Mensch-Technik-Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten: Entwicklung und Evaluation

Schriften zur soziotechnischen Integration, Band 7
Michael Koch
Universität der Bundeswehr München
Julian Fietkau
Universität der Bundeswehr München
Laura Stojko
Universität der Bundeswehr München
Anna Buck
Universität der Bundeswehr München

Kurzfassung

Die Selbstbestimmung älterer Menschen wird wesentlich davon bestimmt, sich sicher in ihrer jeweiligen Umgebung bewegen zu können. Nachlassende Fähigkeiten zur Interaktion mit der Umgebung schränken die soziale und kulturelle Teilhabe Älterer jedoch ein bis hin zur sozialen Isolation. Hier eröffnen Methoden der Mensch-Technik-Interaktion (MTI) vielfältige neue Möglichkeiten, altersbedingte Einschränkungen auszugleichen. Dieser Bericht beschreibt die Ergebnisse des Verbundvorhabens UrbanLife+, dessen Zielsetzung es war, die Potenziale von MTI-Innovationen in einem übergeordneten Safety-Konzept zu identifizieren, zu integrieren, ihre Wirksamkeit und Nützlichkeit besser zu verstehen und praktische Erfahrungen in der Stadt Mönchengladbach zu sammeln. Aus einer Anforderungsanalyse wurden neben Personas und konkreten Szenarien verschiedene Konzepte für smarte städtebauliche Objekte (SSO) entwickelt und einige davon in Prototypen umgesetzt. Insbesondere wurden von der Universität der Bundeswehr (UBW) smarte interaktive Informationsdisplays und Mikro-Informationsstrahler mit einem vernetzenden Aktivitätsunterstützungsdienst in mehreren Iterationen umgesetzt und evaluiert. Bei der Evaluation wurden dabei neue Konzepte für die Evaluation im urbanen Raum entwickelt und teilweise erprobt. Ergebnisse des (Teil-)Projektes sind neben den Prototypen insbesondere eine Reihe von Gestaltungsempfehlungen für SSO.

Schlagworte

Mensch-Technik-Interaktion, Mensch-Computer-Interaktion, Informationsstrahler, Aktivitätsunterstützung, Evaluation, Smarte Städtebauliche Objekte, Urbaner Raum, Internet of Things, Senioren, Teilhabe


Inhaltsverzeichnis

  1. Kurzfassung
  2. Schlagworte
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Abbildungsverzeichnis
  5. Abkürzungsverzeichnis
  1. Vorwort
  1. Anforderungsanalyse
    1. Vorgehen
    2. Anforderungen an MTI aus Endnutzer-Sicht
    3. Anforderungen an die Gestaltung aus MTI-Sicht
    4. Verwandte Arbeiten
      1. Responsive Street Furniture
      2. Smart Poles
      3. Straßenbeleuchtung
      4. Parkbänke
      5. Mikro-Informationsstrahler
      6. Ampeln, die Fußgänger erkennen
      7. Projekt inDAgo
      8. Smart City
  2. Unterstützungsbedarfe und Unterstützungsmöglichkeiten
    1. Fokussierung der Gestaltungsparameter
    2. Forschungsfragen
  3. Smarte städtebauliche Objekte
    1. Entwicklung von Lösungen
    2. MTI-Gestaltung von Informationsstrahlern
      1. Makro-Informationsstrahler
      2. Mikro-Informationsstrahler
    3. Weitere SSO-Konzepte der UBW
    4. MTI im urbanen Raum: Erkenntnisse für die MTI-Gestaltung
      1. Zielsetzung zur Anpassungsfähigkeit: Die Komfortzone
      2. Zielsetzung zur Mehrbenutzerfähigkeit
      3. Zielsetzung zu Walk-up-and-use-Fähigkeit
      4. Zielsetzung zu Joy-of-use: Der Einsatz von Herausforderungen
      5. Erkenntnisse zur Wahrung der Nutzerautonomie
  4. Vernetzung der der smarten städtebaulichen Objekte
    1. Benötigte Vernetzung für die MTI
    2. Informationsstrahler: Vernetzung
    3. Aktivitätsunterstützungsdienst
    4. Mikro-Informationsstrahler Controller
  5. Evaluation
    1. Besonderheiten bei Evaluationen von MTI im öffentlichen Raum
    2. Vorgehen bei Evaluationen
    3. Evaluationsinstrumente
    4. Evaluationsmethode Technik Café im Altenheim Hardterbroich
    5. Evaluationsumgebungen
      1. Makro-Informationsstrahler im Foyer des Altenheims Hardterbroich
      2. Outdoor Makro-Informationsstrahlers im Senioren-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich
      3. Mobiler Makro-Informationsstrahler
      4. Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich
    6. Evaluationen und Erkenntnisse
      1. Evaluationen des Indoor Makro-Informationsstrahler
      2. Einsatz des Outdoor-Informationsstrahlers
      3. Quests
      4. Einsatz des mobilen Infostrahlers
      5. Technik-Café
      6. Spracherkennung im öffentlichen Raum
      7. Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park
      8. Langzeitevaluation im Feldeinsatz
    7. Übergreifende Erkenntnisse zur Gestaltung von SSO
      1. Übergreifende Erkenntnisse zur Anpassbarkeit der SSO
      2. Übergreifende Erkenntnisse zur Joy-of-Use der SSO
  6. Zusammenfassung und Ausblick
  1. Literaturverzeichnis
  2. Autorenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:
Generelle Anforderungen an die Gestaltung und nutzerzentrierte Herangehensweise
Abb. 2:
Anforderungen an die Gestaltung der Interaktion mit SSO
Abb. 3:
Anforderungen an zielgruppengerechte Inhalte
Abb. 4:
Beispiele für interaktive Objekte von Radwan et al. (2014)
Abb. 5:
Smart Poles und digitale Bildschirme der Stadt Essen (Quelle: www.essen.de)
Abb. 6:
Vernetzte Parkbank, welche Nachrichten an Passanten anzeigt (Gaver & Beaver 2006)
Abb. 7:
Beispiel für eine smarte Ampelanalage
Abb. 8:
Persönliche Assistenten, die mit dem öffentlichen Raum interagieren (Projekt inDAgo)
Abb. 9:
Grafische Darstellung des Lebenswelt-Modells von UrbanLife+
Abb. 10:
Gestaltungsparameter für MTI zur Erhöhung der Teilhabe älterer Personen am städtischen Leben
Abb. 11:
Grobkonzepte verschiedener smarter städtebaulicher Objekte
Abb. 12:
Vernetzung des digitalen Informationsraums mit dem realen Raum durch SSOs
Abb. 13:
SSOs aus den Szenarien – Interaktion mit Beleuchtung, Parkbank und großem Informationsbildschirm
Abb. 14:
Beispiele für Informationsstrahler aus den Szenarien
Abb. 15:
Erster Screenshot des Makro-Informationsstrahlers
Abb. 16:
InfoRadiator-Identify-App zur Authentifizierung der Nutzer (links) am Informationsstrahler (rechts)
Abb. 17:
Makro-Informationsstrahler mit Detailansicht (links) und persönlichem Bereich (rechts), Stand Juni 2017
Abb. 18:
Makro-Informationsstrahler in verschiedenen Einsätzen in 2018
Abb. 19:
Mikro-Informationsstrahler und Webanwendung Stand August 2017 (Lehner 2017)
Abb. 20:
Komfortzone (gelb: Nutzer in der, und rot: Nutzer außerhalb der Komfortzone)
Abb. 21:
Verteilte Nutzermodelle, die Informationen austauschen
Abb. 22:
Anpassung im Modell der Mensch-Computer-Kommunikation (erweitert basierend auf Herczeg, 2009)
Abb. 23:
Support Widget Struktur zur Umsetzung der Anpassungsfähigkeit
Abb. 24:
Gegenüberstellung räumlicher und zeitlicher Interaktionsmodelle
Abb. 25:
Laborexperiment zur optimalen Textanimationsrichtung (Nutsi & Koch, 2016)
Abb. 26:
Schnittstellen zwischen SSO und anderen Systemkomponenten aus Sicht der MTI Gestaltung ohne (links) und mit Profilspeicher (rechts)
Abb. 27:
Interaktion zwischen den Systemkomponenten durch Dienste
Abb. 28:
Implementierungsziel im FuE-Vorhaben Informationsstrahler
Abb. 29:
Modellberechnung im Aktivitätsunterstützungsdienst
Abb. 30:
Simulation von drei Personen und sieben Mikro-Informationsstrahlern im Senioren-Scooter-Park (Virtuelle Draufsicht: DRESO)
Abb. 31:
Markierter Mikro-Informationsstrahler in der Simulation
Abb. 32:
Vernetzung der Mikro-Informationsstrahler mit Backend-Diensten und Endgeräten
Abb. 33:
Verkürzter UEQ für Touchscreens zur Evaluation der großen Informationsstrahler
Abb. 34:
Diskussion des Makro-Informationsstrahlers in den ersten Technik Cafés
Abb. 35:
Aufgestellter Informationsstrahler im Altenheim Hardterbroich
Abb. 36:
Outdoor Makro-Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park
Abb. 37:
Mobiler Makro-Informationsstrahler (Turmfest 2019)
Abb. 38:
Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park
Abb. 39:
Interaktive Karte der Turmfest-Umgebung (DRESO)
Abb. 40:
Mobile Schnitzeljagd-Karte mit SSO-Demonstratoren
Abb. 41:
Verschiedene Ausrichtungen des mobilen Makro-Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen
Abb. 42:
Besprechung der Anforderungen im Rahmen von Technik Cafés

Abkürzungsverzeichnis

AAL
Ambient Assisted Living
Abb.
Abbildung
CSCW
Computer-Supported Cooperative Work
DRESO
Drees und Sommer (Projektpartner UrbanLife+)
GPS
Global Positioning System
HCI
Human Computer Interaction
HTTP
Hypertext Transfer Protocol
IoT
Internet of Things
IT
Informations-technologie
MCI
Mensch-Computer-Interaktion
MTI
Mensch-Technik-Interaktion
MQTT
Netzwerkprotokoll „Message Queuing Telemetry Transport“
ÖPNV
Öffentlicher Personen Nahverkehr
POI
Point of Interest
RFID
Identifikations-Technologie über Radiowellen „Radio-Frequency Identification“
RSS
Web-Feed Format „Rich Site Summary”
SHMG
Sozial Holding Mönchengladbach (Projektpartner UrbanLife+)
SSO
Smartes städtebauliches Objekt
Tab.
Tabelle
TLS
Verschlüsselungs-protokoll „Transport Layer Security“
UBW
Universität der Bundeswehr München
UHOH
Universität Hohenheim (Projektpartner UrbanLife+)
UI
User Interface
ULE
Universität Leipzig (Projektpartner UrbanLife+)
ULP
UrbanLife+
WUAU
Walk Up And Use

Vorwort

Die in diesem Bericht beschriebenen Erkenntnisse wurden im Rahmen des fünfjährigen Verbundvorhabens UrbanLife+ erzielt. Das Verbundvorhaben wurde von 2015 bis 2020 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen 16SV7438 bis 49).

UrbanLife+ logo

Zielsetzung des Verbundvorhabens war es, die Selbstbestimmung und Teilhabe von Seniorinnen und Senioren im öffentlichen Raum zu verbessern. Dazu sollten städtebauliche Objekte in Mönchengladbach mithilfe innovativer Ansätze der Mensch-Technik-Interaktion (MTI) in „smarte“ städtebauliche Objekte (SSO) transformiert werden, die Seniorinnen und Senioren bedarfsgerecht technisch unterstützen und es ihnen ermöglichen, sich sicher in der Stadt zu bewegen. Siehe hierzu auch die Website zum Verbundvorhabens unter https://www.urbanlifeplus.de.

Die Autoren dieses Berichtes stellten das Projektteam an der Universität der Bundeswehr München (UBW) dar. Im Verbundprojekt waren zudem folgende vier Forschungs- und Entwicklungspartner tätig: Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach (SHMG), Drees & Sommer (DRESO), Universität Hohenheim (UHOH), Universität Leipzig (ULE). Das Projekt wurde weiterhin von mehreren Praxis- bzw. Anwendungspartnern unterstützt.

In diesem Bericht konzentrieren wir uns auf die Arbeiten der Autoren im Rahmen des Teilvorhabens „Mensch-Technik-Interaktion mit smarten städtebaulichen Objekten: Entwicklung und Evaluation“ der Universität der Bundeswehr München. Teilweise fließen dabei Erkenntnisse ein, die gemeinsam mit den anderen Projektpartnern oder zumindest in der Diskussion mit den anderen Projektpartnern erarbeitet worden sind. Dies sind insbesondere die verschiedenen Konzepte für SSO in Kapitel 3, als auch deren Evaluation in Kapitel 5. Der Natur des Verbundvorhabens entsprechend lassen sich auch andere Ergebnisse als Gemeinschaftserkenntnisse bezeichnen. Wir weisen in den entsprechenden Abschnitten jeweils darauf hin. Im Ganzen kann bemerkt werden, dass die vorliegenden Ergebnisse ohne die Zusammenarbeit im Projektkonsor­tium nicht möglich gewesen wären. Insbesondere möchten wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozial-Holding Mönchengladbach danken, die von Beginn des Verbundprojektes bis zum (Corona-bedingt erschwerten) Ende den Kontakt zu unserer Nutzergruppe aufrecht gehalten haben.

Die zentralen (Forschungs-) Fragen im Teilprojekt der UBW lauteten:

„Wie kann und soll die MTI-Gestaltung von smarten städtebaulichen Objekten – d. h. von nicht-mobilen Objekten im öffentlichen Raum – zur Verbesserung der Safety von Senioren aussehen? Wie können und sollen solche Objekte im öffentlichen Raum evaluiert werden?“

Zur Beantwortung der Forschungsfragen haben wir uns im Projekt an der Analyse von Anforderungen beteiligt (Wie ist die Ausgangssituation? Was kann zur Verbesserung von Safety beitragen? ...). Die entsprechenden Aktivitäten sind in Kapitel 1 beschrieben.

Aufbauend auf den Anforderungen haben wir Unterstützungsbedarfe und Unterstützungsmöglichkeiten in Bezug auf die MTI entwickelt (Was genau soll unterstützt werden?). Dies wird in Kapitel 2 dargestellt.

Basierend auf diesen Unterstützungsbedarfen haben wir iterativ konkrete Szenarien und Konzepte für interaktive Objekte (smarte städtebauliche Objekte, oder SSOs) sowie für grundlegende Dienste entwickelt und dabei herausgearbeitet, was es aus MTI-Sicht zu beachten gilt (in der städtebaulichen Umgebung). Diese sind in Kapitel 3 zu finden.

Für die Sicherstellung eines Mehrwerts/Nutzens der SSOs aus MTI-Sicht haben wir auch an der Vernetzung dieser SSOs (untereinander und mit anderen Diensten) sowie an Lösungen zur Identifikation und Benutzerprofilverwaltung (Adaption) gearbeitet, u.a. auch an einem Aktivitätsunterstützungsdienst. Die Dokumentation dessen ist in Kapitel 4 aufgeführt.

Schließlich haben wir im Projekt einen Fokus auf die Evaluation der MTI-Konzepte gelegt – sowohl allgemein auf Methoden zur Evaluation von SSO im urbanen Raum, als auch auf die konkrete Evaluation der von uns entworfenen SSO-Konzepte (zur Einschätzung der Eignung). Die Erkenntnisse hieraus sind in Kapitel 5 zu finden.

Nachfolgend beschreiben wir die Aktivitäten und Ergebnisse der UBW bei diesen Schritten ausführlicher.


1. Anforderungsanalyse

1.1. Vorgehen

Die Anforderungsanalyse aus MTI-Sicht erfolgte sowohl durch eine Literaturrecherche, eine schriftliche Seniorenbefragung als auch durch den Einsatz früher Prototypen und direkter Kommunikationsformate.

Die schriftliche Seniorenbefragung fand im Mai 2017 unter Führung der Sozial-Holding Mönchengladbach und der Universität Hohenheim statt. Konkret wurden mehr als 6.000 Bürgerinnen und Bürger 65+ in Mönchengladbach schriftlich zu Lebensumständen, außerhäuslichen Aktivitäten und Nutzung digitaler Technologien befragt. Die Durchführung und Auswertung der Befragung erfolgte hauptverantwortlich durch die Partner UHOH und SHMG – siehe hierzu z. B. Leukel et al., 2017; Schehl et al., 2019; Schehl & Leukel, 2020.

Neben der Seniorenbefragung war eine wichtige Quelle für die Erhebung von Anforderungen der frühe Einsatz von konkreten SSO-Prototypen in realen Nutzungskontexten im Testfeld in Mönchengladbach. So war ab Ende 2017 der erste Prototyp des Makro-Informationsstrahlers in Zusammenarbeit mit der SHMG im Altenheim Hardterbroich im Dauerbetrieb. Als frühes Projektergebnis diente seine Platzierung im realen Kontext sowohl als Möglichkeit zur Evaluation, als auch als Anknüpfungspunkt, um in Gesprächen mit Senioren die Anforderungen an die smarten urbanen Objekte genauer herauszuarbeiten (ähnlich wie bei „technology probes“ (Hutchinson et al. 2003)). Die Eindrücke und Erfahrungen der Senioren und Mitarbeiter im Altenheim wurden diskutiert, woraus sich neue Anforderungen an die Entwicklung des Informationsstrahlers im Speziellen aber auch von SSO allgemein ergaben. Der Einsatz eines seitens der SHMG bereitgestellten mobilen Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen brachte wiederum Anforderungen an den Einsatz im öffentlichen Raum.

Schließlich wurden sowohl zur Anforderungsanalyse als auch zur Evaluation noch direkte Kommunikationsformate mit unseren Zielgruppen erarbeitet und eingeführt. In den Jahren 2017 und 2018 wurden beispielsweise Termine des Formats „Technik Café“ in Kooperation mit der SHMG durchgeführt. In diesen Veranstaltungen wurde ein runder Tisch für Senioren und MTI-Entwickler geschaffen, in dem moderne Technik ausprobiert und Ideen diskutiert werden konnten. Der Fokus wurde auf die Eignung von aktuellen Lösungen für die Interaktion mit älteren Personen im (halb-)öffentlichen Raum gelegt. Das Austesten verschiedener Technik brachte neue Anforderungen an die Entwicklung von SSO zum Vorschein. Weitere Details dazu sind in Abschnitt 5.6.5 zu finden.

1.2. Anforderungen an MTI aus Endnutzer-Sicht

Die Ergebnisse zur (funktionalen) MTI-Anforderungsanalyse für SSO sind nachfolgend ausgeführt. Diese lassen sich unterteilen in (1) Anforderungen an die Konzeption von SSO insgesamt sowie an das Vorgehen zur nutzergerechten Gestaltung im Rahmen des Projektes, (2) Anforderungen an die Interaktion mit SSO und die Bereitstellung verschiedener Funktionen, (3) Anforderungen an Inhalte zur Unterstützung der Zielgruppen, sowie (4) Anforderungen unter Berücksichtigung des öffentlichen Raumes. Diese werden im Folgenden detailliert aufgeführt.

Generelle Anforderungen an die Gestaltung und nutzerzentrierte Herangehensweise
Abb. 1: Generelle Anforderungen an die Gestaltung und nutzerzentrierte Herangehensweise

Erste Anforderungen lassen sich aus der Definition des Projektziels ableiten:

Laut Definition aus der Quartiersanalyse bedeutet die Ermöglichung von außerhäuslichen Aktivitäten ein selbstbestimmtes Leben trotz Unterstützungs- und Pflegebedürftigkeit zu gewährleisten, während jedoch die eigenen Lebensvorstellungen nicht übergangen werden dürfen. „Dabei kann Teilhabe sowohl in Form der aktiven Mitgestaltung durch eigenes Engagement als auch eine eher passive Nutzung bestehender Angebote gelebt werden.“1 Der Aktivitätsradius ist bei Betrachtung der Zielgruppe stark abhängig von den Einschränkungen und verwendeten Hilfsmitteln der Befragten.

  1. MTI zur Förderung der Teilhabe sollte vorhandene Angebote (Informationen und Dienstleistungen) im Quartier für ältere Personen zugänglich machen.
  2. Technik sollte die individuellen Bedürfnisse der Nutzer entsprechend ihres Pflege- bzw. Unterstützungsbedarfs kennen. Dafür ist eine Erfassung des Nutzerstatus (aktiv oder passiv) erforderlich.
  3. Die Informations- bzw. Unterstützungsangebote sollten an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden.

Das Bedürfnis der Partizipation (zur Teilhabe) im öffentlichen Raum ist hoch individuell und erstreckt sich „von der reinen Information, über Mitsprache, Mitbestimmung bis hin zu Formen der Selbstverwaltung“2. Darunterfallen sowohl gesellschaftliche und gemeinschaftliche Lebensbereiche als auch politische Aspekte. Der Begriff der Partizipation umfasst auch eine aktive Mitgestaltung der Entwicklung im Quartier.

  1. Auch bei digitalen Informationen bzw. Aktivitäten und Angeboten sollte ein aktives Mitgestalten / Einbringen von Daten ermöglicht werden.
  2. Aufgrund der individuellen Ansichten zur Teilhabe (und aufgrund der unterschiedlichen Kapazitäten was die Interaktion mit Technik betrifft) müssen alle Optionen offenstehen, jedoch nicht verpflichtend sein.

Zudem wurden Aufgaben und Ziele für die kommunale Praxis definiert, wenn eine sichere Teilhabe am städtischen Leben in Mönchengladbach erreicht werden soll. Diese Erkenntnisse können ergänzt werden durch Aussagen der befragten Zielgruppe. Auch hier lassen sich Erkenntnisse für die Gestaltung von MTI extrahieren.

So konnten viele Personen aufgrund von Einschränkungen oder Ängsten einige Dienstleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen (z. B. kein Busfahren aufgrund der Sturzgefahr). Auch mehr Einbindung und Transparenz seitens der Politik bzw. des Geschehens im Quartier wird gewünscht, ohne dass sich die Personen als lästig fühlen. Dazu gehört eine tragende soziale Infrastruktur im Quartier, z. B. durch die Stärkung sozialer Netze, Anregung von Nachbarschaftsprojekten, sowie die Bereitstellung von Bewegungsmöglichkeiten und Freizeitaktivitäten.

  1. Informationstechnologien im öffentlichen Raum sollten bedarfsgerechte Orte oder Dienstleistungen verfügbar machen oder darauf hinweisen.
  2. Stattfindende Veranstaltungen im Quartier müssen auch für ältere Personen sichtbar bzw. zugänglich sein.
  3. Eine Stigmatisierung älterer Personen und ihrer Einschränkungen ist in der Gestaltung von MTI zu vermeiden (z. B. keine simple Lösung „für Alte“, sondern Design-for-all), um nicht zusätzlich zu einem negativen Altersbild beizutragen.
  4. Die Technik im urbanen Raum sollte eine Vernetzung von Nutzern untereinander zulassen.
  5. Es sollte eine gemeinsame Interaktion im urbanen Raum ermöglicht bzw. angeregt werden.
  6. Die angebotenen Inhalte und Dienste sollten reale Aktivitäten und Angebote repräsentieren und den Nutzer dazu motivieren, an diesen teilzunehmen bzw. diese wahrzunehmen.
Anforderungen an die Gestaltung der Interaktion mit SSO
Abb. 2: Anforderungen an die Gestaltung der Interaktion mit SSO

Auch die räumliche Infrastruktur sollte generationengerecht gestaltet werden. Darunter sind z. B. barrierefreie Wege im Quartier, Sitzbänke, oder öffentliche Toiletten zu zählen. Befragte Personen geben z. B. an, dass es im öffentlichen Raum kauf Möglichkeiten gibt, öffentliche und barrierefreie Toiletten zu nutzen, was zu einer Einschränkung der Aktivität führt. Auch die Beleuchtung und Wegebeschaffenheit ist für viele Befragte entscheidend, ob ein Weg (zu einer bestimmten Uhrzeit) gegangen werden kann. Hingegen sind Grünanlagen für ältere Personen sehr attraktiv und bieten meist auch Sitzbänke und gute Straßen.

  1. Technik im öffentlichen Raum sollte dazu beitragen eine generationengerechte Gestaltung der Infrastruktur zu erreichen, also z. B. auf Infrastruktur, wie Toiletten, barrierefreie Wege oder Sitzbänke sowie auf alternative (grüne) Wege und bedarfsgerechte Mobilität hinweisen.

Dienstleistungen und Angebote sollen bedarfsgerecht für die Belange älterer Personen bereitgestellt werden, wobei Ehrenämter, ortsnahe Beratung und soziale Akteure aktuelle Informationen (z. B. in Broschüren) separat zusammenstellen. Dies erzeugt eine unnötige Komplexität in bestehenden Angeboten.

  1. Informationen und Dienste aus dem Quartier sollten gesammelt digital zugänglich gemacht und in einer geeigneten und übersichtlichen Art und Weise dargestellt werden. Dies erfordert eine Vereinheitlichung bestehender Daten.

Aus der Anforderungsanalyse gingen auch Aussagen über das Verhalten der Nutzergruppe, ihre Barrieren und Bedürfnisse hervor, welche sich wie folgt in Anforderungen für die MTI übertragen lassen. Vielen älteren Personen ist z. B. nicht klar, wer für welche Aufgaben im Quartier zuständig ist.

  1. Lokale Einrichtungen sowie Personen sollten im digitalen System repräsentiert und zusammen mit Aktivitäten dargestellt werden.

Vorhandene Angebote für Senioren sind laut Befragten immer gut genutzt. Daraus gingen zentrale Anlaufpunkte bzw. Akteure für ältere Personen im Quartier, sowie gewünschte Aktivitäten hervor. Dazu gehören Angebote wie Themennachmittage oder Quartiersrundgänge, aber auch solche Angebote, die nicht nur für „fitte Senioren“ ausgestaltet sind. Auch feste Institutionen wie Vereine, Kirchengemeinden und Museen, sowie besondere Veranstaltungen wie Trödelmärkte oder Sommerfeste wurden genannt. Je nach finanzieller Situation wurden auch Cafés und Restaurants als zentrale Anlaufpunkte bezeichnet. Aber trotz Nennung dieser Punkte, sind die Angebote bzw. Dienstleistungen im Einzelnen bei den Personen nicht bekannt.

  1. Die dargestellten Akteure sollten in Verbindung mit den zugehörigen Dienstleistungen, Aktivitäten, Zeiten etc. angezeigt werden (z. B., ob bestimmte Dienstleistungen ins Haus oder Pflegeheim kommen). Die Verknüpfung von Informationen schafft einen zusätzlichen Mehrwert.
  2. Digitalisierte Angebote und Dienstleistungen sollten in Kategorien dargestellt werden, um eine Übersichtlichkeit zu gewährleisten.

Als Gründe dafür, warum das Haus nicht verlassen wird, sowie als Barrieren für die Teilhabe am öffentlichen Leben nannten die Befragten älteren Personen u.a. zu wenig Erholungsmöglichkeiten (z. B. Bänke) entlang der Wege, zu wenig Transportmöglichkeiten für Rollatoren und Rollstühle, Gefahren bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel für ältere Personen mit Rollatoren, sowie Hürden in der unmittelbaren Umgebung bzw. Infrastruktur (Straßen uneben, Bodenkante zu hoch, Treppen zu hoch).

  1. Vorhandene Orientierungshilfen (z. B. Richtungen) sollten durch Technik im öffentlichen Raum auf einfache Weise zugänglich gemacht werden (nicht überfordern). Gleichzeitig sollte Technik der besseren Orientierung dienen.
  2. Die im Raum vorhandene Infrastruktur und alternative Wegenetze (z. B. nur für Fußgänger, besonders grün) sollten digital zugänglich gemacht werden.
  3. Eine zusätzliche Anreicherung der vorhandenen digitalen Informationen mit Daten zu dem Quartier (z. B. historischen Daten auf Karte) sollte als Orientierungshilfe mit eingebracht werden.
  4. Es sollte je nach Aktivitätsradius des Nutzers der Zugriff auf angrenzende (nahe) Quartiere bzw. Städte durch die eingebrachte Technik eröffnet werden.
  5. Informationen darüber, wo und wie Wege für Rollstühle oder Rollatoren bzw. für Personen mit körperlichen Einschränkungen zugänglich sind, sollten im digitalen System entsprechend des Nutzerbedarfs abgebildet werden.

Darüber hinaus ist es selbst im Altenheim schwer Kontakte zu knüpfen (siehe Anforderungen 8-10).

Anforderungen an zielgruppengerechte Inhalte
Abb. 3: Anforderungen an zielgruppengerechte Inhalte

Die Teilnehmer der Befragung gaben außerdem an, welche Aktivitäten sie gerne im Quartier wahrnehmen würden. Insgesamt war es wichtig zwar „direkt am Geschehen“ zu sein, aber trotzdem privat.

  1. Die Privatsphäre sollte trotz Individualisierung und Nutzung von Profilen sichergestellt werden. Alle Informationen zu dem Nutzer und seinem Kontext sollten nur mit Einstimmung der Nutzer herausgegeben werden.

Die gewünschten Aktivitäten lassen sich wie folgt einteilen:

  1. Das zu entwickelnde System sollte Aktivitäten vorschlagen, um Nutzer zu motivieren an diesen Teilzunehmen.
  2. Aufgrund der Vielseitigkeit gewünschter Aktivitäten sollten bereits Templates für häufige / gern durchgeführte Aktivitäten vorhanden sein, um ein Einstellen bzw. gemeinsames Planen zu erleichtern.

Die oben aufgeführten Anforderungen stimmen überein mit den Ergebnissen einer Befragung älterer Personen in einem Seniorenzentrum bezogen auf aktives Altern (Lee et al. 2012). Daraus wird neben den Anforderungen an die Sichtbarkeit und Unterstützung von Angeboten in der lokalen Umgebung deutlich, dass für ein aktives Altern auch das Teilen der eigenen Persönlichkeit in der Community von Bedeutung ist.

  1. Technologien im urbanen Raum sollten auch einen Zugang zu Funktionen bieten, die dem Ausdruck der eigenen Meinung bzw. Persönlichkeit dienen. Dementsprechend sollte es möglich sein, erstellte Inhalte der eigenen Person zuzuordnen (falls erwünscht).

Die im Projekt betrachteten Stadtteile Hardterbroich und Rheindahlen sind kulturell und sozial durchwachsen. Die Bewohner haben diverse soziale und räumliche Hintergründe und der Austausch zwischen Personen aus unterschiedlichen ist nur im Einzelfall zu beobachten. Diese Strukturen haben ebenfalls einen Einfluss auf die Gestaltung von MTI im Stadtquartier.

Aus der Quartiersanalyse geht hervor, dass in den betrachteten Stadtteilen viele Bewohner mit Migrationshintergrund sowie viele Personen mit geringem Bildungsniveau und geringem Einkommen zu finden sind. Trotz dem hohen Anteil ist die gesamte Bevölkerung der Stadtteile stark heterogen. Darüber hinaus gibt es Unterschiede in der Vernetzung von „alt eingesessenen“ Bewohnern und Zugezogenen.

  1. Wenn sich die Zielgruppe über verschiedene kulturelle und soziale Schichten erstreckt, sollten die speziellen Barrieren dieser Schichten (z. B. Sprachbarrieren) berücksichtigt werden.
  2. Die Vernetzung zwischen Personen sollte über digitale Plattformen ermöglicht werden.
  3. Insbesondere für Personen, die neu im Stadtquartier sind, sollte die Orientierung (nicht nur räumlich, sondern auch sozial) unterstützt werden.

Aus der Anforderungsanalyse ging auch hervor, dass räumliche Aktivitäten z. T. aufgrund schlechter Erfahrungen mit Ängsten in Verbindung stehen. So sahen die Teilnehmer einer Bus-Aktion in Mönchengladbach das Busfahren als zu gefährlich an. Auch mangelnde Informationen über Seniorengerechte oder Behindertengerechte Sitzgelegenheiten führten zu dieser Unsicherheit. Problematisch für die Mobilität ist es auch, wenn Angebote gerade nicht verfügbar sind, die Personen sich aber darauf verlassen (z. B. wenn der Rollstuhlplatz im Bus bereits belegt ist). In diesen Situationen ist es für viele ältere Personen schwierig auf die Änderung in der Planung zu reagieren. Als konkrete Idee zur Verbesserung dieser Problemstellung nannten die Bürger zusätzliche Ansagen (z. B. „Liebe Fahrgäste, bitte schauen Sie nach links und rechts, ob jemand Ihren Sitzplatz mehr benötigt als Sie“).

  1. Änderungen bzw. Neuigkeiten (z. B. im ÖPNV) sollten der Zielgruppe deutlich vermittelt werden. Während der Aktivität sollten relevante Informationen (z. B. der Knopf zur Absenkung des Busses) hervorgehoben werden. Die gebotenen Informationen sollten dazu beitragen Unsicherheiten zu reduzieren.
  2. Strategien, wie andere Personen mit Ängsten umgehen bzw. Barrieren zu überwinden, wären eine sinnvolle inhaltliche Ergänzung für die digitalen Informationsangebote (z. B. „Erfolgs-Stories“ bzw. Best-Practices).
  3. Informationen zur aktuellen Situation und Hinweise dazu, wie die Planung ggf. geändert werden kann können älteren Personen dabei helfen, ihre Barrieren zu überwinden bzw. damit umzugehen. Diese sollten in der entsprechenden Situation von MTI in der Umgebung bereitgestellt werden (z. B. als Bild auf einer Anzeige).
  4. Auf Personen, die im System registriert sind, sollte als potenzielle Helfer in Notfall- oder Problemsituationen aufmerksam gemacht werden (z. B. Freunde im System).
  5. Unterstützende Technologie im öffentlichen Raum sollte auf potenzielle Problemstellungen aufmerksam machen und durch multimediale Interaktionselemente das Gewahrsein für die Belange anderer erhöhen.

Zusammengefasst können die Anforderungen der Zielgruppe angesprochen werden, indem ein stetig aktualisiertes Informationsangebot bzw. eine individuelle Unterstützung bereitgestellt werden, welche sich an die Situation (z. B. aktuelle Angebote und Wegeinformationen) und den Nutzer des Systems anpasst. Durch die Interaktion mit dem System und die enthaltenen Informationen soll der Nutzer zur Erhöhung des eigenen Aktivitätsradius anregt sowie sein Sicherheitsgefühl verstärkt werden.


1: Quelle: Interner Projektbericht der SHMG.

2: Quelle: Interner Projektbericht der SHMG.

1.3. Anforderungen an die Gestaltung aus MTI-Sicht

Neben den funktionalen und inhaltlichen Anforderungen können noch Anforderungen an die Gestaltung von MTI für ältere Personen im öffentlichen Raum abgeleitet werden – aus allgemeinen Gestaltungsprinzipien und Heuristiken sowie aus den Anforderungsanalyseaktivitäten im Projekt.

Öffentliche Technologien müssen immer von mehreren Benutzern ausgehen. So stellt bereits die direkte Interaktion mit einem Bildschirm durch einen Benutzer und das gleichzeitige Betrachten eines Informationspartikels auf dem Bildschirm ein Mehrbenutzerszenario dar, welches bei der Gestaltung berücksichtigt werden muss. Dies ist insbesondere bei Technologien der Fall, die eine (gleichzeitige) Multi-User-Inter­aktion bereitstellen. Damit möglichst viele Personen im öffentlichen Raum von der eingebrachten Technologie profitieren können, sollten folgende Anforderungen berücksichtigt werden:

  1. Sowohl eine aktive als auch eine passive Nutzung (Bystander) sollten ermöglicht werden.
  2. Bei der User-Interface Gestaltung müssen Multi-User-Szenarien berücksichtigt werden (z. B. hinsichtlich Sichtbarkeit, Lesbarkeit, Interaktionsflächen).
  3. Die kollaborative (also gemeinsame zielgerichtete) Nutzung soll ermöglicht und gefördert werden. Wo immer sinnvoll, soll die gemeinsame Nutzung von smarten städtebaulichen Objekten berücksichtigt werden.
  4. Auch jenseits von gemeinsamer Interaktion am Objekt sollen die Systeme die soziale Gemeinschaft im Quartier fördern, z. B. durch Angebote zur Vernetzung mit Freunden und Familie, mit anderen Nutzern über gemeinsame Interessen, oder mit räumlich nahen befindlichen Nutzern.

Zusätzlich zu den umgebenden Menschen ist der öffentliche Raum hinsichtlich der Nutzung von Technologien geprägt durch Spontanität. Entsprechend werden auch Objekte im Raum spontan und meistens nicht so wie vorgesehen genutzt. Die Technologie sollte dementsprechend eine spontane Nutzung (Walk up and use oder WUAU) in der Gestaltung berücksichtigen.

  1. Verschiedene Interaktionszonen sollten ermöglicht und in die Gestaltung mit einbezogen werden. Personen in einiger Entfernung vom Objekt sollen ebenso die Möglichkeit haben, von Inhalten und Interaktionen zu profitieren, wie Leute, die direkt davorstehen.
  2. Zudem sollten verschiedene Zeiträume für die Interaktion berücksichtigt werden. Der Mehrwert in der Nutzung von smarten städtebaulichen Objekten sollte nicht nur für längere (inter-)aktive Nutzer hervorgehen, sondern auch für den kurzen Blick „im Vorbeigehen“.
  3. Systeme müssen selbsterklärend gestaltet sein, die erfolgreiche Nutzung darf keine Schulung oder Lesen eines Handbuchs erfordern.
  4. Die Nutzungsschnittstellen müssen zur explorativen Nutzung anleiten. Anwender sollen ermutigt werden zu Experimentieren. Grundlage hierfür sind u. A. kleine, leicht verständliche Nutzungsschritte und verlässliche Rückgängig-Funktionen (einfache Korrektur von Fehlern und Versehen).
  5. Aufgrund der unkoordinierten und ungelernten Nutzung muss ein besonderer Fokus auf die Fehlertoleranz der technologischen Komponenten gelegt werden.

Bei Fokus auf die Nutzergruppe älterer Personen sollten Erkenntnisse aus dem Bereich Ambient Assisted Living sowie insgesamt altengerechter MTI berücksichtigt werden. Aus den Ergebnissen der Projekte SI-Screen/Elisa3 und FamilyVision4 sowie basierend auf verwandter Forschung konnten seitens der UBW folgende Anforderungen hinsichtlich der MTI im öffentlichen Raum aufgestellt werden:

  1. Interaktionsmodalitäten müssen geöffnet werden. Falls eine bestimmte Art der Interaktion (dies betrifft sowohl Ein- als auch Ausgabe) für einige Nutzer aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, müssen weitere Möglichkeiten angeboten werden (vgl. Zwei-Sinne-Prinzip im Bereich Barrierefreiheit). Dies sollte möglichst ohne Stigmatisierung ablaufen.
  2. Motorisch komplexe und kontinuierliche Interaktionen (z. B. Drag & Drop) sollten für die erfolgreiche Bedienung nicht notwendig sein. Es sollte mit einfachen (Touch-) Gesten gearbeitet werden können.
  3. Eine verschachtelte Navigation sollte vermieden werden. Flache Informationsstrukturen (also maximal ein bis zwei Aktionen bis zur detaillierten Ansicht) helfen gerade für ältere Personen ohne Technikerfahrung bei der Orientierung.
  4. Insgesamt muss auf eine übersichtliche Darstellung der Inhalte geachtet werden. So können z. B. inhaltlich getrennte Bereiche visuell (räumlich oder farblich) voneinander getrennt dargestellt werden.

Bei Betrachtung der Zielgruppe älterer Personen stechen insbesondere heterogene Fähigkeiten und Bedürfnisse heraus. Demnach spielt die Anpassungsfähigkeit eine zentrale Rolle in der Gestaltung von Technologien für ältere Personen. Dabei ist sowohl die Anpassungsfähigkeit in Bezug auf Inhalte, Funktionen und Interaktionen gemeint als auch die Strukturierung der Benutzerschnittstelle. Neben den aufgeführten Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit aus Nutzersicht (siehe Abschnitt 1.1) sollten folgende Anforderungen in die Gestaltung von einbezogen werden:

  1. Die Inhalte sollten auf die Interessen, mögliche Barrieren und Hilfsmittel sowie den Aktivitätsradius des individuellen Nutzers angepasst werden. Dabei sollte das System Empfehlungen geben und Inhalte priorisiert darstellen, jedoch alle Inhalte verfügbar machen.
  2. In der Interaktion sollte die Konsistenz im Vordergrund stehen. Während immer nach dem Zwei-Sinne-Prinzip hinsichtlich Ausgaben und bewusster Eingaben geachtet werden sollte, darf sich die Art und Weise der Interaktion während der Nutzung nicht ändern (also auch nicht anpassen), sondern muss über verschiedene Systemkomponenten hinweg wiedererkennbar sein.
  3. Zusätzlich zu den Inhalten sollten auf den Nutzer zugeschnittene Hilfestellungen bzw. Hinweise ausgegeben werden. Diese sind in der Ansprache, dem Inhalt und dem Detailgrad an die Kenntnisse des Nutzers anzupassen.
  4. Individuelle Hilfestellungen bzw. Hinweise sollten deutlich gekennzeichnet in einem separaten Bereich (oder auf einem separaten Medium) dargestellt werden. Überlappen die Hinweise den primären Interaktionsbereich, müssen sie ein- und ausgeblendet werden.
  5. Ausgegebene Hinweise dürfen die (Haupt-) Interaktion nicht beeinträchtigen.
  6. Hinweise müssen in einer für den Nutzer adäquaten Verweildauer angezeigt bzw. ausgegeben werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die in der aktuellen Situation relevanten Hinweise (auch wenn nicht mehr aktiv dargestellt) für den Nutzer wiederholt aufrufbar sein müssen.

Zusätzliche Anforderungen an die Gestaltung von SSOs wurden im Rahmen der Evaluation im Technik Café gesammelt. Diese sind im Abschnitt 5.6.5 ausführlich dargestellt. Dabei lassen sich insbesondere Erkenntnisse zur Nutzung verschiedener Medien im öffentlichen Raum nennen (z. B. Probleme bei Spracheingaben bei Störgeräuschen im Raum, sowie Betrachtung der Anzahl von Personen beim Abspielen von Videos).

Zusammenfassend sollten bei der Gestaltung von SSOs die Interaktionsanforderungen berücksichtigt werden, die sich aus den Rahmenbedingungen des öffentlichen Raumes (z. B. durch WUAU-Fähigkeit, Helligkeit und Lautstärke), aus den kognitiven, motorischen und sensorischen Fähigkeiten der Nutzergruppe (z. B. durch hohe Kontraste und klare Informations- und Hinweisdarstellung), sowie aus dem sozio-technologischen Kontext (z. B. Mehrbenutzerfähigkeit und Kollaboration) ergeben.


3: Siehe http://www.aal-europe.eu/projects/si-screen/ oder (Burkhard et al. 2011, Burkhard & Koch 2012, Barber-Guillem et al. 2014, Burkhard et al. 2014, Moritz et al. 2014, Moritz 2014).

4: Siehe http://www.familyvision.de oder (Kötteritzsch et al. 2014).

1.4. Verwandte Arbeiten

Betrachtet man verwandte Arbeiten, dann gibt es solche in verschiedenen Bereichen (von einzelnen Lösungen zur Anzeige von Information) bis hin zu verschiedenen Typen von Evaluationsmethoden. In diesem Abschnitt soll der Fokus auf verwandten Arbeiten zum Gesamtkontext liegen – d. h. andere Arbeiten, die „SSO“ zum Ziel haben – oder Arbeiten, die Teile des Gesamtkontextes behandeln und nicht an anderer Stelle im Bericht aufgeführt werden.

1.4.1. Responsive Street Furniture

Radwan, Abdel, & Morsy (2014) definieren den Begriff “street furniture” als:

"an aggregate term utilized for items placed on streets for different purposes. It incorpo-rates seats, traffic barriers, traffic signs, telephone boxes, post boxes, bollards, traffic lights, streetlamps, transport stops, cable car stops, taxi stands, open restrooms, well-springs, watering troughs, remembrances, sculptures, and waste containers."
Beispiele für interaktive Objekte von Radwan et al. (2014)
Abb. 4: Beispiele für interaktive Objekte von Radwan et al. (2014)

Die Autoren identifizieren somit eine Vielzahl fest installierter Objekte im öffentlichen Raum als potenzielle interaktive Objekte. Diese können durch eine „Smarti­fizierung“ auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingehen und so, z. B. für Menschen mit Seheinschränkungen die Straßenbeleuchtung intensivieren oder auditive Informationen ausgeben, sowie Hinweise auf zusätzliche Sitzgelegenheiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen geben. Diese weitreichende Perspektive wurde in die Konzeption möglicher SSO aufgegriffen und hinsichtlich der Anforderungen an das Projekt und die Zielgruppe konkretisiert (siehe Kapitel 3.3).

1.4.2. Smart Poles

Ein weiteres Projekt, welches sowohl die Erfassung von Umgebungsinformationen als auch die Darstellung dieser für die Bevölkerung betrachtet, ist die Installation von Smart Poles5 der Stadt Essen.

Smart Poles und digitale Bildschirme der Stadt Essen (Quelle: www.essen.de)Smart Poles und digitale Bildschirme der Stadt Essen (Quelle: www.essen.de)
Abb. 5: Smart Poles und digitale Bildschirme der Stadt Essen (Quelle: www.essen.de)

Ausgestattet sind die Smart Poles mit unterschiedlichen, digitalen Lösungen:

Diese Arbeit verdeutlicht, welche Möglichkeiten der Einsatz von SSOs bietet. Aufbauend auf den erhobenen Anforderungen wurden im Rahmen von UrbanLife+ hingegen andere Gestaltungsparameter fokussiert – sowohl bezogen auf Funktionen und Inhalte (unterstützende Hinweise und Angebote) als auch die Interaktion mit dem Nutzer selbst (Ergänzung passiver Angebote durch aktive Interaktion mit dem System).

1.4.3. Straßenbeleuchtung

Auch der Aspekt der Straßenbeleuchtung spielt für die Zielgruppe älterer Nutzer eine große Rolle. Im Bereich der Mensch-Technik-Interaktion wurden hierzu verschiedene Konzepte und Prototypen erarbeitet.

Yoshiura et al. (2013) schlagen ein Konzept eines autonomen, dezentral gesteuerten Lichtsystems vor, bei dem die Lichter vor dem Eintreffen von Fußgängern oder Fahrzeugen eingeschaltet und ausgeschaltet oder die Helligkeit reduziert wird, um Energie zu sparen. In ähnlicher Weise wird in (Yusoff et al. 2013) ein intelligentes Straßenbeleuchtungssystem für die malaysische Umgebung vorgestellt, bei dem das System das Konzept des drahtlosen Sensornetzwerks (WSN) in die Entwicklung integriert, wobei Waspmote als Sensorknoten, Meshlium-Gateway und Computer als Server verwendet werden.

Ein weiteres Konzept der Straßenbeleuchtung, das von (Müllner & Riener 2011) eingeführt wurde, richtet sich an Fußgänger. Das Konzept beinhaltet ein Smart Street Lighting (SSL)-System, um die Nachfrage nach flexiblen öffentlichen Beleuchtungssystemen zu erfüllen, bei denen das Smartphone jedes Fußgängers periodisch die aktuellen GPS-Koordinaten (Global Positioning System) an den SSL-Server überträgt, weshalb die Laternenpfähle mit einem ZigBee-basierten Funkgerät ausgestattet sind, das die Steuerinformationen vom SSL-Server über Multi-Hop-Routing erhält.

1.4.4. Parkbänke

Da fehlende Ruhemöglichkeiten entlang der Wege eine der zentralen Problemstellung für die Zielgruppen im Projekt darstellen, wurden auch Arbeiten zur Interaktion mit Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum betrachtet. Ein Beispiel hierzu ist eine Interaktive Parkbank, welche innerhalb eines Projektes im i3-Programm der EU in den 2000er Jahren entwickelt wurde (Gaver & Beaver 2006).

Vernetzte Parkbank, welche Nachrichten an Passanten anzeigt (Gaver & Beaver 2006)
Abb. 6: Vernetzte Parkbank, welche Nachrichten an Passanten anzeigt (Gaver & Beaver 2006)

Dekel et al. (2005) stellen ein Interaktionsdesign-Projekt vor, mit dem öffentliche Räume spielerisch interaktiv gestaltet werden sollen (Dekel et al. 2005). Konkret wurde in zwei Projekten interaktives, spielerisches Sitzen thematisiert (Musikstühle und die Intimbank). Das Konzept hinter dem musikalischen Stuhl ist so angelegt, dass, wenn jemand auf einem Block sitzt, eine kurze audio-visuelle Reaktion erzeugt wird und sich eine Welle von audio-visuellen Aktionen entwickelt, wenn jemand auf einem anderen Block sitzt, wodurch ein animierter visueller Effekt entsteht, der von Geräuschen begleitet wird, die einen musikalischen und spielerischen Effekt bewirken. Die Intimbank verfolgt einen anderen Ansatz, um interaktives, spielerisches Sitzen zu erreichen, in dem Sinne, dass sie mit eingebetteten Sensoren und Licht, die auf die Sitzposition der darauf sitzenden Personen reagieren, erkennen kann, wie weit entfernt oder nah die Personen auf beiden Seiten sitzen, und so reagiert, dass sie entweder nahe zusammenrücken und kommunizieren, wenn sie auf beiden Seiten weit auseinander sitzen, oder die Kommunikation/Situation verstärken, wenn sie nahe beieinander sitzen.

1.4.5. Mikro-Informationsstrahler

Im Rahmen von UrbanLife+ wurde der Fokus in der Gestaltung von SSOs auf Informationsstrahler gelegt (siehe Abschnitt 3.2). Nachfolgend werden bereits existierende Systeme und Konzepte für Mikro-Informationsstrahler als Interaktionsobjekt im städtischen Umfeld dokumentiert. Aus den bereits vorhandenen Beispielen können Gestaltungsempfehlungen und Anregungen für die eigene Entwicklung von Mikro-Informationsstrahlern gewonnen werden.

In Bezug auf Navigationssysteme gibt es einige Lösungen, die traditionellen Wegeleitsysteme modernisieren wollen durch Mikro-Informationsstrahler:

Im Hinblick auf Parkhäuser und ihr Leitsystem sind bereits einige Lösungen am Markt und umgesetzt. Dabei wird häufig die „Sitraffic“ (Siemens AG o. J.) & „Sipark“ (Siemens AG 2008) Lösung von Siemens AG für die Parkplatzsuche und Parkhausnavigation in der Stadt eingesetzt. Dieses System arbeitet mit Ultraschallsensoren über Parkplätzen welche rot (belegt) oder grün (frei) leuchten und somit den Parkplatzsuchenden durch Lichtsignale weiterhelfen.

Die Interaktion mit und Optimierung von Ampeln sind häufig im Fokus vieler Forscher. So gibt es einige Ampel-Optimierungen, die im Hinblick auf Mikro-Informationsstrahler interessant sind:

1.4.6. Ampeln, die Fußgänger erkennen

Eine bereits vorhandene Interaktion im öffentlichen Raum ist der Einsatz von Fußgänger-Ampeln. Diese geben dem Bürger eine klare Handlungsanweisung (grünes oder rotes Licht) und wurden durch den Einsatz von Druckknöpfen bereits früh ein interaktives Objekt. Innovative Ansätze hierzu liegen in der automatischen Erkennung des Verhaltens von Bürgern, z. B. normale (Fußgänger-)Ampeln, bei denen der Knopf zum Anfordern einer Grünphase durch eine Bilderkennung ersetzt worden ist, welche erkennt, ob Fußgänger die Ampel nutzen wollen.

Beispiel für eine smarte Ampelanalage
Abb. 7: Beispiel für eine smarte Ampelanalage6

Hier sind jedoch die Bedürfnisse der Zielgruppe älterer Personen nicht hinreichend berücksichtigt (z. B. längere Ampelphasen).

1.4.7. Projekt inDAgo

Andere Projekte befassen sich konkret mit den individuellen Bedürfnissen verschiedener Nutzergruppen. Das Projekt inDAgo7 entwickelt den inDAgo-Assistenten, ein personalisiertes Multifunktionsgerät und eine mobile Applikation, die die Nutzer mit sich führen. Das Gerät erlaubt den zielgruppengerechten und auf die individuellen Anforderungen angepassten Zugriff auf verschiedene Datenquellen, Informations- und Navigationsdienste.

Im Gegensatz hierzu soll der Fokus in UrbanLife+ auf nicht-persönlichen Geräten liegen (siehe Kapitel 2).

Persönliche Assistenten, die mit dem öffentlichen Raum interagieren (Projekt inDAgo)
Abb. 8: Persönliche Assistenten, die mit dem öffentlichen Raum interagieren (Projekt inDAgo)

1.4.8. Smart City

Zusätzlich zu den oben aufgeführten Arbeiten wurden insgesamt Konzepte, Prototypen und Produkte aus dem Bereich Smart City betrachtet.

„Smart City ist ein Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten. Diese Konzepte beinhalten technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen.“

Ein interessantes Positionspapier zu diesem Themenbereich ist (Streitz 2019) – hier werden u. a. „Smart street lights“ und „smart large public displays for advertisement (DooH=Digital out of Home)” thematisiert. Auch hier werden sowohl die vielseitigen Möglichkeiten im Einsatz von SSO deutlich als auch die besonderen Anforderungen des öffentlichen Raumes.


5: Quelle: https://www.essen.de/leben/connected_essen/smart_poles.de.html

6: Quelle: https://www.engadget.com/2019/05/27/pedestrian-sensing-traffic-lights/, Günther Pickler GmbH.

7: Quelle: https://www.technik-zum-menschen-bringen.de/projekte/indago


2. Unterstützungsbedarfe und Unterstützungsmöglichkeiten

Die UBW beschäftigte sich im Rahmen des Teilprojektes mit der MTI im urbanen Raum zur Erhöhung der Safety. Zur Identifikation von Forschungsfragen und zur Fokussierung des Teilprojektes wurde daher zunächst identifiziert, welche Rolle MTI für ältere Personen im urbanen Raum spielt und welche Herausforderungen sich für die Gestaltung interaktiver IT-Systeme ergeben.

MTI kann zur Safety beitragen, indem sie folgende Aspekte der Teilhabe am öffentlichen Leben stärkt bzw. mit sich bringt:

Zur weitergehenden Erschließung des Begriffs der „Teilhabe“ wurde im ersten Projektjahr durch die SHMG ein „Lebenswelt-Modell“ der Zielgruppe entwickelt. Dieses wurde durch die UBW mit zentralen MTI-Gestaltungsparametern verknüpft. So fungierte das integrierte Modell in der Gestaltung von MTI zur Steigerung der Teilhabe als zentrale Orientierungshilfe. Dieses Modell ist in Abb. 9 dargestellt.

Grafische Darstellung des Lebenswelt-Modells von UrbanLife+
Abb. 9: Grafische Darstellung des Lebenswelt-Modells von UrbanLife+

Bei der Betrachtung des Forschungsstandes ergeben sich an das soziotechnische System der MTI im urbanen Raum (im Gegensatz zur Gestaltung von soziotechnischen Systemen unter Laborbedingungen) übergreifende Herausforderungen:

Darauf aufbauend wurde zunächst eine zielgerichtete Literaturrecherche von Studien und vorhandenen Technologien durchgeführt, bei der eine Vielzahl von Gestaltungsparametern für die Safety als relevant eingestuft wurden. Ein Ausschnitt daraus wird in Abb. 10 zusammengefasst und im Folgenden näher beschrieben.

Gestaltungsparameter für MTI zur Erhöhung der Teilhabe älterer Personen am städtischen Leben
Abb. 10: Gestaltungsparameter für MTI zur Erhöhung der Teilhabe älterer Personen am städtischen Leben

Die vorhandene Literatur beschreibt insbesondere die Durchführung von Ein- und Ausgaben für ältere Personen sehr ausführlich (z. B. durch Richtlinien für die Kontraste in der Ausgabe, Multi-Channel Interaktion, oder die vergrößerte Darstellung von Schaltflächen). Darüber hinaus wurden insbesondere persönliche mobile Endgeräte bezüglich der Eignung für ältere Personen erforscht und optimiert. Hier lassen sich Erkenntnisse aus dem Bereich Ambient Assisted Living (AAL) nennen, z. B. Tablets, die speziell für die Teilhabe älterer Personen entwickelt wurden, Smart TVs zum Zugang zu diversen Communities, oder Smartphones, die gleichzeitig zu Unterstützung und Tracking von Personen mit Orientierungs-Defiziten eingesetzt wurden. Mit Bezug auf den urbanen Raum wurde in UrbanLife+ für die Teilhabe am städtischen Leben der Fokus auf das Einzelgerät jedoch vermieden, stattdessen wurde die gemeinsame und interaktive Nutzung von öffentlichen Geräten in den Vordergrund gestellt. Eine vor Projektbeginn durchgeführte Studie der UBW zeigt, dass nur wenige Ansätze den urbanen Raum und lokale Strukturen in die Technologieentwicklung einbeziehen (Kötteritzsch & Weyers 2014).

2.1. Fokussierung der Gestaltungsparameter

Bei der Gestaltung von MTI sind generell eine Vielzahl an Parametern abzudecken. Die Zahl der Endgeräte, Ansprachen des Nutzers und Interaktionsformen wachsen rapide mit dem Fortschreiten der Technologieentwicklung und Erkenntnisse der Disziplin an. Zur Abgrenzung von anderen Projekten und zum Abstecken des Forschungsrahmens haben wir uns bei den Demonstratoren daher auf folgende Aspekte fokussiert, um weiterführende Erkenntnisse in der MTI zu erlangen:

Bei Betrachtung der Nutzergruppe älterer Personen kann wegen des Zugangs zu technischen Geräten sowie zur Sicherstellung der Autonomie die Liste optional erweitert werden:

Betrachtet man die oben aufgestellten Parameter zu Gestaltung, Nutzen und Resultat, sehen wir potenzielle Beiträge zum Stand der Forschung in der Gestaltung der folgenden Aspekte (MTI-Querschnittsthemen):

  1. Anpassungsfähigkeit (d. h. Möglichkeit zur Anpassung auf Anforderungen der Benutzer und Benutzergruppen im Einsatz)
  2. Mehrbenutzerfähigkeit (d. h. Ermöglichung der zeitgleichen Nutzung durch mehr als einen Benutzer)
  3. Walk-up-and-use-Fähigkeit (d. h. die Benutzer verstehen den Zweck und die Interaktionsmöglichkeiten des Systems, ohne explizit dafür geschult zu werden / ohne ein Handbuch lesen zu müssen)
  4. Joy-of-use (d. h. die Nutzung des Systems wird nicht als Last oder zusätzliche Arbeit empfunden, sondern macht Spaß / bringt Freude)

Die UBW fokussierte sich im Teilprojekt „MTI mit smarten städtebaulichen Objekten“ auf den Nutzen durch eine Erhöhung des Gewahrseins, also darauf, dass durch MTI die Wahrnehmung erhöht wird in Bezug auf soziale und städtebauliche Aspekte:

2.2. Forschungsfragen

Anhand der oben beschrieben Fokussierung sowie verwandter Literatur haben wir im Projekt Forschungsfragen zu den MTI-Querschnittsthemen Anpassungsfähigkeit, Mehrbenutzer­fähigkeit, Walk-up-and-use und Joy-of-use aufgestellt:

Wie können smarte städtebauliche Objekte im urbanen Raum erfolgreich gestaltet werden (um die Safety/Teilhabe für unsere Zielgruppe zu erhöhen)?

Darunter fallen unter anderem die generelle Relevanz von Gestaltungsparametern, Best Practices aus vorhandenen Studien sowie ein Gestaltungsrahmen für SSO. Es wurde entschieden, was SSO hinsichtlich der Teilhabe am städtischen Leben für Angebote und Interaktion in welcher Art und Weise bereitstellen sollten.

Welche Voraussetzungen muss die Gestaltung der MTI erfüllen, um für heterogene Benutzer (im öffentlichen Raum) anpassbar zu sein?

Hier wurde betrachtet, welche Art der Anpassung im Kontext von UrbanLife+ für ältere Personen geeignet ist, um eine erfolgreiche MTI zu gewährleisten. Dazu wurde hergeleitet, welche Dimensionen der MTI relevant sind, worauf aufbauend welche Parameter im urbanen Raum angepasst werden und wie diese Anpassung aussieht.

Wie kann die Mehrbenutzerfähigkeit im öffentlichen Raum gestaltet werden (um die Safety/Teilhabe für unsere Zielgruppe zu erhöhen)?

Dabei wurden insbesondere die Interaktionen zwischen den Nutzern während der Nutzung betrachtet. Hier sollen auch Fragen nach der Einflussnahme von gemeinsamer Interaktion für die soziale Interaktion im urbanen Raum beantwortet werden.

Wie kann die Aufmerksamkeit der Personen im urbanen Raum so gesteuert werden, dass eine spontane Interaktion motiviert wird?

Bei dieser Frage sollte vor allem die Multimediale Ein- und Ausgabe über die Benutzerschnittstelle so gestaltet werden, dass Walk-up-and-use auch im urbanen Kontext (mit mehreren, potenziell unbekannten Nutzern) gewährleistet wird.

Wie können smarte städtebauliche Objekte so gestaltet werden, dass sie ihren Nutzern Freude bringen bzw. Vergnügen bereiten?

Hier wurde betrachtet, inwieweit der „Spaßfaktor“ zum Abbau von Hemmschwellen, zur Förderung der Nutzung und zur positiven Bewertung der beiträgt.

Diese Forschungsfragen wurden im Rahmen des Projektes fortlaufend und z. T. parallel bearbeitet. Die Beantwortung dieser soll insgesamt dazu beitragen, die geeignete Gestaltung von MTI im urbanen Raum hinsichtlich der Safety älterer Personen zu beschreiben.


3. Smarte städtebauliche Objekte

Bei der Analyse der Anforderungen an die Gestaltung von MTI im Projektkontext ist besonders der Unterschied zwischen der MTI im öffentlichen Raum im Vergleich mit Indoor-Einsätzen deutlich geworden. Betrachtet man verwandte Ansätze zeigt sich dieser Unterschied u.a. in einer limitierten Kontrolle der Bedingungen, anderer technischer Anforderungen (insbes. Vernetzung), sowie der Umwelteinflüsse. Auch der Fokus auf die Zielgruppe älterer Personen brachte in diesem Kontext besondere Anforderungen mit sich. Aufbauend auf den Anforderungen lag der Fokus der Aktivitäten im Teilprojekt daher auf der einen Seite in der Betrachtung smarter Interaktionstechniken für den öffentlichen Raum und auf der anderen Seite auf der nutzergerechten Gestaltung der Interaktion.

In diesem Kapitel gehen wir auf die SSO ein, die wir aufbauend auf den Anforderungen entwickelt haben. Außerdem fassen wir hier unsere Erkenntnisse bzgl. der MTI-Gestaltung und der Herausforderungen des urbanen Raums zusammen, die wir im Laufe des Projekts zusammengetragen haben.

3.1. Entwicklung von Lösungen

Auf der Basis der Anforderungsanalyse haben wir im Projekt zuerst eine Reihe von Personas und darauf aufbauend einige Szenarien entwickelt, wie eine konkrete Unterstützung dieser Personas durch SSO aussehen kann.

Die Personas wurden aufbauend auf den Analysen der SHMG entwickelt und dienen als Werkzeug zur benutzerzentrierten Gestaltung von technischen Entwicklungen. Diese umfassen neben einer typischen Charakterbeschreibung auch Problemsituationen aus dem Alltag der fiktiven Personen, welche auf einem Querschnitt der Angaben realer Personen aus der Analyse beruhen. Mit dem Zielgruppen-fokussierten Input der SHMG konnten wir so seitens der UBW eine erste Beschreibung typischer Problemstellungen in der fokussierten Zielgruppe hinsichtlich der Nutzung von Technik bzw. der Interaktion mit dem öffentlichen Raum erreichen.

Hier wurden vier Personas entwickelt, welche sich neben der sozialen Situation und den Fähigkeiten vor allem durch ihre Technik-Affinität und die Akzeptanz gegenüber neuen Technologien unterscheiden. Durch die Diskussion dieser heterogenen Eigenschaften wurde bereits früh deutlich, dass hier einige Vertreter der Zielgruppe nur bedingt durch den Einsatz von MTI angesprochen werden können. Eine unserer Zielsetzungen bestand daher in der Ansprache einer möglichst großen Anzahl von Nutzern (u.a. durch motivierende und anpassbare MTI, Inhalte und Rahmenbedingungen), wobei nicht alle Vertreter der Nutzergruppe gleichermaßen involviert werden konnten. Gerade hinsichtlich der Erreichbarkeit der Zielgruppen und Umsetzbarkeit im Projektrahmen lag der Fokus in den Szenarien daher auf der Ansprache von generell offenen Vertretern der Zielgruppe mit einem vergleichsweise engagierten sozialen Umfeld, welche wenige bis viele Erfahrungen in der Nutzung von Technik haben.

Unter Einbezug der Personas wurden zunächst sieben verschiedene Szenarien entwickelt, welche den Alltag der Zielgruppe unter Einsatz eines integrierten MTI-Lösungsansatzes beleuchten. Diese wurden im Laufe der Erarbeitung durch ein achtes Szenario ergänzt.

  1. Erweiterung der Komfortzone
  2. Gefühlte Safety erhöhen und nachverfolgen
  3. Gemeinsame Aktivitätsplanung
  4. Gemeinsame Freizeitnavigation individuell angepasst
  5. Gemeinsame Besuche des Borussia Stadions
  6. Angepasste Nachbarschafts-Einkaufsdienstleistungen
  7. Spielerische Interaktion im Stadtquartier
  8. Simulation des öffentlichen Raumes im E-Scooter-Park

In jedem Szenario wurden ein potenzieller Einsatz von Technologien sowie Erweiterungen dieser aufbauend auf den Forschungsfragen aufgeführt. Die Szenarien dienten dann als Hilfestellung in der Konzeption von SSO. Dabei wurden zunächst Grobkonzepte entwickelt, wie in Abb. 11 dargestellt. Dabei sind entlang einer Route verschiedene SSOs eingesetzt, die die Nutzer je nach Bedarf unterschiedlich unterstützen: Darin enthalten sind Lichter, die auf sich nähernde Personen reagieren (links), ein Augmented-Reality-Informationssystem an einem Baum (Mitte links), eine Parkbank, die auf ankommende ältere Personen durch mit Vibrationen hinweist (Mitte rechts), sowie ein Kiosksystem, das zeigt, wie man Barrieren überwindet (rechts).

Grobkonzepte verschiedener smarter städtebaulicher Objekte
Abb. 11: Grobkonzepte verschiedener smarter städtebaulicher Objekte

Zur Konkretisierung der SSO haben wir mit unseren Konsortialpartnern initial sechs verschiedene Konzepte entwickelt. Diese sind im folgenden Text näher beschrieben. Die Vernetzung der einzelnen SSO ist in Abb. 12 dargestellt.

Vernetzung des digitalen Informationsraums mit dem realen Raum durch SSOs
Abb. 12: Vernetzung des digitalen Informationsraums mit dem realen Raum durch SSOs

Smarte Informationstafel: Mit Hilfe eines großen Wandbildschirms werden örtlich und zeitlich relevante Informationen für Senioren individualisiert aufbereitet und interaktiv explorierbar gemacht. Die örtliche Verankerung im öffentlichen Raum (in Abgrenzung zu persönlichen Mobilgeräten) soll zur sozialen Vernetzung und spontanen Wahrnehmung von Angeboten und anderen Personen beitragen (siehe Abb. 12, Punkte 1 & 5).

Smarte Bushaltestelle: Mit vernetzten Ein-/Ausgabegeräten versehen, können Bushaltestellen wartenden Senioren personalisierte und bedürfnisspezifische Informationen zu Fahrplänen, zu Wartezeiten oder zur Auslastung von demnächst ankommenden Bussen liefern (siehe Abb. 12, Punkt 2).

Smarte Parkbank: Die Höhe der Sitzfläche einer Bank kann automatisch an die individuellen Anforderungen von Senioren angepasst werden. Wenn die Bank per Sensorik erkennen kann, dass sich eine ältere Person nähert, können bereits sitzende Personen z. B. durch ein taktiles Signal dezent daran erinnert werden, Platz zu machen (siehe Abb. 12, Punkt 3).

Smarte Querung: Mittels geeigneter Hinweise (z. B. Leuchtsignale) können Senioren Informationen dazu erlangen, wie gut eine Straßenquerung (in diesem Fall ohne Ampel) zu ihren Bedürfnissen passt, z. B. ob die Bordsteinkante abgesenkt ist und wie stark das Verkehrsaufkommen ist.

Smarte Ampelanlage: Fußgänger-Grünphasen können individualisiert an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst werden, wenn diese sich nähern. Über geeignete Signale an die restlichen Verkehrsteilnehmer kann das Gewahrsein für diese Bedürfnisse gesteigert werden (siehe Abb. 12, Punkt 4).

Smarte Beleuchtungszonen: Die Beleuchtung von Straßen und Wegen kann individualisiert werden, z. B. Regulation der Intensität je nach Sehfähigkeit, oder gezielte Ausleuchtung der persönlichen Route (Licht-Leitsystem).

Die entwickelten Konzepte wurden anschließend in die Szenarien integriert, um eine Diskussion im Konsortium zu ermöglichen. Eines dieser Szenarien wurde in (Kötteritzsch et al. 2016b) näher beschrieben und soll an dieser Stelle in gekürzter Form einen Einblick in die Darstellung innerhalb eines Nutzungskontextes geben:

In Hardterbroich wurde vor kurzem die Infrastruktur erneuert und mit Systemen ausgestattet, die eine sichere Bewegung im Stadtquartier unterstützen Ihre Kinder haben Margot Nowak (82) und ihren Mann auf UrbanLife+ bereits registriert, sodass alle Funktionen der SSO für sie auch personalisiert zugänglich sind. Über die Kommunikation der SSO mit ihrem Smartphone wird die Bewegung innerhalb der Nachbarschaft erfasst und einem persönlichen Aktivitätsradius zugeordnet. Dieser wird in einer digitalen Repräsentation des Bereichs verzeichnet, in dem sich Brigitte sicher bewegen kann (also sich in der Bewegung sicher fühlt), ihrer Komfortzone. Die Komfortzone ist abhängig von dem situativen Kontext, also beispielsweise von Tageszeit, Wetter, oder der aktuellen Gemütslage von Margot. Diese Angaben sind in einem Profil auf dem Smartphone gespeichert (nicht in der Cloud). Je nach Interaktion mit SSO erweitert sich die Komfortzone. In Abhängigkeit davon, ob sich Margot innerhalb ihrer Komfortzone befindet oder nicht, wird eine andere Art der Unterstützung durch die genutzte Technologie angeboten.

Margot nähert sich dem Informationsbildschirm und ihr Smartphone verbindet sich automatisch mit dem Bildschirm. Aktuelle Angaben zu ihren Aktivitäten und zu ihrer Komfortzone werden an den Bildschirm gesendet. Auf dem Bildschirm erscheint ein persönlicher Informationsbereich, auf dem sie mit „Hallo Frau Nowak!“ begrüßt wird. Sie geht zum Bildschirm und sieht in ihrem Informationsbereich die heutigen Öffnungszeiten des Markts und ein Ablaufplan sowie zusätzliche Informationen und wird durch Herausforderungen ermuntert ihre Komfortzone zu erweitern. Margot nimmt eine dieser Herausforderungen an, den Hardterbroicher Markt zu besuchen (welcher außerhalb ihrer Komfortzone liegt), indem sie die Beschreibung in ihren persönlichen Bereich zieht. Die Herausforderung ist nun mit ihrem Profil verbunden (durch die Kommunikation zwischen Wandbildschirm und Smartphone).

Margot macht sich auf den Weg zum Markt und verlässt ihre Komfortzone. Sie sieht entlang des Weges mehrere kleine Geräte an Straßenlaternen angebracht, die in blauer Farbe pulsierend leuchten. Sie erinnert sich an die blaue Färbung der Informationen zum Hardterbroicher Markt und folgt dem Lichtpfad – sie ist auf dem richtigen Weg. Kurz danach erlischt das Licht des passierten Strahlers. Am Hardterbroicher Markt selbst wird ihr auf einer kleinen Informationstafel ein Plan des Marktes gezeigt. Hier kann sie die Stände, die sie auf jeden Fall besuchen möchte, durch Markierung dieser einfärben. Nach dem Marktbesuch geht sie zum Café und kauft dort Donauwelle. Ein kleiner Informationsscreen am Display zeigt ihr an, dass sie den zweiten Teil ihrer Herausforderung gemeistert hat. Der Markt gehört nun in ihre Komfortzone.

Das dargestellte Szenario ist in Abb. 13 bildlich dargestellt.

Interaktion mit BeleuchtungInteraktion mit ParkbankInteraktion mit Informationsbildschirm
Abb. 13: SSOs aus den Szenarien – Interaktion mit Beleuchtung, Parkbank und großem Informationsbildschirm

Nach der Diskussion der Konzepte und Einsatzzwecke im Projekt sowie unter Berücksichtigung unserer Forschungsfragen und Eingrenzung in den Stand der Technik, haben wir spezifische Gestaltungsparameter priorisiert. Darauf aufbauend ergibt sich der Fokus der vorliegenden Arbeiten:

Wir fokussieren unsere eigene Arbeit auf Informationsstrahler und darauf, wie diese für sich genommen oder als Teil von den o. g. SSO (insbesondere die smarte Informationstafel, ggf. die smarte Bushaltestelle) zum Projektziel beitragen können. Bei Informationsstrahlern (Cockburn 2008) handelt es sich allgemein um öffentliche Anzeigen (das können Bildschirme sein, müssen aber nicht), welche vorbeigehenden Menschen aktuelle Informationen liefern, die leicht zu sehen und zu verstehen sind, und welche sich oft genug ändern um ein wiederholtes Hinsehen lohnenswert zu machen. Beispiele für Anwendungen aus den Szenarien sind in Abb. 14 zu sehen.

Beispiele für Informationsstrahler aus den SzenarienBeispiele für Informationsstrahler aus den SzenarienBeispiele für Informationsstrahler aus den Szenarien
Abb. 14: Beispiele für Informationsstrahler aus den Szenarien

Wir übertragen den Ansatz der Informationsstrahler in den Kontext von UrbanLife+, indem wir auf Basis der Anforderungsanalyse die Frage betrachten, was für Arten von Informationen für Senioren im Alltag im urbanen Raum zugänglich gemacht werden sollten (und unter welchen Umständen verschiedene Arten von Informationen am hilfreichsten sind) und wie diese hinsichtlich der aufgestellten Forschungsfragen sinnvoll strukturiert und visualisiert werden können. Zudem betrachten wir die Informationsstrahler nicht als reine Ausgabemedien, sondern beziehen die gesamte MTI (Eingabe, Ausgabe, Aufbereitung von Struktur und Benutzer, etc.) mit ein.

Als Arten von möglichen Informationsstrahlern fassen wir große und kleine interaktive Bildschirme (Makro- und Mikro-Informationsstrahler), reine Audiogeräte (Lautsprecher) sowie Leuchtelemente ins Auge. Alle diese benötigen unterschiedlich gestaltete Interaktionen, mit deren Ausarbeitung wir uns über die gesamte Projektlaufzeit hinweg beschäftigt haben und welche wir in den folgenden Abschnitten genauer erläutern.

3.2. MTI-Gestaltung von Informationsstrahlern

In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Klassen der Informationsstrahler hinsichtlich ihrer MTI-Gestaltung und deren Entwicklung beschrieben.

Die Interaktion mit den Informationsstrahlern wurde wie folgt konzipiert: Mit dem Ziel das Gewahrsein von Teilhabemöglichkeiten im Raum zu erhöhen sollen die Informationsstrahler für ältere Nutzer a) eine Anregung zur Teilhabe bieten und b) bei der Teilhabe unterstützen. Dafür sehen wir die Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Aktivitäten im öffentlichen Raum vor (siehe ergänzend auch Abschnitt 4.3).

Die UBW unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arten von Informationsstrahlern für die Unterstützung älterer Personen im Kontext von UrbanLife+:

3.2.1. Makro-Informationsstrahler

Durch die Bereitstellung von Informationen über den Raum soll der Makro-Informationsstrahler bei der Planung von Aktivitäten helfen (also Teilhabechancen bereitstellen). Diese Informationen sollen den Nutzern entweder ohne direkte Interaktion zugänglich sein (Wahrnehmen bzw. Ansehen der Inhalte) oder durch explizite Interaktion (öffnen von Details zu Informationen oder Manipulation durch einfache Touch-Gesten oder Sprachsteuerung) Anregungen zu den Fragen geben:

Der erste Prototyp des Makro-Informationsstrahlers zeigte dafür in zufälliger Reihenfolge und Größe die Informationen zu der Umgebung in Hardterbroich an (Abb. 15). Diese „Flow Components“ wandern in verschiedenen Richtungen über den Bildschirm, was eine Erkennung auch während der Bewegung am Informationsstrahler vorbei erleichtern soll. Diese erste Version wurde im Konsortium diskutiert und mögliche weitere Inhalte gesammelt. Im Anschluss wurden zusätzliche „Sticky Components“ hinzugefügt (Wetter und Busabfahrtszeiten). Diese festen Elemente auf dem Bildschirm zeigen Informationen, die zu jeder Zeit relevant für die Bewegung im öffentlichen Raum sein können.

Erster Screenshot des Makro-Informationsstrahlers
Abb. 15: Erster Screenshot des Makro-Informationsstrahlers

Darüber hinaus wurde eine erste Version eines persönlichen Bereichs für angemeldete Benutzer implementiert. Es soll angemeldeten Benutzern dadurch ermöglicht werden, für sie interessante Objekte (z. B. Veranstaltungen) in das eigene Profil zu laden (z. B. „Ich möchte an dieser Veranstaltung teilnehmen“), persönliche Empfehlungen zu erhalten, oder weitere Funktionen zu Objekten zu erhalten (z. B. einen Dienst zu buchen oder Informationen mit anderen Personen zu teilen). In der ersten Version wurde hier zunächst das Hinzufügen über Drag & Drop umgesetzt. Dafür ist eine Authentifizierung notwendig, die in einer ersten Version als iOS App umgesetzt wurde und eine Anmeldung des Nutzers durch die Kommunikation mit iBeacons und dem Informationsstrahler ermöglicht (Abb. 16).

InfoRadiator-Identify-App zur Authentifizierung der Nutzer (links) am Informationsstrahler (rechts)
Abb. 16: InfoRadiator-Identify-App zur Authentifizierung der Nutzer (links) am Informationsstrahler (rechts)

Die dargestellten Informationen wurden zunächst seitens der UBW gesammelt und manuell in eine Excel-Tabelle eingetragen. Über das CommunityMashup, eine vorher entwickelte Lösung eines Informationsdienstes (Lachenmaier 2016), können Quellen über verschiedene APIs importiert werden. Es erlaubt die nahtlose Kombination von internen, manuell aktualisierten Daten (darunter fallen bei uns vor allem die Angebote für die Bewohner im Altenheim Hardterbroich sowie die Geschäfte und sonstige Teilhabemöglichkeiten in der Umgebung) mit automatisierten News-Feeds, etwa für regionale Nachrichtenmeldungen.

Aufbauend auf einem UBW-internen Design-Workshop wurde die Benutzerschnittstelle des Makro-Informationsstrahlers 2017 und 2018 weiter angepasst, um besser für die Bedürfnisse älterer Nutzer geeignet sowie visuell ansprechender zu sein. Zudem wurde eine erste Version der Detailansicht zu den Informationsobjekten implementiert, welche folgende Inhalte (je nach Informations-Typ und angemeldetem/anonymem Nutzer) darstellen kann:

Der persönliche Bereich wurde neu strukturiert und um persönliche Empfehlungen um den persönlichen Bereich herum ergänzt (Abb. 17).

Eine erste (reduzierte) Version des Makro-Informationsstrahlers wurde im Herbst 2017 im neuen Altenheim Hardterbroich im halböffentlichen Raum (Foyer) aufgestellt und wurde im Folgenden mit der Nutzergruppe älterer Personen, die nicht mehr im eigenen Haushalt leben, getestet und schrittweise verbessert.

Makro-Informationsstrahler Screenshot, Stand Juni 2017Makro-Informationsstrahler mit Detailansicht (links) und persönlichem Bereich (rechts), Stand Juni 2017
Abb. 17: Makro-Informationsstrahler mit Detailansicht (links) und persönlichem Bereich (rechts), Stand Juni 2017

Anfang 2018 konnten im Rahmen eines Workshops zur Gestaltung der Makro-Informationsstrahler insbesondere die Informationsartefakte und die Differenzierung in der Darstellung näher betrachtet werden, um den Anforderungen nach einer klaren Informationsdarstellung gerecht zu werden. Die Interaktionsgestaltung der Informationsstrahler unterscheidet demnach zwischen Sticky Items, welche statisch positioniert und jederzeit sichtbar sind und Flow Items, die sich räumlich und zeitlich im Wandel befinden und dadurch ständig neuen Nutzwert bieten. Für die Unterscheidung zwischen Flow und Sticky Items wurden verschiedene Bereiche auf dem Makro-Informationsstrahler abgetrennt. So werden Sticky Items insbesondere im oberen und unteren Drittel des Bildschirms dargestellt, während Flow Items in der Mitte des Bildschirms häufiger zu finden sind. Inhaltlich eignen sich Sticky Items für die Darstellung von dynamischen Informationen, die jedoch inhaltlich gleichbleibend sind (z. B. Wetter, Busabfahrtszeiten), während Flow Items statische Informationen darstellen, welche jedoch je nach Zeit, Tag oder Woche variieren (z. B. Veranstaltungsankündigungen, Orte in der Umgebung bzw. Points of Interest).

Die auf dem Prototyp im Altenheim Hardterbroich dargestellten Informationsobjekte werden von der Universität der Bundeswehr verwaltet. Das ursprüngliche Informationsangebot wurde gemeinsam mit der SHMG und den Anwendungspartnern vor Ort fortlaufend um aktuelle und saisonale Inhalte erweitert. Jederzeit wurden die umliegenden Geschäfte und sonstige vergleichbare Angebote mit Öffnungszeiten, Adresse, Karte und Fotos angezeigt, sowie aktuelle Angebote des Altenheims. Der wöchentliche Aktivitätenplan des Altenheims konnte in diesem Zeitraum nur von gesondert geschulten Mitarbeitern eingepflegt werden. 2020 konnte eine Vereinfachung der Inhaltsverwaltung, mit der Inhalte von den Projektpartnern eigenständig eingebracht werden können, umgesetzt werden.

Die Aktualität der Inhalte wurde während der Nutzung sowohl bemerkt als auch das Fehlen aktueller Informationen kritisiert. Werden Informationen im öffentlichen Raum dargestellt, so sollten diese dem aktuellen Stand der Nutzer entsprechen. Auch die Frequenz der Aktualisierung der Inhalte sollte ausreichend sein. Dies wurde in den Diskussionen im Technik Café deutlich. Daher wurden die Parameter in dem Laden von Informationen aus dem CommunityMashup so angepasst, dass wöchentlich neue Informationen aktualisiert und alte Informationen nicht mehr dargestellt wurden.

Während des Betriebs wurden im Lauf des Kalenderjahres 2018 außerdem verschiedene Änderungen an der Oberfläche vorgenommen. So wurde zu Ostern ein anderer Hintergrund gewählt und Video-Clips als Sticky Items zum Aufrufen auf dem Bildschirm hinzugefügt. Diese Saison-bedingte Gestaltung wurde seitens der Nutzer als sehr positiv wahrgenommen und die Bewohner des Altenheims gaben an, den Bildschirm häufiger zu betrachten. Hier ist zu prüfen, inwieweit sich diese Änderung der Nutzung bzw. Beachtung durch den Novelty-Effekt (Koch et al. 2018) erklären lässt und wie dieser eingesetzt werden kann, um den Nutzern von SSO eine nützliche Unterstützung zu bieten. Abb. 18 zeigt verschiedene Versionen der Benutzeroberfläche im Einsatz im Altenheim Hardterbroich sowie bei Großveranstaltungen.

Makro-Informationsstrahler in verschiedenen Einsätzen in 2018Makro-Informationsstrahler in verschiedenen Einsätzen in 2018Makro-Informationsstrahler in verschiedenen Einsätzen in 2018
Abb. 18: Makro-Informationsstrahler in verschiedenen Einsätzen in 2018

Die Software, welche die Basis für die Makro-Infostrahler ist, wurde 2018 außerdem um eine technische Schnittstelle für netzwerkbasierte Verwaltung erweitert. Diese bietet zunächst Funktionen zur Wartung und rudimentärer inhaltlicher Analyse. Die Grundlage für die Erweiterung um Funktionen zur detaillierten Inhaltsverwaltung durch und mit anderen SSO wurde hierdurch geschaffen. Die Makro-Informationsstrahler-Software umfasst zudem die Möglichkeit, bestimmte Buchungsvorgänge direkt anzeigen zu können.

Entsprechende Hardware vorausgesetzt (Lautsprecher), ist es im realen Betrieb möglich, beim Berühren von Informationsobjekten einen Soundeffekt abzuspielen und sich die Namen von Informationsobjekten vorlesen zu lassen. Hierzu kommt eine integrierte Text-to-Speech-Software zum Einsatz. Die soundbasierten Features stärken das Zwei-Sinne-Prinzip bei der Verwendung des Informationsstrahlers und kommen insbesondere Seniorinnen und Senioren mit Sehschwäche zugute.

Weiterhin wurde eine generelle Möglichkeit zur Einbindung von ein- und ausschaltbaren Vollbild-Inhalten aus internen oder externen Quellen geschaffen, welche für die von DRESO bereitgestellten interaktiven Karten eingesetzt worden ist. Für das Turmfest im Sommer wurde eine solche Karte angezeigt, kurz vor Jahresende wurde auch eine vom Stadtteil Hardterbroich erstellt und in den Informationsstrahler eingebunden.

Im letzten Projektjahr lag der Fokus der Arbeit am Makro-Informationsstrahler bei den Evaluationen im Senioren-E-Scooter-Park (siehe Abschnitt 5.5.2). Dafür wurde die Software um eine Netzwerkschnittstelle ergänzt, welche die Farbe des persönlichen Bereichs (letztlich umbenannt in „Persönliche Pinnwand“) sowie den Namen des registrierten Nutzers jederzeit – auch während des Betriebs – ändern kann. Somit war es möglich, dass eine Testperson sich mit Namen und Lieblingsfarbe bei den Versuchsleitern der UBW anmelden konnte und wenige Sekunden danach die personalisierte Version des Makro-Informationsstrahlers zur Verfügung stand.

3.2.2. Mikro-Informationsstrahler

Das Konzept für Mikro-Informationsstrahler wurde 2017 konkretisiert. Aus dieser Konkretisierung entstanden verschiedene Interaktionsmöglichkeiten für Mikro-Informationsstrahler und eine prototypische Implementierung in einem erweiterten Szenario (Lehner 2017).

Mit dem Ziel den Nutzer auf wichtige Aspekte im öffentlichen Raum aufmerksam zu machen, sollen die Mikro-Strahler verschiedene visuelle und auditive Gestaltungsparameter ermöglichen:

Die erste Umsetzung der Mikro-Informationsstrahler betrachtete die vorhandenen Mikro-Informationsstrahler entlang des Weges und sendete vorgefertigte Hinweise an den Informationsstrahler, sobald der Nutzer sich diesem nähert und das persönliche Endgerät sich mit diesem verbindet. Hier wird über eine LED-Anzeige ein Hinweis gegeben, welcher dem Nutzer bei der aktuellen Aktivität helfen soll (z. B. den Weg zu finden). Zusätzlich werden Audio-Ausgaben genutzt, um den Nutzer auf für ihn wichtige Aspekte hinzuweisen (z. B. eine Ruhemöglichkeit in der Nähe). Die Mikro-Informationsstrahler umfassen eine Kombination impliziter Interaktion (Erkennung des Nutzers) und vorrangig keiner Interaktion (Ausgabe der Informationen), um den Nutzer – insbesondere außerhalb seiner Komfortzone – nicht zu überlasten. Eine zusätzliche explizite Interaktion wurde durchdacht, welche dem Nutzer die Interaktion mit verfügbaren Dienstleistungen im Raum erleichtern soll (z. B. ein Taxi rufen).

Mikro-Informationsstrahler und Webanwendung Stand August 2017 (Lehner 2017)
Abb. 19: Mikro-Informationsstrahler und Webanwendung Stand August 2017 (Lehner 2017)

Diese prototypische Umsetzung der Mikro-Informationsstrahler wurde 2018 leicht überarbeitet. Der Einsatz der Geräte und der Software wurde vereinfacht und die relevante Dokumentation wurde erweitert. Jedoch erwies sich diese prototypische Implementation als nicht gut genug geeignet, um mit den zentralen Systemen in UrbanLife+ integriert zu werden. Deshalb wurde 2019 eine neue Implementation auf Basis der gleichen Hardware angestoßen.

Im Rahmen einer UBW-Lehrveranstaltung 2018 befasste sich ein Team aus drei Studierenden mit der Perspektive der Mikro-Informationsstrahler und führte eine Literaturstudie durch, die basierend auf verwandten Arbeiten aus der Wissenschaft eine Reihe von Gestaltungsempfehlungen zusammenfasst. Das Team betrachtete neben den Ergebnissen zu Informationsstrahlern aus dem Kontext UrbanLife+ noch diverse andere Veröffentlichungen und Projekte zu interaktiven digitalen Leitsystemen. Aus den Beobachtungen heraus wurden theoretische Überlegungen zu Farbgebung und Symbolnutzung durchgeführt und verschriftlicht. Das Ergebnis der Arbeit ist eine Reihe von konkreten Gestaltungsempfehlungen, welche wir aus (Beck et al. 2018) an dieser Stelle vollständig wiedergeben:

Aus den Ergebnissen dieser Arbeit lassen sich folgende Eigenschaften herausarbeiten, die Mikrostrahler als eine besondere Form der Informationsstrahler bei einer Anwendung im öffentlichen Raum aufweisen müssen, um zielführend wahrgenommen werden zu können:

Für die Entwicklung von Mikro-Informationsstrahlern wurde zusätzlich 2019 die theoretische Grundlage neu aufgearbeitet, die bisherige Einsätze und wissenschaftliche Erkenntnisse beinhaltet und in die verschiedenen Interaktionsmöglichkeiten untergliedert (auditiv, visuell und taktil). Diese wurde dokumentiert und als Inspiration für mögliche Anwendungsszenarien und Evaluationsmöglichkeiten verwendet. Als Beispiel wurden existierende Anwendungsszenarien im öffentlichen Raum identifiziert: Mikro-Informationsstrahler in Navigationssystemen, Parkhäusern und deren Leitsystemen, smarte Ampeln und Straßenbeleuchtungen. Dabei wurden Empfehlungen für die MTI-Gestaltung identifiziert, insbesondere in Bezug auf die visuelle Interaktion. Die Gestaltungsempfehlungen geben Hinweise zur Farbwahl (Assoziation zur Farbe, Anzahl unterschiedlicher Farben, Kontraste, etc.) und Verwendung von Symbolen. Auch zur auditiven Benutzerschnittstelle konnten Anwendungsszenarien (z. B. Audiohinweise zur virtuellen Wegfindung) und Empfehlungen an die MTI-Gestaltung identifiziert werden. Diese Erkenntnisse wurden 2020 auf der „Mensch und Computer“ als Kurzbeitrag veröffentlicht und vorgestellt (Stojko et al. 2020).

Aufbauend auf die Literaturrecherche wurde mit der Programmierung eines neuen Anwendungsframeworks für die Mikro-Informationsstrahler begonnen. Dabei wurde der Fokus auf die Integration des Aktivitätsunterstützungsdienstes und der einfachen Einsetzbarkeit und Wartbarkeit gelegt.

Für die Kommunikation mit den anderen UrbanLife+ Komponenten wurde ein MQTT-Protokoll umgesetzt. Dieser ermöglicht einen einfachen Informationsaustausch vieler oder größerer Datenmengen. Die Mikro-Informationsstrahler wurden durch RaspberryPis Model 3B und einem SenseHat Modul realisiert. Die Funktionalitäten wurden in Python umgesetzt und umfassen die Interaktionsauswahl und -durchführung mit den Senioren als auch die Kommunikation mit einem Support Layer (Mikro-Informationsstrahler Controller – siehe Abschnitt 4.4), welcher den Austausch mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst ermöglicht.

3.3. Weitere SSO-Konzepte der UBW

Im Rahmen des Lehr-Moduls „Mensch-Computer-Interaktion“ an der Universität der Bundeswehr München wurden 2019 durch insgesamt 13 Gruppen (bestehend aus je 2-5 Studierenden) Konzepte für SSO sowie hypothetische Planungen für deren Evaluation entwickelt. Die Konzepte der Studierenden sind wie folgt betitelt:

Zu jedem Konzept liegt ein wissenschaftliches Poster sowie ein Projektbericht vor, welche von den Studierendengruppen erarbeitet wurden. Diese Arbeit wurde teilweise von Projektmitarbeitern betreut.

3.4. MTI im urbanen Raum: Erkenntnisse für die MTI-Gestaltung

Sowohl für Informationsstrahler als auch für die anderen SSO-Konzepte haben wir grundlegende Erkenntnisse für die MTI-Gestaltung zusammengetragen.

Allgemeine Empfehlungen für die Gestaltung von interaktiven Objekten finden sich in verschiedenen Heuristiken (z. B. (Nielsen 1994, Shneiderman & Plaisant 2004, Norman 2013)) und Guidelines (wie den Apple Human Interface Guidelines) oder andern Arbeiten wie den handlungsleitenden Kriterien im Sinne des Designs für Alle (Neumannconsult 2014).

Gestaltungsempfehlungen speziell für ältere Personen entwickelten beispielsweise Díaz-Bossini und Moreno (Díaz-Bossini & Moreno 2014), (Kötteritzsch et al. 2016a), (Bright & Coventry 2013) oder (Abril-Jiménez et al. 2009). Ein Beispiel solcher Gestaltungsempfehlungen ist die Berücksichtigung des Zwei-Sinne-Prinzips bei Ausgaben (also das gleichzeitige Ansprechen von zwei Sinnen – z. B. Hören und Sehen) oder die Berücksichtigung von Einschränkungen bei Touch-Interaktion sowie von Einschränkungen bei Sprach-Interaktion.

Eine „einfache“ Anwendung der vielen (und teilweise widersprüchlichen) Gestaltungsempfehlungen ist zwar möglich, berücksichtigt aber die speziellen Eigenschaften von SSO nicht ausreichend. Basierend auf Erfahrungen aus der Literatur und eigenen Erkenntnissen haben wir die MTI-Herausforderungen an Objekte im urbanen Raum deshalb in vier MTI-Querschnittsthemen zusammengefasst, die sich leicht überprüfen und als Anregungen für einen Entwurf heranziehen lassen:

Im Folgenden werden diese MTI-Querschnittsthemen im Detail betrachtet.

3.4.1. Zielsetzung zur Anpassungsfähigkeit: Die Komfortzone

Betrachtet man die Anpassungsfähigkeit von Technologien aus Sicht der MTI, so rücken folgende Fragen in den Vordergrund:

  1. Anpassungsgrundlage: „Warum bzw. worauf aufbauend wird angepasst?“
  2. Anpassungsgegenstand: „Was wird angepasst?“
  3. Anpassungsweise: „Wie wird angepasst?“

Die Beantwortung dieser Fragen trägt dazu bei festzustellen, wie Systeme gestaltet werden müssen, um eine flexible und geeignete Anpassungsfähigkeit für ältere Personen im urbanen Raum bereitzustellen. Hier wurde zunächst betrachtet, wie ein Benutzermodell8 älterer Personen für SSO ausgestaltet werden kann. Betrachtet man SSO, die miteinander kommunizieren, so sind verschiedene Aspekte der Interaktion für die Anpassungsfähigkeit relevant: Der Benutzer interagiert mit einem Objekt, welches z. T. persönliche Informationen für die Anpassung benötigt. Diese Objekte müssen Informationen über den Nutzer miteinander austauschen, wobei nicht immer davon ausgegangen werden kann, dass alle Informationen zum Zeitpunkt der Interaktion bzw. der Anpassung vorhanden sind. Zum anderen sind die Bedürfnisse der Nutzer sowohl aufgrund des Kontextes als auch aufgrund der individuellen Charakteristika heterogen und sollten entsprechend in die Anpassung einbezogen werden.

Um die Komplexität der Benutzermodellierung zu reduzieren, haben wir den Fokus auf Unterstützungstechnologien für ältere Personen gelegt. Unter Einbezug der Begehung der Quartiere im Projekt lässt sich vermuten, dass ältere Personen in bekannten Umgebungen und zu Zeitpunkten, in denen sie sich sicher und wohl fühlen a) weniger bis keine Unterstützung benötigen und b) sie für neue Aktivitäten, Angebote und Technologien eher offen sind. Befinden sie sich jedoch in einer unbekannten Umgebung oder unkomfortablen Situation (z. B. erschöpft, viel Straßenverkehr), so benötigen sie mehr Unterstützung und können neue Eindrücke weniger gut verarbeiten. Zur Abbildung dieser Aspekte haben wir das Konstrukt der Komfortzone entwickelt.

Die Komfortzone ist ein dynamisches Konstrukt, welches verschiedene Aspekte des Wohlbefindens eines Nutzers im öffentlichen Raum mit einbezieht:

Für die Einschätzung, ob sich ein Benutzer innerhalb seiner Komfortzone befindet, können verschiedene Daten über den Nutzer einbezogen werden: Informationen über den Standort von Personen (z. B. Aufenthaltsort des Nutzers und seiner Freunde in sozialen Netzwerken), das Verhalten im urbanen Raum (z. B. Bewegungsmuster), die Interaktion mit dem System selbst (z. B., ob ein Benutzer sehr zielgerichtet oder eher explorativ interagiert), analysierte Vitalparameter (z. B. Puls oder Schweißmenge), sowie direkt eingegebene Informationen (z. B. Abfrage des Wohlbefindens).

Die Komfortzone kann also abhängig von verschiedenen Parametern bestimmt werden. Abb. 20 soll am Beispiel der im Projekt entwickelten Szenarien zeigen, wie sich die Komfortzone um den Nutzer herum ausbreitet. Dabei handelt es sich nicht um die Darstellung als Karte im System, diese dient lediglich der Veranschaulichung.

Komfortzone (gelb: Nutzer in der, und rot: Nutzer außerhalb der Komfortzone)
Abb. 20: Komfortzone (gelb: Nutzer in der, und rot: Nutzer außerhalb der Komfortzone)

Die Komfortzone soll aber nicht nur als Konstrukt in der Nutzermodellierung gesehen werden, sondern als Grundlage für die systematische Abbildung eines Aktivitätsradius älterer Personen, also als Anpassungsgrundlage dienen. Um die Teilhabe älterer Personen am städtischen Leben zu erhöhen, soll die Safety erhöht werden. Dies soll durch die Erweiterung der Komfortzone gelingen. Abhängig davon, ob sich der Benutzer in seiner Komfortzone befindet, soll ein Informationsstrahler mehr oder weniger Unterstützung anbieten und neue oder bekannte Inhalte und Services priorisieren.

Im System bedeutet dies, die Komfortzone als Komponente der Benutzermodellierung mit einzubeziehen. Sie dient im System als Schicht zwischen Nutzermodell und Bereitstellung bzw. Anpassung von Inhalten, ist aber auch Teil des Benutzermodells. Gleichzeitig wird eine Anpassung auf verschiedenen Endgeräten auch für anonyme Benutzer ermöglicht, indem generische und verteilte Benutzermodelle verwendet werden. Abb. 21 stellt dies für verschiedene Informationsstrahler beispielhaft dar.

Verteilte Nutzermodelle, die Informationen austauschen
Abb. 21: Verteilte Nutzermodelle, die Informationen austauschen

Ist dem System bekannt, ob sich ein Nutzer innerhalb seiner Komfortzone befindet und hat es Zugriff auf Informationen zu den Bedürfnissen des Nutzers, kann eine Anpassung im System stattfinden. Bei Betrachtung der MTI kann dies auf unterschiedlichen Ebenen geschehen. Einen Einblick, welche Aspekte der Interaktion sich mit dem Wechsel von Situation oder Nutzerbedürfnissen verändern, gibt das Modell der Mensch-Computer-Kommunikation (Herczeg 2009a). Das Modell betrachtet sechs Ebenen bzw. Dimensionen der Interaktion, welche Veränderungen der Situation mit sich führen. Im Folgenden wird dies am Beispiel möglicher Anpassungen von Unterstützungssystemen für ältere Personen aufgeführt und in Abb. 22 dargestellt.

Verteilte Nutzermodelle, die Informationen austauschen
Abb. 22: Anpassung im Modell der Mensch-Computer-Kommunikation (erweitert basierend auf Herczeg 2009a)

Die Anpassungsfähigkeit kann durch einen modularen Aufbau mit anpassungsfähigen Komponenten gestaltet werden. Eine Möglichkeit dies umzusetzen ist mittels Widgets, welche eine eigene Logik, Darstellung und Verarbeitung von Informationen aufweisen, diese aber in Austausch mit anderen Komponenten integrierbar machen. Hierzu schlagen wir Support Widgets vor – kleine Anwendungen, welche Teile der Benutzerschnittstelle einnehmen und jeweils eigene Interaktionen mit dem Benutzer ermöglichen. Gesteuert werden diese durch eine allgemeine Koordinierungsebene auf dem jeweiligen Informationsstrahler. Diese kleinen Unterstützungselemente, die jeweils Schnittstellen für die Informationsstrahler bereitstellen, bieten dem Benutzer unterschiedliche Hilfestellungen. Die Verwaltung der Komfortzone geschieht dabei auf zentraler Ebene. Je nach Nutzer wird dann entschieden, welche Widgets gestartet werden und welche Eigenschaften diese mit sich bringen müssen. Die Struktur der Support Widgets wird in Abb. 23 am Beispiel der Informationsstrahler aufgeführt.

Support Widget Struktur zur Umsetzung der Anpassungsfähigkeit
Abb. 23: Support Widget Struktur zur Umsetzung der Anpassungsfähigkeit

8: Unter dem Begriff der Benutzermodellierung werden Tätigkeiten zusammengefasst, die eine Repräsentation des Benutzers im System erzeugen und worauf aufbauend Systemparameter verändert werden.

3.4.2. Zielsetzung zur Mehrbenutzerfähigkeit

Zur Mehrbenutzerfähigkeit wurden zu Beginn Erkenntnisse aus aktuellen Forschungsarbeiten und bestehender Literatur einbezogen und in den folgenden Projektjahren durch Einsatz in den Demonstratoren überprüft.

Zur Beschreibung und Analyse solcher Mehrbenutzerszenarien wurden in der Literatur z. B. verschiedene Interaktionszonenmodelle für große Wandbildschirme näher definiert und betrachtet (z. B. (Vogel & Balakrishnan 2004)). Abb. 24 (links) zeigt eine solche Darstellung von Interaktionszonen: In der aktiven Zone oder Interaktionszone kann direkt mit dem Bildschirm interagiert werden, Personen in der Aufmerksamkeitszone richten ihre volle Aufmerksamkeit auf die Inhalte des Bildschirms oder die Aktivitäten der Personen in der aktiven Zone, und Personen in der Wahrnehmungszone nehmen Inhalte oder Aktivitäten auf dem Bildschirm (peripher) war, um basierend darauf dann in die Aufmerksamkeitszone oder die aktive Zone zu wechseln.

Gegenüberstellung räumlicher und zeitlicher Interaktionsmodelle
Abb. 24: Gegenüberstellung räumlicher und zeitlicher Interaktionsmodelle

Forschungsarbeiten an der UBW erzielten, basierend auf Literatur und eigenen Laborstudien, Gestaltungsempfehlungen für interaktive Wandbildschirmanwendungen in Mehrbenutzerszenarien (Nutsi & Koch 2015, Nutsi 2018). Ein Thema, das dabei z. B. eine Rolle spielt, betrifft die Untersuchung, welche Bewegungsrichtungen von Text auf dem Bildschirm für die beste Lesbarkeit sorgen. Eine Nutzung von bewegtem Text auf dem Bildschirm motiviert sich dabei über verschiedene Erkenntnisse dazu, dass animierte Darstellungen helfen, die Aufmerksamkeit von Benutzern auf den Bildschirm zu ziehen oder zu vergrößern (Huang et al. 2008). Klassisch wird davon ausgegangen, dass Leading – d.h. die Bewegung einer Folge von Worten von rechts nach links - die optimale Animationsweise ist (So & Chan 2009). Diese Arbeiten berücksichtigen aber nicht, dass 1) der Blick auf den Bildschirm vielleicht teilweise von anderen Benutzern blockiert wird (Mehrbenutzerszenario), und 2) dass Benutzer vielleicht nicht starr vor dem Bildschirm stehen, sondern sich beim Betrachten des Bildschirms selbst bewegen. In einer Laborstudie haben wir deshalb diese Szenarien mit verschiedenen Bewegungsrichtungen für Text überprüft und jeweils die Variante ermittelt, welche die beste subjektive Lesbarkeit bietet (Nutsi & Koch 2016).

Ergebnis der bisherigen Experimente war, dass die typische Textanimationsrichtung (rechts nach links) nicht immer die beste Wahl ist. Wenn ein Benutzer vor dem Bildschirm steht, dann hat sich als optimal herausgestellt, wenn der Text vertikal animiert wird (von oben nach unten). Für sich bewegende Benutzer hat sich als optimal herausgestellt, wenn sich der Text mit dem Benutzer (in Bewegungsrichtung) bewegt.

Laborexperiment zur optimalen Textanimationsrichtung (Nutsi & Koch, 2016)
Abb. 25: Laborexperiment zur optimalen Textanimationsrichtung (Nutsi & Koch, 2016)

Eine andere Reihe von Untersuchungen in diesem Zusammenhang betraf die Verwendbarkeit von Audio in Mehrbenutzerszenarien (Nutsi & Koch 2017, Nutsi 2018).

3.4.3. Zielsetzung zu Walk-up-and-use-Fähigkeit

Im Bereich Walk-up-and-use wurden zu Beginn insbesondere Erkenntnisse aus aktuellen Forschungsarbeiten und bestehender Literatur eingebracht. Walk-up-and-use-Fähigkeit ist dabei eng mit intuitiver Nutzbarkeit verknüpft – oder sogar als äquivalent dazu zu sehen. Intuitive Nutzbarkeit wurde z. B. definiert als: ,,Ein technisches System ist intuitiv benutzbar, wenn es durch nicht bewusste Anwendung von Vorwissen durch den Benutzer zu effektiver Interaktion führt“ (Mohs et al. 2006). Noch früher geht Raskin auf den Zusammenhang zwischen Intuitivität und Vertrautheit (familiarity) ein (Raskin 1994). Endgültig ist der Begriff der Intuitivität von Benutzungsschnittstellen allerdings nicht geklärt (Herczeg 2009b).

Im Kontext der großen interaktiven Wandbildschirme gehen wir nun konkret der Frage nach, wie jemand, der an den Bildschirmen vorbei geht 1) auf den Bildschirm und die Interaktivität des Bildschirms aufmerksam gemacht werden kann, 2) motiviert werden kann, an den Bildschirm heranzutreten, und 3) motiviert und befähigt werden kann nutzenbringende Touch-Interaktion mit dem Bildschirm auszuführen. Vom Modell her orientieren wir uns dabei an den, in Abb. 24 rechts dargestellten, zeitlichen Interaktionszonen. Diese unmittelbar verständliche und erwartungskonforme Nutzung (oder eben ,,intuitive“ Nutzung) ist wieder keine reine Produkteigenschaft. Sie beschreibt eher Beziehungen zwischen Produkt, Nutzer und Kontext. Intuitivität reduziert den ,,bewussten Teil“ der kognitiven Verarbeitung. Die Aufmerksamkeit steht dann in höherem Maße für die primäre Aufgabe zur Verfügung.

Zur Erarbeitung einer Lösung setzen wir aktuell auf konstruktionsorientierte Forschung (d. h. wir bauen zu den ermittelten Anforderungen und mit in der Literatur recherchierten Erkenntnissen Prototypen) unterstützt durch einzelne Labor- und Feldexperimente mit den gebauten Prototypen zur Abklärung von optimalen Gestaltungsvarianten (Lösch et al. 2015, Lösch et al. 2017, Lösch 2020).

Grundidee der Lösung ist es, die Kommunikation mit den Passanten frühzeitig – also bereits bei Eintritt in die äußeren Interaktionszonen – zu beginnen und die Benutzer dann schrittweise durch die verschiedenen Zonen und in die aktive Interaktion mit dem System zu führen. Die Ansprache der Benutzer durch das System erfolgt dabei mittels der Anzeige von bewegungssynchronen Spiegelbildern der Nutzer auf dem Bildschirm, ergänzt durch kurze Textanweisungen und weitere visuelle Elemente. Die Nutzer erkennen sich in Ihren Spiegelbildern wieder und verstehen so bereits von Weitem, dass der Bildschirm auf sie reagiert – also interaktiv ist. Um das Spiegelbild herum platzierte Textnachrichten können auch in einem Mehrbenutzerszenario leicht den zugehörigen Personen zugeordnet werden, so dass eine individuelle Betreuung jedes einzelnen Benutzers möglich ist.

Auf diese Weise werden die Nutzer spielerisch dazu angeregt, vor dem Bildschirm stehen zu bleiben, näher an den Bildschirm heran zu treten und schließlich eine erste Touch-Interaktion zu tätigen. Durch das Wechselspiel zwischen Aktionen der Benutzer und der Rückmeldung des Systems erhalten die Benutzer in jeder Situation einen Impuls in die Richtung des gewünschten Verhaltens. So kann die erfolgreiche Ausführung der Nutzeraktionen unterstützt und gleichzeitig die Motivation der Benutzer zur Beschäftigung mit dem System aufrechterhalten werden. Während dieser Hinführung der Nutzer an das System wird die Aufmerksamkeit von Passanten geweckt, die Modalität der Interaktion mit dem System (in diesem Fall die Touch-Interaktion) vermittelt und damit schließlich die eigenständige und nutzbringende Touch-Interaktion mit dem System motiviert.

3.4.4. Zielsetzung zu Joy-of-use: Der Einsatz von Herausforderungen

Für den Bereich Joy-of-use wurde beschlossen, Herausforderungen mit dem Ziel der Erweiterung der Komfortzone anzubringen. Herausforderungen (englisch: quests) sind ein Gestaltungsmittel, das vor allem aus Online-Rollenspielen bekannt ist. Die meisten Arten von Spielen enthalten Belohnungssysteme verschiedener Art, die dafür sorgen sollen, dass vom Spieler eingesetzte Motivation und Mühe auf eine Weise honoriert werden, die zum erneuten bzw. fortgeführten Spielen des Spiels ermutigt. Herausforderungen sind in diesem Sinne eine konkrete Form der Gestaltung, in der sowohl die Anforderungen an den Spieler sowie auch die in Aussicht gestellte Belohnung bereits von Anfang an bekannt sind und klar kommuniziert werden. Der Spieler kann entscheiden, ob die Belohnung den Aufwand wert ist, und die Herausforderung entsprechend annehmen, ablehnen, oder für einen späteren Zeitpunkt im Hinterkopf behalten. Dies steht im Gegensatz zu vielen anderen in Online-Spielen genutzten Belohnungssystemen, da in denen Art und Umfang der Belohnung erst nach Erfüllung der Aufgabe kommuniziert werden.

Im Zentrum der Ausgestaltung von Herausforderungen für UrbanLife+ steht eine grundlegende Annahme: Unabhängig davon, ob die Benutzer sich eine Erweiterung der Komfortzone wünschen oder nicht, ist eine vergrößerte Komfortzone für einige Benutzertypen allein keine hinreichend geeignete Motivationsquelle. Konkrete, in Art und Umfang bekannte, „fassbare“ Belohnungen können Benutzer zu Aktivitäten außerhalb ihrer Komfortzone motivieren und zur Langzeitnutzung eines Informationsstrahlers beitragen. Diese Annahme wurde 2020 als Teil der Evaluation der Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park empirisch untersucht (siehe Abschnitt 5.6.2).

In diesem Sinne ist es sinnvoll, sowohl für die Anforderungen bzw. Aktivitäten der Herausforderungen als auch für die Belohnungen auf reale Angebote der Umsetzungspartner in Mönchengladbach zurückzugreifen. Anforderungen und Belohnungen sollen die Lebenswelt der Benutzer unmittelbar berühren. Dies sollte unter Einbeziehung von kulturellen und sozialen Angeboten sowie von Einzelhandel, Gastronomie und anderen ansässigen Gewerbebereichen möglich gemacht werden. Hier könnten Gewerbe durch die Bereitstellung kleinwertiger Belohnungen (z. B. ein kostenloses Stück Kuchen im Café oder ein geschenktes Kochbuch im Buchladen) im Gegenzug mögliche Neukunden gewinnen und den Konsum der vorhandenen Kunden steigern bzw. diese an sich binden (ähnlich wie es bei Bonussystemen der Fall ist).

Die Herausforderungen sollten nahtlos in das Angebot der Informationsstrahler eingebunden werden. Sie werden den Benutzern gemeinsam mit anderen personalisierten Informationsangeboten präsentiert. Mit einer Umsetzung dieser Grundlage im Rahmen der Informationsstrahler konnte dann evaluiert werden, wie sich Herausforderungen auf die Motivation der Benutzer auswirken, d.h. ob Herausforderungen in UrbanLife+ einen messbaren Beitrag zur Erweiterung der Komfortzone der Benutzer leisten – siehe dazu Abschnitt 5. Gleichzeitig wurde evaluiert, ob die Annahme und das Erfüllen von Herausforderungen den Benutzern Freude bereitet, und wenn ja, wie die erlebte Freude mit der Motivation für weitere Aktivitäten in Zusammenhang steht.

3.4.5. Erkenntnisse zur Wahrung der Nutzerautonomie

Bei der Gestaltung von MTI-Systemen für Senioren, insbesondere solcher Systeme, die bei Alltagsabläufen Unterstützung bieten sollen, müssen MTI-Gestalter den möglichen Nutzen gegen potenzielle Störungen der Alltagsabläufe der Nutzer abwägen. Im Projekt UrbanLife+ hatten wir den Anspruch, unserer Nutzergruppe wo immer möglich Unterstützung anzubieten und Empfehlungen für Angebote zu machen, jedoch ohne die Personen in ihrer Entscheidungskompetenz einzuschränken oder ihnen etwas gegen ihren Willen aufzudrängen. Diese Abwägungen erfordern ein behutsames Vorgehen in der Gestaltung und es ist nicht immer abzusehen, ob ein bestimmter MTI-Impuls mehrheitlich als wertvolle Unterstützung angenommen oder als Verletzung der Autonomie gesehen werden wird.

Ein Forschungsergebnis, das zu dieser Frage im Kontext von UrbanLife+ entstanden ist, ist eine Gestaltungsheuristik die wir die „Wahlbandbreiten-Heuristik“ genannt haben. Die Frage ist: Erweitert die Interaktion das Spektrum der verfügbaren Aktionen des Benutzers oder schränkt sie es ein? Wir beobachten, dass Systeme, welche die Autonomie des Benutzers untergraben, in der Regel eine bestimmte Aktivität im Kern haben, die der Benutzer ausführen soll, wie z. B. das Ansehen eines Werbespots. Die Systeme versuchen dann, sicherzustellen, dass diese Aktivität einfacher und bequemer ist als jede mögliche Alternative, z. B. indem sie den Button zum Schließen der Werbung so klein und schwer zu sehen wie möglich machen. Die Fähigkeit des Benutzers zu entscheiden, was die Technologie tun soll, wird absichtlich sabotiert, indem der Benutzer manipuliert und seine Autonomie untergraben wird.

Im Gegensatz dazu bieten Systemdesigns, die die Autonomie des Benutzers respektieren, in der Regel zusätzliche Handlungsoptionen oder bieten für alle Optionen gleichermaßen transparente Bedingungen. Zwar kann das System Bewertungsinformationen zu weniger ratsamen Optionen liefern oder den Benutzer sogar vor potenziellen Gefahren warnen, doch letztlich ist es das Ziel, den Benutzer in die Lage zu versetzen, rationale Entscheidungen auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen zu treffen.

Das logische Argument für die Heuristik der Wahlbreite lautet wie folgt:

  1. Wenn das System die Autonomie des Benutzers respektiert,
  2. dann überlässt das System alle wichtigen Entscheidungen dem Benutzer. Wenn dies der Fall ist,
  3. dann erweitert das System das Spektrum der möglichen Aktionen des Benutzers.

Und im umgekehrten Fall:

  1. Wenn das System die Autonomie des Benutzers nicht respektiert,
  2. dann trifft das System wichtige Entscheidungen im Namen des Benutzers. Wenn dies der Fall ist,
  3. dann schränkt das System das Spektrum der möglichen Aktionen des Benutzers ein.

Diese Wahlbandbreiten-Heuristik ist im Kontext eines MTI-Gestaltungsprozesses leichter zu bewerten und zu diskutieren als das abstrakte Kriterium „Respekts vor der Autonomie des Benutzers“. Wenn Gestaltungsentscheidungen getroffen werden, lautet die heuristische Bewertungsfrage: Zielt die zu treffende Entscheidung darauf ab, das Spektrum der verfügbaren Optionen des Benutzers zu vergrößern oder zu verkleinern? (Fietkau & Balthasar 2020)


4. Vernetzung der der smarten städtebaulichen Objekte

Während in Kapitel 3 auf einzelne SSO eingegangen wurde, soll es hier darum gehen, wie diese Objekte miteinander, mit Hintergrunddiensten oder externen Quellen vernetzt sind. Nach einer kurzen Einführung gehen wir dabei hauptsächlich auf die Arbeiten ein, die vom Team der UBW im Zusammenhang mit Informationsstrahlern durchgeführt worden sind.

4.1. Benötigte Vernetzung für die MTI

Um einen Nutzen für ältere Personen im öffentlichen Raum durch MTI zu erzeugen, werden die SSO miteinander und mit einer zentralen Datenbasis vernetzt. Nur so können eine einheitliche Unterstützung und Personalisierung gewährleistet werden.

Federführend für die Planungen zur technischen Vernetzung und infrastrukturellen Verbindung der verschiedenen Prototypen für SSO ist die ULE. Dieser technische Bericht ist fokussiert auf das Konzept aus MTI-Sicht.

In der Diskussion der Vernetzung und benötigter Dienste mit den FuE-Partnern wurde deutlich, dass für die Personalisierung der SSO ein (gemeinsamer, SSO-übergreifender) Profilspeicher benötigt wird. Für eine sinnvolle Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Aktivitäten benötigen die Informationsstrahler Daten über den Nutzer und den Nutzungskontext:

Diese Informationen müssen abgeglichen und in einem einheitlichen Format übermittelt werden, damit die Informationsstrahler diese interpretieren und darstellen können. Dargestellt ist dies in Abb. 26.

Schnittstellen zwischen SSO und anderen Systemkomponenten aus Sicht der MTI Gestaltung ohne ProfilspeicherSchnittstellen zwischen SSO und anderen Systemkomponenten aus Sicht der MTI Gestaltung mit Profilspeicher
Abb. 26: Schnittstellen zwischen SSO und anderen Systemkomponenten aus Sicht der MTI Gestaltung ohne (links) und mit Profilspeicher (rechts)

Eine personalisierte Unterstützung, wie sie in den Szenarien beschrieben ist, benötigt aus Sicht der Informationsstrahler eine Vernetzung mit der seitens des Konsortialpartners ULE entwickelten UrbanLife+-Plattform und weiteren SSO über folgende Dienste / Funktionalitäten:

Die obige Liste umfasst nur diejenigen Dienste, welche aus Sicht der UBW für den sinnvollen Betrieb von SSO unbedingt erforderlich sind. Ein vollständigeres Schema der geplanten Dienst-Landschaft im Projekt (Stand 2018) zeigt Abb. 27.

Interaktion zwischen den Systemkomponenten durch Dienste
Abb. 27: Interaktion zwischen den Systemkomponenten durch Dienste

Der Abschnitt 3.2.1 zum Makro-Informationsstrahler beschreibt unter anderem die Schaffung von Schnittstellen zur gemeinsamen UrbanLife+-Middleware im Jahre 2018 und die Realisierung einer besseren Inhaltsverwaltung im CommunityMashup.

Die Kombination aus dem CommunityMashup im Backend und dem prototypischen Informationsstrahler-Frontend erlaubte bereits 2017, dass der im Altenheim aufgestellte Prototyp den Bewohnern dynamisch wechselnde, stets aktuelle Informationen anzeigt. Im nächsten großen Entwicklungsschritt für das CommunityMashup wurde die Möglichkeit geschaffen, mehrere Informationsstrahler an dieselbe Datenbasis anzubinden und dabei die Filterung auf jeweils lokal relevante Inhalte zu ermöglichen – der Informationsstrahler im Altenheim soll bspw. die sozialen Angebote für die Bewohner anzeigen, Informationsstrahler an anderen Standorten jedoch nicht. Der Zusammenhang der einzelnen Komponenten zeigt sich in Abb. 28.

Implementierungsziel im FuE-Vorhaben Informationsstrahler
Abb. 28: Implementierungsziel im FuE-Vorhaben Informationsstrahler

4.2. Informationsstrahler: Vernetzung

Der Makro-Informationsstrahler basiert auf dem CommunityMirror Framework, einer Software-Eigenentwicklung, welche den Betrieb und die Gestaltung von interaktiven Touch-Bildschirmen mit vielfältigen aktuellen Inhalten erlaubt. Für die angestrebte Vernetzung der SSO wurde diese Software 2018 um eine netzwerkbasierte Schnittstelle ergänzt. Diese erlaubt einen direkten Zugriff auf die Geräte via HTTP sowie auch eine Anbindung an die zentrale IoT-Plattform des Projektpartners ULE.

Das CMF hat auch eine abstrakte Remote-Schnittstelle. Relevant an dieser Stelle ist, dass für diese Schnittstelle in CommunityMirror-Anwendungsprojekten spezielle Connectors geschaffen werden können, um die Nutzung der Remote-Schnittstelle auf verschiedenen technischen Wegen zu ermöglichen.

4.3. Aktivitätsunterstützungsdienst

Um eine Unterstützung von Nutzern bei konkreten Zielen und Aktivitäten auch über einzelne SSO hinaus zu ermöglichen, entwickelten wir einen Aktivitätsunterstützungsdienst. Dieser hat die Aufgabe, über die von Nutzern ausgewählten Aktivitäten und bekannte Ziele zentral Buch zu führen und die Unterstützung durch vernetzte SSO zu koordinieren. Dafür greift er auf das zentrale Backend der ULE und die dort verfügbaren Möglichkeiten zur Verwaltung von Nutzern und SSO zurück. Wenn dann ein angemeldeter Nutzer eine Aktivität beginnt (z. B. durch Auswahl am Makro-Informationsstrahler), sendet der Aktivitätsunterstützungsdienst Benachrichtigungen an SSO, an denen der Nutzer voraussichtlich vorbeikommen wird. So wird eine personalisierte Unterstützung entlang des gesamten Weges ermöglicht.

In der Bildfolge der Abb. 29 ist das Prinzip sichtbar. Der Senior (oben links) hat den Punkt unten mittig in der fiktiven Modellwelt als Ziel ausgewählt und bewegt sich darauf zu. Dabei kreuzt er eine Reihe von Mikro-Informationsstrahlern. Der Strahler, der auf seinem direkten Weg liegt, wird benachrichtigt und kann Unterstützung – z. B. bei der Navigation – bieten. Das oben dargestellte vereinfachte Modell wurde zu Testzwecken entwickelt und beschreibt eine zweidimensionale Mini-Welt, in der es keine Hindernisse gibt und jedes Ziel auf dem direkten Weg erreicht werden kann.

Modellberechnung im AktivitätsunterstützungsdienstModellberechnung im Aktivitätsunterstützungsdienst
Abb. 29: Modellberechnung im Aktivitätsunterstützungsdienst

Die Integration des Dienstes mit dem zentralen Backend der ULE konnte 2020 aufgrund der Unerreichbarkeit des Backend nicht erfolgen. Jedoch wurde der Dienst als eigenständige Komponente 2020 weiterentwickelt und damit auch mit der realen Welt vernetzt. Zuvor war die Verbindung zur zentralen SSO-Verwaltung bereits erfolgt, so dass der Aktivitätsunterstützungsdienst die Liste der real aktiven SSO inkl. deren Positionen abfragen konnte. Die Planung zum Aktivitätsunterstützungsdienst wurde in einem wissenschaftlichen Kurzbeitrag zusammengefasst, welcher 2020 im Rahmen der Konferenz „European Conference on Computer-Supported Cooperative Work“ publiziert und diskutiert wurde (Fietkau & Stojko 2020).

Im Zusammenhang mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst wird auch das Konzept einer Quest-basierten Gamification-Anwendung unter Verwendung vernetzter Informationsstrahler weiterverfolgt. Hierzu wurde auf der „Mensch und Computer 2019“ Konferenz im Workshop „Gamification Reloaded“ ein Beitrag von uns präsentiert, welcher dann im Workshopband publiziert wurde (Fietkau 2019).

Die Weiterentwicklung des Aktivitätsunterstützungsdienstes erfolgte 2020 mit einer zusätzlichen Implementation einer Simulation (siehe Abb. 30), da aufgrund von COVID-19 eine Mehrzahl der geplanten Evaluationen nicht stattfinden konnten. Die Simulation sollte Aufschluss dazu geben, ob der Aktivitätsunterstützungsdienst die Senioren sinnvoll während Outdoor Aktivitäten unterstützen kann und wie die Verteilung der Informationsstrahler und anderer SSO gestaltet sein muss, damit bei der Aktivitätsunterstützung keine Lücken entstehen. Dieser Ansatz erlaubt uns einige Aussagen zu Anforderungen an SSO-Installationen im urbanen Raum zu treffen.

In der Simulation sind Seniorinnen und Senioren als einfache zielgerichtete Agenten mit unzureichendem Orientierungssinn modelliert. Sie möchten sich durch das Areal zu einem bestimmten Ziel bewegen und folgen dabei den Richtungsweisungen durch die simulierten Mikro-Informationsstrahler. Finden sie an einer Kreuzung keinen Richtungshinweis, wählen sie eine zufällige Richtung. Ein einstellbarer Müdigkeitsparameter erlaubt die Festlegung, ab welcher Dauer ein Navigationsversuch als fehlgeschlagen gezählt wird. Auf diese Weise können wir quantitativ untersuchen, wie sich eine sparsamere oder dichtere Platzierung der Mikro-Informationsstrahler auf die Erfolgsrate der Navigationsvorgänge auswirkt. Diese Ergebnisse werden derzeit noch ermittelt und werden voraussichtlich nach Ende der Projektlaufzeit publiziert.

Simulation von drei Personen und sieben Mikro-Informationsstrahlern im Senioren-Scooter-Park (Virtuelle Draufsicht: DRESO)
Abb. 30: Simulation von drei Personen und sieben Mikro-Informationsstrahlern im Senioren-Scooter-Park (Virtuelle Draufsicht: DRESO)

Abb. 30 und Abb. 31 zeigen eine Simulation der Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park der SHMG. In Abb. 30 wird zunächst die Simulation von drei Personen und sieben Mikro-Informationsstrahlern im Senioren-E-Scooter-Park der SHMG gezeigt. Eine Person ist in diesem Bild fokussiert, ihre geplante Fuß-weg-Route wird in Rot angezeigt und die davon betroffenen Mikro-Informationsstrahler sind mit einem hellgrün angedeuteten Aktivierungsradius eingezeichnet. In Abb. 31 wurde ein Mikro-Informationsstrahler markiert (mit blau angezeigtem Aktivierungsradius). In der Detailansicht unten rechts ist zu erkennen, dass dieser gerade nichts auf dem LED-Display anzeigt, da keine Person in der Nähe ist.

Markierter Mikro-Informationsstrahler in der Simulation
Abb. 31: Markierter Mikro-Informationsstrahler in der Simulation

Die dargestellte Visualisierung der Simulation wurde auch in der Mikro-Informationsstrahler-Evaluation im realen Senioren-E-Scooter-Park zur Darstellung der Bewegungsmuster der echten Probanden verwendet. Sie ist nicht nur zur Verfolgung von simulierten Personen geeignet, sondern kann auch echte Bluetooth-Annäherungen an reale Mikro-Informationsstrahler anzeigen, auch in Kombination mit simulierten Nutzern in derselben Modellwelt. Die Mikro-Informationsstrahler können ebenfalls real sein (auf echten RaspberryPis laufen) oder simuliert (als Software integriert in die Simulation). In letzterem Fall kommt die vollwertige Steuerungssoftware der Mikro-Informationsstrahler zum Einsatz, welche dann simulierte Benutzer-Events erhält.

4.4. Mikro-Informationsstrahler Controller

Um für konkrete Evaluationsaktivitäten eine Alternative für die IoT-Plattform der ULE zu haben, haben wir 2020 beschlossen, einen Controller für die Mikro-Informationsstrahler zu entwickeln, der die Vernetzung und Kommunikation zwischen Aktivitätsunterstützungsdienst und den Mikro-Informationsstrahlern ermöglicht (siehe Abb. 32). Dieser Schritt war notwendig, da die technische Machbarkeit und Funktionalität der Mikro-Informationsstrahler sowie deren Evaluation ohne einen Dienst für die zentralisierte Kommunikation nicht möglich gewesen wären.

Vernetzung der Mikro-Informationsstrahler mit Backend-Diensten und Endgeräten
Abb. 32: Vernetzung der Mikro-Informationsstrahler mit Backend-Diensten und Endgeräten

Das Architekturbild der Mikro-Informationsstrahler und den zusammenhängenden Systemen und Akteuren enthält die folgenden Komponenten, deren Funktionalität und Beziehung zueinander im Einzelnen im Anschluss erläutert werden:

  1. Mikro-Informationsstrahler Controller
  2. Mikro-Informationsstrahler
  3. Senioren
  4. Aktivitätsunterstützungsdienst

Der Mikro-Informationsstrahler Controller ist als Schnittstelle für das Zusammenspiel von Mikro-Informationsstrahlern und dem Aktivitätsunterstützungsdienst, als auch für das Datenmanagement der Mikro-Informationsstrahler zuständig. Die folgenden Aktivitäten werden durch den Mikro-Informationsstrahler Controller durchgeführt:

Der Mikro-Informationsstrahler Controller hat direkte Schnittstellen zu den Mikro-Informationsstrahlern und dem Aktivitätsunterstützungsdienst. Er kommuniziert mit den Mikro-Informationsstrahlern anhand des MQTT-Protokolls mit unterschiedlichen Threads und mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst anhand des http-Protokolls mit RESTful APIs.

Die folgenden MQTT-Threads wurden verwendet:

Die Mikro-Informationsstrahler befinden sich im urbanen Raum und führen die folgenden Aktivitäten durch: Sie verfügen über eine Annäherungserkennung von näherkommenden Personen (Senioren) via Bluetooth, ermöglichen eine Interaktion zu Senioren (visuell – LED, auditiv – Töne, Sprache, haptisch – Vibration) und entscheiden, welche Interaktion durchgeführt werden soll. Außerdem melden sie an den Mikro-Informationsstrahler Controller (im UrbanLife+ Backend) folgende Informationen: Den eigenen Standort und Status, Informationen zu durchgeführten Interaktionen und zur aktuellen Anzeige des Mikro-Informationsstrahlers.

Ein Mikro-Informationsstrahler holt sich die folgenden Informationen vom Mikro-Informationsstrahler Controller ab: Die ID von sich bald annähernden Senioren - die durch den Aktivitätsunterstützungsdienst registriert wurden, die geplante Aktivität des Seniors (dies wird ebenfalls vom Aktivitätsunterstützungsdienst übermittelt), Profilinformationen zu den Senioren und Routing-Informationen zur Wegführung.

Die Mikro-Informationsstrahler haben somit direkte Schnittstellen zu den Senioren und dem Mikro-Informationsstrahler Controller.

Die Senioren als User besitzen ein Smartphone oder ein anderes Gerät mit Bluetooth-Funktionalität (z. B. einen Beacon) und sind an der Plattform mit diesem registriert. Sie führen ihr Gerät im urbanen Raum mit sich, sodass sie von Mikro-Informationsstrahler und anderen SSO erkannt werden können. Die Senioren selbst tragen keine Aktion aktiv aus, sondern tragen zu den folgenden Aktivitäten implizit bei: Die Annäherungserkennung ihrer selbst (durch ihre Präsenz), die Interaktion mit den SSO und die Interaktion mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst (sie teilen dem Aktivitätsunterstützungsdienst mit, welche Aktivitäten sie durchführen möchten). Die Senioren haben somit direkte Schnittstellen zu den Mikro-Informationsstrahlern und dem Aktivitätsunterstützungsdienst. Sie können dabei mit den Mikro-Informationsstrahlern via Bluetooth interagieren und mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst über die App oder den Makro-Informationsstrahler kommunizieren.

Der Aktivitätsunterstützungsdienst arbeitet eng für und mit den Senioren zusammen. Er bietet den Senioren Aktivitäten an, die diese unternehmen können und motiviert sie dazu. Er registriert die Bereitschaft von Senioren, eine bestimmte Aktivität durchzuführen und unterstützt sie dabei, indem er SSO über die geplante Aktivität informiert. Weitere Details zum Aktivitätsunterstützungsdienst können in Abschnitt 4.3 nachgelesen werden. Zusammengefasst führt der Aktivitätsunterstützungsdienst die folgenden Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Mikro-Informationsstrahler Controller durch: Das Anbieten von Aktivitäten, Registrieren von geplanten Aktivitäten und das Informieren von SSO zur geplanten Aktivität über den Mikro-Informationsstrahler Controller. Dabei erfolgen diese zwei Schritte:

  1. Abfragen von Informationen zu vorhandenen Mikro-Informationsstrahler und deren Status
  2. Senden von Informationen zur Aktivität an gezielten Mikro-Informationsstrahler

5. Evaluation

Die Evaluation von MTI im urbanen Raum stellt nicht nur uns vor Herausforderungen. Die Besonderheiten des Kontextes sowie unsere Vorgehensweise und Methoden bei der Durchführung von Evaluationen werden im Folgenden beschrieben und schließlich mit einer Zusammenfassung unserer Erkenntnisse bzgl. Makro- und Mikro-Informationsstrahler abgeschlossen.

5.1. Besonderheiten bei Evaluationen von MTI im öffentlichen Raum

Für die Gestaltung von SSO kann die übliche MTI nicht einfach in den öffentlichen Raum übertragen werden. So gibt es diverse Störvariablen (z. B. Lautstärke und Lichtverhältnisse), andere Akteure (z. B. Autos oder unbekannte Personen), andere Nutzungsszenarien (z. B. multi user Szenario, öffentlich sichtbare Nutzung). Auch die Nutzergruppe stellt im öffentlichen Raum andere Anforderungen, als sie es im geschlossenen (geschützten) Raum tun würden.

Grundsätzlich unterscheidet man bei Evaluationen von MTI im öffentlichen Raum zwischen Feldexperimenten und Deployment-basierter Forschung. Bei der Untersuchung im Feld ist zu unterscheiden zwischen Feldexperimenten, bei denen ein Artefakt unter dem Wissen verwendet wird, dass es sich um ein Forschungsexperiment handelt. Beispielsweise können Benutzer explizit rekrutiert werden, um eine neue Applikation für ihr Smartphone für eine Dauer von mehreren Wochen zu verwenden oder Probanden kann die Aufgabe gegeben werden, eine bestimmte Aufgabe mit einem Display in einer öffentlichen Umgebung zu lösen. Dem gegenüber steht Deployment-basierte Forschung, bei welcher Artefakte in den Alltag des Benutzers derart eingebettet werden, dass der Forschungskontext nicht erkennbar ist. Benutzer verwenden Artefakte aus freier Entscheidung, was zu hochvaliden Daten führt. In den meisten Fällen kommen zur Datenerhebung Methoden zum Einsatz, die einen längeren Nutzungszeitraum dokumentieren wie beispielweise Logging oder Beobachtungen. Auch Interviews ermöglichen es im direkten Anschluss an die Interaktion wertvolles Feedback vom Benutzer zu sammeln (siehe hierzu auch Koch & Alt, 2017).

Ergänzend zur Literatur in Bezug auf die Evaluation von MTI wurde ein Effekt in der Interaktion mit Technik im urbanen Raum thematisiert. So wurde zusammen mit externen Partnern in Koch et al. 2018 die (notwendige) Dauer von Evaluationen thematisiert – im Kontext des „Novelty-Effekts“, der bei der Evaluation von neuen Technologien in realen Nutzungskontexten auftreten kann. Eine der wichtigsten Aussagen hier ist, dass eine Evaluation eines Systems, das von realen Nutzern genutzt wird, in der Regel mindestens zwei bis sechs Wochen dauern muss, damit realistische Daten erworben werden können (die nicht durch den Novelty-Effekt verfälscht sind). Dies sollte im Einsatz von SSO im Kontext von UrbanLife+ berücksichtigt werden.

Insbesondere bei personalisierter MTI im öffentlichen Raum und bei der Nutzung von IoT-Strukturen sollten die Datensicherheit und Verschlüsselung personenbezogener Daten im Fokus stehen. Hinsichtlich der Kommunikation zwischen den beteiligten Diensten und Akteuren hat die UBW eine Liste mit Sicherheitsvorkehrungen für SSO aufgestellt:

Die im Mai 2018 eingeführten Änderungen der Datenschutz-Grundverordnung wurden seitens der UBW sowohl in Bezug auf die Projektwebsite als auch bezogen auf den Einsatz verschiedener MTI im öffentlichen Raum geprüft und die Einhaltung der Richtlinien wurden in der Gestaltung der SSO sowie in der Durchführung von Evaluationen im Projekt sichergestellt.

5.2. Vorgehen bei Evaluationen

Um Interaktionsmodelle für den öffentlichen Raum weiter zu entwickeln bzw. zu validieren sowie für den Erkenntnisgewinn in Bezug auf Gestaltungsrichtlinien für SSO fanden die Evaluationen 2019 und 2020 auf zwei Ebenen statt:

Um für SSO geeignete Interaktionsmodelle entwickeln zu können, muss die Nutzung von bisher im geschlossenen Raum erfolgreich eingesetzter MTI auf den öffentlichen Raum und die heterogene Zielgruppe älterer Menschen übertragen werden.

Dazu werden anhand der Anwendung verschiedener Evaluationsmethoden (Technik Café, Nutzerstudien) konkrete Interaktionen auf ihre Eignung hin getestet. Ziel ist es hierbei herauszufinden, welche Interaktion in welcher Situation und Umgebung für welchen Nutzer geeignet ist, um darauf aufbauend konkrete Gestaltungsempfehlungen für MTI im öffentlichen Raum geben zu können. Die Ergebnisse wurden so generalisiert, dass sich mögliche Effekte im Einsatz schon bei der Gestaltung abwägen lassen und entsprechende Interaktionsmodelle für den öffentlichen Raum entwickelt werden können.

Als Instrumente können hier Tests aus den Bereichen der empirischen Sozialforschung, der Mensch-Computer-Interaktion bzw. des Usability Engineerings eingesetzt werden. Dazu gehören u.a. Skalen zur Einstufung der Usability oder User Experience als auch klassische Vergleichsstudien sind hier sinnvoll.

Hierzu konnten in 2018 bereits erste Erkenntnisse erlangt werden. Außerdem wurden 2020 verschiedene aktive und passive Eingabeoptionen sowie Ausgaben auf verschiedenen Kanälen und die Kombination dieser evaluiert. Dabei fokussiert sich die UBW auf Informationsstrahler, wobei insbesondere Mikro-Informationsstrahler betrachtet werden.

Zur Validierung von erstellten Interaktionsmodellen sowie von Gestaltungsempfehlungen sollen diese in der Gestaltung neuer SSO zum Einsatz kommen. Dabei dient der erfolgreiche Einsatz von SSO im öffentlichen Raum sowohl als Proof-of-Concept der Interaktionsmodelle als auch als Fallstudien, welche dabei helfen, die Interaktionsmodelle und Gestaltungsempfehlungen für MTI-Entwickler verständlich zu beschreiben.

Der Erfolg des Einsatzes der SSO soll durch eine (Langzeit-) Erprobung von Demonstratoren im (halb-) öffentlichen Raum gezeigt werden. Ein erfolgreicher Einsatz ist aus Sicht der MTI zu verzeichnen, wenn ein eingesetztes SSO zur Steigerung des Gewahrseins über die Belange älterer Personen und Aktivitäten in der Umgebung oder zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl seitens der Nutzergruppe beitragen kann. Dies wurde sowohl durch die Beobachtung der Nutzung als auch durch Befragungen und Nutzerstudien erfasst.

5.3. Evaluationsinstrumente

Um die Frage nach einer geeigneten Gestaltung von MTI im öffentlichen Raum für ältere Personen zu beantworten, sollen verschiedene Alternativen (implementierte Prototypen) mit der Nutzergruppe evaluiert werden. Hierzu werden spezielle Evaluationsinstrumente benötigt, da zum einen die Zielgruppe älterer Personen und zum anderen der öffentliche Raum besondere Anforderungen an die Evaluation stellen.

Neben der Aufzeichnung der Interaktion seitens der SSO helfen insbesondere qualitative Ergebnisse bei der Bewertung von Gestaltungsparametern hinsichtlich ihrer Eignung für die Nutzergruppe. So können sowohl Erkenntnisse über geeignete Formen der Interaktion als auch der Darstellung und Inhalte erlangt werden.

Ein Trend im Bereich der Partizipation ist die Erstellung einer dritten Perspektive („Third Space“), in welcher Vertreter der Endnutzer und Technikentwickler zusammenkommen und z. B. in Workshops über Entwicklungen und die Verwendung von Cultural Probes (Gaver et al. 1999, Maaß et al. 2016) miteinander diskutieren. In UrbanLife+ wurde hierzu das Konzept des Technik Cafés eingeführt. Dieses ist eine soziotechnologische Begleitmaßnahme zur Einführung von Technik, welche die UBW gemeinsam mit der SHMG aufbauend u.a. auf den Erfahrungen aus dem Austausch mit Prof. Pelizäus-Hoffmeister aus dem BMBF-Projekt ATASeN (siehe z. B. Birken, Pelizaus-Hoffmeister & Schweiger, 2016) entwickelt hat. Dabei wird in einem festgelegten Turnus eine Gruppe älterer Personen aus der Zielgruppe eingeladen, um über Erfahrungen mit Technik zu sprechen und neue Technik auszuprobieren. Das Technik Café dient so gleichzeitig als Plattform für Evaluation der entwickelten smarten städtebaulichen Objekte und als kontinuierliche Unterstützung bzgl. Begleitung der Zielgruppe beim Ausprobieren von Technik im geschützten Rahmen. Dies soll den Einbezug der Lebenswelt der Endnutzer in der Technikentwicklung gewährleisten und Zugangsängste und Barrieren in der Nutzung von Technik abbauen. Das Technik Café wurde Ende 2017 im Altenheim Hardterbroich eingeführt und wurde auch in 2018 in anderen Kontexten eingesetzt.

Für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurden zusätzlich standardisierte Instrumente benötigt – sowohl in Anbetracht der Entwicklungen bezüglich Technik-Akzeptanz und -Nutzung im Rahmen der Projektjahre bis 2020, als auch im Vergleich verschiedener Gestaltungsoptionen. Für die Gestaltung der Informationsstrahler wurde ein erster Fragenkatalog zu Technik-Akzeptanz, Techniknutzung und Informiertheit zusammengestellt und mit der UHOH und SHMG weiterentwickelt. Dieser konnte auch in der Befragung der UHOH und SHMG genutzt werden und trägt so zu einem Vergleich der Ist-Situation bei.

Für die Evaluation der MTI im Projekt ist es zielführend, vom ersten Einsatz der Prototypen an möglichst reichhaltige Rückmeldungen von den Benutzern zu bekommen. Da einige ältere Personen Schwierigkeiten mit der Nutzung von Stiften haben (z. B. aufgrund von Arthrose), wurde als ein weiteres mögliches Evaluationsinstrument die Kurzversion des User Experience Questionnaire (UEQ) (Schrepp, Hinderks & Thomaschewski, 2017) für UrbanLife+ in eine für Touchscreens geeignete Form gebracht (siehe Abb. 33).

Verkürzter UEQ für Touchscreens zur Evaluation der großen Informationsstrahler
Abb. 33: Verkürzter UEQ für Touchscreens zur Evaluation der großen Informationsstrahler

Der UEQ ist ein standardisiertes Instrument zur Erfragung der subjektiven Wahrnehmung eines Produktes durch einen Nutzer („User Experience“). Die Beantwortung des vollständigen UEQ dauert ca. 5 Minuten. Der verkürzte UEQ besteht aus lediglich acht Fragen und kann in 30-60 Sekunden beantwortet werden. Folglich sind die Erkenntnisse zur Nutzererfahrung weniger tiefgehend als beim vollständigen UEQ, jedoch schätzt die UBW diesen Kompromiss im Hinblick auf die speziellen Anforderungen älterer Nutzer als lohnenswert ein, um die Bereitschaft zur Teilnahme zu erhöhen. Die im Original verwendete Likert-Skala wurde durch drei Smileys (grün/fröhlich, gelb/neutral und rot/traurig) ersetzt.

Durch diesen Fragebogen sollten weitere Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die Zielgruppe die entwickelten Systeme wahrnimmt (auch wenn niemand aus dem Projektteam unmittelbar vor Ort ist). Der Touch-Fragebogen konnte hierbei entweder direkt in vorhandene interaktive Bildschirme eingebunden werden, etwa als spezielles Objekt im Informationsstrahler, oder auf einem externen Bildschirm angezeigt werden, der in räumlicher Nähe montiert wird.

Der Einsatz des Touch-Fragebogens wurde für 2018 am Makroinformationsstrahler im Foyer des Altenheims Hardterbroich angedacht, dort hatte sich jedoch bereits eine neben dem Bildschirm ausgehängte Papierliste für Feedback bewährt. Für die städtischen Großveranstaltungen 2018 und 2019 wurde er von uns als nicht sinnvoll eingeschätzt, da dort jederzeit Projektmitarbeiter in unmittelbarer Nähe des Informationsstrahlers positioniert waren und so auch ausführlichere Gespräche geführt werden konnten. Bei der Evaluation im Senioren-Scooter-Park im September 2020 kam er ebenfalls nicht zum Einsatz, da auch dort das ausführliche Gespräch mit den Probanden als Feedback-Instrument vorgezogen wurde. Weitere unbeaufsichtigte Langzeit-Evaluationen konnten 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden. Somit bleibt der Touch-Fragebogen zum Projektende als nicht praxiserprobtes Evaluationsinstrument lediglich ein methodisches Teilergebnis, welches ggf. nach Ende der Projektlaufzeit erneut aufgegriffen werden kann.

5.4. Evaluationsmethode Technik Café im Altenheim Hardterbroich

Für die Akzeptanz von neuer Technik durch ältere Personen ist die Einführung einer dritten Perspektive von Vorteil, bei welchem zum einen die Nutzer in einem geschützten Rahmen neue Technik ausprobieren können und zum anderen Nutzer und Entwickler an der Weiterentwicklung von Technik arbeiten können. Aufbauend auf einem Vernetzungstreffen mit Prof. Dr. Helga Pelizäus-Hoffmeister, der UBW und der SHMG und auf verwandter Literatur zur partizipativen Technikentwicklung wurde das Technik Café als Third Space in UrbanLife+ entwickelt. Durch den Einbezug der Nutzer in diesem Rahmen soll eine erfolgreiche Gestaltung von benutzerfreundlicher Technik für den öffentlichen Raum sichergestellt werden. Darüber hinaus wird so die Einhaltung kurzer Entwicklungs- und Evaluationszyklen unterstützt.

Diskussion des Makro-Informationsstrahlers in den ersten Technik Cafés
Abb. 34: Diskussion des Makro-Informationsstrahlers in den ersten Technik Cafés

Im Altenheim Hardterbroich wurden 2017 zwei Technik Cafés durchgeführt (08.11.2017 und 22.11.2017, siehe Abb. 34). Mit einer Dauer von jeweils 1,5 Stunden wurden in einer Gruppendiskussion mit 8 älteren Personen Erfahrungen in der Nutzung von Technik sowie die Nutzung des Makro-Informationsstrahlers besprochen. Hier wurden in direkter Interaktion mit der Technik erste Erkenntnisse zu den Erwartungen älterer Personen an SSO gesammelt und (potenzielle) Probleme in der Nutzung identifiziert. Die offenen Fragen bezogen sich auf Technik, die den Nutzern zu diesem Zeitpunkt bekannt war (Handy, TV, Rollstuhl und Senioren-Scooter, Makro-Informationsstrahler), und beinhalteten folgende Themen:

Die Aussagen der Teilnehmer und die daraus gewonnenen Erkenntnisse für die Gestaltung der MTI mit SSO wurden zusammengetragen. Das Technik Café bewies sich als ein sinnvolles Instrument, um neue Technik mit älteren Personen zu evaluieren, da eine Vertrauensbasis zur Zielgruppe aufgebaut wird und so Hürden in der Nutzung abgebaut werden.

Um die Nutzbarkeit verschiedener Interaktionen für SSO einstufen zu können, wurden zunächst vorhandene und denkbare Ein- und Ausgabekanäle sowie verschiedene Medien aufgeführt. Bei den Eingaben durch den Nutzer oder andere SSO unterscheiden wir zwischen expliziten Eingaben...

...und implizite Eingaben:

Die Ausgaben seitens der SSO können auditiv, visuell, haptisch oder eine Kombination dieser sein und die folgenden Ausgabemedien verwenden:

Um diese Aspekte zu betrachten wurden zunächst vorhandene Lösungen identifiziert, welche einen oder mehrere dieser Interaktionen ermöglichen. Diese wurden in einer neuen Nutzungssituation evaluiert. Vorhandene Lösungen umfassen u.a. Sprachassistenten für indoor (home) Einsatz, persönliche Endgeräte für indoor Einsatz (z. B. Smartphones, Tablets) mit diversen Applikationen und Sensorik (für die Erkennung verschiedener impliziter Eingaben).

Die UBW fokussierte sich bei der Evaluation auf die Nutzung und Überprüfung vorhandener Hardware, welche mit neuen Software-Anwendungen auf den Einsatz im öffentlichen Raum angepasst wurde.

5.5. Evaluationsumgebungen

Im Folgenden werden die Evaluationsumgebungen und Installationen beschrieben, die wir innerhalb des Projektes genutzt haben, um Erkenntnisse bzgl. der MTI Gestaltung für Senioren und für den öffentlichen Raum zu sammeln. Dazu gehören diese Installationen:

5.5.1. Makro-Informationsstrahler im Foyer des Altenheims Hardterbroich

Eine für das Altenheim Hardterbroich abgestimmte Version des Makro-Informationsstrahlers wurde im Foyer installiert. Der Aufbau besteht aus einem Touch-Display mit Windows PC und Informationsstrahler Anwendung (siehe Abb. 35). Für eine Zugänglichkeit auch für Rollstuhlfahrer wurde seitens der SHMG eine höhenverstellbare Bildschirmhalterung angebracht. Ein zusätzlicher Feedbackbogen direkt neben dem Strahler soll es Nutzern ermöglichen, ihre Anmerkungen und Probleme direkt nach der Nutzung zu vermitteln. Je nach Erfahrungen mit der Nutzung des Aufbaus und der Halterung gehen die Erkenntnisse in Gestaltungsempfehlungen für SSO ein.

Aufgestellter Informationsstrahler im Altenheim Hardterbroich
Abb. 35: Aufgestellter Informationsstrahler im Altenheim Hardterbroich

Die Nutzung des Informationsstrahlers wurde im Rahmen der Technik Cafés mit Endnutzern diskutiert, sowie zwischendurch durch die Mitarbeiter der SHMG beobachtet und von der UBW im Rahmen der Dokumentation zur Evaluation der Informationsstrahler verarbeitet. Hier konnte bereits beobachtet werden, dass sich die Nutzer mit bereits bekannten Inhalten (z. B. Bilder oder Veranstaltungen) mehr auseinandersetzen als mit unbekannten. Hier finden eine Wiedererkennung und kognitive Ansprache der Nutzer statt (z. B. sagte ein Nutzer auf die Ansicht eines Termins hin „Ach, jetzt habe ich noch fast eine halbe Stunde bis zum Bingo“).

5.5.2. Outdoor Makro-Informationsstrahlers im Senioren-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich

Im Sommer des Jahres 2020 wurde ein Outdoor Makro-Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park der SHMG installiert. Dieser besteht aus einem Touch Display mit Windows PC und der Informationsstrahler Anwendung (siehe Abb. 36). Die Outdoor-Widerstandsfähigkeit des Informationsstrahlers wird durch den Einsatz des Produktes e.VITRUM® LANDSCAPE WAND OUTDOOR der Firma ST-digital9 gewährleistet. Dabei ist das Touch Display von einer äußeren schützenden Hülle umgeben und enthält auch eine Touch-Funktion im vorderen Glas, welches an das eigentliche Display angeschlossen ist. Der Strahler wurde für Evaluationen im Sommer 2020 eingesetzt.

Outdoor Makro-Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park
Abb. 36: Outdoor Makro-Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park

5.5.3. Mobiler Makro-Informationsstrahler

Ein mobiler Makro-Informationsstrahler wurde 2018 in Betrieb genommen, der flexibel, z. B. im Textiltechnikum in Mönchengladbach eingesetzt werden kann, um die entwickelte MTI schrittweise zu evaluieren. Dieser war ebenfalls bei Evaluationen am Turmfest 2018 / 2019 im Einsatz (siehe Abb. 37).

Mobiler Makro-Informationsstrahler (Turmfest 2019)
Abb. 37: Mobiler Makro-Informationsstrahler (Turmfest 2019)

5.5.4. Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich

Als Mikro-Informationsstrahler wurden Prototypen auf Basis eines RaspberryPis Model 3B mit angeschlossenem SenseHat Modul entwickelt. Diese wurden zeitweise für die Evaluation im Senioren-E-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich im September 2020 angebracht.

Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park
Abb. 38: Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park

9: Quelle: https://st-digital.de/de/produkte/landscape-wand-outdoor/55-l-131/

5.6. Evaluationen und Erkenntnisse

In den folgenden Abschnitten werden die Evaluationen und Erkenntnisse bezüglich der Makro- und Mikro-Informationsstrahler zusammengetragen.

5.6.1. Evaluationen des Indoor Makro-Informationsstrahler

Bei der Entwicklung und Evaluation des Makro-Informationsstrahlers konnten durch das Technik Café 2017 erste gestalterische und inhaltliche Erkenntnisse erlangt werden (wobei sich diese teilweise auch auf andere SSO Objekte übertragen lassen).

Die Benutzerschnittstelle (UI) der Makro-Informationsstrahler basierte zunächst auf einer Multi-Touch-Anwendung mit visueller Ausgabe der Informationen (in Form von Text und Bildern), welche um eine akustische Ausgabe bei Touch-Events erweitert wurde. Diese wurde mit Akteuren des öffentlichen Lebens der Stadt Mönchengladbach sowie mit der Nutzergruppe älterer Altenheimbewohner evaluiert. Dabei wurde deutlich, dass Aspekte der Inklusion, der Bedürfnisse von Personen mit sensorischen Einschränkungen, der äußeren Bedingungen (insbesondere Lautstärke, Lichtverhältnisse und Wetterbedingungen), sowie die Ästhetik bei der Gestaltung geeigneter Technik im Kontext von UrbanLife+ einbezogen werden müssen.

Aus der Evaluation konnten die folgenden Gestaltungsempfehlungen zum UI und Interaktionsdesign des Makro-Informationsstrahlers aufgestellt werden, welche sich auf einige SSO übertragen lassen:

  1. Durch Multimodalität wird eine bessere Barrierefreiheit erreicht. So muss MTI für ältere Personen entsprechend des Zwei-Sinne-Prinzips mehrere Ein- und Ausgabekanäle redundant zur Verfügung stellen (z. B. Sprach- und Touch-Steuerung, visuelle und akustische Ausgabe).
    • Dem Nutzer angebotene Informationen müssen in der richtigen Situation erfolgen, um den Nutzer nicht zu überfordern aber ihn trotzdem anzusprechen bzw. zu unterstützen.
    • Personen im Rollstuhl oder Rollator müssen die Interaktionselemente genauso erreichen können, wie Personen ohne Hilfsmittel. Entsprechend muss die Anbringung von Technik in erreichbarer Höhe erfolgen oder höhenverstellbar sein.
    • Bei der Nutzung von verschiedenen Informationskategorien sollten Farben verwendet werden, um eine Orientierung zu erleichtern. Diese Farbgestaltung sollte für alle verfügbare Technik einheitlich erfolgen, um den Wiedererkennungswert zu steigern.
    • Wichtige Informationen sollten unmittelbar (also mit minimaler Interaktion) erreichbar sein (z. B. Titel und Zeit bei Terminen).
    • Aufgrund der Vielzahl verfügbarer Informationen sollte auf Orte von Interesse (POIs) kontext-abhängig hingewiesen werden (z. B. auf Ruhemöglichkeiten in der Umgebung bei Erschöpfung).
    • Bei der Ausgabe müssen Helligkeit, Kontrast und Lautstärke an die Umgebung angepasst werden (z. B. können sich entspiegelte E-Paper Displays für die Darstellung von Text bei hellem Licht besser eignen).
    • Direkte Manipulation ist für viele ältere Personen besser geeignet als indirekte Manipulation (z. B. ist Touch besser zu nutzen als eine Maus) und sollte entsprechend in der Gestaltung des User Interfaces präferiert werden.

Während die Gestaltung der Benutzeroberfläche und das Interaktionsdesign einen erheblichen Einfluss auf die Eignung für die Benutzergruppe haben, entscheiden die Inhalte maßgeblich über die Nützlichkeit der Technik in verschiedenen Einsatzszenarien. Entsprechend konnten in der Entwicklung Erkenntnisse zu den Inhalten der Informationsstrahler gesammelt werden:

  1. Die Zusammenstellung der Inhalte erfordert eine Orientierung an der Lebenswelt älterer Personen. So müssen nicht nur die unmittelbar relevanten Anforderungen an die Interaktion einbezogen werden (z. B. sensorische Einschränkungen), sondern auch die soziale und räumliche Umgebung der Zielgruppe.
    • Öffentliche Strukturen sollten inhaltlich repräsentiert und – je nach Relevanz – einbezogen werden. Dabei umfasst die Relevanz sowohl die räumliche Distanz als auch die Interessen und Fähigkeiten der der Nutzer.
      • Strukturen in der unmittelbaren Umgebung (z. B. Restaurants in der Nähe) sollten präsenter sein als weiter entfernte.
      • Für den Nutzer relevante Informationen zu den Inhalten müssen ergänzt werden, um eine Nützlichkeit zu erzielen (z. B. Barrierefreiheit von Restaurants).
    • Soweit vorhanden, sollten vorhandene Strukturen einbezogen werden, bevor Inhalte selbst eingegeben werden (z. B. RSS-Feeds von Lokalzeitungen).
    • Lokale Akteure und Nutzer sollten gleichermaßen in die Zusammenstellung der Inhalte einbezogen werden (als potenzielle Datenquellen und Entscheider über die Relevanz).

Durch den weiteren Einsatz des Makro-Informationsstrahlers im Altenheim Hardterbroich im Jahr 2018 wurden aus Beobachtungen, Gesprächen mit Nutzern und Gesprächen mit Mitarbeitern der Einrichtung zum einen weitere Anforderungen an die Gestaltung von SSO gesammelt. Zum anderen konnten in kurzen Iterationen Verbesserungen am Makro-Informationsstrahler durchgeführt werden.

Die Evaluation der Inhalte erfolgte weiterhin 2018 und zeigte, dass diese entscheidend für den empfundenen Nutzen – insbesondere seitens der Nutzergruppe älterer Personen – sind. Während der nutzbare Prototyp seitens der Mitarbeiter aufgrund seines potenziellen Nutzens als sehr positiv wahrgenommen wurde (unter Berücksichtigung des Einbezugs relevanter Informationsquellen), wurde diese Abstraktion in Bezug auf die Nutzung vor allem von älteren Nutzern mit wenig Erfahrungen im Umgang mit Technik nicht getätigt. Diese bemängelten vor allem das Fehlen konkreter Informationen und den Ausfall der Technik in manchen Situationen. Im Gegensatz dazu wurden kleine Änderungen an Oberfläche oder in der Datenbasis als sehr positiv wahrgenommen. Aus den Aussagen der verschiedenen Akteure konnten wir verschiedene Anforderungen an die Gestaltung bzw. Erkenntnisse erlangen.

Speziell in der Gestaltung des Makro-Informationsstrahlers wurde deutlich, dass inhaltlich die Orte in der Umgebung um Angaben zur Barrierefreiheit ergänzt und Feiertage bzw. besondere Ereignisse mit einbezogen werden sollten und ein stärkerer Bezug zur Umgebung hergestellt werden sollte. Für einen schnellen Einbezug dieser Informationen wurde in Kooperation mit der SHMG eine Begehung des Stadtquartiers Hardterbroich durchgeführt, wodurch fehlende Angaben auf der OSM-basierten Plattform Wheelmap.org (https://wheelmap.org) eingetragen wurden. Um die Aufmerksamkeit der Nutzer auf besonders aktuelle Inhalte zu lenken, erwiesen sich Ankündigungen („Featured“ Informationsobjekte) als zielführend. Diese werden als eine Art Werbung auf der rechten Seite des Bildschirms zufällig im Abstand von einigen Sekunden dargestellt. In Bezug auf die Interaktion wurde deutlich, dass ein Zoom der Objekte für viele Nutzer nötig ist, die Multitouch-Gesten für die Nutzergruppe jedoch nicht selbsterklärend sind.

Im Kalenderjahr 2019 hat UBW in zwei Kontexten Evaluationen des Makro-Informationsstrahlers durchgeführt: im Foyer des Altenheims Hardterbroich (stationärer Wandbildschirm) und auf dem Turmfest (mobiler Informationsstrahler). Im Altenheim ist der Informationsstrahler bereits seit Ende 2017 fast durchgehend im Einsatz. 2019 wurde mehrfach die verwendete Software aktualisiert, um kleinere Fehler zu beheben und die Anbindung an das Backend zu verbessern. Zu diesen Anlässen wurde jeweils auch die Inhaltsbasis aktualisiert, aus der der Informationsstrahler die angezeigten Inhalte bezieht. Diese mehrjährige Kontinuität ermöglicht wichtige Schlüsse darüber, wie Nutzer (insb. Seniorinnen und Senioren) auf ein langfristig installiertes Informationssystem reagieren und wie sich dies auf das Nutzungsverhalten über die Zeit auswirkt. Unser Gerät im Altenheim protokolliert zu diesem Zweck anonyme Nutzungsdaten (wann und wie oft wird es genutzt, welche Inhalte sind dabei besonders beliebt usw.).

Eine allgemeine Evaluierung des Makro-Informationsstrahlers wurde für 2020 geplant, konnte aber leider aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht stattfinden. Geplant war, dabei den Fokus auf die Gestaltung des Makro-Informationsstrahlers und dessen Elementen zu legen. Hierzu sollten die Elemente in Hinblick auf deren Größe, Bewegungsgeschwindigkeit und das Verhältnis von Bild und Text mit Hilfe von einem semi-strukturierten Interview mit Senioren evaluiert werden. Dazu sollten den Senioren mit Hilfe der Evaluationsmethode „Wizard-of-Oz“ verschiedene Variationen der Elemente angezeigt (z. B. unterschiedliche Größe bzw. Bewegungsgeschwindigkeit der Elemente) und im Rahmen des semi-strukturierten Interviews das Feedback protokolliert werden.

Im September 2020 fand eine Evaluation des Outdoor Makro-Informationsstrahlers im Senioren-E-Scooter-Park statt, um trotz der COVID-19 Pandemie noch einige Erkenntnisse zu sammeln.

5.6.2. Einsatz des Outdoor-Informationsstrahlers

Im Sommer des Jahres 2020 wurde ein Outdoor-Informationsstrahler im Senioren-E-Scooter-Park der Sozial-Holding Mönchengladbach installiert. Dieser wurde zu Evaluationszwecke im September 2020 genutzt, um noch einige Erkenntnisse bzgl. des Informationsstrahlers und der Quests zu sammeln.

Zum Ende der Projektlaufzeit dauert die Auswertung der angefallenen Daten noch an. Derzeit lässt sich vorausgreifen, dass die Rückmeldungen zur Aktivitätsunterstützung im urbanen Raum durch Informationsstrahler sowohl von Senioren als auch von den befragten Experten als positiv und vielversprechend bewertet wurden. Möglichkeiten zur Personalisierung (Anzeige der „Persönlichen Pinnwand“ auf dem Informationsstrahler in der Lieblingsfarbe) wurden als besonders hilfreich bewertet. Das Informationsangebot zu Aktivitäten in der Umgebung wurde als lohnenswert bezeichnet und mit traditionellen Informationsquellen wie Lokalzeitungen verglichen. Kritisiert wurden Teile der visuellen Gestaltung des Prototypen, insbesondere die Lesbarkeit der Texte. Weiterhin wurde die Wichtigkeit des verantwortungsvollen Umgangs mit persönlichen Daten hervorgehoben, da der Nutzergruppe oft das Hintergrundwissen zur Risikoeinordnung vernetzter digitaler Geräte fehlt.

Weitere Ergebnisse zum Interaktionsablauf, insbesondere bezogen auf die Auswahl und Absolvierung von Herausforderungen/Quests, finden sich im folgenden Abschnitt.

5.6.3. Quests

Ursprünglich war geplant, die Quests und deren Auswahl, Ablauf und Wirkung 2020 mehrstufig zu evaluieren. Dabei sollten die drei Evaluationspläne nacheinander in den ersten bis zum dritten Quartal 2020 durchgeführt werden. Aufgrund der COVID-19 Pandemie mussten wir uns auf eine Evaluation beschränken und die Forschungsfragen entsprechend so gut wie möglich miteinander verzahnen.

Zu diesem Zweck wurden qualitative Interviews mit sieben Probanden geführt, bei denen es sich teilweise um Senioren (vier Personen älter als 60 Jahre) handelte, die gebeten wurden aus ihrer eigenen Perspektive zu urteilen, und teilweise um Experten aus dem Bereich der Altenpflege, die angehalten waren aus ihrer Erfahrung mit älteren Menschen heraus zu sprechen.

Bei der Quest-Auswahl wurde zunächst die intuitive Verständlichkeit der Herausforderungen für Senioren überprüft und mit den Probanden besprochen ob materielle Belohnungen motivationsfördernd sind. Die Gespräche ergaben hier unterschiedliche Meinungen: einige Probanden waren von den „Sachpreisen“ sofort angetan und bewerteten diese ausdrücklich als wichtige Motivation für außerhäusliche Aktivitäten, andere zeigten Gleichgültigkeit bis hin zur klaren Ablehnung. Das Konzept der seniorengerecht aufbereiteten Erlebnisbeschreibungen fand unabhängig von den Belohnungen jedoch allgemeinen Anklang.

Ebenfalls wurde im Ansatz evaluiert, ob Herausforderungen im urbanen Raum durch den Einsatz von vernetzten Informationsstrahlern angenommen, durchgeführt und absolviert werden können (im geschützten Rahmen des Senioren-E-Scooter-Parks). Dadurch sollte festgestellt werden, ob der Ablauf einer Quest gut durchlaufen werden kann und ob es Schwächen in der Gestaltung gibt. Die technisch unterstützte Auswahl und Absolvierung einer Quest inkl. Fußgänger-Leitsystem aus vernetzten Mikroinformationsstrahlern wurde prototypisch erfolgreich umgesetzt und die Probanden bewerteten die Navigationsunterstützung mehrheitlich als positiv bis sehr positiv.

Zuletzt wurde auch die Wirkung der Herausforderungen ausgewertet. Insbesondere sollte in Erfahrung gebracht werden, ob sie ein geeignetes Werkzeug sind, um die Informiertheit der Senioren über ihre urbane Umgebung zu erhöhen und ob man durch die Quests Senioren mehr dazu motivieren kann, Angebote in ihrem urbanen Umfeld wahrzunehmen. Die Probanden brachten dem Quest-Konzept eine breite Akzeptanz entgegen und äußerten sich wohlwollend zur technischen Unterstützung von Alltagsgeschäften. Mehrfach wurden der motivierenden Funktion der Quests nicht nur für das eigene Erleben gute Chancen zugeschrieben, sondern auch übertragen auf Senioren im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Hierbei ist zu beachten, dass diese hypothetischen Diskussionen und Selbstauskünfte natürlich nur begrenzte Aussagekraft haben und dass weitere empirische Forschung nach dem Ende der COVID-19 Pandemie, insbesondere eine öffentliche Platzierung lauffähiger Prototypen zur Ermöglichung der Quest-Absolvierung unter realen Bedingungen, genauere Schlüsse ermöglichen würde.

Die Ergebnisse aus der Evaluation im Senioren-E-Scooter-Park im September 2020 werden voraussichtlich im Jahr 2021 in einer gesonderten Publikation weiter diskutiert.

5.6.4. Einsatz des mobilen Infostrahlers

Im Lauf der Projektzeit wurde ein Teilfokus von UrbanLife+ auf die Planung und Evaluation von MTI zur Steigerung der Safety von Senioren im Rahmen von städtischen Großveranstaltungen gelegt.

Im Jahr 2018 nahm das Projekt zu diesem Zweck an zwei Großveranstaltungen in Mönchengladbach konstruktiv teil: dem Turmfest (Rheydt) und dem Fest am See (Schloss Wickrath). Im Rahmen beider Veranstaltungen wurde ein erster MTI-Demonstrator der UBW in Form eines Makro-Informationsstrahlers in Zusammenarbeit mit der SHMG mobil einsetzbar gemacht und als „mobiler Informationsstrahler“ der Öffentlichkeit präsentiert und in diesem Zuge auf seine Praxistauglichkeit getestet.

Zur Vorbereitung des Turmfestes 2019 hat sich die UBW an einer Begehung des Turmfest-Areals beteiligt, in deren Rahmen städtebauliche Safety-Lücken vor Ort gesammelt und aufbereitet wurden. Diese dienen als Arbeitsgrundlage zur Konzeption diverser Arten von smarten städtebaulichen Objekten. Dieser Prozess fand partnerübergreifend statt.

Am 29. und 30. Juni 2019 fand in Mönchengladbach das Turmfest 2019 statt. Unter Koordination der SHMG nutzte UrbanLife+ den Rahmen des Fests als Testumgebung für integrierte MTI-Innovationen zur Steigerung der Teilhabe.

Wie bereits im Vorjahr wurde auch 2019 der mobile Makro-Informationsstrahler zur Evaluation genutzt. Im Vorfeld wurde die Datenbasis aktualisiert:

Die Darstellung des Turmfests auf dem Informationsstrahler wurde weiterhin um eine interaktive Karte des Festgeländes ergänzt, welche auf Basis der im Vorjahr ermittelten Unterstützungsbedarfe von DRESO erarbeitet und bereitgestellt wurde. Auf dieser Karte wurden Angebote in der Umgebung eingetragen und nach Kategorien eingeordnet. Zu jedem einzelnen Angebot konnten Daten zu Titel und Ort angezeigt werden.

Interaktive Karte der Turmfest-Umgebung (DRESO)
Abb. 39: Interaktive Karte der Turmfest-Umgebung (DRESO)

Zwecks der Erkenntnisgewinnung bzgl. der Auswirkung von materiellen Belohnungen auf die Motivation von Senioren zur Annahme von Angeboten wurde von UBW eine Turmfest-Schnitzeljagd umgesetzt. In Absprache mit UHOH wurden alle von UHOH auf dem Turmfest-Gelände platzierten SSO-Demonstratoren in eine Karte eingetragen, welche in die von UHOH bereitgestellte Mobile-App integriert wurde. Bei Annäherung eines App-Benutzers an einen der Demonstratoren wechselte dessen Markierung auf der Karte von orange nach grün. So konnten die Nutzer mitverfolgen, welche Demonstratoren sie bereits besucht hatten und welche noch nicht. Für Nutzer, die alle Demonstratoren besucht hätten, stellte UBW eine Sammlung kleiner Sachpreise jeweils im Wert von unter 5 EUR bereit.

Leider blieb die Anwesenheit der UrbanLife+-Zielgruppe auf dem Turmfest und damit die Anzahl der potenziellen Nutzer der Mobil-App hinter den Erwartungen zurück, was mutmaßlich durch die extrem heißen Temperaturen an dem Wochenende begründet ist. Laut Auskunft von UHOH hat eine geringe Anzahl Nutzer die App von der Projektwebseite heruntergeladen und ausprobiert, davon hat jedoch unseres Wissens nach niemand die Schnitzeljagd in Anspruch genommen. Es wurden keine Preise abgeholt. Die Forschungsfrage der Motivation durch geringwertige materielle Belohnungen wurde daher 2020 in der Evaluation im Senioren-E-Scooter-Park (siehe Abschnitt 5.5) erneut aufgegriffen.

Mobile Schnitzeljagd-Karte mit SSO-Demonstratoren
Abb. 40: Mobile Schnitzeljagd-Karte mit SSO-Demonstratoren

Zu den Großveranstaltungen wurde seitens der SHMG 2018 die Hardware für einen mobilen Makro-Informationsstrahler bereitgestellt. Auf diesem wurden zunächst aktuelle Inhalte für das Turmfest (https://www.turmfest-rheydt.de) aufgespielt. Während des Turmfests wurde die Interaktion der Besucher beobachtet und Einstellungen zum Makro-Informationsstrahler im Gespräch erfasst.

Der Informationsstrahler wurde mehrfach aus dem Gespräch mit einem Passanten heraus als Beispiel für ein smartes städtebauliches Objekt demonstriert. In dem meisten Fällen erfolgte hier die Touch-Interaktion durch ein Teammitglied während Besucher zuschauten, in einigen Fällen probierten jedoch auch die Passanten die Interaktion kurz aus. In den Gesprächen zwischen Passanten und Teammitgliedern erhielten wir mehrheitlich positive Rückmeldungen zum Strahler. So war z. B. deutlich erkennbar, „dass das Gerät für Senioren gestaltet ist“ und „[Das Gerät] eine sinnvolle, zukunftsgewandte Sache [darstellt]“.

Eine weitere Erkenntnis konnte zur Positionierung der Strahler gewonnen werden. Während des Turmfestes wurde keine spontane Interaktion durch Passanten durchgeführt, die passive Interaktion mit dem Bildschirm (längeres Betrachten von Informationen) unterschied sich jedoch je nach Standort des Strahlers am Stand von UrbanLife+. Abb. 41 zeigt die verschiedenen Positionen, wobei der Strahler in der dritten Position deutlich mehr Aufmerksamkeit erhielt und als „Blickfang“ diente.

Verschiedene Ausrichtungen des mobilen Makro-Informationsstrahlers auf GroßveranstaltungenVerschiedene Ausrichtungen des mobilen Makro-Informationsstrahlers auf GroßveranstaltungenVerschiedene Ausrichtungen des mobilen Makro-Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen
Abb. 41: Verschiedene Ausrichtungen des mobilen Makro-Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen

Beim Einsatz wurde jedoch insgesamt deutlich, dass der Makro-Informationsstrahler auf Großveranstaltungen hauptsächlich als Demonstrator für das Projekt dient und kaum Raum für Evaluationen bietet. Dies liegt zum einen an dem Verhalten der Informationsbeschaffung zu Großveranstaltungen (entweder Informieren vorab durch Flyer oder Internet, oder Großveranstaltung „erleben“ und entsprechend wenig Informationsbedarf vor Ort). Zum anderen ist der Makro-Informationsstrahler auf den halböffentlichen Raum ausgerichtet und bietet dort mehr Nutzen als im öffentlichen Raum. Ein weiterer Faktor, welcher die Nutzung des Makro-Informationsstrahlers auf Großveranstaltungen einschränkt, ist die Anwesenheit von zu vielen Personen in der Umgebung, welche die aktive Nutzung hemmen (da sich die Personen beobachtet fühlen) und die Interaktionsdauer verringern.

Ein weiterer Einsatz des mobilen Makro-Informationsstrahlers fand 2019 ebenfalls auf dem Turmfest statt. Dort konnte eine Anzahl von Passanten bei der Verwendung des Informationsstrahlers beobachtet werden, allerdings gehörten leider keine der Nutzerinnen und Nutzer zur Projekt-Zielgruppe 65+, weshalb das beobachtete Verhalten keine spezifischen Rückschlüsse auf die Verwendung der Informationsstrahler im Projekt zulässt.

5.6.5. Technik-Café

Das Technik-Café wurde 2017 und 2018 in Kooperation mit der SHMG durchgeführt und erzielte die Sammlung von Erkenntnissen zur Einstellung der Zielgruppe zu Technik im (halb-) öffentlichen Raum sowie das Austesten von verschiedenen Ein- und Ausgabegeräten hinsichtlich ihrer Eignung für (halb-) öffentliche single- und multi-user Interaktionen. Über die Tests verschiedener Technologien in mehreren Gruppensitzungen wurden verschiedene Erkenntnisse gesammelt, die sowohl neue Anforderungen an die Gestaltung von SSO ergaben als auch soziotechnische Erkenntnisse zur Einführung und Nutzung von SSO im urbanen Raum brachten. Im Folgenden werden die verschiedenen betrachteten Gegenstände der Technik Cafés und die zugehörigen Erkenntnisse zusammengefasst.

Besprechung der Anforderungen im Rahmen von Technik Cafés
Abb. 42: Besprechung der Anforderungen im Rahmen von Technik Cafés
Cultural Probes

Verschiedene Bilder von Technik (sowohl in der eigenen Nutzung als auch im öffentlichen Raum) wurden als Cultural Probes (Gaver et al. 1999, Maaß et al. 2016) genutzt, um Vor- und Nachteile sowie präferierte Interaktionen und den wahrgenommenen Nutzen mit der Nutzergruppe älterer Personen zu diskutieren. Hier zeigte sich, dass es viele Angsträume bei der Nutzung von Technik im öffentlichen Raum gibt (z. B. Angst vor Diebstahl am Geldautomaten, falsches Ticket am Ticketautomaten kaufen) und das Vertrauen – gerade bei der Einführung neuer Technik – gering ausfällt. Dahingegend zeigten sich auch deutliche Vorteile in der Nutzung von Technik im öffentlichen Raum, u.a. Vorteile in der Privatsphäre (z. B. Privatsphäre bei der Abholung von höheren Summen an Geld am Automaten). Die Teilnehmer bewerteten bei Technik, die eine direkte Interaktion erforderte, einfache und klar verständliche Ein- und Ausgabekanäle (z. B. eindeutige Buttons). Bei Technik, die keine Interaktion erfordert, wurde der Nutzen insgesamt als gegeben akzeptiert (z. B. bei Ampeln), hier wurde jedoch die Ausrichtung auf ältere Personen bemängelt (z. B. Dauer von Ampelphasen, fehlende Informationen hierzu).

Rollator mit Beleuchtung

Bei der gemeinsamen Betrachtung einer externen technischen Lösung zur Beleuchtung am Rollator wurde Interesse am Thema „Sichtbarkeit“ bzw. „Gesehen werden“ hoch. Es wurde deutlich, dass die Teilnehmer nicht gerne nach draußen gehen, weil sie von Autofahrern nur schlecht gesehen werden. Es wurde jedoch auch deutlich, dass trotz des Interesses der Teilnehmer der Mehrwert einer derartigen Beleuchtung als gering eingeschätzt wird, da sie nicht dem Einsatzzweck der Teilnehmer aus dem Altenheim entspricht („Wir gehen ja nicht raus, wenn es dunkel ist“). Hier wird deutlich, dass bei der Bewertung und der wahrgenommenen Nützlichkeit von Technik die Lebenswelt des befragten älteren Menschen einbezogen werden muss.

Touch-Interaktion

Beim Austesten der Touch-Interaktion am großen Wandbildschirm wurden der Großteil der Eingaben erkannt, verwirrend für die Teilnehmer waren hingegen Latenzzeiten oder die fehlende Reaktion des Systems auf Eingaben. Die Interaktion selbst wurde positiv wahrgenommen, jedoch fehlte den Teilnehmern ein geeigneter Einsatzzweck, weshalb der Nutzen der Interaktion selbst als gering eingeschätzt wurde. Die Touch-Interaktion am Tablet wurde als nützlicher, jedoch auch als deutlich schwieriger wahrgenommen, da Interaktionsflächen kleiner sind und mehr Touch-Gesten zur Auswahl standen. So wurde es als positiv bewertet, dass die Schrift vergrößert werden kann.

Insgesamt konnten die Teilnehmer des Technik Cafés einen einfachen (Single-)Touch gut durchführen und fanden diesen verständlich. Verschiedene (Multitouch-) Gesten wurden nicht verstanden, bzw. nicht als nicht intuitiv angesehen. Entsprechend sollte sich die Nutzung von Touch-basierter Interaktion in Bezug auf die Eignung für eine breite Zielgruppe älterer Personen hauptsächlich auf Single-Touch beschränken.

Sprachinteraktion

Beim Austesten verschiedener Sprachassistenzsysteme (Amazon Alexa Echo Spot & Echo Dot) wurde deutlich, dass sich die Nutzung im halböffentlichen Raum stark von der Nutzung im privaten Raum unterscheidet – insbesondere in Bezug auf Hintergrundgeräusche. So wurden die Sprachbefehle der älteren, zum Teil undeutlich sprechenden Personen nur selten erkannt und mussten laut und deutlich durch die Versuchsleitung wiederholt werden. Die Nutzung von Sprachbefehlen ist für die Zielgruppe nur wenig intuitiv und verwirrte die Teilnehmer.

Im Gegensatz dazu wurden die Sprachausgaben sehr positiv bewertet. Auch Personen mit leichten Höreinschränkungen konnten die Ausgaben gut verstehen. Nur bei starken Umgebungsgeräuschen fiel den Teilnehmern die Konzentration auf die Ausgabe schwer. Die Computerstimme im Vergleich zu einer natürlichen Aussprache wurde seitens der Teilnehmer nicht negativ bewertet und trug eher zur Erheiterung der Gruppe bei (z. B. ungewöhnliche Aussprache von Eigennamen). Insbesondere das Vorlesen von Texten, die Ausgabe von Informationen und das Abspielen von Musik und Tönen wurden in Bezug auf die Sprachinteraktion als besonders hilfreich eingestuft. Selbst Fehler in der Ausgabe wurden nicht als negativ bewertet.

Betrachtet man die Ergebnisse der Interaktion, so kann die Nutzung von Sprachausgaben bei SSO in Ergänzung zu weiteren Ausgabekanälen einen erheblichen Mehrwert bieten.

Interaktion insgesamt

Während der verschiedenen Technik Cafés wurde deutlich, dass der Großteil der Teilnehmer (im Altenheim lebende ältere Personen) die passive Interaktion mit Technik einer aktiven Interaktion vorziehen.

Gemeinsames Beantworten von Fragen (Quiz)

Sowohl auf dem großen Informationsstrahler als auch auf Tablets wurden mit den Teilnehmern ein digitalisiertes Quiz durchgeführt. Hier zeigte sich eine deutlich höhere Motivation zur Mitwirkung bei der Nutzung von Bildern und (kurzen) Tönen. Als Text formulierte Fragen mussten häufig vorgelesen werden, da viele der Teilnehmer Seheinschränkungen hatten. Die dargestellten Fragen regten in der Gruppe der Teilnehmer z.T. längere Gespräche an. Die Eingabe der Antworten durch einen Stellvertreter wurde als positiv wahrgenommen, was sich ggf. auf die Sammlung von nutzerbezogenen Informationen für einen Profildienst übertragen lässt.

Hieraus erkennen wir, dass der Einsatz von Technik im halböffentlichen Raum zu mehr Interaktion zwischen den (aktiv oder passiv) an der Interaktion beteiligten Personen beitragen kann.

Videos ansehen

Bei der gemeinsamen Betrachtung von Videos auf dem großen Informationsstrahler und der anschließenden Besprechung der Inhalte wurde deutlich, dass der Einsatz von Videos in der Gruppensituation nicht geeignet ist. Sowohl aufgrund der Störgeräusche als auch der erforderlichen kognitiven Anstrengung beim gleichzeitigen Hören und Sehen raten wir von der Nutzung von Videos in der Gestaltung von SSO ab. Insbesondere für die Interaktion in der Gruppe waren die betrachteten Videos hinderlich, da den Teilnehmern keine Konzentration mehr für diese blieb. Unserer Erfahrung nach eignen sich Videos daher eher für eine Nutzung in single user Interaktionen, welche im öffentlichen Raum nur selten zutage kommen.

Informationsstrukturen

Bei dem Ansehen und Explorieren von Inhalten wurde deutlich, dass geringe Ebenen der Informationstiefe präferiert werden. So sollten Menüs nur wenige Unterpunkte haben und auch Detailansichten mit geringer Interaktion aufgerufen werden können. Dies gilt vor allem bei der Nutzung von Technik im öffentlichen Raum. Bei single user Interaktionen sind geführte Interaktionen (auch formularbasiert) einsetzbar, wenn die Anwendung einen direkten Mehrwert für den Nutzer bietet.

Einflussfaktoren für die Bewertung von Technik im öffentlichen Raum

Während der Technik Cafés konnte beobachtet werden, dass unterschiedliche Situationen und insbesondere die soziale Zusammensetzung bei der Interaktion mit Technik im halböffentlichen Raum einen Einfluss auf die Wahrnehmung bzw. die Bewertung der Technik haben. Im Folgenden werden einige der Beobachtungen aufgeführt:

Zusätzlich zu den sozialen Faktoren und den individuellen kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Nutzer hat auch die Gestaltung verschiedener Parameter des genutzten Systems einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung des potenziellen Nutzens bzw. der Nützlichkeit, wie im Folgenden aufgeführt:

Darüber hinaus sind Räumlichkeiten bzw. Umgebungsbedingungen entscheidend für die Wahrnehmung von Technik durch ältere Personen. Fühlen sich die Nutzer in ihrer Umgebung wohl, so sind sie generell eher bereit, neue Technik zu akzeptieren. Wird eine ältere Person hingegen stark gestört (z. B. durch eine laute Umgebung), wird auch neu betrachtete Technik abgelehnt.

Daraus lassen sich einige Aufgaben an die (soziotechnische) Gestaltung von MTI sowie der Evaluation von MTI im (halb-) öffentlichen Raum zusammenfassen:

Die Erkenntnisse der Technik Cafés wurden im weiteren Verlauf genutzt, um gezielt auf Fragestellungen in der MTI im öffentlichen Raum einzugehen. Eine Weiterführung des Formats erfolgte leider nicht aufgrund des Ausscheidens der dafür verantwortlichen Mitarbeiterin und fehlenden personellen Kapazitäten.

5.6.6. Spracherkennung im öffentlichen Raum

Auch bei der Gestaltung der Interaktion wird im Rahmen des Teilvorhabens stetig neue Technik einbezogen. So dienten z. B. Erkenntnisse aus Fallstudien von Sprachsteuerung bei älteren Personen (siehe u. a. Alexa für Alte10) als Anregung, Sprachsteuerung auch bei smarten städtebaulichen Objekten auszuprobieren.

Zur Ergänzung der Erkenntnisse von Sprachassistenzsystemen im Technik Café (halböffentlicher Raum) wurde eine studentische Arbeit über die Eignung verschiedener Sprachbefehle bei verschiedenen Assistenzsystemen bei Störgeräuschen durchgeführt. Im Folgenden wird die Studie von (Hegenbarth & Jung 2018) zusammenfassend dargestellt.

Gegenstand der Untersuchung war eine mögliche Steuerung von SSO durch Sprachbefehle. Es sollte erprobt werden, unter welchen Bedingungen vorhandene Sprachassistenten am besten funktionieren und ab wann eine Nutzung nicht mehr möglich ist.

Dazu wurde zunächst eine Literaturrecherche in Bezug auf aktuelle Sprachassistenzsysteme durchgeführt. Aufbauend auf den Auswahlkriterien Benutzersprache, Verständigung, Antworten und Erweiterbarkeit wurden die am besten bewerteten Systeme (Amazon Echo Dot und Google Home Mini) für einen Vergleich herangezogen.

Unter sukzessiver Erhöhung der Störgeräusche wurden verschiedene Befehle am Beispiel der Steuerung einer Parkbank (siehe UHOH) von einer weiblichen und einer männlichen Stimme eingesprochen.

Insgesamt wurden knapp 50% der Befehle erkannt, wobei selbst bei geringen Umgebungsgeräuschen keine Erkennung mehr möglich war. Bei der Evaluation der Erkennung wurde deutlich, dass kurze Befehle nur sehr schlecht erkannt wurden. Bei der Gestaltung von Sprachbefehlen sind daher längere Befehle empfehlenswert. Dies erklärt sich durch die erhöhte Länge der Interpretation der Spracheingaben durch die Sprachassistenten. Zwischen den verschiedenen Sprachassistenten wurden kaum Unterschiede in der Erkennung gemessen.

In Bezug auf die Gestaltung von smarten städtebaulichen Objekten wurde durch diesen Vergleich deutlich, dass unabhängig vom genutzten System Sprachbefehle im halböffentlichen Raum bedingt nutzbar sind, im öffentlichen Raum aber aufgrund von Störgeräuschen nicht eingesetzt werden sollten.


10: Quelle: https://www.heise.de/tr/artikel/Alexa-fuer-Alte-3740767.html

5.6.7. Mikro-Informationsstrahler im Senioren-Scooter-Park

Eine Sammlung von bestehenden und übertragbaren Gestaltungsrichtlinien wurde als Beitrag auf der Mensch und Computer 2020 veröffentlicht und diskutiert (Stojko et al. 2020). Um die Gestaltungsempfehlungen für die Mikro-Informationsstrahler genauer herausarbeiten zu können und die Empfehlungen aus der Literatur zu überprüfen, wurden auch für diese SSOs Evaluationen geplant. So wurde 2020 eine Evaluation mit der optimalen Gestaltung des 8x8 LED Displays durchgeführt. Hierbei stellte sich die Frage, welche Symbole für Senioren sinnvoll und erkennbar sind und ob die Mikro-Informationsstrahler als Wegweiser mit dem Aktivitätsunterstützungsdienst die gefühlte Safety erhöhen können. Weitere angedachte Evaluationen konnten aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht durchgeführt werden. Diese hätten die Mikro-Informationsstrahler im Hinblick auf Audiohinweise (Vogelgezwitscher) und deren Wirkung in Kombination mit visuellen Hinweisen ausgewertet. Dabei sollten Erkenntnisse gesammelt werden in Bezug auf die Eignung von auditiven Hinweistönen und der Kombination von auditiver und visueller Interaktion mit Mikro-Informationsstrahlern.

Die durchgeführte Studie im September 2020 erfolgte im Senioren-E-Scooter-Park des Altenheims Hardterbroich. Dazu wurden sieben Mikro-Informationsstrahler im Park installiert und miteinander verbunden. Insgesamt sieben Versuchspersonen haben anhand der Durchführung einer Quest die Hinweise der Mikro-Informationsstrahler getestet und qualitativ bei einem Rundgang durch den Park und im Interview reflektiert (zu den Erkenntnissen bzgl. der Quest-Absolvierung siehe Abschnitt 5.6.3). Die Aufgabe bei der Evaluation war sich von den Mikro-Informationsstrahlern durch den Senioren-E-Scooter-Park führen zu lassen, um letztendlich vom Pavillon zum Bienenhotel zu gelangen und wieder zurück. Das Ziel der Evaluation war festzustellen, ob den Probanden ein Unterschied auf den LED-Displays auffällt und welche Symbole sich für die Nutzergruppe eignen. Dies war der Fokus der Evaluation, weil das LED-Display nur eine Größe von 3 x 3 cm hat und es deshalb fraglich war, inwiefern Senioren darauf etwas Hilfreiches erkennen können. Die Teilnehmer an der Evaluation waren teilweise Experten aus dem Altenheim als auch Senioren aus der Umgebung. Bzgl. der Nutzergruppe wurde angemerkt, dass es wichtig ist die Fortbewegungsgeschwindigkeit der Senioren zu berücksichtigen, sobald man eine zeitliche Angabe macht oder die Unterstützung zeitlich terminiert. Dabei spielt auch die Fortbewegungsmöglichkeit eine Rolle: Nutzt der Senior / die Seniorin einen E-Scooter, Rollator oder Rollstuhl? Insgesamt merkten die Teilnehmer an, dass durch die Mikro-Informationsstrahler mehr Orientierung und Sicherheit gegeben wird und die Aufmerksamkeit für die Umgebung steigt, weil man stets Ausschau nach den Mikro-Informationsstrahlern hält. Ein Ergebnis der Evaluation sind Voraussetzungen, die beschreiben, wann der Einsatz von Mikro-Informationsstrahlern nützlich ist:

Bei der Evaluation wurde außerdem festgestellt, dass die Nutzung und Bedeutung von Mikro-Informationsstrahlern von Senioren geübt werden muss, damit diese die Symbole auch richtig interpretieren und von der Aktivitätsunterstützung profitieren können. Eine hohe Technikakzeptanz bei Experten und der Nutzergruppe konnte durch die diskrete Interaktion der Mikro-Informationsstrahler erreicht werden. Die Allgemeingültigkeit der Mikro-Informationsstrahler ist ebenfalls relevant für die Technikakzeptanz, denn jede Altersgruppe soll diese Geräte benutzen (können), damit die Nutzung der Aktivitätsunterstützung mit Mikro-Informationsstrahlern nicht als Makel des Alters wahrgenommen wird. Außerdem wurde angemerkt, dass die Geräte eine gewisse Zuverlässigkeit nachweisen müssen, da ein Ausfall zur Verunsicherung der Senioren führen könnte. Im folgenden Abschnitt werden die Erkenntnisse bzgl. der Gestaltung der LED-Symbole, Hardware, der Aktivitätsunterstützung und emotionaler Aspekte erläutert.

Design der LED-Symbole

Die Mikro-Informationsstrahler konnten vier verschiedene Symbole ausgeben: Pfeile (Abbiegepfeil, Linkspfeil), Quadrat, Haken und Streifen (Bienenhotel). Je nachdem, wo sie befestigt waren, wurde ein entsprechendes Symbol ausgewählt: Auf Wegen zeigten zwei ein Quadrat, drei entsprechende Pfeile. Am Zwischenziel (eine Sitzgelegenheit) wurde ein Haken angezeigt und am Ziel Streifen (ein Symbol, das die Biene am Bienenhotel darstellen sollte). Die Symbole blinkten, sobald der Senior in die Nähe kam, bis dieser sich wieder entfernte. Das LED-Display besteht aus einer 8×8 RGB-LED-Matrix.

Grundsätzlich ist den Probanden aufgefallen, dass es sich um unterschiedliche Symbole handelte. Dabei wurde angemerkt, dass die Pfeile den größten Mehrwert bieten, da sie eindeutig und leicht verständlich sind. Bzgl. der Größe des LED-Displays waren sich nicht alle Probanden einig: Für einige war die Größe in Ordnung, andere fanden sie relativ klein. Besonders die Sichtbarkeit wurde jedoch bei allen Probanden als gut wahrgenommen – insbesondere das Blinken erhöhte die Wahrnehmung der Symbole stark, dabei merkten wenige Probanden an, dass manches Blinken sich von anderen unterschied. Dies deutet auf eine eher mangelhafte Hardware hin, da das LED-Display einzelne Dioden bei näherem Betrachten nach und nach aufleuchten lasst und nicht gleichzeitig. Allgemein wurde von vielen Teilnehmern angemerkt, dass die Interpretation der Symbole besonders schwierig ist, wenn die Symbole nicht eindeutig sind und daher war eine Erläuterung der Symbole zu Beginn notwendig. Hierzu zählte besonders das Quadrat als Symbol. Weiteres dazu folgt im übernächsten Absatz.

Pfeile

Die Pfeile als Symbol wurden von allen Probanden als sehr gut erkennbar, eindeutig und leicht verständlich bezeichnet, vor allem aufgrund deren Assoziationen mit gängigen Schildern im Straßenverkehr. Der blinkende Linkspfeil wurde stets richtig interpretiert und gut verstanden. Im Vergleich dazu, wurde der Abbiegepfeil als sehr unverständlich bewertet und die Interpretation fiel jedem Probanden schwer. Es wurde oft als Aufforderung verstanden, dass da nun etwas getan werden muss in der Nähe des Mikro-Informationsstrahlers. Es gab auch einige Verbesserungsvorschläge („R“ für rechts oder ein abgeknickter Pfeil), die nicht im Rahmen dieser Evaluation umgesetzt wurden, jedoch für die weitere Entwicklung berücksichtigt werden sollten.

Quadrat

Das Quadrat wurde im Hinblick auf die Interpretation von den Probanden deutlich schlechter bewertet als die Pfeile. Oftmals fühlten sich die Probanden beim Versuch das Quadrat zu interpretieren unsicher und wussten nicht, was nun von ihnen erwartet wurde. Viele Teilnehmer verbanden mit dem blinkenden Quadrat, dass sie etwas in der Umgebung des Mikro-Informationsstrahlers tun oder besichtigen könnten, jedoch nicht, dass sie einfach weitergehen sollten – hier fehlt die Informationen zur Richtung und führt daher zum Stillstand, Unsicherheit als auch Verwirrung. Es war eine Erläuterung durch den Begleiter notwendig – die Quadrate sollen signalisieren, dass die Senioren auf dem richtigen Weg sind. Daraufhin fiel die Interpretation den Senioren schon leichter, jedoch fehlten immer noch Hinweise auf die Richtung, wenn es sich um eine Kreuzung handelte. An diesen Stellen war der nächste Mikro-Informationsstrahler nicht deutlich sichtbar bzw. hob sich nicht genügend von seiner Umgebung ab. Diesbezüglich nannten die Probanden einige Verbesserungsvorschläge, z. B. ein bewegender Pfeil in die Richtung, in die man gehen soll oder eine Leuchte über dem Mikro-Informationsstrahler bzw. eine farbliche Hervorhebung der Hardware, sodass dieser direkt sichtbar ist.

Zielsymbole: Streifen (Bienenhotel) & Haken

Etwa auf der Hälfte des Weges befand sich eine Sitzgelegenheit als Zwischenziel, an der ein Mikro-Informationsstrahler angebracht war und welche einen blinkenden Haken anzeigte, sobald der Proband in die Nähe kam. Mit dem Haken verbanden alle Beteiligten eine positive Rückmeldung „abgehakt - das ist erledigt“, „richtig gemacht“. Daher wurde der Haken im Vergleich zum Quadrat deutlich besser empfunden bei der Vermittlung der Bestätigung, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Ein Verbesserungsvorschlag einiger Teilnehmer umfasste die Realisierung eines Smileys auf dem LED-Display, das ihnen nochmal deutlicher signalisieren würde, sie machen alles richtig. Das Bienenhotel als Ziel war mit einem Mikro-Informationsstrahler ausgestattet, der gelbe Streifen anzeigte. Hier war auffällig, dass das gelb von den meisten Probanden als grün identifiziert wurde. Dies weist auf eine weitere Schwachstelle des LED-Displays hin. Es gab einige positive Rückmeldungen zur Sichtbarkeit, da das LED-Display bereits von Weitem sichtbar war. Dennoch wurde sich eine weitere Bestätigung zur Rückmeldung der Zielerreichung gewünscht. Diese hätte wie die des Zwischenziels, ein Haken, sein können.

Farbliche Gestaltung

Die Probanden suchten sich zu Beginn der Evaluation eine Farbe aus (rot, gelb, grün, blau), welche bei den SSO zur Personalisierung der Informationen führte. Bei den Mikro-Informationsstrahlern wurden die Symbole daher in der entsprechend ausgewählten Farbe dargestellt. Die meisten Probanden konnten sich damit auch von Anfang an identifizieren („das ist meine Route“, „wenn er gelb ist, ist er dann für mich“). Lediglich die Farben rot und grün wurden als Signalfarben wahrgenommen und führten daher bei den Probanden zu anderen Interpretationen: Rot wurde mit Gefahr, Stopp verbunden und grün mit gut, alles richtig gemacht. Fest verankerte Farben sollten daher zukünftig nicht mehr als individuelle Farbe zur Verfügung stehen, da hier die Verknüpfung zu den Signalfarben sehr stark ist, sodass sie sich die Person nicht direkt damit identifizieren kann und ggf. andere Passanten dadurch angesprochen werden, für die die Informationen jedoch nicht gemeint sind.

Hardware

Die Hardware der Mikro-Informationsstrahler sind RaspberryPis mit einem SenseHat. Dazu wurde eine passende schwarze Schutzhülle angebracht mit einer durchsichtigen Klappe, sodass das LED-Display des SenseHat gut sichtbar war. Zum Schutz vor starker Sonneneinstrahlung oder Regen wurden zusätzliche weiße Schutzkappen erstellt. Diese können optional bei Bedarf angebracht werden. Da die Schutzkappen dazu führten, dass die Anzeige des Displays nur direkt davor gut sichtbar war, nannte ein Proband die Idee, dass diese noch etwas rundlicher ausgeschnitten werden sollten, damit man das Display auch von weitem sehen kann. Bzgl. des Designs der Hardware gab es bei der Evaluation auch den Vorschlag eine Art Würfel zu verwenden, sodass von jeder Seite etwas angezeigt werden kann. Damit die Mikro-Informationsstrahler auch von weitem sichtbar sind, merkten einige Probanden an, dass die Hardware sich durch eine farbliche Hervorhebung von der Umgebung abgrenzen sollte.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in der Evaluation thematisiert wurde war die Positionierung der Mikro-Informationsstrahlern an Laternenmasten und kleineren Wegleuchten. In Bezug auf die Höhe der Positionierung waren die Probanden geteilter Meinung. Einige nannten den Hinweis, dass die Geräte auf Augenhöhe der Nutzer angebracht werden sollten. Andere empfanden die Höhe als passend, insbesondere in dem Fall der Nutzung von Hilfsmitteln wie den E-Scooter oder eines Rollstuhls. Außerdem wurde festgestellt, dass es wichtig ist, dass die Geräte sich unmittelbar am Wegrand befinden, sodass sie gut sichtbar sind. Waren einige Geräte zu weit vom Weg entfernt (am Baum), so wurden diese nicht besonders gut wahrgenommen.

Aktivitätsunterstützung

Erkenntnisse bzgl. der Aktivitätsunterstützung durch Mikro-Informationsstrahler konnten bei der Evaluation ebenfalls gesammelt werden. Dabei wurde besonders die einfache Interaktion durch die automatische Erkennung der Senioren positiv hervorgehoben. Ein Ergänzungsvorschlag eines Probanden umfasst die Idee, die voraussichtliche Zeit zum Ziel zu Beginn bzw. bei der Auswahl der Quests anzuzeigen, sodass die Senioren sich besser vorstellen können, wie lange und schwierig der Weg ist. Dazu wurde auch die Notwendigkeit geäußert, dass ein Abbruch der Aktivitätsunterstützung jederzeit möglich sein muss, da die Nutzergruppe sich jederzeit umentscheiden können soll, vor allem wenn sich physische Beschwerden äußern, die die Zielerreichung behindern. Daher sollten die Mikro-Informationsstrahler dies erkennen können und in einem solchen Fall wieder zurück zum Ausgangspunkt führen.

Bei der Evaluation konnten Erkenntnisse zur Wegführung und Flächenabdeckung durch Mikro-Informationsstrahler gesammelt werden. Dabei wurde bemängelt, dass nicht an jeder Ecke bzw. Kreuzung ein Gerät installiert war und beim Ziel das nächststehende Gerät zu weit entfernt. Das zeigt, dass es wichtig ist die kritischen Punkte bei der Wegführung richtig zu identifizieren und dementsprechend mit Mikro-Informationsstrahlern auszustatten. Besonders wenn sich Senioren darauf verlassen, dass sie geführt werden ist es wichtig sie während der kompletten Aktivität zu unterstützen, sonst fühlen sie sich im Stich gelassen oder unsicher.

Spaßfaktor und Safety-Gefühl

Ein Teil des Interviews, welches nach dem Rundgang durch den Senioren-E-Scooter-Park erfolgte, beschäftigte sich mit der Frage, ob den Probanden die Aktivitätsunterstützung Spaß gemacht hat und wie sie sich dabei gefühlt haben. Die Teilnehmer waren sich bei der Frage nach dem Spaßfaktor einig – es fühlte sich an wie eine Schnitzeljagd! Außerdem fanden die Probanden es interessant herauszufinden, welche Symbole angezeigt werden und was sie bedeuten könnten. Bei der Frage, ob die Mikro-Informationsstrahler mit der Aktivitätsunterstützung das Safety-Gefühl der Nutzer steigern konnten, waren die Erkenntnisse der Evaluation nicht eindeutig. Einige Probanden empfanden ein Safety-Gefühl, andere empfanden die Umgebung als sicher und konnten daher nicht eindeutig sagen, ob sie sich durch die Geräte sicher fühlten. Daher wäre es relevant diesbezüglich eine weitere Studie in einem für die Probanden eher unbekannten Areal durchzuführen, um diesen Aspekt weiter zu untersuchen. Feststellen konnte man jedoch, dass eine Unsicherheit bei den Probanden auftrat, wenn keine Mikro-Informationsstrahler an Kreuzungen zu sehen gab und wenn die Symbole nicht eindeutig und leicht verständlich waren. Dies sind Aspekte die zu vermeiden sind, wenn ein erhöhtes Safety-Gefühl von Senioren angestrebt wird.

5.6.8. Langzeitevaluation im Feldeinsatz

Im Laufe des Jahres 2019 wurde an den Grundlagen zur Langzeit-Evaluation im Feldeinsatz gearbeitet. Da sich auch der Makro-Informationsstrahler in diesem Projekt im Langzeiteinsatz befindet, war es für uns besonders interessant, die Evaluationsmethoden und Effekte für einen solches Szenario zu beobachten, überdenken und evtl. neue Ansätze zu durchdenken. Dazu wurde eine möglichen 24/7 Evaluation und deren möglicher Einsatz, sowie die zu beobachtbaren Effekte in Langzeitevaluationen diskutiert. Den Rahmen dafür wurde durch einen Workshop, in Kooperation mit der HAW Hamburg, zu „Evaluation der Nutzung und des Nutzens von (Semi-)Public Displays“ (Koch et al. 2019) auf der „Mensch und Computer 2019“ Tagung in Hamburg geschaffen. Dabei wurden neue Fragestellungen und Ideen konkretisiert, als auch die beobachteten Effekte (Camurtay & Koch 2019) und Erfahrungen (Schwarzer et al. 2019) bei Langzeitevaluationen diskutiert. Im Vorfeld wurde als Evaluationsmethode ein Konzept für ein Logging-Framework (Koch 2019) durchdacht und ebenfalls auf dem Workshop thematisiert.

5.7. Übergreifende Erkenntnisse zur Gestaltung von SSO

Allgemein haben wir festgestellt, dass beim Einsatz von SSO in dem Lebensraum älterer Personen insbesondere die Zielsetzung transparent kommuniziert werden sollte. Handelt es sich um einen unausgereiften Prototyp, sollte dies entsprechend dargestellt werden. Die Einführung von Prototypen von SSO für eine dauerhafte Nutzung ist im öffentlichen Raum (Feldtest) kritisch zu hinterfragen, während der Einsatz für Experimente (bzw. Nutzerstudien) mit frühen Prototypen zwar unproblematisch hinsichtlich der Erwartungshaltung ist, sich die Parameter der Evaluation jedoch aufgrund äußerer Umstände schlecht kontrollieren lassen. Frühe Prototypen können durch schnelle Iterationen Erkenntnisse zu Verbesserungen der Gestaltung von SSO machen. Dementsprechend konnten wir die Erkenntnis gewinnen, dass die Evaluation von SSO im öffentlichen Raum je nach erzieltem Erkenntnisgewinn entweder in einem begrenzten Rahmen oder im Feldtest unter realen Bedingungen durchgeführt werden sollte. Erzielt eine Evaluation also den Zugewinn an Erkenntnissen im Bereich der Gestaltung von SSO, so empfehlen wir einen frühen Einsatz der Prototypen im Feld. Sollen der Nutzen (z. B. eine Steigerung der wahrgenommenen Safety) oder die Nutzbarkeit (Usability bzw. User Experience) von SSO evaluiert werden, so eignen sich Nutzerstudien (entweder mit einzelnen Nutzern oder in Gruppenkonstellationen) besser.

Betrachtet man die Gestaltung von SSO, so sollte ein besonderes Augenmerk auf die Vernetzung bzw. die Nutzung von Services gelegt werden. Dies wurde besonders durch die Betrachtung der Inhalte deutlich, welche zum einen der Umgebungen und den aktuellen Geschehnissen entsprechen sollten und zum anderen auf den Nutzer ausgerichtet (personalisiert) sein sollten. Bei der Gestaltung von SSO ergeben sich also andere Anforderungen (mehrere Nutzer, öffentlicher Raum, potenziell viele genutzte SSO) als bei der Gestaltung von persönlichen Endgeräten (ein Nutzer, geschützter Raum, ein fokussiertes Endgerät).

5.7.1. Übergreifende Erkenntnisse zur Anpassbarkeit der SSO

Die hier gesammelten Erkenntnisse beantworten die Forschungsfrage: Welche Voraussetzungen muss die Gestaltung der MTI erfüllen, um für heterogene Benutzer (im öffentlichen Raum) anpassbar zu sein?

Anhand der Evaluationen sowie bei der Gestaltung der Informationsstrahler wurde deutlich, dass eine SSO-übergreifende Benutzerprofilkomponente und ein damit interagierender Personalisierungsdienst notwendig sind, um eine geeignete Anpassungsfähigkeit umzusetzen. Diese Komponenten müssen die folgenden Eigenschaften aufweisen, um für die Nutzergruppe älterer Personen im Kontext öffentlicher Räume eingesetzt werden zu können und gleichzeitig die Ansprüche eines zukunftsfähigen Datenschutzkonzeptes zu erfüllen:

Betrachtet man die oben aufgeführten Eigenschaften, ergeben sich für die Informationsstrahler die folgenden Funktionalitäten, die in einem Personalisierungsdienst umgesetzt werden:

Für die Umsetzung dieser Funktionen sind die Vernetzung der SSO untereinander sowie mit Diensten und ein übergreifendes Benutzerprofil notwendig.

Ein erstes Konzept für die Anpassung bei Informationsstrahlern ist die Komfortzone. Diese ist nicht nur eine „Messgröße“ für eine Erweiterung der Safety (d. h. eine Erweiterung der Komfortzone soll durch den Einsatz der Informationsstrahler erreicht werden), sondern auch ein Anpassungstrigger, welcher für die Entscheidung über die Anpassung im System genutzt wird. Je nachdem, ob sich der Nutzer in seiner Komfortzone befindet oder nicht, wird eine unterschiedliche Ansprache seitens der Informationsstrahler umgesetzt:

Während es naheliegend ist dem Nutzer während der Vorbereitungsphase mehr Informationen und bei der Durchführung Unterstützung zu bieten, entspricht die Komfortzone nicht diesen zwei Phasen der Aktivität. So kann ein Nutzer auch außerhalb seiner Komfortzone Aktivitäten planen (z. B. wenn er sich unwohl in einer Menschenmenge fühlt), oder sich bei der Durchführung einer Aktivität innerhalb der Komfortzone befinden. Daher wurden zunächst aus der Anforderungsanalyse, vorherigen Untersuchungen mit älteren Nutzern und verwandter Literatur zur technischen Unterstützung älterer Personen folgende Einflussfaktoren auf die Komfortzone extrahiert, welche bei der Gestaltung der Anpassungsfähigkeit relevant sind:

  1. Wohlbefinden in der aktuellen Situation
  2. Kenntnisse über einen Ort bzw. eine Strecke
  3. Beschaffenheit der Infrastruktur (z. B. Treppen oder WCs)
  4. Genutzte Hilfsmittel & Verkehrsmittel in aktueller Situation (inkl. Rollstuhl oder ÖPNV)
  5. Wetterverhältnisse
  6. Tageszeiten
  7. (Bekannte) Personen in der Umgebung

Diese Aspekte können dann genutzt werden, um aus dem Verhalten des Nutzers in einer Situation Rückschlüsse auf die benötigte Unterstützung zu ziehen. Im Laufe von 2018 wurden hierzu weitere Studien durchgeführt und herausgestellt, wie Informationsstrahler und andere SSO gestaltet werden müssen, um den Nutzer anhand der oben aufgestellten Informationen zu unterstützen. Aus der Diskussion im Rahmen der Technik Cafés und Tests im Umgang mit anderen Unterstützungssystemen konnten folgende Gestaltungsempfehlungen bezogen auf die Anpassungsfähigkeit aufgestellt werden:

  1. Die Art der Unterstützung sollte je nach Komfortzone angepasst werden (siehe oben).
  2. Bei dem Einsatz von Multimodalität in der Interaktion sollte der Fokus auf die Interaktionskanäle je nach Nutzer angepasst werden (z. B. Audio-Feedback und -Ausgaben für Sehbeeinträchtigte; Licht-Signale und -Hinweise für Hörbeeinträchtigte).
  3. Informationsstrahler sollten höhenverstellbar sein, damit auch Personen mit Rollstuhl oder Rollator Zugang zur Touch-Interaktion haben.
  4. Die inhaltliche Anpassung bzw. Filterung der Inhalte sollte je nach Präferenzen der Nutzer geschehen. Eine häufig diskutierte Problematik ist hier die so genannte Filter-Bubble. Daher ist ein besonderer Fokus auf die Transparenz zu legen.

5.7.2. Übergreifende Erkenntnisse zur Joy-of-Use der SSO

In Bezug auf die Freude bei der Interaktion (Joy-of-Use) wurden im Rahmen einer Fallstudie zum Thema „Playable Cities“ erste Gestaltungsempfehlungen gesammelt. Diese beruhen auf einer heuristischen Betrachtung von drei verschiedenen technischen Installationen im öffentlichen städtischen Raum, wodurch Stärken und Schwächen hinsichtlich der Nutzung durch Senioren identifiziert wurden. Die daraus abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen lassen sich zusammenfassen wie folgt:

  1. Häufige Einschränkungen (altersbedingt und anderweitig) berücksichtigen, Zwei-Sinne-Prinzip beachten
  2. Interaktionsabläufe knapp halten...
  3. ... aber Zeitdruck vermeiden
  4. Sicherheitsbedürfnisse im Kopf behalten
  5. Für Belohnungssysteme: extrinsische Belohnungen ins Auge fassen
  6. Für soziale Erfahrungen und gemeinsame Momente gestalten
  7. Ältere Menschen als Nutzer „in erster Reihe“ betrachten, nicht als Gruppe mit Sonderwünschen
  8. Senioren in den Gestaltungsprozess einbinden

Details hierzu finden sich in der entsprechenden Veröffentlichung (Fietkau 2017). Weitere Erkenntnisse können in der Evaluationsbeschreibung und den Erkenntnissen zu „Quests“ nachgelesen werden.


6. Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Bericht haben wir die Ergebnisse unserer Beschäftigung mit dem Thema „smarte städtebauliche Objekte“ (SSOs) für (die Verbesserung von Safety / Teilhabe) bei Senioren aus Sicht der Mensch-Technik-Interaktion (MTI) zusammengefasst. Diese Beschäftigung erfolgte im Projekt UrbanLife+ zusammen mit verschiedenen Technik- und Praxispartnern und einem konkreten Testfeld in Mönchengladbach.

Aus Sicht der MTI sind wir einem klassischen Vorgehen gefolgt: Beginnend mit einer Anforderungsanalyse (mit Umfragen und dem Einsatz von Prototypen) haben wir Ideen für die Unterstützung entwickelt und in frühen Prototypen umgesetzt und eingesetzt.

Mit der Weiterentwicklung der Prototypen – in unserem Teilprojekt vor allem verschiedener Varianten von Informationsstrahlern - wuchs der Schatz an Erkenntnissen zum Thema und wurde in einer Liste von allgemeinen (MTI-)Herausforderungen für das Themenfeld kondensiert: Mehrbenutzerfähigkeit, Adaptionsfähigkeit, Walk-Up-And-Use-Fähigkeit und Joy-of-Use. Wichtige Detailkonzepte aus dem Projekt zu diesen Anforderungen sind das Komfortzonen-Konzept zur Adaptionsfähigkeit sowie die Idee der Quests zu Joy-of-Use.

Neben den einzelnen SSOs sind in diesen Schritten auch Prototypen und Erkenntnisse zur Vernetzung der einzelnen Objekte erarbeitet worden – und hier vor allem ein Aktivitätsunterstützungsdienst, der verschiedene Varianten von Informationsstrahlern integriert und mit der Idee der Quests als auch der Komfortzonen verbindet.

Einen wichtigen Beitrag sehen wir auch in der Evaluation der Ideen, Konzepte und vor allem SSO-Prototypen. Diese Evaluationen erfolgten sowohl argumentativ aber auch mit vielfältigen Prototypen in kurz- und längerfristigen Deployment-Phasen. Dabei konnten Erkenntnisse bzgl. der Evaluation mit Senioren im Allgemeinen, aber auch im Detail zu der Gestaltung von unterschiedlichen Informationsstrahlern und des Aktivitätsunterstützungsdienstes gesammelt werden.


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Autorenverzeichnis

Michael Koch

Prof. Dr. Michael Koch

michael.koch@unibw.de
www.unibw.de/inf2/personen/professoren/univ-prof-dr-michael-koch

Prof. Dr. Michael Koch hat an der TU München Informatik studiert und in dem Fach promoviert. Nach einem Industrieaufenthalt am Xerox Research Centre Europe und folgender Habilitation in Informatik wieder an der TU München lehrt er jetzt an der Universität der Bundeswehr München wo er die Professur für Mensch-Computer-Interaktion innehat.

Anna Buck

Anna Buck

anna@koetteritzsch.net
www.koetteritzsch.net

Anna Buck (geb. Kötteritzsch) hat an der Universität Duisburg-Essen Angewandte Kognitions- und Medienwissenschaften (M.Sc.) studiert. Bis 2019 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt UrbanLife+ an der Universität der Bundeswehr München. Aktuell ist sie im Bereich IT-Training tätig.

Julian Fietkau

Julian Fietkau

julian.fietkau@unibw.de
www.unibw.de/julian.fietkau

Julian Fietkau hat an der Universität Hamburg Informatik und Mensch-Computer-Interaktion studiert, arbeitete danach für ein Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bauhaus-Universität Weimar, bis er 2016 zur Universität der Bundeswehr München fand. Seitdem promoviert er bei Prof. Dr. Michael Koch im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion, insbesondere mit Bezug auf das Forschungsprojekt UrbanLife+.

Laura Stojko

Laura Stojko

laura.stojko@unibw.de
www.unibw.de/inf2/personen/wissen_mitarbeiter/laura-stojko

Laura Stojko hat an der Universität Regensburg (Bachelor) und an der TU München (Master) Wirtschaftsinformatik studiert und promoviert seit September 2019 im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion bei Prof. Dr. Michael Koch an der Universität der Bundeswehr München. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und unterstützt in der Lehre und Forschungsprojekten.