer Informationen sollte auf Orte von Interesse (POIs) kontext-abhängig hingewiesen werden (z. B. auf Ruhemöglichkeiten in der Umgebung bei Erschöpfung).
- Bei der Ausgabe müssen Helligkeit, Kontrast und Lautstärke an die Umgebung angepasst werden (z. B. können sich entspiegelte E-Paper Displays für die Darstellung von Text bei hellem Licht besser eignen).
- Direkte Manipulation ist für viele ältere Personen besser geeignet als indirekte Manipulation (z. B. ist Touch besser zu nutzen als eine Maus) und sollte entsprechend in der Gestaltung des User Interfaces präferiert werden.
Während die Gestaltung der Benutzeroberfläche und das Interaktionsdesign einen erheblichen Einfluss auf die Eignung für die Benutzergruppe haben, entscheiden die Inhalte maßgeblich über die Nützlichkeit der Technik in verschiedenen Einsatzszenarien. Entsprechend konnten in der Entwicklung Erkenntnisse zu den Inhalten der Informationsstrahler gesammelt werden:
- Die Zusammenstellung der Inhalte erfordert eine Orientierung an der Lebenswelt älterer Personen. So müssen nicht nur die unmittelbar relevanten Anforderungen an die Interaktion einbezogen werden (z. B. sensorische Einschränkungen), sondern auch die soziale und räumliche Umgebung der Zielgruppe.
- Öffentliche Strukturen sollten inhaltlich repräsentiert und – je nach Relevanz – einbezogen werden. Dabei umfasst die Relevanz sowohl die räumliche Distanz als auch die Interessen und Fähigkeiten der der Nutzer.
- Strukturen in der unmittelbaren Umgebung (z. B. Restaurants in der Nähe) sollten präsenter sein als weiter entfernte.
- Für den Nutzer relevante Informationen zu den Inhalten müssen ergänzt werden, um eine Nützlichkeit zu erzielen (z. B. Barrierefreiheit von Restaurants).
- Soweit vorhanden, sollten vorhandene Strukturen einbezogen werden, bevor Inhalte selbst eingegeben werden (z. B. RSS-Feeds von Lokalzeitungen).
- Lokale Akteure und Nutzer sollten gleichermaßen in die Zusammenstellung der Inhalte einbezogen werden (als potenzielle Datenquellen und Entscheider über die Relevanz).
Durch den weiteren Einsatz des Makro-Informationsstrahlers im Altenheim Hardterbroich im Jahr 2018 wurden aus Beobachtungen, Gesprächen mit Nutzern und Gesprächen mit Mitarbeitern der Einrichtung zum einen weitere Anforderungen an die Gestaltung von SSO gesammelt. Zum anderen konnten in kurzen Iterationen Verbesserungen am Makro-Informationsstrahler durchgeführt werden.
Die Evaluation der Inhalte erfolgte weiterhin 2018 und zeigte, dass diese entscheidend für den empfundenen Nutzen – insbesondere seitens der Nutzergruppe älterer Personen – sind. Während der nutzbare Prototyp seitens der Mitarbeiter aufgrund seines potenziellen Nutzens als sehr positiv wahrgenommen wurde (unter Berücksichtigung des Einbezugs relevanter Informationsquellen), wurde diese Abstraktion in Bezug auf die Nutzung vor allem von älteren Nutzern mit wenig Erfahrungen im Umgang mit Technik nicht getätigt. Diese bemängelten vor allem das Fehlen konkreter Informationen und den Ausfall der Technik in manchen Situationen. Im Gegensatz dazu wurden kleine Änderungen an Oberfläche oder in der Datenbasis als sehr positiv wahrgenommen. Aus den Aussagen der verschiedenen Akteure konnten wir verschiedene Anforderungen an die Gestaltung bzw. Erkenntnisse erlangen.
Speziell in der Gestaltung des Makro-Informationsstrahlers wurde deutlich, dass inhaltlich die Orte in der Umgebung um Angaben zur Barrierefreiheit ergänzt und Feiertage bzw. besondere Ereignisse mit einbezogen werden sollten und ein stärkerer Bezug zur Umgebung hergestellt werden sollte. Für einen schnellen Einbezug dieser Informationen wurde in Kooperation mit der SHMG eine Begehung des Stadtquartiers Hardterbroich durchgeführt, wodurch fehlende Angaben auf der OSM-basierten Plattform Wheelmap.org (https://wheelmap.org/) eingetragen wurden. Um die Aufmerksamkeit der Nutzer auf besonders aktuelle Inhalte zu lenken, erwiesen sich Ankündigungen („Featured“ Informationsobjekte) als zielführend. Diese werden als eine Art Werbung auf der rechten Seite des Bildschirms zufällig im Abstand von einigen Sekunden dargestellt. In Bezug auf die Interaktion wurde deutlich, dass ein Zoom der Objekte für viele Nutzer nötig ist, die Multitouch-Gesten für die Nutzergruppe jedoch nicht selbsterklärend sind.
Im Kalenderjahr 2019 hat UBW in zwei Kontexten Evaluationen des Makro-Informationsstrahlers durchgeführt: im Foyer des Altenheims Hardterbroich (stationärer Wandbildschirm) und auf dem Turmfest (mobiler Informationsstrahler). Im Altenheim ist der Informationsstrahler bereits seit Ende 2017 fast durchgehend im Einsatz. 2019 wurde mehrfach die verwendete Software aktualisiert, um kleinere Fehler zu beheben und die Anbindung an das Backend zu verbessern. Zu diesen Anlässen wurde jeweils auch die Inhaltsbasis aktualisiert, aus der der Informationsstrahler die angezeigten Inhalte bezieht. Diese mehrjährige Kontinuität ermöglicht wichtige Schlüsse darüber, wie Nutzer (insb. Seniorinnen und Senioren) auf ein langfristig installiertes Informationssystem reagieren und wie sich dies auf das Nutzungsverhalten über die Zeit auswirkt. Unser Gerät im Altenheim protokolliert zu diesem Zweck anonyme Nutzungsdaten (wann und wie oft wird es genutzt, welche Inhalte sind dabei besonders beliebt usw.).
Eine allgemeine Evaluierung des Makro-Informationsstrahlers wurde für 2020 geplant, konnte aber leider aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht stattfinden. Geplant war, dabei den Fokus auf die Gestaltung des Makro-Informationsstrahlers und dessen Elementen zu legen. Hierzu sollten die Elemente in Hinblick auf deren Größe, Bewegungsgeschwindigkeit und das Verhältnis von Bild und Text mit Hilfe von einem semi-strukturierten Interview mit Senioren evaluiert werden. Dazu sollten den Senioren mit Hilfe der Evaluationsmethode „Wizard-of-Oz“ verschiedene Variationen der Elemente angezeigt (z. B. unterschiedliche Größe bzw. Bewegungsgeschwindigkeit der Elemente) und im Rahmen des semi-strukturierten Interviews das Feedback protokolliert werden.
Im September 2020 fand eine Evaluation des Outdoor Makro-Informationsstrahlers im E-Scooter-Park statt, um trotz der COVID-19 Pandemie noch einige Erkenntnisse zu sammeln.
Einsatz des Outdoor-Informationsstrahlers
Im Sommer des Jahres 2020 wurde ein Outdoor-Informationsstrahler im E-Scooter-Park der Sozialholding Mönchengladbach installiert. Dieser wurde zu Evaluationszwecke im September 2020 genutzt, um noch einige Erkenntnisse bzgl. des Informationsstrahlers und Quests zu sammeln.
Zum Ende der Projektlaufzeit dauert die Auswertung der angefallenen Daten noch an. Derzeit lässt sich vorausgreifen, dass die Rückmeldungen zur Aktivitätsunterstützung im urbanen Raum durch Informationsstrahler sowohl von Senioren als auch von den befragten Experten als positiv und vielversprechend bewertet werden.
Quests
Die UBW hat sich bei der Evaluationsplanung ebenfalls auf diverse Evaluationsszenarien und -ziele festgelegt. So war geplant, die Quests und deren Auswahl, Ablauf und Wirkung 2020 mehrstufig zu evaluieren. Dabei sollten die drei Evaluationspläne nacheinander in den ersten bis zum dritten Quartal 2020 durchgeführt werden. Aufgrund der COVID-19 Pandemie mussten wir uns auf eine Evaluation beschränken und die Forschungsfragen entsprechend so gut wie möglich miteinander verzahnen.
Zu diesem Zweck wurden qualitative Interviews mit sieben Probanden geführt, bei denen es sich teilweise um Senioren (vier Personen älter als 60 Jahre) handelte, die gebeten wurden aus ihrer eigenen Perspektive zu urteilen, und teilweise um Experten aus dem Bereich der Altenpflege, die angehalten waren aus ihrer Erfahrung mit älteren Menschen heraus zu sprechen.
Bei der Quest-Auswahl wurde zunächst die intuitive Verständlichkeit der Herausforderungen für Senioren überprüft und mit den Probanden besprochen ob materielle Belohnungen motivationsfördernd sind. Die Gespräche ergaben hier unterschiedliche Meinungen: einige Probanden waren von den „Sachpreisen“ sofort angetan und bewerteten diese ausdrücklich als wichtige Motivation für außerhäusliche Aktivitäten, andere zeigten Gleichgültigkeit bis hin zur klaren Ablehnung. Das Konzept der seniorengerecht aufbereiteten Erlebnisbeschreibungen fand unabhängig von den Belohnungen jedoch allgemeinen Anklang.
Ebenfalls wurde im Ansatz evaluiert, ob Herausforderungen im urbanen Raum durch den Einsatz von vernetzten Informationsstrahlern angenommen, durchgeführt und absolviert werden können (im geschützten Rahmen des Senioren-Scooter-Parks). Dadurch sollte festgestellt werden, ob der Ablauf einer Quest gut durchlaufen werden kann und ob es Schwächen in der Gestaltung gibt. Die technisch unterstützte Auswahl und Absolvierung einer Quest inkl. Fußgänger-Leitsystem aus vernetzten Mikroinformationsstrahlern wurde prototypisch erfolgreich umgesetzt und die Probanden bewerteten die Navigationsunterstützung mehrheitlich als positiv bis sehr positiv.
Zuletzt wurde auch die Wirkung der Herausforderungen ausgewertet. Insbesondere soll in Erfahrung gebracht werden, ob sie ein geeignetes Werkzeug sind, um die Informiertheit der Senioren über ihre urbane Umgebung zu erhöhen und ob man durch die Quests Senioren mehr dazu motivieren kann, Angebote in ihrem urbanen Umfeld wahrzunehmen. Die Probanden brachten dem Quest-Konzept eine breite Akzeptanz entgegen und äußerten sich wohlwollend zur technischen Unterstützung von Alltagsgeschäften. Mehrfach wurden der motivierenden Funktion der Quests nicht nur für das eigene Erleben gute Chancen zugeschrieben, sondern auch übertragen auf Senioren im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Hierbei ist zu beachten, dass diese hypothetischen Diskussionen und Selbstauskünfte natürlich nur begrenzte Aussagekraft haben und dass weitere Forschung nach dem Ende der COVID-19 Pandemie genauere Schlüsse ermöglichen würde.
Die Ergebnisse aus der Evaluation im Senioren-Scooter-Park im September 2020 werden voraussichtlich im Jahr 2021 in einer gesonderten Publikation weiter diskutiert.
Einsatz des mobilen Infostrahlers
Zu den Großveranstaltungen wurde seitens der SHMG 2018 die Hardware für einen mobilen Makro-Informationsstrahler bereitgestellt. Auf diesem wurden zunächst aktuelle Inhalte für das Turmfest (https://www.turmfest-rheydt.de/) aufgespielt. Während des Turmfests wurde die Interaktion der Besucher beobachtet und Einstellungen zum Makro-Informationsstrahler im Gespräch erfasst.
Der Informationsstrahler wurde mehrfach aus dem Gespräch mit einem Passanten heraus als Beispiel für ein smartes städtebauliches Objekt demonstriert. In dem meisten Fällen erfolgte hier die Touch-Interaktion durch ein Teammitglied während Besucher zuschauten, in einigen Fällen probierten jedoch auch die Passanten die Interaktion kurz aus. In den Gesprächen zwischen Passanten und Teammitgliedern erhielten wir mehrheitlich positive Rückmeldungen zum Strahler. So war z. B. deutlich erkennbar, „dass das Gerät für Senioren gestaltet ist“ und „[Das Gerät] eine sinnvolle, zukunftsgewandte Sache [darstellt]“.
Eine weitere Erkenntnis konnte zur Positionierung der Strahler gewonnen werden. Während des Turmfestes wurde keine spontane Interaktion durch Passanten durchgeführt, die passive Interaktion mit dem Bildschirm (längeres Betrachten von Informationen) unterschied sich jedoch je nach Standort des Strahlers am Stand von UrbanLife+. Die Abbildungen 41-43 zeigen die verschiedenen Positionen, wobei der Strahler in der dritten Position deutlich mehr Aufmerksamkeit erhielt und als „Blickfang“ diente.
Beim Einsatz wurde jedoch insgesamt deutlich, dass der Makro-Informationsstrahler auf Großveranstaltungen hauptsächlich als Demonstrator für das Projekt dient und kaum Raum für Evaluationen bietet. Dies liegt zum einen an dem Verhalten der Informationsbeschaffung zu Großveranstaltungen (entweder Informieren vorab durch Flyer oder Internet, oder Großveranstaltung „erleben“ und entsprechend wenig Informationsbedarf vor Ort). Zum anderen ist der Makro-Informationsstrahler auf den halböffentlichen Raum ausgerichtet und bietet dort mehr Nutzen als im öffentlichen Raum. Ein weiterer Faktor, welcher die Nutzung des Makro-Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen einschränkt sind viele Personen in der Umgebung, welche die aktive Nutzung hemmen (da sich die Personen beobachtet fühlen) und die Interaktionsdauer verringern.
Ein weiterer Einsatz des mobilen Makro-Informationsstrahlers fand 2019 ebenfalls auf dem Turmfest statt. Dort konnte eine Anzahl von Passanten bei der Verwendung des Informationsstrahlers beobachtet werden, allerdings gehörten leider keine der Nutzerinnen und Nutzer zur Projekt-Zielgruppe 65+, weshalb das beobachtete Verhalten keine spezifischen Rückschlüsse auf die Verwendung der Informationsstrahler im Projekt zulässt.
Technik-Café
Das Technik-Café wurde 2017 und 2018 in Kooperation mit der SHMG durchgeführt und erzielte die Sammlung von Erkenntnissen zur Einstellung der Zielgruppe zu Technik im (halb-) öffentlichen Raum sowie das Austesten von verschiedenen Ein- und Ausgabegeräten hinsichtlich ihrer Eignung für (halb-) öffentliche single- und multi-user Interaktionen. Über die Tests verschiedener Technologien in mehreren Gruppensitzungen wurden verschiedene Erkenntnisse gesammelt, die sowohl neue Anforderungen an die Gestaltung von SSO ergaben als auch soziotechnische Erkenntnisse zur Einführung und Nutzung von SSO im urbanen Raum brachten. Im Folgenden werden die verschiedenen betrachteten Gegenstände der Technik Cafés und die zugehörigen Erkenntnisse zusammengefasst.
Cultural Probes
Verschiedene Bilder von Technik (sowohl in der eigenen Nutzung als auch im öffentlichen Raum) wurden als Cultural Probes (Gaver et al. 1999) genutzt, um Vor- und Nachteile sowie präferierte Interaktionen und den wahrgenommenen Nutzen mit der Nutzergruppe älterer Personen zu diskutieren. Hier zeigte sich, dass es viele Angsträume bei der Nutzung von Technik im öffentlichen Raum gibt (z. B. Angst vor Diebstahl am Geldautomaten, falsches Ticket am Ticketautomaten kaufen) und das Vertrauen – gerade bei der Einführung neuer Technik – gering ausfällt. Dahingegend zeigten sich auch deutliche Vorteile in der Nutzung von Technik im öffentlichen Raum, u. a. Vorteile in der Privatsphäre (z. B. Privatsphäre bei der Abholung von höheren Summen an Geld am Automaten). Die Teilnehmer bewerteten bei Technik, die eine direkte Interaktion erforderte, einfache und klar verständliche Ein- und Ausgabekanäle (z. B. eindeutige Buttons). Bei Technik, die keine Interaktion erfordert, wurde der Nutzen insgesamt als gegeben akzeptiert (z. B. bei Ampeln), hier wurde jedoch die Ausrichtung auf ältere Personen bemängelt (z. B. Dauer von Ampelphasen, fehlende Informationen hierzu).
Rollator mit Beleuchtung
Bei der gemeinsamen Betrachtung einer externen technischen Lösung zur Beleuchtung am Rollator wurde Interesse am Thema „Sichtbarkeit“ bzw. „Gesehen werden“ hoch. Es wurde deutlich, dass die Teilnehmer nicht gerne nach draußen gehen, weil sie von Autofahrern nur schlecht gesehen werden. Es wurde jedoch auch deutlich, dass trotz des Interesses der Teilnehmer der Mehrwert einer derartigen Beleuchtung als gering eingeschätzt wird, da sie nicht dem Einsatzzweck der Teilnehmer aus dem Altenheim entspricht („Wir gehen ja nicht raus, wenn es dunkel ist“). Hier wird deutlich, dass bei der Bewertung und der wahrgenommenen Nützlichkeit von Technik die Lebenswelt des befragten älteren Menschen einbezogen werden muss.
Touch-Interaktion
Beim Austesten der Touch-Interaktion am großen Wandbildschirm wurden der Großteil der Eingaben erkannt, verwirrend für die Teilnehmer waren hingegen Latenzzeiten oder die fehlende Reaktion des Systems auf Eingaben. Die Interaktion selbst wurde positiv wahrgenommen, jedoch fehlte den Teilnehmern ein geeigneter Einsatzzweck, weshalb der Nutzen der Interaktion selbst als gering eingeschätzt wurde. Die Touch-Interaktion am Tablet wurde als nützlicher, jedoch auch als deutlich schwieriger wahrgenommen, da Interaktionsflächen kleiner sind und mehr Touch-Gesten zur Auswahl standen. So wurde es als positiv bewertet, dass die Schrift vergrößert werden kann.
Insgesamt konnten die Teilnehmer des Technik Cafés einen einfachen (Single-)Touch gut durchführen und fanden diesen verständlich. Verschiedene (Multitouch-) Gesten wurden insgesamt nicht verstanden, bzw. nicht als nicht intuitiv angesehen. Entsprechend sollte sich die Nutzung von Touch-basierter Interaktion in Bezug auf die Eignung für eine breite Zielgruppe älterer Personen hauptsächlich auf Single-Touch beschränken.
Sprachinteraktion
Beim Austesten verschiedener Sprachassistenzsysteme (Amazon Alexa Echo Spot & Echo Dot) wurde deutlich, dass sich die Nutzung im halböffentlichen Raum stark von der Nutzung im privaten Raum unterscheidet – insbesondere in Bezug auf Hintergrundgeräusche. So wurden die Sprachbefehle der älteren, zum Teil undeutlich sprechenden Personen nur selten erkannt und mussten laut und deutlich durch die Versuchsleitung wiederholt werden. Die Nutzung von Sprachbefehlen ist für die Zielgruppe nur wenig intuitiv und verwirrte die Teilnehmer.
Im Gegensatz dazu wurden die Sprachausgaben sehr positiv bewertet. Auch Personen mit leichten Höreinschränkungen konnten die Ausgaben gut verstehen. Nur bei starken Umgebungsgeräuschen fiel den Teilnehmern die Konzentration auf die Ausgabe schwer. Die Computerstimme im Vergleich zu einer natürlichen Aussprache wurde seitens der Teilnehmer nicht negativ bewertet und trug eher zur Erheiterung der Gruppe bei (z. B. ungewöhnliche Aussprache von Eigennamen).
Insbesondere das Vorlesen von Texten, die Ausgabe von Informationen und das Abspielen von Musik und Tönen wurden in Bezug auf die Sprachinteraktion als besonders hilfreich eingestuft. Selbst Fehler in der Ausgabe wurden nicht als negativ bewertet.
Betrachtet man die Ergebnisse der Interaktion, so kann die Nutzung von Sprachausgaben bei SSO in Ergänzung zu weiteren Ausgabekanälen einen erheblichen Mehrwert bieten.
Interaktion insgesamt
Während der verschiedenen Technik Cafés wurde deutlich, dass der Großteil der Teilnehmer (im Altenheim lebende ältere Personen) die passive Interaktion mit Technik einer aktiven Interaktion vorziehen.
Gemeinsames Beantworten von Fragen (Quiz)
Sowohl auf dem großen Informationsstrahler als auch auf Tablets wurden mit den Teilnehmern ein digitalisiertes Quiz durchgeführt. Hier zeigte sich eine deutlich höhere Motivation zur Mitwirkung bei der Nutzung von Bildern und (kurzen) Tönen. Als Text formulierte Fragen mussten häufig vorgelesen werden, da viele der Teilnehmer Seheinschränkungen hatten. Die dargestellten Fragen regten in der Gruppe der Teilnehmer z. T. längere Gespräche an. Die Eingabe der Antworten durch einen Stellvertreter wurde als positiv wahrgenommen, was sich ggf. auf die Sammlung von nutzerbezogenen Informationen für einen Profildienst übertragen lässt.
Hieraus erkennen wir, dass der Einsatz von Technik im halböffentlichen Raum zu mehr Interaktion zwischen den (aktiv oder passiv) an der Interaktion beteiligten Personen beitragen kann.
Videos ansehen
Bei der gemeinsamen Betrachtung von Videos auf dem großen Informationsstrahler und der anschließenden Besprechung der Inhalte wurde deutlich, dass der Einsatz von Videos in der Gruppensituation nicht geeignet ist. Sowohl aufgrund der Störgeräusche als auch aufgrund der erforderlichen kognitiven Anstrengung beim gleichzeitigen Hören und Sehen raten wir von der Nutzung von Videos in der Gestaltung von SSO ab. Insbesondere für die Interaktion in der Gruppe waren die betrachteten Videos hinderlich, da den Teilnehmern keine Konzentration mehr für die Interaktion in der Gruppe blieb. Unserer Erfahrung nach eignen sich Videos daher eher für eine Nutzung in single user Interaktionen, welche im öffentlichen Raum nur selten vorkommen.
Informationsstrukturen
Bei dem Ansehen und Explorieren von Inhalten wurde deutlich, dass geringe Ebenen der Informationstiefe präferiert werden. So sollten Menüs nur wenige Unterpunkte haben und auch Detailansichten mit geringer Interaktion aufgerufen werden können. Dies gilt vor allem bei der Nutzung von Technik im öffentlichen Raum. Bei single user Interaktionen sind geführte Interaktionen (auch formularbasiert) einsetzbar, wenn die Anwendung einen direkten Mehrwert für den Nutzer bietet.
Einflussfaktoren für die Bewertung von Technik im öffentlichen Raum
Während der Technik Cafés konnte beobachtet werden, dass unterschiedliche Situationen und insbesondere die soziale Zusammensetzung bei der Interaktion mit Technik im halböffentlichen Raum einen Einfluss auf die Wahrnehmung bzw. die Bewertung der Technik haben. Im Folgenden werden einige der Beobachtungen aufgeführt:
- Einige Personen „leiten“ die Interaktion. Dies führt dazu, dass eine Aufgabe in der Gruppe zwar besser und schneller bewältigt werden kann, jedoch interagieren so deutlich weniger Personen direkt mit der vorgestellten Technik.
- Die Erfahrungen und Einstellungen von Peers beeinflussen auch die Wahrnehmung der Nutzer in Bezug auf Technik. Hat z. B. ein befreundeter Zimmernachbar positive Erfahrungen mit einem technischen Endgerät oder bestimmten Funktionen auf diesem gemacht, sind einige Nutzer eher bereit diese auszuprobieren und sich in neue Aufgaben einzuarbeiten.
- Die Personen, die älteren Personen Technik vorstellen, haben einen erheblichen Einfluss darauf, wie die Nutzer auf diese reagieren. So spielt die Sympathie neben der Wortwahl eine wesentliche Rolle in Bezug auf die Akzeptanz von Technik.
Zusätzlich zu den sozialen Faktoren und den individuellen kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Nutzer hat auch die Gestaltung verschiedener Parameter des genutzten Systems einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung des potenziellen Nutzens bzw. der Nützlichkeit, wie im Folgenden aufgeführt:
- Die empfundene Nützlichkeit ist vor allem mit der Identifikation individueller Nutzer mit Inhalten verbunden. So waren für einige Nutzer des großen Informationsstrahlers Wetterdaten sehr interessant und auch andere Aspekte des Strahlers wurden als positiv bewertet. Für andere Nutzer, die keine Informationen auf dem Strahler als nützlich erachteten, wurde dieser insgesamt als nicht nützlich wahrgenommen. Erst auf die Frage hin, welche Informationen potenziell nützlich sein könnten, wurden Wünsche geäußert.
- Sind die Parameter der Oberfläche für Nutzer nicht direkt angepasst (Größe, Kontrast etc.), so wird die Technik als Ganzes abgelehnt.
- Vielen (passiven) Nutzern war nicht klar, dass es sich bei dem großen Informationsstrahler um eine interaktive Anwendung handelt. Nach Hinweis wurde nicht deutlich, welche Objekte modifizierbar sind und welche statisch sind. Dies muss in der Gestaltung von SSO klar differenziert werden (z. B. visuell oder auditiv).
- Eine intuitive Bedienbarkeit folgt bei der Nutzergruppe älterer Personen nicht denselben Kriterien wie bei jüngeren (oder technik-affineren) Nutzern. Um nützlich zu erscheinen, sollten notwendige Informationen möglichst direkt und ohne einen großen Aufwand in der Bedienung erreichbar sein.
Darüber hinaus sind Räumlichkeiten bzw. Umgebungsbedingungen entscheidend für die Wahrnehmung von Technik durch ältere Personen. Fühlen sich die Nutzer in ihrer Umgebung wohl, so sind sie generell eher bereit, neue Technik zu akzeptieren. Wird eine ältere Person hingegen stark gestört (z. B. durch eine laute Umgebung), wird auch neu betrachtete Technik abgelehnt.
Daraus lassen sich einige Aufgaben an die (soziotechnische) Gestaltung von MTI sowie der Evaluation von MTI im (halb-) öffentlichen Raum zusammenfassen:
- Die Sichtbarkeit (und Hörbarkeit) von Inhalten sollte schon von Beginn an auf die Nutzungssituation hin gestaltet werden (u. a. multi oder single user Interaktion).
- Durch den Einsatz von Technik können soziale Situationen beeinflusst werden. So kann die Gestaltung von gemeinsamen Inhalten eine Gesprächsgrundlage zwischen mehreren Nutzern schaffen.
- Bei der Einführung von Technik sollten einfache und positive Formulierungen gewählt werden, die den Nutzer in seinem Selbstbewusstsein in Bezug auf die Nutzung von Technik bestärken und ihn motivieren einen möglichen Nutzen zu entdecken.
- Obwohl die oben genannte positive Beeinflussung der Nutzer in Bezug auf Technik u. U. Testergebnisse zur Akzeptanz und Nützlichkeit von Technik weniger valide machen, ist ein derartiges positives Bild häufig notwendig, um mit der Nutzergruppe überhaupt Studien durchführen zu können.
Die Erkenntnisse der Technik Cafés wurden im weiteren Verlauf genutzt, um gezielt auf Fragestellungen in der MTI im öffentlichen Raum einzugehen. Eine Weiterführung des Formats erfolgte leider nicht aufgrund des Ausscheidens der dafür verantwortlichen Mitarbeiterin und fehlenden personellen Kapazitäten.
Spracherkennung im öffentlichen Raum
Auch bei der Gestaltung der Interaktion wird im Rahmen des Teilvorhabens stetig neue Technik einbezogen. So dienten z. B. Erkenntnisse aus Fallstudien von Sprachsteuerung bei älteren Personen (siehe u. a. Alexa für Alte https://www.heise.de/tr/artikel/Alexa-fuer-Alte-3740767.html) als Anregung, Sprachsteuerung auch bei smarten städtebaulichen Objekten auszuprobieren.
Zur Ergänzung der Erkenntnisse von Sprachassistenzsystemen im Technik Café (halböffentlicher Raum) wurde eine studentische Arbeit über die Eignung verschiedener Sprachbefehle bei verschiedenen Assistenzsystemen bei Störgeräuschen durchgeführt. Im Folgenden wird die Studie von Hegenbarth & Jung 2018 zusammenfassend dargestellt.
Gegenstand der Untersuchung war eine mögliche Steuerung von SSO durch Sprachbefehle. Es sollte erprobt werden, unter welchen Bedingungen vorhandene Sprachassistenten am besten funktionieren und ab wann eine Nutzung nicht mehr möglich ist.
Dazu wurde zunächst eine Literaturrecherche in Bezug auf aktuelle Sprachassistenzsysteme durchgeführt. Aufbauend auf den Auswahlkriterien Benutzersprache, Verständigung, Antworten und Erweiterbarkeit wurden die am besten bewerteten Systeme (Amazon Echo Dot und Google Home Mini) für einen Vergleich herangezogen.
Unter sukzessiver Erhöhung der Störgeräusche wurden verschiedene Befehle am Beispiel der Steuerung einer Parkbank (siehe UHOH) von einer weiblichen und einer männlichen Stimme eingesprochen.
Insgesamt wurden knapp 50% der Befehle erkannt, wobei selbst bei geringen Umgebungsgeräuschen keine Erkennung mehr möglich war. Bei der Evaluation der Erkennung wurde deutlich, dass kurze Befehle nur sehr schlecht erkannt wurden. Bei der Gestaltung von Sprachbefehlen sind daher längere Befehle empfehlenswert. Dies erklärt sich durch die erhöhte Länge der Interpretation der Spracheingaben durch die Sprachassistenten. Zwischen den verschiedenen Sprachassistenten wurden kaum Unterschiede in der Erkennung gemessen.
In Bezug auf die Gestaltung von smarten städtebaulichen Objekten wurde durch diesen Vergleich deutlich, dass unabhängig vom genutzten System Sprachbefehle im halböffentlichen Raum bedingt nutzbar sind, im öffentlichen Raum aber aufgrund von Störgeräuschen nicht eingesetzt werden sollten.
Mikro-Informationsstrahler im E-Scooter-Park
Im Rahmen einer UBW-Lehrveranstaltung befasste sich ein Team aus drei Studierenden mit der Perspektive der Mikro-Informationsstrahler und führte eine Literaturstudie durch, die basierend auf verwandten Arbeiten aus der Wissenschaft eine Reihe von Gestaltungsempfehlungen macht.
Das Team betrachtete neben den Ergebnissen zu Informationsstrahlern aus dem Kontext UrbanLife+ noch diverse andere Veröffentlichungen und Projekte zu interaktiven digitalen Leitsystemen. Aus den Beobachtungen heraus wurden theoretische Überlegungen zu Farbgebung und Symbolnutzung durchgeführt und verschriftlicht. Das Ergebnis der Arbeit ist eine Reihe von konkreten Gestaltungsempfehlungen, welche wir aus Beck, Hardy, Lambertz (2018) an dieser Stelle vollständig wiedergeben:
Aus den Ergebnissen dieser Arbeit lassen sich folgende Eigenschaften herausarbeiten, die Mikrostrahler als eine besondere Form der Informationsstrahler bei einer Anwendung im öffentlichen Raum aufweisen müssen, um zielführend wahrgenommen werden zu können:
- Einheitlichkeit in der Anwendung im gesamten Leit-, Orientierungssystem
- auffällige und personalisierte Botschaften bei kommerzieller Nutzung
- Berücksichtigung der architektonischen Gegebenheiten
- Reduzierung auf bis zu maximal vier Farben
- Nutzung von deutlichen Kontrasten zur Abhebung von Hintergrund und Symbol- bzw. Piktogrammfarben
- Beachtung des Helligkeitskontrastes von mindestens 70%
- Beachtung des RGB-Farbraums
- barrierefreie Konzeption im Bereich von Sinnesstörungen
- Bereitstellung der Orientierungshilfe vom Erstkontakt bis zum Ziel des Nutzers
- Verwendung von kulturunabhängigen und international lesbaren Piktogrammen
- Nutzung des ADV-Pfeils zur Richtungsorientierung
- Verwendung von serifenlosen Schriften
- Beachtung des Richtwertes für Schriftgrößen
- genaue Planung der Nutzung von Schrift und deren Notwendigkeit
Eine weitere Sammlung von bestehenden und übertragbaren Gestaltungsrichtlinien wurde als Beitrag auf der Mensch und Computer 2020 veröffentlicht und diskutiert (Stojko et al., 2020).
Um die Gestaltungsempfehlungen für die Mikro-Informationsstrahler genauer herausarbeiten zu können und die Empfehlungen aus der Literatur zu überprüfen, wurden auch für diese SSOs Evaluationen geplant. So wurde 2020 eine Evaluation mit der optimalen Gestaltung des 8x8 LED Displays durchgeführt. Hierbei stellte sich die Frage, ob Piktogramme und welche Symbole für Senioren sinnvoll und erkennbar sind und die Mikro-Informationsstrahler als Wegweiser beim Aktivitätsunterstützungsdienst die gefühlte Safety erhöhen können. Weitere angedachte Evaluationen konnte aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht durchgeführt werden. Diese hätten die Mikro-Informationsstrahler im Hinblick auf Audiohinweise (Vogelgezwitscher) und deren Wirkung in Kombination mit visuellen Hinweisen ausgewertet. Dabei sollten Erkenntnisse gesammelt werden in Bezug auf die Eignung von auditiven Hinweistönen und der Kombination von auditiver und visueller Interaktion mit Mikro-Informationsstrahlern.
Die durchgeführte Studie im September 2020 erfolgte im E-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich. Dazu wurden sieben Mikro-Informationsstrahler im Park installiert und miteinander verbunden. Insgesamt sieben Versuchspersonen haben dann anhand der Durchführung einer Quest die Hinweise der Mikro-Informationsstrahler getestet und qualitativ im Interview reflektiert.
Langzeitevaluation im Feldeinsatz
Im Laufe des Jahres 2019 wurde an den Grundlagen zur Langzeit-Evaluation im Feldeinsatz gearbeitet. Da sich auch der Makro-Informationsstrahler in diesem Projekt im Langzeiteinsatz befindet, war es für uns besonders interessant, die Evaluationsmethoden und Effekte für einen solches Szenario zu beobachten, überdenken und evtl. neue Ansätze zu durchdenken. Dazu wurde eine möglichen 24/7 Evaluation und deren möglicher Einsatz, sowie die zu beobachtbaren Effekte in Langzeitevaluationen diskutiert. Den Rahmen dafür wurde durch einen Workshop, in Kooperation mit der HAW Hamburg, zu „Evaluation der Nutzung und des Nutzens von (Semi-)Public Displays“ (Koch et al., 2019) auf der „Mensch und Computer 2019“ Tagung in Hamburg geschaffen. Dabei wurden neue Fragestellungen und Ideen konkretisiert, als auch die beobachteten Effekte (Camurtay & Koch, 2019) und Erfahrungen (Schwarzer et al., 2019) bei Langzeitevaluationen diskutiert. Im Vorfeld wurde als Evaluationsmethode ein Konzept für ein Logging-Framework (Koch, 2019) durchdacht und ebenfalls auf dem Workshop thematisiert.
Übergreifende Erkenntnisse zur Gestaltung von SSO
Allgemein haben wir festgestellt, dass beim Einsatz von SSO in dem Lebensraum älterer Personen insbesondere die Zielsetzung transparent kommuniziert werden sollte. Handelt es sich um einen unausgereiften Prototyp, sollte dies entsprechend dargestellt werden. Die Einführung von Prototypen von SSO für eine dauerhafte Nutzung ist im öffentlichen Raum (Feldtest) kritisch zu hinterfragen, während der Einsatz für Experimente (bzw. Nutzerstudien) mit frühen Prototypen zwar unproblematisch hinsichtlich der Erwartungshaltung ist, sich die Parameter der Evaluation jedoch aufgrund äußerer Umstände schlecht kontrollieren lassen. Frühe Prototypen können durch schnelle Iterationen Erkenntnisse zu Verbesserungen der Gestaltung von SSO machen. Dementsprechend konnten wir die Erkenntnis gewinnen, dass die Evaluation von SSO im öffentlichen Raum je nach erzieltem Erkenntnisgewinn entweder in einem begrenzten Rahmen, oder im Feldtest unter realen Bedingungen durchgeführt werden sollte. Erzielt eine Evaluation also den Zugewinn an Erkenntnissen im Bereich der Gestaltung von SSO, so empfehlen wir einen frühen Einsatz der Prototypen im Feld. Sollen der Nutzen (z. B. eine Steigerung der wahrgenommenen Safety) oder die Nutzbarkeit (Usability bzw. User Experience) von SSO evaluiert werden, so eignen sich Nutzerstudien (entweder mit einzelnen Nutzern oder in Gruppenkonstellationen) besser.
Betrachtet man die Gestaltung von SSO, so sollte ein besonderes Augenmerk auf die Vernetzung bzw. die Nutzung von Services gelegt werden. Dies wurde besonders durch die Betrachtung der Inhalte deutlich, welche zum einen der Umgebungen und den aktuellen Geschehnissen entsprechen sollten und zum anderen auf den Nutzer ausgerichtet (personalisiert) sein sollten. Bei der Gestaltung von SSO ergeben sich also andere Anforderungen (mehrere Nutzer, öffentlicher Raum, potenziell viele genutzte SSO) als bei der Gestaltung von persönlichen Endgeräten (ein Nutzer, geschützter Raum, ein fokussiertes Endgerät).
Übergreifende Erkenntnisse zur Anpassbarkeit der SSO
Die hier gesammelten Erkenntnisse beantworten die Forschungsfrage: Welche Voraussetzungen muss die Gestaltung der MTI erfüllen, um für heterogene Benutzer (im öffentlichen Raum) anpassbar zu sein?
Anhand der Evaluationen sowie bei der Gestaltung der Informationsstrahler wurde deutlich, dass eine SSO-übergreifende Benutzerprofilkomponente und ein damit interagierender Personalisierungsdienst notwendig sind, um eine geeignete Anpassungsfähigkeit umzusetzen. Diese Komponenten müssen die folgenden Eigenschaften aufweisen, um für die Nutzergruppe älterer Personen im Kontext öffentlicher Räume eingesetzt werden zu können und gleichzeitig die Ansprüche eines zukunftsfähigen Datenschutzkonzeptes zu erfüllen:
- Tracking: Login- bzw. Bewegungsdaten über Nutzer müssen gesammelt werden, um einzuschätzen, welche Art der Unterstützung in der aktuellen Situation benötigt werden. Dies soll in UrbanLife+ durch eine Anwendung auf dem persönlichen Endgerät geschehen, welche mit den SSO kommuniziert. Dafür müssen die entwickelten SSO den Login durch Nutzer erlauben und Daten empfangen (von Nutzer oder anderen Objekten).
- Umgebungsbezug: Um dem Nutzer eine geeignete Unterstützung zu bieten, müssen Informationen immer ortsbezogen sein. Dafür ist nicht nur die Lokalisierung des Nutzers notwendig (über Login oder GPS Standort), sondern auch der Bezug der Informationen auf einen Standort (z. B. Angebot von Taxi vs. Bus für den Heimweg).
- Modularität: Wie auch der Umgebungsbezug ist ein modularer Aufbau von Informationen und Dienstleistungen für eine langfristige Anpassungsfähigkeit notwendig. Services oder Informationsquellen müssen jederzeit einbezogen werden können. Entsprechend sind Middleware-Lösungen (z. B. entsprechende Dienste) notwendig, die Daten abgleichen und Informationen zugänglich machen.
- Transparenz: In Form eines digitalen Passes auf dem Endgerät wird dem Nutzer sowohl die Möglichkeit zu geben, das eigene Profil zu editieren, als auch einen transparenten Überblick über die gesammelten Daten seitens des Systems zu erreichen.
- Früher Einbezug: Bei der Gestaltung der SSO muss die Anpassungsfähigkeit „by Design“, also bereits früh im Entwicklungsprozess einbezogen werden.
Betrachtet man die oben aufgeführten Eigenschaften, ergeben sich für die Informationsstrahler die folgenden Funktionalitäten, die in einem Personalisierungsdienst umgesetzt werden:
- Laufende Aktualisierung der Komfortzone jedes Benutzers basierend auf Bewegungsmustern (auch hier Login oder GPS)
- Dynamische Kontext-, Umgebungs- (Wetter, Tageszeit, Streckenbeschaffenheit, andere Personen in Umgebung) und statische & dynamische nutzerbezogene (Fähigkeiten, Erschöpfung, Kenntnisse) Informationen
- Empfehlungen von Informationen und Dienstleistungen (Taxi etc.) in Abhängigkeit von Präferenzen & Fähigkeiten
- Empfehlung von Vorhaben in Abhängigkeit von Präferenzen & Fähigkeiten
- Berechnung der geeigneten Personalisierung von SSO in Bezug auf Benutzerfähigkeiten (hier die Einordnung der Ausprägung verschiedener Parameter, z. B. Wert auf Skala)
- Dynamisches Routing mit Empfehlungen von POIs entlang der Strecke
Für die Umsetzung dieser Funktionen sind die Vernetzung der SSO untereinander sowie mit Diensten und ein übergreifendes Benutzerprofil notwendig.
Ein erstes Konzept für die Anpassung bei Informationsstrahlern ist die Komfortzone. Diese ist nicht nur eine „Messgröße“ für eine Erweiterung der Safety (d. h. eine Erweiterung der Komfortzone soll durch den Einsatz der Informationsstrahler erreicht werden), sondern auch ein Anpassungstrigger, welcher für die Entscheidung über die Anpassung im System genutzt wird. Je nachdem, ob sich der Nutzer in seiner Komfortzone befindet oder nicht, wird eine unterschiedliche Ansprache seitens der Informationsstrahler umgesetzt:
- Befindet sich der Nutzer innerhalb seiner Komfortzone, werden ihm mehr Informationen präsentiert. Diese sollen den Nutzer zu mehr Aktivität motivieren, indem er auf potenziell relevante Informationen (entsprechend der eigenen Interessen), neue Anreizsysteme (z. B. Herausforderungen), oder soziale Indikatoren (z. B., dass ein Bekannter auch Interesse an einer Aktivität hat) aufmerksam gemacht wird.
- Außerhalb der Komfortzone liegt der Fokus auf der Unterstützung des Nutzers. Dies gelingt nicht nur durch Notfallmechanismen (z. B. Hilfe rufen), sondern durch die Unterstützung bei der Bewältigung einer herausfordernden Situation. Dies kann u. a. durch Hinweise auf relevante Infrastruktur (z. B. Ruhemöglichkeiten in der Nähe) oder durch Kontakt zu bekannten Personen geschehen (z. B. Standort mit Freunden teilen).
Während es naheliegend ist dem Nutzer während der Vorbereitungsphase mehr Informationen und bei der Durchführung Unterstützung zu bieten, entspricht die Komfortzone nicht diesen zwei Phasen der Aktivität. So kann ein Nutzer auch außerhalb seiner Komfortzone Aktivitäten planen (z. B. wenn er sich unwohl in einer Menschenmenge fühlt), oder sich bei der Durchführung einer Aktivität innerhalb der Komfortzone befinden. Daher wurden zunächst aus der Anforderungsanalyse, vorherigen Untersuchungen mit älteren Nutzern und verwandter Literatur zur technischen Unterstützung älterer Personen folgende Einflussfaktoren auf die Komfortzone extrahiert, welche bei der Gestaltung der Anpassungsfähigkeit relevant sind:
- Wohlbefinden in der aktuellen Situation
- Kenntnisse über einen Ort bzw. eine Strecke
- Beschaffenheit der Infrastruktur (z. B. Treppen oder WCs)
- Genutzte Hilfsmittel & Verkehrsmittel in aktueller Situation (inkl. Rollstuhl oder ÖPNV)
- Wetterverhältnisse
- Tageszeiten
- (Bekannte) Personen in der Umgebung
Diese Aspekte können dann genutzt werden, um aus dem Verhalten des Nutzers in einer Situation Rückschlüsse auf die benötigte Unterstützung zu ziehen. Im Laufe von 2018 wurden hierzu weitere Studien durchgeführt und herausgestellt, wie Informationsstrahler und andere SSO gestaltet werden müssen, um den Nutzer anhand der oben aufgestellten Informationen zu unterstützen. Aus der Diskussion im Rahmen der Technik Cafés und Tests im Umgang mit anderen Unterstützungssystemen konnten folgende Gestaltungsempfehlungen bezogen auf die Anpassungsfähigkeit aufgestellt werden:
- Die Art der Unterstützung sollte je nach Komfortzone angepasst werden (siehe oben).
- Bei dem Einsatz von Multimodalität in der Interaktion sollte der Fokus auf die Interaktionskanäle je nach Nutzer angepasst werden (z. B. Audio-Feedback und -Ausgaben für Sehbeeinträchtigte; Licht-Signale und -Hinweise für Hörbeeinträchtigte).
- Informationsstrahler sollten höhenverstellbar sein, damit auch Personen mit Rollstuhl oder Rollator Zugang zur Touch-Interaktion haben.
- Die inhaltliche Anpassung bzw. Filterung der Inhalte sollte je nach Präferenzen der Nutzer geschehen. Eine häufig diskutierte Problematik ist hier die so genannte Filter-Bubble. Daher ist ein besonderer Fokus auf die Transparenz zu legen.
Übergreifende Erkenntnisse zur Joy-of-Use der SSO
In Bezug auf die Freude bei der Interaktion (Joy-of-Use) wurden im Rahmen einer Fallstudie zum Thema „Playable Cities“ erste Gestaltungsempfehlungen gesammelt. Diese beruhen auf einer heuristischen Betrachtung von drei verschiedenen technischen Installationen im öffentlichen städtischen Raum, wodurch Stärken und Schwächen hinsichtlich der Nutzung durch Senioren identifiziert wurden. Die daraus abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen lassen sich zusammenfassen wie folgt:
- Häufige Einschränkungen (altersbedingt und anderweitig) berücksichtigen, Zwei-Sinne-Prinzip beachten
- Interaktionsabläufe knapp halten…
- … aber Zeitdruck vermeiden
- Sicherheitsbedürfnisse im Kopf behalten
- Für Belohnungssysteme: extrinsische Belohnungen ins Auge fassen
- Für soziale Erfahrungen und gemeinsame Momente gestalten
- Ältere Menschen als Nutzer „in erster Reihe“ betrachten, nicht als Gruppe mit Sonderwünschen
- Senioren in den Gestaltungsprozess einbinden
Details hierzu finden sich in der entsprechenden Veröffentlichung (Fietkau, 2017). Weitere Erkenntnisse können in der Evaluationsbeschreibung und den Erkenntnissen zu „Quests“ nachgelesen werden.
II.2 Wichtigste Positionen des zahlenmäßigen Nachweises
Mittelart 0812: Es wurden wissenschaftliche Mitarbeiter mit Universitätsabschluss bzw. Promotion in Wirtschaftsinformatik, Informatik oder eines verwandten Faches eingesetzt.
Mittelart 0846: Die im Projektverlauf entstandenen Reisekosten betrafen vor allem die folgenden Anlässe: Teilnahme an den regelmäßigen, ein- bis zweitätigen Projekttreffen, Workshops und Vorortterminen in Mönchengladbach; Projekttreffen in Hohenheim und Leipzig; Teilnahme an wissenschaftlichen Konferenzen zur Vorstellung von Projektveröffentlichungen.
II.3 Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit
Die Projektergebnisse konnten nur durch die interdisziplinäre und praxisverortete Zusammenarbeit mit den Projektpartnern im Projektkonsortium erreicht werden. Insbesondere waren dabei die Zugänglichmachung des Einsatzfeldes für Anforderungsanalyse und Evaluation durch die Sozialholding Mönchengladbach sowie die Einbringung von Arbeiten zu Internet of Things-Infrastrukturen durch die Universität Leipzig unverzichtbar.
Die geleisteten Arbeiten erfolgten ausgehend von dem aktuellen Stand des Wissens zu Mensch-Technik Interaktion im urbanen Raum. Hierzu sind insbesondere der aktuelle Stand zu MIT allgemein und Evaluationen allgemein, sowie der allgemeine Stand speziell zu AAL und Smart-Cities zu erwähnen (siehe auch I.4). Manche Methoden wurden dabei wie geplant angepasst und/oder weiterentwickelt.
Die Forschungsarbeiten wurden auf die Konzeption, prototypische Realisierung und Evaluation konzentriert. Im Vordergrund stand die Entwicklung von Konzepten für smarte städtebauliche Objekte zur Verbesserung der Safety(-Empfindung) bei Senioren – und von deren Evaluation zur Gewinnung belastbarer Erkenntnisse. Die Entwicklung von Konzepten wurde hierbei auf charakteristische Szenarien beschränkt, die auf einen hohen Generalisierungserfolg hinwiesen. Alle Tätigkeiten wurden gemäß Projektplan durchgeführt und waren hinsichtlich Inhalt und Umfang angemessen. Die Forschungsarbeiten erfolgten derart, dass die Ergebnisse übertragbar sind und in künftige Forschungsarbeiten und in die Ausbildung von Studierenden und Nachwuchswissenschaftlern einfließen können. Die Forschungsergebnisse stehen mittels der unter II.6 genannten Veröffentlichungen der Allgemeinheit zur Verfügung.
II.4 Voraussichtlicher Nutzen
Erfindungen/Schutzrechtsanmeldungen
Es sind keine Schutzrechtsanmeldungen erfolgt oder geplant.
Wirtschaftlicher Nutzen
Entfällt für Universitäten.
Wissenschaftlicher und/oder technischer Nutzen
Im Projekt erfolgte die Entwicklung von Szenarien für und die prototypische Umsetzung verschiedener smarter städtebaulichen Objekte, insbesondere der Mikro- und Makro-Informationsstrahler. Dabei wurden verschiedene Aspekte der MCI-Gestaltung thematisiert und insbesondere vier Bereiche von Anforderungen identifiziert und dafür Lösungsansätze erarbeitet: Anpassbarkeit, Mehrbenutzerfähigkeit, Walk-Up-And-Use-Fähigkeit und Joy-of-Use. Diese Ergebnisse sind allgemein für die Entwicklung von (smarten) städtebaulichen Objekten relevant.
Gerade in den letzten beiden Jahren war ein Nutzen des Projektes auch in der partnerübergreifenden Vernetzung der verschiedenen technischen Entwicklungen zu sehen. Für die UBW standen hierbei nicht die technische Umsetzung der Vernetzung im Vordergrund, sondern die Auswirkungen auf die Interaktion mit Benutzern: Es ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten zur personalisierten Unterstützung über verschiedene räumliche Kontexte hinweg, jedoch auch neue Herausforderungen im Bereich der informationellen Selbstbestimmung.
Neben den konstruktiven Nutzen rund um smarte städtebauliche Objekte ist ein weiterer wissenschaftlicher Nutzen des Projektes auch in der Weiterentwicklung von Methoden zur Langzeitevaluation im urbanen Raum zu sehen.
Anschlussfähigkeit
Die wissenschaftliche Anschlussfähigkeit ist gegeben. Die eingesetzte Technik beruht auf bewährter Hard- und Software, der Einsatz dieser Technik im UrbanLife+ Kontext (Fokus auf ältere Personen im öffentlichen Raum) ist jedoch bislang nur wenig beforscht worden. Insbesondere die Vernetzung verschiedener smarter urbaner Objekte sowie deren Evaluation im urbanen Raum ist ein wichtiger inhaltlicher Punkt des Projektes, der auf Entwicklungen im Bereich IoT (Internet of Things) laufend aufbaut und den Stand der Technik ausreizt. Die aus genau dieser Vernetzung resultierenden Herausforderungen an MTI sowie auch an Nutzerautonomie und Datenschutz bieten Raum für Forschung und prototypische Umsetzung im Projekt und darüber hinaus.
II.5 Fortschritt auf dem Gebiet des Vorhabens bei anderen Stellen
Im Verlauf des Projektes gab es vielfältige Arbeiten zum Themenbereich Smart-Cities (z. B. Boicescu, Vochin, Vulpe & Suciu (2018), Stephanidis et al. (2019), Streitz (2019), Vilar, Rebelo & Noriega (2018)). Hierbei lag der Fokus aber meist nicht auf der Zielgruppe der Senioren. Außerdem waren die Ergebnisse der Arbeiten meist sehr allgemeiner Natur. Wir haben die Entwicklungen natürlich verfolgt und wo es sinnvoll war in unsere Konkreten Konzeptionen und Empfehlungen einfließen lassen.
Weiterhin gab es während der Projektlaufzeit verschiedene neue Arbeiten zur Evaluation von Mensch-Technik-Interaktion im urbanen Raum (z. B. Hertzum, Manikas, & á Torkilsheyggi (2017), Parker, Tomitsch & Kay (2018)). Auch hier kann bemerkt werden, dass die Ergebnisse meist allgemeiner Natur waren und somit wenig Hilfe bei der Durchführung konkreter Evaluationen in einem Anwendungsfeld geboten haben.
II.6 Veröffentlichungen der Projektergebnisse
Im Teilvorhaben sind die folgenden Veröffentlichungen entstanden:
2016:
- Fietkau, J., Kötteritzsch, A., & Koch, M. (2016). Smarte Städtebauliche Objekte zur Erhöhung der Teilhabe von Senioren. Proceedings of Mensch und Computer Workshops (MuC 2016). Aachen, Germany. https://doi.org/10.18420/muc2016-ws14-0003
- Kötteritzsch, A., Fietkau, J., Paldan, K., & Koch, M. (2016). Connecting interaction with smart urban objects for individual support in neighborhood participation. In Proceedings of the 6th International Conference on the Internet of Things (IoT 2016) (pp. 165-166). Stuttgart, Germany. https://doi.org/10.1145/2991561.2998475
- Kötteritzsch, A., Koch, M., & Wallrafen, S. (2016). Expand your comfort zone! smart urban objects to promote safety in public spaces for older adults. In Proceedings of the 2016 ACM International Joint Conference on Pervasive and Ubiquitous Computing: Adjunct (pp. 1399-1407). Heidelberg, Germany. https://doi.org/10.1145/2968219.2968418
2017:
- Fietkau, J. (2017). The case for including senior citizens in the playable city. In Proceedings of the International Conference on Web Intelligence (W’17) (pp. 1080-1084). https://doi.org/10.1145/3106426.3109042
- Koch, M., & Alt, F. (2017). Allgegenwärtige Mensch-Computer-Interaktion. In A. Bode (Hrsg.), 50 Jahre Universitäts-Informatik in München (pp. 11-31). Springer Vieweg: Berlin. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54712-0_2
- Koch, M., & Alt, F. (2017). Allgegenwärtige Mensch-Computer-Interaktion. Informatik-Spektrum, 38(4), 290-295. https://doi.org/10.1007/s00287-017-1027-4
- Koch, M., Kötteritzsch, A., & Fietkau, J. (2017). Information radiators: using large screens and small devices to support awareness in urban space. In Proceedings of the International Conference on Web Intelligence (WI’17) (pp. 1080-1084). https://doi.org/10.1145/3106426.3109039
- Kötteritzsch, A., & Wallrafen, S. (2017). Die Technik zum Menschen bringen. Altenheim - Lösungen fürs Management 56(2), 48-51
2018:
- Koch, M., von Luck, K., Schwarzer, J., & Draheim, S. (2018). The novelty effect in large display deployments–Experiences and lessons-learned for evaluating prototypes. In Proceedings of 16th European Conference on Computer-Supported Cooperative Work. Nancy, France. https://doi.org/10.18420/ecscw2018_3
2019:
- Fietkau, J. (2019). Quests als Gestaltungsmittel zur Motivation und Struktur außerhäuslicher Aktivitäten für Senioren. In Proceedings of Mensch und Computer 2019 Workshops (MuC2019). http://doi.org/10.18420/muc2019-ws-591
- Koch, M. (2019). Towards a logging framework for evaluation and management of information radiators. In Proceedings Mensch und Computer 2019 Workshops (MuC 2019). https://dx.doi.org/10.18420/muc2019-ws-566
- Schwarzer, J., von Luck, K., Draheim, S., & Koch, M. (2019). Towards methodological guidance for longitudinal ambient display in situ research. In Proceedings of 17th European Conference on Computer-Supported Cooperative Work – Exploratory Papers. Salzburg, Austria. http://doi.org/10.18420/ecscw2019_ep07
- Skowron, P., Aleithe, M., Wallrafen, S., Hubl, M., Fietkau, J., & Franczyk, B. (2019). Smart urban design space. In Proceedings of the 14th Federated Conference on Computer Science and Information Systems (FedCSIS 2019). Leipzig, Germany. http://dx.doi.org/10.15439/2019F80
2020:
- Fietkau, J.; Stojko, L. (2020). A system design to support outside activities of older adults using smart urban objects. Proc. Europ. Conf. on Computer-Supported Cooperative Work 2020, EUSSET. http://dx.doi.org/10.18420/ecscw2020_ep07
- Stojko, L.; Fietkau, J.; Koch, M. (2020). Design Guidelines for Micro Information Radiators to increase Seniors’ Safety in Urban Space. Proc. Mensch und Computer 2020. http://dx.doi.org/10.1145/3404983.3410001
- Fietkau, J.; Balthasar, M. (2020). Compatibility of support and autonomy in personalized HCI. Schriften zur Soziotechnischen Integration, Band 6. Universität der Bundeswehr München. http://dx.doi.org/10.18726/2020_8
- Koch, M.; Fietkau, J.; Stojko, L.; Buck, A. (2020). Mensch-Technik-Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten: Entwicklung und Evaluation. Schriften zur Soziotechnischen Integration, Band 7. Universität der Bundeswehr München. http://dx.doi.org/10.18726/2020_9
2021:
- Koch, M.; Fietkau, J.; Stojko, L.; Buck, A. (2021). Designing Smart Urban Objects for Improving Safety - Adaptation, Multi-user, Walk-up-and-use and Joy of use. Schriften zur Soziotechnischen Integration, Band 8. Universität der Bundeswehr München. http://dx.doi.org/10.18726/2021_1
III. Literaturverzeichnis
Berichtsblatt
1. ISBN oder ISSN | 2. Berichtsart (Schlussbericht oder Veröffentlichung) Schlussbericht | |
3. Titel Verbundprojekt: Teilhabe am städtischen Leben Mönchengladbachs durch MTI mit smarten städtebaulichen Objekten (UrbanLife+); Teilvorhaben: Mensch-Technik-Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten: Entwicklung und Evaluation | ||
4. Autor(en) [Name(n), Vorname(n)] Koch, Michael Fietkau, Julian Stojko, Laura Buck, Anna | 5. Abschlussdatum des Vorhabens 31.10.2020 | |
6. Veröffentlichungsdatum 22.12.2020 | ||
7. Form der Publikation Schlussbericht | ||
8. Durchführende Institution(en) (Name, Adresse) Universität der Bundeswehr München, Institut für Softwaretechnologie, Werner-Heisenberg-Weg 39, D-85577 Neubiberg | 9. Ber. Nr. Durchführende Institution | |
10. Förderkennzeichen 16SV7443 | ||
11. Seitenzahl 80 | ||
12. Fördernde Institution (Name, Adresse) Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF) 53170 Bonn | 13. Literaturangaben 14 | |
14. Tabellen 1 | ||
15. Abbildungen 43 | ||
16. Zusätzliche Angaben | ||
17. Vorgelegt bei (Titel, Ort, Datum) | ||
18. Kurzfassung Die Selbstbestimmung älterer Menschen wird wesentlich davon bestimmt, sich sicher in ihrer jeweiligen Umgebung bewegen zu können. Nachlassende Fähigkeiten zur Interaktion mit der Umgebung schränken die soziale und kulturelle Teilhabe Älterer jedoch ein bis hin zur sozialen Isolation. Hier eröffnen Methoden der Mensch-Technik-Interaktion (MTI) vielfältige neue Möglichkeiten, altersbedingte Handicaps auszugleichen. Die Universität der Bundeswehr München (UBW) adressierte innerhalb des Verbundvorhabens UrbanLife+ in diesem Teilvorhaben die Anforderungsanalyse und MTI-Gestaltung neuer smarter städtebaulicher Objekte sowie die Koordination von Einsatz und Evaluation dieser Objekte. Zielsetzung war es, die Potenziale von MTI-Innovationen in einem übergeordneten Safety-Konzepte zu identifizieren, zu integrieren, ihre Wirksamkeit und Nützlichkeit besser zu verstehen und über ein Einsatzprojekt praktische Erfahrungen in der Stadt Mönchengladbach zu sammeln. Aus einer Anforderungsanalyse wurden neben Personas und konkreten Szenarien verschiedene Konzepte für smarte städtebauliche Objekte entwickelt und einige davon in Prototypen umgesetzt. Insbesondere wurden von der UBW smarte Informationsdisplays und Mikro-Informationsstrahler mit einem vernetzenden Aktivitätsunterstützungsdienst in mehreren Iterationen umgesetzt und evaluiert. Bei der Evaluation wurden dabei neue Konzepte für die Evaluation im urbanen Raum entwickelt und teilweise ausprobiert. Ergebnisse des (Teil-)Projektes sind neben den Prototypen insbesondere eine Reihe von Gestaltungsempfehungen für smarte städtebauliche Objekte. | ||
19. Schlagwörter Mensch-Technik-Interaktion, Mensch-Computer-Interaktion, Informationsstrahler, Aktivitätsunterstützung, Evaluation, Smarte Städtebauliche Objekte, Urbaner Raum, IoT | ||
20. Verlag | 21. Preis |
Document Control Sheet
1. ISBN or ISSN | 2. type of document (e.g. report, publication) Report | |
3. title Cooperative project: Participation in social life through human-machine-interaction with smart urban objects (UrbanLife+); Subproject: Mensch-Technik-Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten: Entwicklung und Evaluation | ||
4. author(s) (family name, first name(s)) Koch, Michael Fietkau, Julian Stojko, Laura Buck, Anna | 5. end of project October 31, 2020 | |
6. publication date | ||
7. form of publication Report | ||
8. performing organization(s) (name, address) Universität der Bundeswehr München, Institut für Softwaretechnologie, Werner-Heisenberg-Weg 39, D-85577 Neubiberg | 9. originator’s report no. | |
10. reference no. 16SV7443 | ||
11. no. of pages 80 | ||
12. sponsoring agency (name, address) Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF) 53170 Bonn | 13. no. of references 14 | |
14. no. of tables 1 | ||
15. no. of figures 43 | ||
16. supplementary notes | ||
17. presented at (title, place, date) | ||
18. abstract The self-determination of older people is essentially determined by the ability to move safely in their respective environment. However, the decreasing ability to interact with the environment limits the social and cultural participation of older people and even leads to social isolation. Here, methods of human-computer interaction (HCI) open up a wide range of new possibilities for compensating for age-related handicaps. The Universität der Bundeswehr München (UBW) addressed within the joint project UrbanLife+ in this sub-project the requirements analysis and HCI design of new smart urban development objects as well as the coordination of deployment and evaluation of these objects. The objective was to identify and integrate the potential of HCI innovations in a superordinate safety concept, to better understand their effectiveness and usefulness and to gain practical experience in the city of Mönchengladbach through an application project. From a requirements analysis, in addition to personas and concrete scenarios, various concepts for smart urban objects were developed and some of them were implemented in prototypes. In particular, UBW implemented and evaluated smart information displays and micro information radiators with an activity support service in several iterations. During the evaluation, new concepts for evaluation in urban space were developed and partly tested. Results of the (sub)project are, besides the prototypes, especially a number of design recommendations for smart urban objects. | ||
19. keywords human-technology interaction, human-computer interaction, information radiators, activity support, evaluation, smart urban objects, urban space, IoT | ||
20. publisher | 21. price |